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Ertragschancen trotz Finanzkrise mit Mortgage Backed Securities

Normale Portfoliomanager haben es schwer, eine überdurchschnittliche Wertentwicklung zu generieren. Manchmal ergeben sich jedoch "Fenster" und Investmentgelegenheiten, die durch irrationales Verhalten und ein großes Maß an Angst entstehen. Solche Situationen sind selten, aber es gibt sie - zum Beispiel gerade jetzt.

Wenn deutsche Anleger an den US-Hypothekenmarkt denken, fällt ihnen vor allem "Subprime" ein. Der Ausfall von Schuldnern schlechter Bonität führte zwar zu Verwerfungen, die in der Finanz- und Bankenkrise gipfelten. Die Krise schafft aber auch einzigartige Chancen. Einige hypothekenbezogene Wertpapiere weit über dem Subprime liegenden Kreditsegment bieten inzwischen einmalige Renditechancen bei einem sehr überschaubaren Risiko - der Vergleich zum deutschen Pfandbrief liegt von daher nahe.

Kreditklemme, Bankenkrise, Börsenbaisse - die Märkte werden derzeit von einer ganzen Reihe negativer Ereignisse heimgesucht. All dies begann mit "Subprime". US-Schuldner mit schlechter Bonität konnten ihre Hypothekenkredite nicht mehr zurückzahlen, wodurch auf diese Hypotheken bezogene MBS-Wertpapiere (Mortgage Backed Securities) rapide Wertverluste erlitten. Daraus resultierende Abschreibungen und Wertberichtigungen sorgten für riesige Verluste bei Finanzinstitutionen, die deswegen immer zurückhaltender mit ihrem Geld umgehen mussten. Die Folge war der "Credit Crunch", ein Versiegen der Kreditvergabe, das größer ausfiel, als man jemals für möglich gehalten hatte. Banken gerieten in die Liquiditätsfalle und mussten notverkauft oder teilverstaatlicht werden.

Der amerikanische Hypothekenmarkt steht seitdem als Ganzes in einem schlechten Ruf, die MBS-Kurse stürzten auf breiter Front ab. Doch in den USA gibt es große Unterschiede zwischen der Qualität unterschiedlicher Kreditnehmer. Eine große Anzahl von Hausbesitzern bedienen nach wie vor ihre Hypotheken. Somit summiert sich das Volumen potenzieller Kreditausfälle und Zwangsversteigerungen letzten Endes auf einen relativ kleinen Betrag. Schließlich gibt es nicht nur Subprime, sondern auch eine große Zahl von erstklassigen "Prime"-Schuldnern, die ihre Hypotheken vollständig und zuverlässig zurückzahlen.

Mangelnde Markttransparenz

Folgerichtig ist das vom Markt derzeit pauschal eingepreiste Risiko hypothekenbezogener Wertpapiere übertrieben im Verhältnis zu den Gesamtverlusten, die aller Voraussicht nach tatsächlich eintreten werden. Anleger können diese Situation ausnutzen, indem sie durch den Preisrückgang am Markt billig gewordene MBS von hoher Qualität kaufen, deren Bewertungen fundamental nicht gerechtfertigt sind.

Deutsche Anleger halten sich allerdings derzeit sehr zurück, was vor allem am schlechten Image der MBS liegt. Um MBS besser zu verstehen, lohnt sich der Vergleich mit dem deutschen Pfandbrief. Beides sind festverzinsliche, mit Hypothekenkrediten unterlegte Wertpapiere, die am Kapitalmarkt zur Refinanzierung vergebener Kredite platziert werden.

Unterschiede gibt es aber in der Laufzeit. Für Hypothekenbanken gilt nach deutschem Recht das Kongruenzprinzip, wonach die Laufzeiten der Pfandbriefe und der unterliegenden Kredite ähnlich sein müssen. Eine vorzeitige Rückzahlung innerhalb der ersten zehn Jahre nach Vertragsabschluss ist ausgeschlossen. Im US-Markt dagegen hat der Kreditnehmer die Möglichkeit, jederzeit vorzeitig zu tilgen (Prepayment).

