PAYMENT-DIENSTLEISTER

"Agilität ist unser Schlüsselvorteil" / Interview mit John A. Kolthof

John A. Kolthof, Foto: CCV

Einen reinen Terminalmarkt gibt es heute nicht mehr, sagt John A. Kolthof. Sondern die Herausforderung besteht darin, möglichst viele Zahlungsarten kombiniert anbieten zu können, vom klassischen Terminal über E-Commerce hin zum digitalen Terminal und zu In-App-Zahlungen. Im Markt der Payment-Dienstleister mit seinem Trend zu immer größeren Einheiten, so Kolthof, kann CCV mit Agilität punkten. Ein Wachstumsfeld für das Unternehmen ist nicht zuletzt der wachsende Markt der Ladeinfastruktur für Elektrofahrzeuge, wo es an Open-Loop-Bezahllösungen noch fehlt. Red.

Im Markt der Payment-Dienstleister im weitesten Sinne rollt die Konsolidierungswelle - hin zu immer größeren Einheiten, die Acquiring, Processing und Terminals vereinen. Was heißt das für einen Terminalanbieter wie CCV? Welche Zukunft hat eine solche Spezialisierung in eigenständigen Unternehmen heute noch?

Das ist richtig und führt natürlich im Markt zu sehr viel Bewegung und Veränderung, allerdings sind wir in der Lage, diese Entwicklung aus einer sehr bequemen Position heraus beobachten zu können.

Zum einen heben wir uns als bis heute familiengeführtes Unternehmen deutlich von den großen, börsennotierten Playern ab. Wir können unseren Kunden Flexibilität, Agilität und kurze Entscheidungswege garantieren, gepaart mit finanzieller Stabilität.

Zum anderen sind auch wir bei Weitem nicht mehr "nur" Terminalhersteller, sondern haben uns über die letzten zehn Jahre insbesondere in Deutschland deutlich darüber hinaus entwickelt. Wir können mit unserem eigenen, lokalen Netzbetrieb Projekte mit der in Deutschland wichtigen Girocard abwickeln, auf internationaler Ebene haben wir mit unserem eigenen Host CCV Pay einen zusätzlichen Pluspunkt.

Wir fokussieren uns bewusst auf diverse Branchen, darunter Retail, Vending, EV-Charging und Public Transport, die für den ganzheitlichen Blick auf die Customer Journey sehr wichtig sind. Von diesem Know-how profitieren unsere Kunden enorm.

Ist die im Juli 2020 bekannt gegebene Neuausrichtung mit der Konsolidierung des internationalen Payment Business unter der CCV GmbH in diesem Kontext zu sehen - und was für Vorteile bringt sie mit sich?

Diese Neuausrichtung war für uns eine logische Konsequenz, die sich bereits seit einigen Jahren angedeutet hat. In einer eigenen Business Unit haben wir bereits internationale Großkunden aus dem Mobilitäts- und Vending-Bereich sehr erfolgreich bedient. In Deutschland ist die Zusammenarbeit mit den großen Netzbetreibern und auch Retailern gewachsen, ebenso wie die Partnerschaften mit Firmen wie zum Beispiel Computop. Im Laufe der Jahre gab es immer mehr Verflechtungen dieser einzelnen Beziehungen, die wir nun mit einem viel größeren Synergieeffekt angehen können.

Wie wichtig sind Partnerschaften für CCV? Wer sind Ihre wichtigsten Partner?

Partnerschaften spielen für das Unternehmen eine sehr große Rolle, gerade im Kontext der Flexibilität. "Gemeinsam sind wir stark" ist für uns nicht nur eine Phrase.

So haben wir zum Beispiel gemeinsam mit Computop als Partner den Bereich E-Commerce erschließen können, Computop, im Gegenzug, durch uns den stationären Point-of-Sale. Mit unserem Partner Pax Technology wiederum haben wir ein Joint Venture gegründet, das es uns ermöglicht, neue Technologien - insbesondere im Self-Service-Bereich - schnell und für den globalen Payment-Markt geeignet zu entwickeln.

Sie haben zwei Kundengruppen: eigenständige Unternehmen und Ketten oder Großunternehmen. Wie verteilt sich der Umsatz auf diese Gruppen und welches Geschäft entwickelt sich dynamischer?

Das ist richtig. Mit der Umfirmierung in die CCV GmbH letzten Jahres haben wir innerhalb der CCV Gruppe eine organisatorische Trennung dieser beiden Kundengruppen vollzogen, um uns bestmöglich auf deren unterschiedliche Bedürfnisse konzentrieren zu können.

