Schwerpunkt: Hypothekenprocessing

Dauerhaft getrenntes Processing für Zahlungsverkehr, Wertpapier, Kredit?

Die vielfach geführte Diskussion um die Wertschöpfungstiefe bei Kreditinstituten - und der oft zitierte Vergleich mit der Automobilindustrie - hat einen kleinen Schönheitsfehler: So einfach ist weder die Übertragung zwischen ganz unterschiedlichen Industrien noch die Umsetzung bei den Banken selbst in den verschiedenen Bereichen des Zahlungsverkehrs, der Wertpapierabwicklung und des Kreditprocessing. Trotz der Unterschiede im Detail ist aber die Frage berechtigt, ob es eine Trennung nach Kre-dit-, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungen geben wird, oder ob im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung ein "Multi-Servicer" entstehen könnte, welcher Economies-of-Scale mit Economies-of-Scope verbindet.

Bündelungsmöglichkeiten

Eine der in Europa fortschrittlichsten Verbindungen von Economies-of-Scale mit Economies-of-Scope lässt sich bei der DZ Bank AG finden. Zum einen ist hier das Transaction Banking schon frühzeitig in Tochtergesellschaften und Beteiligungen zur Hebung von Skaleneffekten konsolidiert worden (zum Beispiel Equens, Cards-Process, DWP-Bank, VR Kreditwerk), und zum anderen hat die DZ Bank in einem "Transaction Management" intern entsprechende Querschnittsfunktionen gebündelt: Kundenmanagement, Produkt- und Innovationsmanagement, die intern erbrachten Services, das Platt-form-Management sowie das Supplier Management wurden über die verschiedenen Säulen der Abwicklung zusammengefasst, um eine einheitliche Steuerung zu schaffen (siehe Abbildung 1). Diese Struktur findet sich auch im Schwesterbereich der Informationstechnologie, mit dem auch gemeinsam die Sourcing-Strategie definiert wird.

Aus Sicht der Kunden - externe Kunden wie interne Bereiche - stellt das Transaction Management einen "virtuellen" Multi-Servicer dar, durch dessen Bündelungsfunktion in den letzten Jahren Einsparungspotenziale im Multi-Millio-nen-Maßstab gehoben werden konnten, welche speziell den Volksbanken Raiffeisenbanken sowie den Direktkunden der DZ Bank zugute kamen.

Dabei wird im Transaction Management individuell und selektiv beurteilt, welches der beste Weg zur Erbringung der Wertschöpfung ist: Ob, wie und mit wem Processing-Services extern dargestellt werden sollen oder intern in der Bank verbleiben. Hier hat die Bank schon seit Ende der neunziger Jahre einen pragmatischen und realitätsnahen Ansatz vertreten, welcher den möglichen konkreten Nutzen für die Bank und ihre Kunden eindeutig in den Vordergrund stellt: Optimierung von Preisen, Servicequalität oder Innovationskraft.

Betrachtet man im Vergleich dazu die Entwicklung der theoretischen Grundlagen des Managements von Unternehmen und der Wertschöpfung, so wurden hier schon neueste Ergebnisse vorweggenommen (siehe Kasten 1). Denn erst seit dem Beginn des Jahrtausends hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass weder eine Fokussierung auf "innere" Kernkompetenzen und auf reine Größenvorteile die Methode der Wahl ist, noch die gegenteiligen Ansätze zu Ende der neunziger Jahre mit der Überbetonung einer "Netzwerkökonomie" fast ganz ohne eigene Leistungserbringung. Die theoretische Untermauerung, dass Wettbewerbsvorteile durch Flexibilität im Geschäftsalltag mit einem entsprechenden Management der benötigten Fähigkeiten zu erzielen sind, findet in der Aufstellung der DZ Bank ein konkretes Beispiel. So wird auch bei den Kredit-, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungen nicht immer und jede Leistung extern bezogen; in begründeten Fällen werden selektive Leistungen eigenständig erbracht und/oder durch eigene Mehrwertleistungen angereichert und abgerundet.

