IM GESPRÄCH

"Die neue Marke unterstreicht die Weiterentwicklung unseres Geschäfts" / Interview mit Tobias Grieß

Tobias Grieß, Foto: Barclaycard

Ab dem Herbst 2021 wird aus Barclaycard wie bereits im Firmenkundengeschäft die Marke Barclays. Dennoch soll es im Privatkundengeschäft bei den Themen Bezahlen und Finanzieren bleiben, sagt Tobias Grieß. Denn hier gebe es noch großes Potenzial. Da deutsche Konsumenten immer stärker zum Kauf auf Raten tendieren, erwartet Grieß auch in Deutschland einen signifikant steigenden Anteil an revolvierenden Kreditkarten analog zu den USA und Großbritannien. In diesem Segment ist Barclays hierzulande Marktführer mit einem Marktanteil von 30 Prozent. Red.

Ab Herbst 2021 wird Barclaycard in Deutschland nur noch unter der Marke Barclays auftreten. Wie hoch ist denn bisher die Bekanntheit der Marke Barclaycard, die damit aufgegeben wird?

Die Markenbekanntheit von Barclaycard und Barclays in Deutschland ist fast identisch. Und das, obwohl wir hierzulande im Privatkundengeschäft gar nicht mit dem Namen Barclays operieren. Insofern haben wir gute Startvoraussetzungen für den Wechsel.

Die Marke "Barclays", die wir im Herbst im deutschen Markt einführen werden, unterstreicht die Weiterentwicklung unseres Geschäfts und passt viel besser zu unserem heutigen Leistungsangebot, das weit über das Thema Kreditkarte hinausreicht. Mit "Barclaycard" verbinden die Menschen eben vor allem die Karte, während wir mit dem Namen "Barclays" von der Strahlkraft einer global agierenden Bank mit einer über 30-jährigen Tradition profitieren.

Welche Synergieeffekte ergeben sich durch den Verzicht auf die Marke Barclaycard?

Die gesammelte Expertise und der reiche Erfahrungsschatz des gesamten Barclays-Konzerns gibt uns seit jeher Rückenwind - ganz unabhängig von unserem Markennamen. Im Gegenzug profitiert auch der Konzern von unseren innovativen Produkten und Angeboten, die wir für den deutschen Markt entwickeln. Ein gutes Beispiel ist in diesem Zusammenhang unsere Kooperation mit Amazon.de.

Sie begründen den Markenwechsel damit, dass Sie die Produktpalette über die Kreditkarte hinaus ausgebaut haben und die Marke Barclays somit besser zu Ihnen passt als Barclaycard. Planen Sie, Ihr Portfolio laufend zu erweitern? Wird es künftig auch ein Girokonto, die Baufinanzierung oder die Lebensversicherung von Barclays geben? Oder bleiben Produkte rund um Payment und Konsumfinanzierung im Fokus?

Die Themen "Bezahlen" und "Finanzieren" werden auch weiterhin im Mittelpunkt unserer Geschäftstätigkeit stehen. Hier sehen wir noch auf lange Sicht großes Potenzial. Gleichzeitig schließe ich nicht aus, dass wir - zum Beispiel in Zusammenarbeit mit externen Partnern - unser Portfolio künftig noch weiter abrunden werden. Dafür bietet gerade das Thema "Absatzfinanzierung" großes Potenzial. Eine Vollbank zu werden, ist aber definitiv nicht unser Ziel.

Die "Sofortkaufen & Späterzahlen-Karte" bietet eine Ratenzahlungsfunktion. Zudem bieten Sie in Zusammenarbeit mit Amazon direkt im Amazon-Bezahlprozess die Finanzierung in Raten an. Wie stark werden diese Optionen mittlerweile genutzt?

Diese Finanzierungsangebote laufen sehr gut, was uns natürlich freut und was vor allem daran liegt, dass wir mit der "Sofortkaufen & Späterzahlen Karte" ein Produkt kreiert haben, das es so im deutschen Markt kein zweites Mal gibt. Wir haben die Kreditkarte zu einem hybriden Alleskönner weiterentwickelt. Erstmalig verschmelzen Bezahlen und Finanzieren zu einem Service, der durch den Kunden in Echtzeit per App steuerbar ist. Und dabei sind unsere Finanzierungsmöglichkeiten häufig günstiger und in der Regel flexibler nutzbar als Produkte von Wettbewerbern.

Deutsche Konsumenten tendieren immer mehr zum Kauf auf Raten. Und das am besten in Echtzeit beim Bezahlen an der Ladentheke oder online. Dank unserer passgenauen Angebote können wir hier punkten. Die Ausweitung dieses Geschäftsmodells auf den Bereich Absatzfinanzierung war dann der nächste logische Schritt. Dafür hätten wir uns keinen besseren Partner als Amazon wünschen können.

Sehen Sie auch einen Trend dahingehend, dass große Online-Händler in Kooperation mit einem Partner direkt im Kaufprozess den Ratenkauf mit einem oder ganz wenigen Klicks integrieren? Wenn ja: Wie verändert das möglicherweise den bisherigen Zahlungsverkehrsmix im Online-Handel?

Das kann ich bestätigen. Wir müssen allerdings zwischen zwei Ansätzen unterscheiden: Auf der einen Seite wäre da die Platzierung im Rahmen des Check-Outs, also unter den standardisierten Bezahl- beziehungsweise Finanzierungsoptionen.

Auf der anderen Seite steht eine individuelle Integration noch weiter vorne in der Shopping-Journey, die gerade bei größeren Online-Händlern zunehmend populärer wird, da sie mehr Flexibilität bei der Preisgestaltung und für Promotionkampagnen bietet.

