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Wie sich Zahlungsverkehrserträge optimieren lassen

Erik Adam, Foto: privat

Der Zahlungsverkehr ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Banken gerückt. Doch noch immer lassen viele Institute die damit verbundenen Ertragspotenziale ungenutzt. Dessen sind sich die Autoren sicher. Um diese zu heben, gilt es zunächst die Ist-Situation zu analysieren und die künftige Entwicklung mithilfe von Simulationen zu antizipieren, um auf dieser Basis über die passenden Maßnahmen zu entscheiden - von höheren Kontopauschalen über Kartengebühren bis hin zum "Hausbankmodell". In jedem Fall, so die Autoren, ist der Zahlungsverkehr eine Stellschraube, um die Rentabilität zu erhöhen. Sie muss aber mit Feingefühl betätigt werden. Red.

Die Potenziale des Zahlungsverkehrs lassen viele Banken ungenutzt - er wird abgewickelt und steht ansonsten nicht weiter im Fokus. Gleichzeitig stehen Institute unter hohem Kostendruck: Erträge brechen wegen der Negativzinspolitik der Zentralbanken ein und neue, digitale Player drängen mit Zahlungsdienstleistungen auf den Markt. Höchste Zeit also für Banken, ihre Zahlungsverkehre unter die Lupe zu nehmen und Umsatzpotenziale aufzutun. Dabei gilt es, die Posten zu analysieren und den Kunden passgenaue Angebote zu machen, die auf Bankseite trotzdem rentabel sind.

In den vergangenen Jahrzehnten haben Banken dem Zahlungsverkehr wenig Beachtung geschenkt. Doch inzwischen brechen durch die Negativzinspolitik der Zentralbanken Erträge weg und Margen gehen stark zurück. Der Druck steigt - auch durch neue Player, die auf den Markt drängen, da sie erkannt haben, dass mit Zahlungsdienstleistungen Geld verdient werden kann. Dazu zählen nicht nur Direktbanken und Anbieter wie Paypal, sondern auch zunehmend Bigtechs wie Apple, Google oder Amazon. Diese nutzen ihre Verbreitung zur Durchsetzung der eigenen Lösungen. Banken sollten sich deshalb Gedanken machen, mit welchen Lösungen und Dienstleistungen im Zahlungsverkehr sie ihre Kunden halten können.

Potenziale des Zahlungsverkehrs ausloten

Die ersten Versuche wurden bereits vor ein paar Jahren mit Angeboten wie Paydirekt unternommen. Diese kamen aber nicht zum Tragen, da sie nicht in der Breite umgesetzt und keine Marktanteile gewonnen wurden. Doch die Zeiten ändern sich und der Fokus auf die Potenziale des Zahlenverkehrs wächst.

Da die Nutzung von Mobile Payment immer mehr zunimmt und sich ein entsprechendes Angebot definitiv nutzungssteigernd und damit auf der Ertragsseite positiv auswirkt, sollten Banken dringend in Betracht ziehen, eigene Mobile-Payment-Angebote zu schaffen, um an diesem Geschäft teilhaben zu können. Wer sich jetzt nicht mit dem Potenzial des Zahlungsverkehrs beschäftigt, könnte noch weiter vom Wettbewerb abgehängt werden und verpasst reale Umsatzchancen.

Am Beginn steht immer eine Analyse der Ist-Situation inklusive der Zeitachse, um einen Überblick über die Entwicklung der Daten zu gewinnen und die Auswirkungen gewünschter Anpassungen darzustellen: Kommt es zu einem Kundenverlust oder -gewinn, liegt eine schleichende Abwanderung vor, das heißt der Kunde bleibt, aber die Gewinne sinken? Wo liegen die Quellen der Einkünfte und in welcher Form gehen sie ein? Auch Verschiebungen der Umsatzarten und globale Trends werden erkennbar. Software ermöglicht den Überblick, aber auch Drill Downs einzelner Kunden, privat wie geschäftlich. Sortierungs- und Filtermöglichkeiten bis auf die Ebene einzelner Konten erlauben hier einen detaillierten Blick.