Selektion der Leistungen

Auch in der Automobilindustrie findet heute die Zusammenarbeit individuell und selektiv statt. Vom Re-Insourcing beispielsweise bei Fahrzeugelektronik im Premiumsegment gerade nach bekannt gewordenen Problemen mit Auswirkung auf das Image - über das bekannte Contract Manufacturing, also die Komplettfertigung bei einem Zulieferer, bis hin zu Betreibermodellen in der Art des Pay on Production mit Komplettverantwortung eines Zulieferers zum Beispiel für eine Endmontagelinie von der Finanzierung bis zur Wartung auf dessen eigenes Risiko gibt es verschiedene Beispiele, wobei aus Einzelfällen keine generalisierende Schlussfolgerung gezogen werden sollte.

Auch bei Kreditinstituten hängen die Kriterien für Sourcing-Entscheidungen von der jeweiligen individuellen Situation, vom Produktlebenszyklus und von der Ausgangslage der Bank ab. Für ein innovatives Kreditkartenprodukt kann durchaus ein Collaborative Engineering zusammen mit dem späteren Prozessor im Vordergrund stehen, beim schnellen Markteintritt im Rahmen einer Expansionsstrategie mag die fehlende Ressourcenbasis die Entscheidung bestimmen, bei einem reifen Markt zählen in der Regel die Kostenvorteile durch Bündelung und bei einem Marktaustritt mag die Entscheidung für die Abwicklung eines Closed Books auch von den technischen Rahmenbedingungen für einen eventuellen Portfolioverkauf abhängig sein.

Ein internationales Beispiel für die verschiedenen Wege - sogar alle innerhalb einer Gruppe - ist der Unicredit. Hier finden sich sowohl Konsolidierung an Near-shoring-Standorten, Nutzung von vorhandenen internen Back-Office-Kompetenzcentern, Auslagerung an Processoren, Verkauf von captiven Processing-Töchtern an Processoren und Desinvestition ganzer Geschäftssegmente (Quelle: Paolo Fiorentino, COO der Unicredit Global Banking Sevices Division, Capital Market Day am 5. Juli 2007). So soll beispielsweise die Kreditkartenabwicklung europaweit in der Türkei zusammengeführt werden; in Österreich wird ein Back-Office-Kompetenzcenter "Loans & Mortgages" etabliert und Rumänien bietet als Near-shore-Center die Unterstützung für alle Back-Office-Segmente an. Selektiv wurde in Deutschland der Zahlungsverkehr an die Postbank-Tochter BCB abgegeben - mit Überprüfung der Entscheidung auf Gruppenebene im Jahr 2011.

Die Wertpapier- und Custody-Abwicklung gilt dagegen generell nicht als Kerngeschäft: Die italienische Tochter 2S Banca wurde an die Société Générale verkauft und die deutsche Financial Markets Services Bank an Caceis, ebenfalls aus Frankreich. Eine standortbezogene Konsolidierung der verschiedenen Abwicklungssegmente unter Nutzung von lokalen Opportunitäten steht ganz klar im Vordergrund - zentral gesteuert durch die Global Banking Sevices Division, welche auch die Kostenverantwortung in der Gruppe innehat.

Processing in Deutschland - Reifegrad in den Segmenten

Während auf der einen Seite das Beispiel Unicredit die Vielfalt innerhalb einer internationalen Bankengruppe zeigt, so lässt andererseits auch der Vergleich von Kredit-, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungen in Deutschland unterschiedliche Reifegrade im externen Processing erkennen. Als Maß soll hier die Marktbreite, das heißt der externe Marktanteil, welcher nicht durch captive, konzerninterne Abwickler erbracht wird, von Processingleistungen in den Segmenten Kreditkarten, belegloser Zahlungsverkehr, Fondsdepots und Hypotheken dienen (Abbildung 2).

Dabei ist diese Darstellung insoweit als qualitativ zu verstehen, als in jedem Segment verschiedene Parameter herangezogen werden können: Depotzahlen oder Wertpapiertransaktionen, die Gesamtzahl der Hypothekendarlehen, das nominale Volumen oder das Volumen des Neugeschäfts. Ebenso kann das Bild Abweichungen aufweisen, wenn auch Bauspardarlehen oder die Immobilienfinanzierung der Versicherungsunternehmen mit eingerechnet werden. Dennoch ist die generelle Tendenz klar erkennbar. Während die Kreditkartenabwicklung schon seit Jahren einen reifen Markt mit über 50 Prozent Marktbreite hat - wo dann in der Regel eine Konsolidierung der Anbieter stattfindet -, so haben die Wertpapierabwicklung und die Abwicklung des beleglosen Zahlungsverkehrs etwa 2005 die Grenze von sich entwickelnden Märkten - mit in der Regel der höchsten Zahl von Anbietern - hin zum reifen Markt überschritten. Die Fondsdepotsabwicklung beziehungsweise Investmentkontenadministration stagniert seit Jahren als enger Markt trotz der Übernahme der Fondsdepotbank von Allianz Global Investors durch Xchanging im August 2007. Und der Markt für Hypothekenprocessing muss mit unter fünf Prozent externem Marktanteil als noch marginal bezeichnet werden.