Beide Ansätze haben ihre Berechtigung und beide führen zu höherem Absatz für die Händler. Angesichts dessen gehe ich fest davon aus, dass beide künftig einen deutlich höheren Anteil im Zahlungsverkehrsmix des Online-Handels ausmachen werden.

Seit diesem Jahr gelten ja die PSD2 und damit die starke Kundenauthentifizierung. Welche Erfahrungen haben Sie zum Ende der von der BaFin eingeräumten "Gnadenfrist" gemacht? Gab es beispielsweise einen höheren Anteil an Transaktionen, die abgebrochen wurden?

Die Einführung der starken Kundenauthentifizierung war eine große Umstellung für alle Marktteilnehmer. Wir haben sie proaktiv gemanagt mit dem klaren Ziel, die negativen Auswirkungen auf unsere Kunden zu minimieren. So haben wir zum Beispiel viel Energie darauf verwendet, das Identifizierungsverfahren in der App so einfach wie möglich zu gestalten.

Wir haben aber sicherlich auch davon profitiert, dass viele Kunden die zusätzliche Sicherheit von Anfang an zu schätzen wussten und - als Direktbankkunde - über eine vergleichsweise hohe Digitalkompetenz verfügen. Trotzdem mussten auch wir mehr Transaktionsabbrüche hinnehmen. Alles in allem verlief das aber in einem sehr angemessenen Rahmen.

Was würden Sie sagen: War die Aufregung im Vorfeld gerechtfertigt und die nochmalige Verlängerung sinnvoll?

Dass die BaFin mit ihrem Stufenplan ein solch kontrolliertes Vorgehen ermöglicht hat, war sicher sinnvoll und hat dem Markt die Chance gegeben, Startschwierigkeiten zu beheben und so negative Auswirkungen auf die Kundenerfahrung zu reduzieren.

Barclaycard war seit jeher einer der Anbieter von Revolving-Credit-Karten in Deutschland. Nach der Finanzkrise waren die "echten" Kreditkarten in der Branche wegen hoher Kreditkartenschulden vor allem in den USA und der damit verbundenen Risiken eher etwas verpönt, in letzter Zeit sind sie wieder im Kommen. Gehen Sie davon aus, dass auch Deutschland in den nächsten Jahren zum Revolving-Credit-Markt wird? Oder wird es bei der Dominanz der Charge-Karten bleiben?

In vielen Ländern - und vor allem auch in den USA - ist die Kreditkarte das klassische Finanzierungsinstrument schlechthin im Konsumgüterbereich. In Deutschland setzt man dagegen verstärkt auf Dispo-Kredite.

Ich gehe daher nicht davon aus, dass sich hierzulande in den nächsten Jahren ein Revolving-Credit-Markt analog zu Großbritannien oder den USA aufbauen wird, aber ich rechne fest mit einem signifikant steigenden Anteil der Revolving-Karten auch bei uns. Das liegt vor allem daran, dass diese Karten die Themen "Bezahlen" und "Finanzieren" vereinen und damit viele Vorteile bieten. Dazu gehört insbesondere die Möglichkeit einer strukturierten und damit kontrollierten Rückzahlung in genau der Art und Weise, wie es der Kunde gerade braucht.

Wie hat sich der Marktanteil von Barclaycard bei den Revolving-Credit-Karten in Deutschland in den letzten Jahren entwickelt?

Barclaycard Deutschland ist seit Jahren Markführer im Segment revolvierende Kreditkarten, gemessen an den ausstehenden Kreditvolumina. Der Marktanteil beträgt aktuell knapp 30 Prozent.

Unlängst hat die BaFin in ihrer Verbraucherschutzfunktion vor Kreditkarten mit Finanzierungsfunktion als mögliche Kostenfalle gewarnt und Verbrauchern davon abgeraten. Wie bewerten Sie das?

Grundsätzlich kann jede Form eines Kredits zu einer Überschuldung führen, wenn man sich als Kunde zum Beispiel nicht über die Konditionen im Klaren ist und den Überblick verliert. Und genau darum tun wir viel dafür, dass genau das nicht passiert, denn eine Überschuldung möchten wir auf jeden Fall vermeiden. Insofern legen wir besonderen Wert auf eine sorgfältige Kreditprüfung, um sicherzustellen, dass der Kunde diesen Kredit auch bedienen kann.

Darüber hinaus bieten unsere Kreditkarten den integrierten Ratenkauf und damit die Möglichkeit der strukturieren Rückführung - und faire Zinsen. Das garantiert die volle Kostenkontrolle. Gesteuert wird das alles über die App, die maximale Transparenz in Echtzeit bietet. Dazu gehören automatische Benachrichtigungen zu Fälligkeiten und mehr. Sollte es doch einmal passieren, dass ein Kunde seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, setzen wir uns mit ihm in Verbindung und besprechen individuelle Lösungsmöglichkeiten.

Wie haben sich bei Ihnen die Volumina an ausstehenden Zahlungen entwickelt? Hat sich daran durch die Corona-Krise etwas verändert?

Unsere anfänglichen Befürchtungen, dass die Zahlungsausfälle aufgrund der Krise steigen würden, haben sich nicht bestätigt. Mangels Gelegenheiten, Geld für Reisen, Entertainment und Ähnliches auszugeben, haben viele ihre Verbindlichkeiten sogar schneller abgebaut.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Apple Pay und Google Pay gemacht?

Apple Pay und Google Pay sind hervorragende mobile Bezahllösungen und ein perfekter Fit für uns, denn sie ermöglichen eine einfache und intuitive Nutzung unserer Kreditkarten im Alltag über die Wallet. Und genau das fragen unsere Kunden auch nach.

Tobias Grieß, Geschäftsführer, Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch, Hamburg
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