Im PSD2-Countdown

Swantje Benkelberg, Foto: Fritz Knapp Verlag

Mit Terminen ist das so eine Sache: Oft werden Terminangelegenheiten auf die lange Bank geschoben. Rückt dann die Deadline in den Blick, wird die Zeit knapp. Dabei macht die starke Kundenauthentifizierung keine Ausnahme. Noch immer sieht es so aus, als würde zum Jahreswechsel so manche Transaktion mangels PSD2-Umsetzung scheitern. Zehn Wochen vor dem Inkrafttreten der Regeln für die starke Kundenauthentifizierung bei Kreditkartenzahlungen im Online-Handel hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) darauf hingewiesen, dass die schon vor einem Jahr an die Banken gerichtete Kritik weiterhin greift, wonach auch diese die neuen Vorgaben vielfach noch nicht erfüllen. Erfolgreich durchgeführte Tests für kartenbasierte Fernzahlungen nach dem "3DS 2.2 Protokoll" könnten nur wenige vorweisen. "Der aktuelle Stand bei der Umsetzung der starken Kundenauthentifizierung, die zum 1.Januar 2021 wirksam werden soll, ist besorgniserregend", sagte deshalb Birgit Janik, Referentin Steuern, Finanzen & Controlling beim BEVH, am 21. Oktober. Schließlich würden Kreditkartenzahlungen bei 17 Prozent aller E-Commerce-Transaktionen im deutschen Online-Handel genutzt.

Häme darüber, dass auch den säumigen Banken Erträge wegbrechen, wenn diese Transaktionen zum Jahresbeginn 2021 scheitern, kommt beim Versandhandel nicht auf. Dafür ist die Sorge über den erwarteten Umsatzeinbruch viel zu groß. Groß ist indessen auch der Ärger über das Verhalten der BaFin. Im Juni dieses Jahres hatte die Aufsicht selbst als "Soft Declines" bezeichnete Übergangsfristen ins Gespräch gebracht, diese seitdem allerdings nie offiziell bestätigt. Der Branchenverband BEVH erhielt zu seinem Gegenvorschlag überhaupt keine Rückmeldung. Dieser Gegenvorschlag sieht eine Frist bis zum 31. März 2021 vor, innerhalb derer zunächst noch Bestellungen bis 150 Euro (Stichtag 28. Februar 2021) beziehungsweise 50 Euro (Stichtag 31. März 2021) ohne starke Authentifizierung akzeptiert werden sollten. Der E-Commerce-Verband forderte deshalb am 21. Oktober, "dass sich die BaFin, wenn schon nicht zum Gegenvorschlag, so doch wenigstens hinsichtlich ihres eigenen Vorschlags zeitnah noch einmal mit einer verbindlichen Äußerung an die Teilnehmenden des Kartengipfels" äußert. Auch zwei an die BaFin gerichtete Nachfragen des BEVH dazu seien bisher unbeantwortet geblieben.

Hier treffen zweierlei durchaus berechtigte Interessen aufeinander: Die Payment-Branche und der Handel wünschen sich Klarheit darüber, worauf sie sich einstellen müssen. Andererseits will die Aufsicht eben diese Klarheit vermutlich mit Absicht nicht zu früh herstellen, um den Druck in Sachen PSD2-Umsetzung weiterhin aufrecht zu halten. So hatte sie es auch schon beim ursprünglichen Stichtag im vergangenen Jahr gehalten und quasi erst in letzter Minute die Verlängerungsfrist gewährt. Darauf, dass die BaFin dies auch diesmal wieder tut und letztlich doch noch Übergangsfristen einräumt, kann und sollte sich der Handel gleichwohl nicht verlassen. Schließlich darf eine Aufsichtsbehörde nicht den Eindruck erwecken, als würde sie regelmäßig Gnade walten lassen, wenn regulatorische Vorgaben nicht fristgerecht umgesetzt werden. Sie verlöre sonst jegliche Glaubwürdigkeit und gesetzlich festgelegte Stichtage würden vollends beliebig. Zudem müssen jegliche Zugeständnisse mit den anderen Aufsichtsbehörden in Europa abgestimmt werden. Das macht es nicht einfacher, sich frühzeitig (oder überhaupt) festzulegen. Bei der E-Commerce-Branche überwogen bei Redaktionsschluss deshalb die Sorgen die Hoffnung, es könne doch noch Übergangsfristen geben. "Trotz der bekannten Probleme in der Umsetzung ist eine Verschiebung oder Aussetzung des Stichtages kaum zu erwarten" hieß es dazu vom BEVH.

Die Unzufriedenheit mit der Aufsicht ist gleichwohl verständlich. Denn wer den Druck hoch halten will, damit zum Stichtag die Umsetzung der neuen Regeln auch wirklich abgeschlossen ist, der sollte eventuelle Pläne für Übergangsfristen wohl verwahrt in der Schublade halten, anstatt sie ein halbes Jahr vor dem Termin auf einem Branchentreffen vorzustellen und damit Hoffnungen zu wecken, die letztlich vielleicht nicht erfüllt werden. Zudem verdienen Gegenvorschläge sowie Anfragen, ob es denn nun Übergangsfristen geben werde, zumindest eine Reaktion, und sei es eine abschlägige. Hart in der Sache darf eine Aufsichtsbehörde sein. Eine gewisse Verbindlichkeit im Umgang mit den Beaufsichtigten schließt das indes nicht aus.

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