Technik bestimmt Skaleneffekte

Diese unterschiedlichen Entwicklungsstände korrelieren mit den Charakteristika der verschiedenen Segmente. So ist das Clearing des beleglosen1) Massen-Zahlungsverkehrs vorwiegend durch das technische Processing (Prüfungen, Formatwandlung, Routing der Leitwege, Sammlerbildung) bestimmt. Auch die Abwicklung im Wertpapiergeschäft hat - zumindest im Retail-Segment - stark technische Züge im Orderrouting und in der Transaktionsabwicklung, in der Verarbeitung von Erträgen beziehungsweise Corporate Actions als auch in der Depotadministration. Dazu kommen beispielsweise im Bereich der Ertragsaufstellungen und Jahressteuerbescheide noch die Beherrschung der fachlichen Komplexität (Steuerfragen). Daher ist hier die IT - bezüglich Investitionen und Betriebskosten - ein Hauptkostentreiber, bietet aber das Potenzial für Skaleneffekte.

Schon bei den Fondsdepots findet sich ein signifikanter Teil von papiergebundenen Schritten, welche trotz aller technischen Automatisierung immer noch eine manuelle (Nach-)Bearbeitung erfordern: Die Anträge für die Depoteröffnung inklusive der Anträge auf Förderungen (Vermögenswirksame Leistungen, Riester-Sparpläne) müssen immer noch in Teilen angefasst werden wie dies auch für per Callcenter, Brief oder Fax eingehende Fondskäufe und -verkäufe gilt.

Noch deutlicher ist die manuelle Komponente bei Privatkunden-Hypotheken, wo die Bearbeitung des Kreditantrags im Neugeschäft der hauptsächliche Aufwandstreiber ist. Hier kann als Faustformel ungefähr angenommen werden, dass etwa ein Drittel der Anträge maschinell automatisch bearbeitet werden können (sogenannte Dunkelverarbeitung)2), etwa ein Drittel der Fälle eine nachträgliche Korrektur von unbeabsichtigten Fehleingaben vom Bankberater, Vermittler oder Online-Kunden und/oder eine Kontrolle von nachgereichten Dokumenten erfordert und schließlich etwa ein Drittel komplexere Fälle für vorwiegend manuelle Bearbeitung sind. Dazu kommen die Bestandsbearbeitung (Auszahlung, Überwachung des Zahlungsverkehrs, Anfragen, Prolongation) und Sonderfälle von Erbschaften bis zum Inkasso beim Zahlungsausfall.

Als Alternative zur Auslagerung der Kreditbearbeitung wählen viele Banken die Konsolidierung der Bearbeitung in zentralen Back-Office-Einheiten, wo durch eine Volumenbündelung ein arbeitsteiliges Vorgehen ermöglicht wird (sogenannte Mehrhandbearbeitung), welches dann zur Prozess- und Kapazitätsoptimierung genutzt werden kann. Beispiele dafür sind in der Sparkassen Finanzgruppe die STG Transaktionsgesellschaft der Ostsächsischen Sparkasse Dresden und der Sparkasse Leipzig, die Kredit-Serviceagentur Rheinland der Sparkasse Köln-Bonn und der Kreissparkasse Köln oder das Kredit-Service Center der Norddeutschen Retail-Service (NRS) der Hamburger Sparkasse, der Sparkasse Bremen und des Sparkassen- und Giroverbands Schleswig-Holstein. Ähnliches findet sich bei den Großbanken: die DB Kredit Service GmbH der Deutschen Bank mit Konsolidierung von vormals vier auf zwei Standorte oder das Zusammenführen der Kreditbearbeitung von Commerzbank und Eurohypo.

