PREPAID-KARTEN

Zehn Jahre Prepaid-Branche - was war, was wird

Jonny Natelberg, Foto: PVD – Prepaid Verband Deutschland e.V.

Ausgelöst durch einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Geldwäscheprävention, hat sich die Prepaid-Branche in Deutschland 2011 erstmals organisiert. Nach wie vor wird der Verband durch die Regulierung auf Trab gehalten. Aktuell steht die geplante PSD3 im Fokus und hier besonders das Euclid-Register der EBA für Unternehmen mit geringer Marktbedeutung als Voraussetzung für die Bereichsausnahmen, in dem zu fast drei Viertel deutsche Unternehmen erfasst sind. Hoffnungen setzt die Branche auf neue Identifizierungsmöglichkeiten, etwa durch den Personalausweis im Smartphone. Red.

Der Prepaid Verband Deutschland e.V. (PVD) feierte am 15. Juni 2021 zehnjähriges Jubiläum. Dieses ist ein guter Anlass, um einen Blick zurück und einen nach vorn zu werfen. Was hat die Prepaid-Branche in den vergangenen zehn Jahren erlebt und was wird noch kommen?

Zunächst fällt vor allem eines auf: Mit zunehmender Digitalisierung wuchsen die Aufgaben und die Herausforderungen für die einzelnen Unternehmen und den PVD. Für die Prepaid-Branche in Deutschland wurde der Verband, der sich seit 2001 intensiv für die Interessen seiner Mitglieder einsetzt, immer wichtiger.

Am 11. Mai 2011 legte die damalige Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zur Optimierung der Geldwäscheprävention vor. Eher beiläufig wurde damit ein faktisches Verbot für den Vertrieb und den Rücktausch von E-Geld geplant, sofern der Kunde beim Kauf des Produktes nicht vollständig identifiziert würde - das wäre eine Überregulierung für die Prepaid-Branche.

Ein Gesetzesentwurf führte zur Gründung

Entdeckt wurde dieser Entwurf von Dr. Hugo Godschalk, Paysys Consultancy GmbH, und Christian Walz, Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Dr. Godschalk und Herr Walz riefen daraufhin 24 Vertreter von Banken, Kreditkartenunternehmen, Vertriebsorganisationen und weiteren Branchenpartnern in Frankfurt am Main zusammen. Nur wenige Tage später war das Prepaid Forum Deutschland gegründet. Gemeinsam wurden die Öffentlichkeit und die Politik informiert, und im Dialog wurde eine Lösung gefunden.

Schnell positionierte sich das Forum als Verband der in Deutschland aktiven Prepaid-Branche. Als Konsequenz wurde der Name im Oktober 2013 in Prepaid Verband Deutschland geändert. Weitere renommierte Unternehmen traten dem Branchenverband bei. Aktuell gehören dem PVD über 20 Unternehmen an. Diesen in der Öffentlichkeit eine Stimme zu geben, über die Interessen der Prepaid-Industrie zu informieren, sie zu vertreten und über bedeutende sowie über gesetzliche Entwicklungen aufzuklären, sind bis heute die vorrangigsten Ziele des Verbands.

Steter Wandel ist vorprogrammiert

Im letzten Jahrzehnt konnte sehr viel bewegt werden. Im Vergleich zu heute stand die Digitalisierung 2011 fast noch in den Kinderschuhen. War Prepaid damals gleichgesetzt mit Prepaid- SIM-Karten, offeriert Prepaid den Verbrauchern inzwischen ein vielfältiges Produktangebot. Prepaid-Karten wie Geschenk-Gutscheinkarten oder Citycards von AVS und Paysafecard gehören längst zum Alltag von Millionen Konsumenten allein in Deutschland. Nach und nach folgten weitere Anbieter, die ebenfalls zu internationalen Marktplayern wuchsen. Im stationären Handel präsentiert sich inzwischen ein umfangreiches Angebot unterschiedlicher Prepaid-Karten, die sich enormer Beliebtheit erfreuen.

Für die Politik hat sich der PVD als kompetenter Ansprechpartner etabliert. Geschätzt werden das Einbringen sachkundiger Informationen und das Beziehen klarer Stellung zu gesetzlichen Vorhaben. Dadurch wurden die Vertreter der Politik an die Prepaid-Branche, an ihre Themen und ihre wirtschaftliche Relevanz herangeführt.

Der Verband beobachtet kleinste Veränderungen - seien es technologische Entwicklungen oder solche gesellschaftlicher oder gesetzlicher Art - und agiert frühzeitig, um die besten Lösungen für die Prepaid-Industrie zu erreichen. Da die gesamte Branche äußerst innovativ agiert, ist ein steter Wandel vorprogrammiert.

Auffällig ist, dass neben der Digitalisierung das Thema Regulatorik in den letzten Jahren ebenfalls gewaltig an Fahrt aufgenommen hat und die Prepaid-Branche auch weiterhin beschäftigen wird, sei es nun durch neue Richtlinien und Verordnungen aus Brüssel oder durch Anpassungen seitens der deutschen Gesetzgebung.