Simulationen helfen

Banken haben auf Basis der Datenlage die Möglichkeit, ihre Zahlungsverkehrs-Modelle zu überprüfen und zu optimieren: Am einfachsten gelingt das mit Simulationen. Sie zeigen, wie sich Ertrag und Kosten bei welchen Anpassungen von Preisbestandteilen entwickeln werden.

Die Auswirkungen zu kennen, ist extrem wichtig für die Entscheidungsfindung, etwa, ob man künftig auf Pauschalen oder Einzelpreise, auf niedrigere Kontoführungsgebühr, aber teurere Einzelposten setzt. Viele Banken scheuen den Aufwand einer solchen Simulation im Vorfeld. Ein Tool reduziert ihn, da sich die angedachten Szenarien schnell berechnen und damit Pläne sofort validieren lassen.

Die Bank profitiert auf mehreren Ebenen: Durch die Analysen ergibt sich ein Überblick über die erzielten Erträge in jeder Kategorie für jedes Produkt. Zudem gelingt es so einerseits, die richtigen Stellschrauben zu identifizieren, aber auch die Effekte des Drehens an verschiedenen Stellschrauben lassen sich unmittelbar erkennen.

Hoher Automatisierungsgrad entscheidend

Die Bank spielt ihre ausgewählten Szenarien durch, analysiert die Ergebnisse und passt auf dieser Basis zum Beispiel neue Kontomodelle an. Mit den Analysen gelingt es, konkret darzustellen, wie sich etwa der Ertrag aus dem Kartengeschäft (Kredit und Debit) entwickelt oder inwieweit sich beispielsweise eine steigende Paypal-Nutzung auf die Ertragssituation auswirkt. Dabei besteht die Möglichkeit, dem Kunden das individuell passende Modell vorzuschlagen und eine optimale Umstellung vorzunehmen. Möglicherweise verringern sich sogar die Kosten, wenn er im Vorfeld ein ungünstiges Kontomodell hatte.

Zentral ist ein hoher Automatisierungsgrad - da die Zahlungsverkehrsdaten im System vorliegen, können Analysen automatisch erfolgen. Vorteilhaft sind Systeme, die ebenfalls individuelle Kundeninformation via Brief oder E-Mail automatisiert erstellen oder es erlauben, Online-Rechner oder individuelle Kundenlinks, um online Abschlüsse zu fördern, zu integrieren.

Akzeptanz für Kartengebühren empirisch herausfinden

Die Analyse des Zahlungsverkehrs bietet immer eine Arbeitsunterstützung für die Berater, die bei Auffälligkeiten nachhaken und die Gründe herausfinden können. Gerade einer stillen Abwanderung kann damit vorgebeugt werden: Die Beschwerdekultur ist in Deutschland nach wie vor nicht stark ausgeprägt, viele Kunden stimmen mit den Füßen ab und die Bank verpasst damit die Chance, herauszufinden, worin der Grund für einen Wechsel lag.

Das aktuelle Umfeld ist für Banken insgesamt nicht einfach. Für viel Aufmerksamkeit sorgte zum Beispiel das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. April 2021. Hier hatte eine Bank Kunden über eine Gebührenänderung informiert, die nach einer Widerspruchsfrist gültig wurden. Dem Urteil zufolge reicht das nicht aus: Banken benötigen eine explizite Zustimmung. Das verändert die Prozesse der Systeme und macht Verträge der Vergangenheit rechtsunwirksam. Über Online-Abschlüsse könnten diese Prozesse wieder vereinfacht werden.

Banken haben außerdem damit zu kämpfen, dass die Wertschätzung ihrer Dienstleistungen oft gering ausgeprägt ist: Monatliche Kontoführungsgebühren in Höhe von vier Euro für ein Kontokorrent-Konto samt Karte werden bereits als zu hoch empfunden. Banken experimentieren deswegen damit, die Modelle mit mehr Funktionalitäten auszustatten, den Leistungsumfang zu erhöhen, transparent zu kommunizieren, um darüber ein Mehr an Wertschätzung und die Bereitschaft, höhere Gebühren in Kauf zu nehmen, zu fördern. Wo mögliche Akzeptanzgrenzen für Kartengebühren liegen, kann jedoch nur empirisch mit entsprechenden Preisänderungen herausgefunden werden. Alternativ bieten sich dafür auch Kundenbefragungen an.