Europäische Processing-Trends im Vergleich

Vergleichbare Tendenzen haben sich auch beim Mortgage Processing in Großbritannien gezeigt, wobei oftmals ja der angelsächsische Raum als besonders Outsourcing-affin beschrieben wird. In den Jahren 2000 bis ungefähr 2003 gab es in Großbritannien einen regelrechten Mortgage Outsourcing Hype. Zwischen 2004 und 2006 trat dann eine deutliche Ernüchterung ein: Das externe Mortgage Processing fokussierte sich auf Angebote für Abwicklungsleistungen bei Non-performing Loans oder bei Subprime Mortgages, wo die Institute in der Regel keinen großen Appetit auf Fixkosten haben, sondern im Portfolio Management oder dem Work-out ihre Kernkompetenz sehen. Seit 2006/2007 wird dies noch durch die Auslagerung von einzelnen, selektiven Elementen der Wertschöpfungskette hin zu Spezialanbietern ergänzt (siehe Kasten 2).

Betrachtet man die Entwicklung von Kredit-, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungen auf der europäischen Ebene, so hängen die unterschiedlichen Trends auch mit den regulatorischen Rahmenbedingungen zusammen. Die Entwicklung des Zahlungsverkehrs in Europa ist durch die Marktveränderungen in Folge der Payments Services Directive (PSD) der EU und der Umsetzung durch die Single Euro Payments Area (SEPA) der europäischen Bankindustrie bestimmt. Damit geht fast zwangsläufig die Europäisierung der Zahlungsverkehrsabwickler einher.

War in der Vor-SEPA-Zeit der Markt für Anbieter von Zahlungsverkehrsservices national fragmentiert, so bilden sich nun durch Konsolidierung pan-europäische Strukturen heraus. Auch wenn der kürzlich erschienene World Payments Report 2007 von Capgemini, ABN Amro und EFMA eine kritische Masse im SEPA-Zahlungsverkehr erst um 2011 in den einzelnen Ländern voraussagt, so ist der Zahlungsverkehr in Zukunft nur noch europäisch zu verstehen und zu betreiben.

Die ursprünglich deutsch-niederländische Equens und beginnend die britische Voca-Link sind europäische Marktteilnehmer mit grenzüberschreitendem Angebot. Daneben werden auch in Zukunft einige - zumindest heute noch national fokussierte - Anbieter ihren Platz haben, wie zum Beispiel Stet als Betreiber für Processing und Clearing des nationalen Zahlungsverkehrs in Frankreich, Iberpay als Betreiber des spanischen Massenzahlungsverkehrssystems SNCE und in Deutschland die Postbanktocher BCB und die angekündigte technische Girozentrale der Sparkassen Informatik. Daneben nehmen die italienische SIA-SSB inklusive deren europäischen Tochter Sinsys sowie EBA Clearing als Pan-European Automatic Clearing House (Peach) jeweils Sonderrollen ein. Und nicht zu vergessen sind neue Unternehmen wie beispielsweise Pay-Pal, der Tochtergesellschaft von Ebay, welche seit Mitte 2007 mit einer Banklizenz in Luxemburg tätig ist und sich auf Zahlungen im E-Commerce respektive Internethandel fokussiert.

Pan-europäische Kooperationen im Processing

Die Geschichte von Equens ist dabei ein Musterbeispiel für eine pan-europäische Erfolgsgeschichte. Beginnend mit der Ausgliederung des Transaktionsinstituts (TAI) der DZ Bank im Jahre 2003 wurde nach dem Zugewinn von neuen Kunden wie der Citibank 2006 die Fusion mit der niederländischen Inter-Pay in zehn Monaten vollzogen. Mit der DZ Bank mit 33,54 Prozent, der belgischen KBC Group mit 1,55 Prozent, und den niederländischen Banken Rabobank (19,04 Prozent), ABN Amro (19,37 Prozent) und ING Group (19,33 Prozent) liegt eine europäische Anteilseignerstruktur vor.