Die Pandemie hatte großen Einfluss auf beide Geschäftsfelder, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß: Die kleinen Einzelhändler und der gesamte Bereich Freizeit & Events haben insgesamt durch die Lockdowns massiv gelitten. Bei den größeren Unternehmen erleben wir dagegen zwar oft eine Verschiebung von Investitionen, aber insgesamt wurde die Notwendigkeit flexibler Bezahl- und Bestellprozesse nochmals nach vorne priorisiert.

Wie sieht heute der Markt der Terminalanbieter aus? Wer sind die großen Player und wie etwa sind die Marktanteile verteilt?

Einen reinen Terminalmarkt sehe ich eigentlich nicht mehr. Sondern die Angebote gehen bei allen Anbietern über die reine Hardware hinaus. Die Einordnung im Payment erfolgt heute eher in die Bereiche Omnichannel, Unified Commerce, E-Commerce und reine Offline-Anbieter.

Worldline hat sich durch die vielen Akquisitionen einen großen Marktanteil gesichert. Unzer ist ein relativ neuer Marktteilnehmer, der sich bisher auf Online-Zahlungen konzentriert hatte, aber auch den stationären Point-of-Sale im Blick hat und sich mit dem Kauf von Lavego einen eigenen Netzbetrieb ins Haus geholt hat.

Wir bei CCV ordnen uns als internationales Omnichannel-Unternehmen ein. Payment unter Einbezug aller Kanäle und auf internationaler Ebene ist unser Kerngeschäft, in dem wir uns weiter etablieren werden.

Was für Auswirkungen hat der Trend zu europäischen Standards auf die Terminalanbieter?

Grundsätzlich werden es die Verbraucher einfacher haben, ihre lokalen Bezahlmittel auch über Grenzen hinweg einzusetzen. Es ist gut, dass die Standardisierung auf europäischer Ebene weiter fortschreitet, denn zum Beispiel das Aufladen von Elektrofahrzeugen als sehr fragmentierter Markt benötigt dringend einheitliche, grenzüberschreitende Vorgaben. Bisher mussten die Fahrer von Elektrofahrzeugen Unmengen individueller Karten oder Apps für einen Ladevorgang parat halten, anstatt einfach an der Supermarktkasse mit ihrer gewohnten Karte oder dem Smartphone bezahlen zu können.

Mit Mastercard haben wir im Rahmen von deren Sustainability-Programm eine Kooperation abgeschlossen, die dieses barrierefreie Bezahlen an E-Ladesäulen weiter fördern soll.

Die Corona-Pandemie hat den Trend zum Online-Shopping noch einmal kräftig anwachsen lassen. Das erwartete Sterben vieler Geschäfte vor Ort könnte diese Entwicklung noch weiter anheizen. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Marktpotenziale vor Bezahlterminals?

Die Pandemie wird leider für viele rein stationäre Geschäfte und Dienstleistungen eine Zäsur bedeuten. Online Shopping hat viele Bedarfe während der Lockdowns auffangen können und viele Verbraucher werden auf diese schnelle Art des Kaufens auch nach Öffnung der Läden weiter zurückgreifen. Für uns als Payment-Anbieter hat die Nachfrage nach kontaktlosem Bezahlen aber auch neues Potenzial eröffnet.

  • So sind mobile Terminals heute gefragter denn je, um zum Beispiel schnell auf das Liefergeschäft umsteigen zu können. Für unsere kleineren Händler haben wir dazu flexible Verträge entworfen, die einen einfachen Umstieg erlauben.
  • Im Bereich Vending hat sich eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle eröffnet, die bargeldloses Bezahlen als Standard anbieten.
  • Im Projektgeschäft erleben wir gerade eine starke Nachfrage nach Android-Terminals, da hier über eine einzige Hardware viele Geschäftsvorfälle abgedeckt und auch individuelle Apps direkt am Point-of-Sale aktiviert werden können. Für diese Business-Apps haben wir einen eigenen Payment App Store entwickelt, den CCV Store. Für viele große Organisationen ist dies eine schnelle und einzigartige Gelegenheit, die Kundenansprache und die Mehrwerte direkt am Point-of-Sale zu maximieren, sei es im Geschäft, mobil oder am Automaten.

Kassenlose Geschäfte oder Payment- Szenarien im Internet der Dinge - etwa im vernetzten Auto - sind zwar eher noch Zukunftsmusik. Trotzdem werden sie wohl das Bezahlen verändern. Welche Rolle werden Terminals in diesen Szenarien überhaupt noch spielen?