Zunehmende Regulatorik beschäftigt die Branche

Die zunehmende Regulatorik bewog den Verband Mitte 2018 zum Umzug. Seitdem ist der PVD dort ansässig, wo Entscheidungen getroffen werden: in Berlin. Von hier aus agiert er unermüdlich im Sinne von Verbrauchern, seiner Mitglieder und der Prepaid-Branche.

Ein Beispiel dafür ist die Überarbeitung der Geldwäscherichtlinie, bei der sich der Verband dafür eingesetzt hat, dass geldwäscheunbedenkliche Zahlungen im Kleinbetragsbereich auch ohne vorheriges Identifizieren des Nutzers und somit unter Wahrung seiner persönlichen Integrität durchgeführt werden können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass selbstverständlich auch die E-Geld-Emittenten ihre Transaktionsmonitoring-Systeme stetig weiter verbessern und durch die Nutzung modernster Technologien verdächtige Transaktionen in Echtzeit aufgespürt werden können, auch ohne vorherige Kundenauthentifizierung. Es sollte das tatsächliche Risiko eines E-Geld-Produktes, für die Zwecke der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, betrachtet werden, wobei auch die risikomindernden Maßnahmen der Emittenten einzubeziehen sind.

Die Rahmenbedingungen zur Anwendung der 44-Euro-Freigrenze sind uns ein weiteres wichtiges Anliegen. Über sechs Millionen Arbeitnehmer profitieren hierzulande derzeit von dieser unkomplizierten Möglichkeit der Sachleistungszuwendung. Eine Möglichkeit für Arbeitgeber ist dabei, diese Benefits über Gutscheine oder Guthabenkarten zu gewähren, wodurch sie ihren Arbeitnehmern ein Produkt an die Hand geben können, das von den Mitarbeitenden gerne genutzt wird. Eine mögliche Einschränkung des Anwendungsbereiches dieser 44-Euro-Freigrenze wurde im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2019 diskutiert. Diese wäre nicht nur zum Nachteil für Beschäftigte gewesen, sondern hätte zulasten vieler mittelständischer Unternehmen in den deutschen Innenstädten geführt. Hier hat sich der PVD für klare und sachgerechte Regeln bei der Anwendung der 44-Euro-Freigrenze eingesetzt, die es auch weiterhin ermöglicht, Guthabenkarten, die lediglich den Bezug von Waren und Dienstleistungen zulassen, als unkomplizierte Sachzuwendungen zu erhalten.

Euclid-Register verzerrt Marktrelevanz

Die geplante umfassende Evaluation der PSD2 wird unseren Einsatz - wie bei allen vergangenen und künftigen gesetzlichen Änderungsplänen - fordern. Frühestens Mitte kommenden Jahres wird die Kommission einen Gesetzesvorschlag für die PSD3 vorlegen. Bereits jetzt ist absehbar, dass diese geplante PSD3 Herausforderungen birgt. Insbesondere die Überarbeitung der Bereichsausnahme Art. 3k ("limited network") ist denkbar; eine weitere Begrenzung der Ausnahme ist möglich.

Die Voraussetzung für eine Existenz der Bereichsausnahme ist eine geringe Marktbedeutung, also eine Nische. Gelistet werden diese im Euclid-Register der EBA. Dieses Verzeichnis sollte sämtliche Zahlungsdienstleister aufführen, welche die Bereichsausnahme in Anspruch nehmen und über 1 Million Euro Zahlungsumsatz erzielen. Zum Jahresbeginn enthielt das Euclid-Register 1 312 Unternehmen. Davon sind allein 942 aus Deutschland; das sind über 72 Prozent!

Geschenk-Gutscheinkarten durch Corona im Aufwind

Der Grund für dieses deutliche Übergewicht ist ernüchternd: Über 50 Prozent kommen durch Falschmeldungen zustande. Das Fazit des PVD: Das Euclid- Register verzerrt die Marktrelevanz der Bereichsausnahme. Die potenzielle Folge wäre eine weitere beschränkende Handhabung der Bereichsausnahme in der geplanten PSD3.

Laut der in diesem Jahr von Ingenico Marketing Solutions durchgeführten Untersuchung "Gutscheinkarten-Studie: Wie Corona das Schenken verändert"1) zeigt sich ein neues Nutzungsverhalten. Der Markt hat sich ebenfalls gewandelt. Über 70 Prozent der Befragten verschenken jährlich zwei bis fünf Gutscheinkarten. Mit 67,1 Prozent sind die Gift Cards bei den 30- bis 39-Jährigen besonders beliebt. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, während der Corona-Pandemie häufiger Gutscheinkarten verschenkt zu haben. Mit 43,4 Prozent nahmen Freunde die Spitzenposition bei den so Beschenkten ein (siehe Kasten auf Seite 18).

Die Gift Cards führen im Handel zu Mehrumsätzen, da die Empfänger oft ein höherpreisiges Produkt wählen und den Rest zuzahlen. An den stationären Handel richten die Käufer den Wunsch einer größeren "saison- und anlassbezogenen" Auswahl an Geschenkgutscheinen.