Nach dem Gewinn weiterer Kunden unter anderem der finnischen OP Bank Group und der belgischen Fortis - wurde nun auch der zweitgrößte italienische Zahlungsverkehrsdienstleister Seceti mit ins Boot geholt. Die damit entstehende Holding wird mit einem Marktanteil von zwölf Prozent der größte Zahlungsverkehrsprozessor in Europa sein. Gemeinsam wickeln Equens/Seceti künftig rund 8,7 Milliarden Zahlungen pro Jahr und etwa drei Milliarden Geldautomaten- und Debitkartenzahlungen ab.

Im Wertpapierbereich hat dagegen mit der EU-Richtlinie MiFID eine Harmonisierung der regulatorischen Rahmenbedingungen Einzug gehalten, aber zumindest im Retail-Banking-Segment hat dies nicht zu einer Europäisierung der Abwickler geführt. Hier dominieren immer noch - neben der bankinternen Abwicklung - nationale Processoren wie beispielsweise CA Titres (Crédit Agricole)3), Boréal/CM-CIC-Titres (Crédit Mutuel CIC) und Natixis' Gestitres in Frankreich oder die DWP-Bank und Xchanging in Deutschland den Markt.

Bewegung in das Spiel der Kräfte hat der schon erwähnte Verkauf der Wertpapierabwicklungstöchter der Unicredit, von 2S Banca in Italien an die Société Générale und von der Financial Markets Services Bank in Deutschland an die französische Caceis gebracht. Hier kann mit Spannung erwartet werden, ob aus den in erster Linie grenzüberschreitenden unternehmerischen Akquisitionen in Zukunft auch technisch konsolidierte Processoren werden.

Joint-Venture-Partnerschaften - ein Beispiel

Eine Sonderstellung nimmt noch Xchanging ein. Während im angelsächsischen Raum Xchanging insbesondere Outsourcing für Versicherungen (mit etwa 1 800 Mitarbeitern in Großbritannien, den USA, Indien und Malaysia) sowie Cross-Industry-Services wie Outsourcing von HR-Prozessen, Procurement oder Accounting anbietet, hat sich der Processor mit der Xchanging Transaction Bank in Deutschland klar auf die Wertpapierabwicklung fokussiert.

Zusätzlich hat Xchanging zum 1. November 2007 eine 51-Prozent-Mehrheit an der Fondsdepotbank von Allianz Global Investors übernommen. Dabei nutzt Xchanging weniger technische Econo-mies-of-Scope zwischen diesen Segmenten, sondern setzt die unternehmerische Erfahrung der Optimierung von Abwicklungseinheiten - speziell in Joint-Ven-ture-Partnerschaften - zur Industrialisierung und Kostenreduktion ein. So wird beispielsweise die Six-Sigma-Methodik unternehmensweit eingesetzt.

Nachholbedarf im Hypothekenprocessing

Im Vergleich zum Zahlungsverkehr oder zur Wertpapierabwicklung befindet sich der Markt für Kreditabwicklung sowohl in Deutschland als auch in Europa noch in einer früheren Phase der Findung und Fokussierung (Konsolidierung, Gründung von Profitcentern, beginnende Hebung von Synergiepotenzialen). Das VR Kreditwerk ist hier gemeinsam mit dem Tochterunternehmen, der Kreditwerk Hypotheken-Management, mit rund acht Millionen Verträgen - Immobilienfinanzierungen und auch Bausparverträge - Deutschlands größte Kreditfabrik.

Das Kreditwerk erbringt unter anderem Serviceleistungen für die Bausparkasse Schwäbisch Hall, die DZ Bank und die DG Hyp. Außerdem können Volksbanken und Raiffeisenbanken durch die Integration der Prozessstraße des Kreditwerks in die neuen Banksysteme der Rechenzentralen GAD und Fiducia ihre Kreditprozesse an das Kreditwerk auslagern. Im Gegensatz zu einer Konsolidierung von Back-Office-Centern bietet dieses Modell den Volksbanken und Raiffeisenbanken die Chance, an den Skalenvorteilen einer etablierten Kreditfabrik zu partizipieren, ohne dass eine kostenträchtige IT-Migration von Kreditbeständen notwendig wäre. Darüber hinaus erreichen die auslagernden Banken beispielsweise die Volksbank Düsseldorf Neuss, die Münchner Bank eG oder die Volksbank Bonn Rhein-Sieg - eine Flexibilisierung der Kapazitäten und eine Steigerung der Bearbeitungsqualität.