In der EHI-Studie "Retail Technology" 2021 wurde unter anderem die Frage nach der Zukunft klassischer Terminals gestellt. 68 Prozent der befragten Entscheider aus dem Handel sind der Meinung, dass klassische Terminals weiterhin bestehen bleiben. Dennoch, auch hier wird sich langfristig im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung ein Wandel vollziehen - den aber auch der Verbraucher mitgehen muss!

Wir haben erst kürzlich für unser digitales Terminal "PhonePOS" die Zertifizierung für die Akzeptanz der Girocard von der Deutschen Kreditwirtschaft erhalten. Das digitale Terminal arbeitet als App auf herkömmlichen Android-Geräten und rüstet diese um die Funktion des kontaktlosen Kartenlesers auf. Diese Technologie wird insbesondere von Finanzunternehmen wie zum Beispiel Banken aufgegriffen, die in der eigenen App eine Kartenlesefunktion einbauen möchten.

Die Herausforderung besteht darin, möglichst viele Zahlungsarten kombiniert anbieten zu können, das heißt, vom klassischen Terminal über E-Commerce hin zum digitalen Terminal und zu In-App-Zahlungen. Aus Kundensicht geht es vor allem um die Bequemlichkeit des Bezahlens in einer sicheren Umgebung.

Mit der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge kommt derzeit ein neues Einsatzgebiet auf, für das eine Payment-Infrastruktur gebraucht wird. Welches Potenzial versprechen Sie sich hiervon - beispielsweise aus der Kooperation mit Mastercard?

CCV prägt und begleitet den Lademarkt für Elektrofahrzeuge bereits seit Jahren entscheidend mit, sowohl durch die Terminalhardware als auch durch Lösungen wie QR-Code-basiertes Bezahlen und E-Receipt. Durch die Kooperation mit Mastercard wollen wir den sehr fragmentierten Markt für das Laden von Elektrofahrzeuge durch Open-Loop-Bezahlsysteme für die Verbraucher barrierefrei und komfortabel gestalten.

Es kann nicht sein, dass man als Besitzer eines E-Fahrzeugs dutzende Karten oder Apps von Energieunternehmen oder anderen Anbietern mitführen muss, um die nächste Stromladesäule nutzen zu können. Bezahlen muss auch hier mit den gängigen Mitteln möglich sein, in Deutschland sind das die Girocard und Kreditkarten, natürlich auch als digitale Wallets. Da der Markt für E-Fahrzeuge starkes Wachstumspotenzial hat und auch die Infrastruktur stetig ausgebaut wird, verstärken auch wir unsere Aktivitäten in diesem Bereich.

Sehen Sie weitere neue Geschäftsfelder, die im Zuge der technologischen Entwicklung dazu kommen?

Die Technologie der "Tokens" wird immer wichtiger, insbesondere im Bereich "Reisen & Nahverkehr". Tokens helfen, Kunden während ihrer Reisebewegung über verschlüsselte Daten wiederzuerkennen. Ein einfaches Beispiel ist die ticketlose Ein- und Ausfahrt in ein Parkhaus mit Kreditkarte. Einer unserer Kunden ist "De Lijn", ein Verkehrsbetrieb aus Flandern (Belgien), der die kontaktlose Karte als Identifikationsmittel während der Fahrten benutzt. Der Komplettbetrag wird nach Ende der Fahrt abgebucht. Tokenization ist eine der wichtigen Grundlagen für die nahtlose Customer Journey und wird sich stetig weiterentwickeln.

Wo sehen Sie CCV in fünf Jahren?

Mit unserer Payment-Acceptance-Plattform "Fusion" haben wir eine starke Basis geschaffen, mit der wir uns als Full-Service-Anbieter für Payment auf internationaler Ebene weiter etablieren werden. Wir sind (noch) klein genug, um stets flexibel zu agieren und unseren Kunden nicht nur Standard-Lösungen, sondern auch die Extra-Meile anbieten zu können. Auf der anderen Seite sind wir groß genug, um echte Innovationen anbieten zu können, wie zum Beispiel das digitale Terminal, Card Linked Loyalty oder unseren eigenen Payment App Store. Agilität ist unser Schlüsselvorteil im Gegensatz zu den immer größeren Mergern im europäischen Payment-Markt. Wir können es uns erlauben, kunden- und detailorientiert zu handeln, anstatt kurzfristig umsatzorientiert.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X