Wer braucht noch Banken?

Swantje Benkelberg

sb - Die Zeiten, da sich Paypal allein auf den E-Commerce konzentrierte, sind endgültig vorbei. Das hat der Zahlungsdienst spätestens mit dem Abschluss der weltweiten Kooperationsvereinbarungen mit Visa und Mastercard deutlich gemacht: Paypal strebt an den stationären PoS. Seit dem vergangenen Jahr ist das auch in Deutschland in einer Kooperation mit Shell bereits Realität. Die Lösung ist aber wenig charmant - setzt sie doch die Nutzung der Shell-App voraus; und wie viele Apps einzelner Dienstleister und Händler will sich Otto-Normalkunde schon aufs Handy laden? Zudem ist der Weg an die Ladenkasse über Kooperationen mit einzelnen Anbietern mühsam - vor allem, wenn man sich nicht auf Filialisten beschränken, sondern ein möglichst flächendeckend verfügbares Angebot erreichen will. Für ein Unternehmen wie Paypal, das in großen Dimensionen zu denken gewohnt ist, kann das kein befriedigender Weg sein. Der Schulterschluss mit Google in Sachen Google Pay scheint da nur folgerichtig.

20,8 Millionen Paypal-Nutzer in Deutschland können jetzt Google Pay verwenden - auf Basis einer von Paypal herausgegebenen virtuellen Mastercard, die der Kunde nicht beantragen muss und deren Nummer er gar nicht zu sehen bekommt. Die dafür nötige Banklizenz hat die luxemburgische Finanzaufsicht 2017 erteilt. Wenn ein Nutzer sein Paypal-Konto in Google Pay hinterlegt, wird die Zahlung am PoS über die virtuelle Karte abgewickelt und dann per Lastschrift vom hinterlegten Bankkonto eingezogen. Somit wird Google Pay im Grunde auch für Kunden nutzbar, die über gar keine Kreditkarte verfügen. Die Meldung hat die Branche zu Recht aufgeschreckt - droht doch hier die Kannibalisierung der eigenen Payment-Angebote in einem Bereich, in dem man sich bislang sicher wähnte: am stationären PoS. Nicht einmal die wenigen Banken, die bisher schon Google Pay unterstützen, können sich völlig sicher sein, ob ihre Kunden nicht auch den Weg über Google Pay wählen (und vielleicht die von der Hausbank emittierte Kreditkarte zurückgeben) werden. Insbesondere preissensible Kunden könnten so denken.

Sparkassen und Volksbanken werden vermutlich erleichtert aufgeatmet haben: Gerade noch rechtzeitig sind die Mobile-Payment-Angebote der beiden Verbünde an den Markt gegangen. Weil sie das mobile Bezahlen per Girocard ermöglichen, die nun einmal nach wie vor das in Deutschland meistgenutzte bargeldlose Zahlungsmittel ist, haben sie auch für die preisbewusste Kundschaft (und auch junge Kunden, die noch keine Kreditkarte erhalten) eine Mobile-Payment-Lösung jenseits von Google Pay. Das macht ihre eigene Position im Payment-Geschäft weniger angreifbar, als sie ohne Girocard mobile gewesen wäre. Punkten kann die Kreditwirtschaft überdies mit dem Faktor Vertrauen. Und an dieser Stelle kann sich die Partnerschaft mit Google für Paypal nicht nur als positiv erweisen. Die Paypal-Nutzung am PoS über Google Pay beinhaltet schließlich zumindest Unwägbarkeiten in Sachen Datenschutz. Nicht jedem Verbraucher wird der Gedanke gefallen, dass Google auf diesem Weg auch noch Einblick über das eigene Verhalten in der Offline-Welt erhält. Wer dies vermeiden und für den Datengiganten nicht vollends transparent werden will, der ist mit den kreditwirtschaftlichen Lösungen gut aufgehoben. Von den von Paypal adressierten 20,8 Millionen Kunden dürfte deshalb vermutlich nur ein kleinerer Teil tatsächlich den Hausbanken in Sachen Mobile Payment von der Fahne gehen.

Panik ist also nicht angesagt - aber auch keine Entspannung. 89 Prozent der Bundesbürger sind grundsätzlich dazu bereit, ihren Zahlungsverkehr über alternative Anbieter abzuwickeln, so das Finweb-Barometer Digitales Banking 2018 von Cofinpro. Das sind zwei Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Vor allem unter den 18- bis 34-Jährigen ist diese Offenheit groß. Nur noch bei 6 Prozent von ihnen (2017 noch 12 Prozent) stoßen Nichtbanken auf Ablehnung. Gebannt ist die Gefahr somit noch lange nicht.

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