Über die Kreditwerk Hypotheken-Management GmbH bietet das Kreditwerk seine Dienstleistungen auch außerhalb des genossenschaftlichen Finanzverbunds an. So nutzt beispielsweise die GMAC-RFC Bank in Deutschland diese Proces-sing-Services für Neu- und Bestandsgeschäft und die Umsetzung von True- Sale-Verbriefungen, da schon beim Markteintritt von GMAC-RFC keine eigenen Kapazitäten für die Kreditbearbeitung aufgebaut und genutzt werden sollten. Dieses breite Spektrum von Zugängen zu den Kreditprocessingstraßen dürfte gerade in Deutschland maßgeblich für den Erfolg einer Kreditfabrik und für die Vorreiterrolle des VR Kreditwerks sein.

Auf der europäischen Ebene ist dahingegen nicht abzusehen, dass kurzfristig ein grenzüberschreitendes Kreditprocessing erfolgreich sein könnte. Zwar strebt die European Commission mit ihrem für Ende 2007 angekündigten White Paper "Integration of EU mortgage markets" einen weiteren Schritt zur Harmonisierung der Hypothekenmärkte in Europa an, doch sind hier noch längerfristig Hürden zu überwinden.

So begründete die Europäische Kommission die hier zu erwarteten ökonomischen Benefits insbesondere durch die europaweite Verbreitung von Subprime-Hypotheken an bonitätsschwache Schuldner und Non-conforming-Hypotheken4), wie dies ein Report "The costs and benefits of the integration of EU mortgage markets" (London Economics aus dem August 2005 für die European Commission, DG-Internal Market and Services) beschreibt. Eine frühere "Study on the Financial Integration of European Mortgage Markets" von Mercer Oliver Wyman aus dem Jahre 2003 spricht mit ähnlichem Tenor von "Market improvement in completeness and price" besonders durch solche beispielsweise in Großbritannien verbreitete Hypothekenarten.

Kostspielige Prozesse trotz hoher Arbeitsteilung?

Nach der Subprime-Krise in den USA wird nun aber erwartet, dass die Europäische Kommission zwar das White Paper veröffentlichen, sich aber im Augenblick konkreten Maßnahmen enthalten wird. Somit ist weder aus der Richtung der Kommission eine Vereinheitlichung als Vorbedingung für ein pan-europäisches Processing von Hypotheken zu erwarten - und auch nicht aus der Richtung der heute noch sehr unterschiedlichen nationalen Steuer- und Rechtssysteme. Die Situation in Deutschland oder Europa in der Kreditabwicklung unterscheidet sich dabei deutlich von den USA, sodass transatlantische Betrachtungen zum Kreditprocessing nur eine eingeschränkte Aussagekraft besitzen.

In den USA hat sich seit Jahrzehnten getrieben durch das 1931 eingeführte Trennbanksystem (Glass-Steagall Act), welches ab 1990 erst nach und nach und im Jahr 2000 fast ganz aufgehoben wurde - eine hohe Arbeitsteiligkeit in der Hypotheken-Wertschöpfungskette etabliert: Hier werden Hypotheken von Immobilienvermittlern über "Underwriter" beziehungsweise Hypotheken-Broker an Banken (Main Street Lenders) weitergereicht, welche diese wiederum über den Sekundärmarkt und Spezialinstitute wie Freddie Mac und Fannie Mae an Investoren an der "Wall Street" weiterleiten. Unterstützt werden diese Teilnehmer durch Servicer, Processoren und IT-Betreiber - alles zusammen in einem komplexen Prozess, welcher zwar bei den Instituten jeweils isolierte Skaleneffekte erlaubt, im Ganzen aber als wenig effizient, zeitraubend und für die Hypothekennehmer kostspielig zu bezeichnen ist. Mehr als 50 Prozent der Hypotheken in den USA werden dabei über die Lender Processing Services von Fidelity National Information Services (FIS) abgewickelt. Am 25. Oktober 2007 hat nun FIS angekündigt, dass man die Lender Processing Services durch Aktienausgabe an die Aktionäre an die Börse bringen möchte. Als Begründung dafür wurde insbesondere angeführt, dass die Transaction Processing Services von FIS mit dem Angebot von Kernbank-, Zahlungsverkehrs- und sonstigen Bankservices disjunktiv zur Hypothekenabwicklung seien.