Nachhaltige Gift Cards wünschen sich vor allem die Jüngeren und die Befragten der mittleren Altersklasse. Vom Online-Handel wünschen sich die Konsumierenden die Möglichkeit einer flexiblen Auswahl des Wunschbetrages. Gleich darauf folgt die Omnichannel-Fähigkeit der Karte. Für 36,8 Prozent ist die Übermittlung eigener Grußnachrichten wichtig. Für den Handel ergeben sich aus diesen Wünschen Möglichkeiten, ihr Sortiment gezielt und kundengerecht durch weitere innovative Prepaid-Karten zu erweitern.

Das Wachstum der Gutscheinkarten nahm im Jahr 2020 verglichen zum Vorjahr lediglich um 1,3 Prozent zu. Dennoch ist dieses durchaus ein erfreuliches Ergebnis; vor allem, wenn die Pandemiebedingten Schwierigkeiten berücksichtigt werden. In Prepaid-Karten stecken jedoch weitaus mehr Möglichkeiten.

Digitale ID-Lösungen für den Handel

Kindern unabhängig von dem Familieneinkommen eine gleiche Chance zu ermöglichen, ist ein großes Ziel. Im Oktober vergangenen Jahres luden die Heinrich-Böll-Stiftung und das Deutsche Kinderhilfswerk zu einer Diskussion ein. Im Mittelpunkt stand unter anderem die Frage, ob Pass-Systeme das Potenzial haben, um die Nutzung bestehender Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) zu vereinfachen, diese sinnvoll zu ergänzen und sogar auszubauen.

Die Bundesregierung nimmt die digitalen Identitäten ernst. So soll der Personalausweis bald im Smartphone verfügbar sein. Schon jetzt zeigen Epay und Lekkerland, welche Möglichkeiten sich dem Handel mit entsprechenden Identifizierungsservices bieten. Gemeinsam entwickelten die beiden Unternehmen die digitale KYC-Lösung, welche die Funktionalität des elektronischen Personalausweises nutzt und zum Beispiel beim Erwerb von SIM-Mobilfunkkarten den Kaufenden medienbruchfrei, sicher und schnell identifiziert. Nicht nur für Prepaid-Karten lohnt sich die KYC-Lösung. Ihr Potenzial geht weit über diese hinaus. Die Prepaid-Branche entwickelt innovative Ideen, um Konsumierenden neuartige Produkte anbieten zu können. Für uns ist es daher selbstverständlich, wie die Branche weiterhin am Ball zu bleiben und in ihrem Sinne sowie dem Sinne unserer Mitglieder vorausschauend zu agieren. Genau das zeichnet die Prepaid-Industrie aus.

Fußnote

1) Ingenico Marketing Solutions: Gutscheinkarten-Studie: Wie Corona das Schenken verändert; Neues Nutzungsverhalten - Marktveränderungen - Programmgestaltung

Regulatorisch relevante Daten aus Sicht der Prepaid-Branche
  • Mai 2011 Bundesregierung legt Gesetzesentwurf zur "Optimierung der Geldwäscheprävention" vor
  • Dezember 2011 Gesetz zur "Optimierung der Geldwäscheprävention" tritt in Kraft
  • März 2014 BaFin-Rundschreiben - Verdachtsmeldung nach §§ 11, 14 und anderes
  • April 2016 Bundesregierung beschließt neues Anti-Terror-Gesetz. Eine von neun Maßnahmen ist eine Identifikationspflicht für Prepaid-SIM-Karten.
  • 2016 Urteile des Bundesfinanzhofes zur Anwendbarkeit der 44 Euro-Freigrenze für Sachbezüge
  • Dezember 2016 BMF legt Referentenentwurf eines Gesetzes zur "Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen" vor
  • Februar 2017 Entwurf für technische Regulierungsstandards für die starke Kundenauthentifizierung und gemeinsame und sichere Kommunikation gemäß Artikel 98 der Richtlinie 2015/2366 (PSD2)
  • Mai 2017 Überarbeitung der 4. Geldwäscherichtlinie wird veröffentlicht
  • Juli 2017 Gesetz zur "Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (ZDUG)"
  • März 2018 BaFin-Entwurf zu Auslegungs- und Anwendungshinweisen zum Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten
  • November 2019 Bundestag beschließt Jahressteuergesetz
  • Dezember 2019 Bundestag beschließt Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie
  • Juli 2020 Entwurf eines BMF-Schreibens zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug
  • November 2020 EU veröffentlicht ein Vorschlag für Markets in Crypto-Assets- Verordnung (MiCA)
  • Februar 2021 Entwurf der "Auslegungsund Anwendungshinweise Besonderer Teil: Kreditinstitute" gemäß § 51 Abs. 8 GwGMärz 2021 Risk Faktor Guidelines der EBA veröffentlicht
  • April 2021 BMF Schreiben zur Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug; Anwendung der Regelungen des § 8 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 2 Satz 11 zweiter Halbsatz EStG
  • Juli 2021 EU-Kommission legt Paket zur Geldwäschebekämpfung vor
Jonny Natelberg , Geschäftsführender Vorstand , PVD - Prepaid Verband Deutschland e.V.
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