Evolution statt Revolution

Swantje Benkelberg, Chefredakteurin, Foto: Fritz Knapp Verlag

Jetzt ist es offiziell: Mastercard verabschiedet sich von der Marke Maestro, die 1991 als weltweit erstes Online-Point-of-Sale-Debit-Netzwerk gestartet wurde, bisher als Co-Branding auf einem Großteil der deutschen Girocards präsent ist und in einigen Märkten sogar die nationale Debitkarte abgelöst hat. Ab dem 1. Juli 2023 werden Emittenten damit beginnen, abgelaufene oder verlorene Maestro-Karten zu ersetzen. Ab diesem Zeitpunkt werden dann keine neuen Karten mit den blau-roten Kreisen mehr ausgegeben, was aber natürlich nicht gleichbedeutend mit dem Rückzug von Mastercard aus dem Debitgeschäft ist, eher im Gegenteil - nur dass die Debitkarte in Zukunft nicht mehr Maestro, sondern Mastercard Debit heißen wird. Ein bisschen mehr als der bloße Austausch einer Marke steckt aber doch dahinter. In erster Linie ist es eine Frage von Akzeptanz und Einsetzbarkeit. Denn obwohl Maestro prinzipiell eine globale Marke ist, bleibt die Akzeptanz in Ländern außerhalb Europas häufig deutlich hinter der von Mastercard zurück. Hinzu kommt: Maestro-Karten können nicht durchgängig für Zahlungen im Online-Handel genutzt werden, unter anderem weil die Nummernkonventionen mit bis zu 19 Ziffern nicht mit den üblicherweise genutzten E-Commerce-Portalen kompatibel ist. Gerade in Pandemie-Zeiten mit dem dadurch noch einmal verstärkten Boom des Online-Handels ist das ein wichtiger Aspekt. Zudem weist Mastercard darauf hin, dass eine Debit-Mastercard beispielsweise auch - genauso wie eine Mastercard Kredit karte - dazu genutzt werden kann, für Reisebuchungen zu bürgen, wenn die Menschen nach Corona wieder vermehrt reisen.

Der große Aufschlag, den die Ankündigung von Mastercard in den Tagesmedien hatte, ist gleichwohl nicht ganz nachzuvollziehen. Neu war im Grunde nur die Bekanntgabe eines Datums, ab dem keine neuen Maestro-Karten mehr ausgegeben werden. Die Umstellung der Portfolios hingegen ist längst im Gange und wird durch den Stichtag vielleicht nur beschleunigt. Nicht zuletzt der DSGV empfiehlt den Sparkassen schon seit dem vergangenen Jahr, beim Co-Badging der Sparkassen Card auf Mastercard Debit anstatt auf Maestro zu setzen (siehe Interview mit Joachim Schmalzl und Ottmar Bloching in Karten 2/2020). Mit dem neuen Co-Badging wollen die Sparkassen die Girocard aufwerten. Interpretationen, wonach Mastercard den Emittenten mit dem offiziellen Aus für Maestro quasi die Pistole auf die Brust setzt, um auf diesem Wege die Mastercard Debit in den Markt zu drücken, die Banken und Sparkassen eigentlich gar nicht wollen, schießen deshalb deutlich über das Ziel hinaus. Schließlich haben auch die Emittenten ein Interesse daran, ihren Kunden ein Zahlungsmittel an die Hand zu geben, das sie möglichst überall einsetzen können, offline und online. Und solange die Girocard nicht online-fähig und eine EPI-Alternative nicht verfügbar ist, sind das im Debitbereich die Debitkarten von Mastercard und Visa. Denn auch Visa hat bereits im Mai 2019 angekündigt, von V-Pay auf Visa Debit umzustellen, nur ohne ein fixes Enddatum zu nennen. Vielmehr sprach Albrecht Kiel damals von einem Auslaufen "in sinnvollem Tempo". Alles in allem bedeutet die Umstellung von den jeweiligen Debitmarken auf die Debitkarte unter der Dachmarke der Schemes also eher eine Evolution als eine Revolution, genau wie der Abschied vom Magnetstreifen.

Was die Marktanteile im deutschen Debitmarkt angeht, hat diese Entwicklung allerdings tatsächlich das Zeug dazu, die Karten neue zu verteilen. Eine Reihe von Emittenten hat mittlerweile begonnen oder angekündigt, zugunsten von Mastercard Debit oder Visa Debit auf die Girocard ganz zu verzichten. Sollte das zum Trend werden, könnte zumindest die Dominanz der Girocard infrage gestellt werden. Sollten sich die beiden Verbünde von ihr verabschieden, wäre das vermutlich sogar das Aus. Hoffnungen auf einen höheren Marktanteil kann sich auch Visa machen. Denn bisher ist es Visa in Deutschland allenfalls begrenzt gelungen, den Platzhirschen Mastercard in Sachen Debitkarten die Marktführerschaft beim Co-Badging ernsthaft streitig zu machen. Dass V-Pay aus Sicht vieler Kunden im Vergleich zu Maestro mit dem Makel eines auf Europa begrenzten Einsatzgebietes behaftet war, erwies sich dabei trotz des Sicherheitsarguments nicht als hilfreich. So etwas ist mit der Umstellung von V-Pay auf Visa Debit passé. Damit ist der Wettbewerb neu eröffnet. Maßgeblich für die Akzeptanz sind sowohl bei Mastercard Debit als auch bei Visa Debit die jeweiligen Dachmarken. Und hier gibt es mittlerweile nur noch marginale Unterschiede. Darin liegt für Visa eine neue Chance.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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