William P. Foley II, der Executive Chairman von FIS, fasste dies in einer Pressemeldung so zusammen: "Transaction Processing Services and Lender Processing Services ... are distinct and unique businesses that serve different customers, operate in different markets, and attract different investors. We believe the proposed separation will provide more company flexibility and dedicated management focus with respect to product development, capital investment and strategic initiatives, which should ultimately drive higher value to our customers and shareholders." Diese Argumentation stellt gerade die Gegenposition zu einer Konvergenz verschiedener Abwicklungsdisziplinen dar.

Zu früh für Multi-Servicer

Zur Fragestellung, wie sich die Kredit-, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklung zukünftig entwickeln und ob dauerhaft die derzeitige Trennung der Segmente bestehen bleibt, kann man folgendes Fazit ziehen: Sourcing-Entscheidungen, speziell das Processing betreffend, werden auch in Zukunft von individuellen ökonomischen und strategischen Kriterien bestimmt sein, welche zu einer dynamischen Balance von bankinterner Abwicklung und Abwicklung bei Suppliern führen.

Sowohl der Reifegrad als auch die europäischen Entwicklungen im Processing sind zwischen Zahlungsverkehr-, Wertpapier- und Kreditabwicklung unterschiedlich und werden dies zumindest mittelfristig auch bleiben. Insbesondere die regulatorischen Rahmenbedingungen sind (heute noch) nicht kongruent. Eine "technische" Konvergenz im Processing von Zahlungsverkehr, Wertpapierabwicklung und Kreditprocessing, also eine Verbindung von Economies-of-Scale mit Economies-of-Scope, müsste ein Alleinstellungsmerkmal am Markt und/oder einen klaren Kostenvorteil generieren, was so nicht einmal in einem reifen Markt wie den USA gültig zu sein scheint.

In Abbildung 3 sind die angesprochenen Beispiele Equens (hellorange), Xchanging (hellgrau) und VR Kreditwerk (orange) schematisch dargestellt. Während Equens in der "europäischen Achse" expandiert, nutzt Xchanging die unternehmerische Kompetenz bei der Optimierung von Joint-Venture-Partnerschaften in Deutschland bei der Wertpapier- und Fondsdepotabwicklung, wohingegen das VR Kreditwerk ein End-to-end-Angebot mit verschiedenen Zugangskanälen zu der Produktionsstraße für Kredite anbietet. Durch diese unterschiedliche Ausrichtung in der Kredit-, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklung ist ein Multi-Servicer in näherer Zukunft nicht zu erwarten. Daher stellt eine innovative Bündelung in einem Transaction Management als zentrale Drehscheibe zwischen den Kunden und den Suppliern ein zukunftsweisendes Modell dar, wie heute schon das Potenzial von Economies-of-Scope mit konkreten Einsparungen gehoben werden kann.

Fußnoten

1) Dahingegen spielt beim beleghaften Zahlungsverkehr die kosteneffiziente Kapazitätssteuerung der technischen und manuellen Belegbearbeitung eine Hauptrolle.

2) Und selbst hier kann noch ein Exit zu einem manuellen Prozess, zum Beispiel bei Einbindung eines Gutachters für Objekt/Sicherheit, notwendig sein.

3) Der Crédit Agricole hat mit der BNP Paribas ein 50/50-Joint-Venture Euro Securities Partner gegründet, um eine gemeinsame IT-Plattform für die Retail-Wertpapier-Abwicklung zu entwickeln. Damit würden in Zukunft etwa 55 Prozent des französischen Marktes zumindest auf einer gemeinsamen IT-Plattform abgewickelt.

4) Hier sei eine Anmerkung gestattet: Die Vergabe von "Nicht-Standard-Hypotheken" an "Non-Conforming"-Schuldner - also zum Beispiel Selbstständige mit Selbstauskunft über ihr Einkommen, Kunden mit einen Schufa-Merkmal oder bei Finanzierung über 100 Prozent - ist per se möglich und kann ein lukratives Geschäft sein - wenn, aber auch nur dann, hier die entsprechende Risikoprämie stimmt und eben nicht wie in den USA erfolgt solche Darlehen quasi zum Nulltarif vergeben werden.

Dr. Udo Milkau , Digital Counselor, Frankfurt am Main
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