Es kommen jedoch auch andere Möglichkeiten über die Kontopauschalen hinaus infrage, mit denen sich die Erträge steigern lassen. Bei Privatkunden haben sich die Pauschalen aber als die größten Stellschrauben erwiesen. Bewährt haben sich auch sogenannte Hausbankmodelle. Diese stellen sich als eine Art Bonussystem dar, je mehr Produkte der Bank ein Kunde nutzt, desto günstiger wird die Kontoführung. Auf ein Hausbankenmodell setzen mittlerweile viele Häuser. Genossenschaftsbanken können bei Firmenkunden mit Service und Betreuung vor Ort sowie individuellen Konditionen, Pauschalen oder Mengengerüsten punkten. Gerade bei größeren Firmenkunden sollte die Möglichkeit einer Individualbepreisung in die engere Wahl gezogen werden, da hier geringere Einzelpreise zu einer höheren Menge an Transaktionen führen kann, was dann die Einkaufspreise der Bank reduziert.

Vertrauen der Kunden nicht verspielen

Generell sollte der Zahlungsverkehr so austariert sein, dass Erträge stabilisiert und ausgeweitet werden und gleichzeitig das Angebot für den Kunden interessant bleibt. Bei Privatkunden sind dagegen eine größere Flexibilität und eine Breite in den Angeboten des Zahlungsverkehrs bedeutsam. Hier bietet sich eine Steuerung über standardisierte Pakete mit verschiedenen Modellen an.

Generell sollten Banken aufpassen, das Vertrauen ihrer Kunden nicht zu verspielen, gerade mit Blick auf künftige Entwicklungen: Denn Kryptowährungen wie Bitcoin, die auf der Blockchain-Technologie aufsetzen, machen Banken als Zwischenhändler und Vertrauensgeber überflüssig: Das Vertrauen in die Stabilität des Zahlungssystems wird durch die maximale Transparenz und durch jeden einzelnen Beteiligten erreicht.

Den Zahlungsverkehr endlich optimieren

Banken können softwaregestützt also wertvolle Informationen über den Zahlungsverkehr gewinnen. Ideale Einstiegszeitpunkte sind eine anstehende Anpassung der Kontomodelle oder eine Fusion, wenn Kontomodelle vereinheitlicht und optimiert werden und per se zahlreiche Neuerungen anstehen.

Analysen finden in der Regel noch mit Excel statt, was hohe manuelle Aufwände verursacht: Formeln müssen erstellt, neubestückt und bei Bedarf angepasst werden. Branchenspezifische Lösungen machen das überflüssig: Die Daten werden automatisiert eingelesen, Schnittstellen bei Bedarf angepasst, sodass die Bank sich nicht mehr um die Technik kümmern muss. Massendaten können verarbeitet und fertige Ergebnisse geliefert werden.

Mögliche Analysen laufen mit und bedürfen keiner Vorbereitung mehr - notwendige Informationen können bei gleichbleibender Qualität jederzeit gezogen werden. Sind die Szenarien angelegt, werden Simulationen automatisch fortgeführt, sodass ersichtlich wird, wie sich eine Änderung im Kundenverhalten auswirken wird.

Wichtig für Banken: Das Analysetool sollte intern laufen. Verlassen die Daten die Bank, muss das aus Datenschutzgründen komplett anonymisiert erfolgen: Damit werden Rückschlüsse bis ins Detail schwierig und nur noch allgemeine Aussagen sind möglich, was die Möglichkeiten der Unterstützung der Mitarbeiter vor Ort einschränkt.

Als Fazit lässt sich festhalten: Viele Häuser sind unter Druck, da sich die Rahmenbedingungen für Geschäfte stark verändern. Der Zahlungsverkehr kann eine Stellschraube für mehr Einnahmen sein - allerdings will diese Schraube mit Feingefühl betätigt werden. Banken sollten die Auswirkungen von Anpassungen ihrer Kontomodelle deswegen genau analysieren und mögliche Szenarien simulieren.

Erik Adam , Chief Product Officer BI-CI , GenoData EDV-Systeme GmbH
Jörg Bornemann , Chief Product Manager Prozessmanagement , GenoData EDV-Systeme GmbH

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