Um die Anlegersicherheit zu gewährleisten, gehen Pfandbrief und MBS unterschiedliche Wege. Für die in Pfandbriefen "verbrieften" Kredite gelten strenge gesetzliche Auflagen. Die Beleihungsquote, das Verhältnis der Darlehenssumme zum Sicherungswert, liegt zudem bei maximal 60 Prozent. Bei MBS kann das "Loan-to-Value-Ratio" dagegen bis zu 90 Prozent betragen. Beim Pfandbrief müssen außerdem die emittierenden Hypothekenbanken, für die wiederum hohe Eigenkapitalanforderungen gelten, mit ihren gesamten Zahlungsströmen haften.

Bei Insolvenz gehen im Deckungsstock eines Pfandbriefes aufgelistete Sicherheiten zudem nicht in die Konkursmasse über, sondern werden zur Absicherung des Pfandbriefes benutzt. Bei MBS dagegen liefert nicht die emittierende Bank die Zahlungen, sondern das Kreditportfolio.

Die MBS emittierenden Zweckgesellschaften haben meist nur ein sehr geringes haftendes Eigenkapital. Stattdessen sind in den USA aber ergänzende Maßnahmen üblich, die vor Kreditausfällen schützen sollen. Eine verbreitete Form dieses "Credit Enhancement" ist die Nachrangigkeit, auch "Subordination" genannt. Dabei wird ein MBS in verschiedene Tranchen unterteilt.

Vorrangige "Senior"-Tranchen werden bei Zahlungen gegenüber nachrangigen "Subordinated"-Klassen bevorzugt behandelt, und bei Verlusten aus den zugrunde liegenden Forderungen werden die untergeordneten Tranchen zuerst betroffen. Diese "Verlustpuffer" sind von vorzeitigen Rückzahlungen ausgeschlossen. Tilgen viele Kreditnehmer vorzeitig, erhöht sich daher der Anteil des Verlustpuffers am Betrag der ausstehenden Kredite.

Um den MBS-Markt zu verstehen, muss man wissen, dass historisch gesehen die sogenannten "Agencies" den Markt dominierten. Das sind staatlich unterstützte Gesellschaften wie Fannie Mae oder Freddie Mac. Ihre Standard-Hypotheken sind an relativ strenge Vergabekriterien gebunden. Kreditnehmer müssen eine Fico-Punktzahl - Fico untersucht ähnlich der deutschen Schufa die Kreditwürdigkeit von Konsumenten - von mindestens 620 vorweisen. Die Obergrenze der Einzelkredite für Einfamilienhäuser lag zudem lange Zeit bei 417 000 US-Dollar, bevor sie kürzlich auf 625 000 US-Dollar angehoben wurde. Die Beleihungsquote durfte nicht größer als 80 sein.

In den letzten Jahren entfiel allerdings ein ständig wachsender Anteil des MBS-Geschäftes in den USA auf "Non-Agencies", Hypothekeninstitute, die nicht die Standard-Vergabekriterien der Agencies erfüllten, da in vielen Teilen der USA die Hauspreise rapide stiegen. Das wiederum hatte den Effekt, dass die Hypothekenvergabe die Kriterien der Agencies überschritt. Die große Mehrheit der Hypotheken wurde an Kreditnehmer vergeben, die keine erstklassigen Prime-Schuldner waren - alle Subprime-Hypotheken wurden in den USA von den nicht staatlich unterstützten Non-Agencies vergeben. Zusätzlich hatten sich viele dieser Gesellschaften auf variable Hypo-theken-Zinssätze spezialisiert, die sogenannten ARMs (Adjustable Rates Mortgage). Dabei zahlt der Schuldner zunächst einen sehr niedrigen Zinssatz, doch nach ein paar Jahren werden die Zinsen jährlich angepasst. Ein Großteil der aufgetretenen Probleme hat mit diesen variabel verzinslichen Hypotheken zu tun, denn viele Hausbesitzer konnten sich nach der Umstellung die höheren Zinsen nicht mehr leisten.

Einzigartige Chancen

Wenn immer mehr Schuldner ausfallen, befürchten Anleger, dass der Verlustpuffer nachrangiger Tranchen nicht mehr ausreicht und Inhaber vorrangiger Tranchen ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Folge waren pauschale Kursverluste bei MBS vor allem von Non-Agencies, deren zugrunde liegende Kredite nicht den Ansprüchen der staatlich unterstützten Gesellschaften genügen. Bei vielen MBS ist der Kurs auf ein sehr günstiges Niveau gefallen, zusätzlich können mögliche Verluste in den vorrangigen Tranchen nahezu ausgeschlossen werden. Das Beispiel eines typischen MBS, das zu 90 Prozent aus "Senior"-Tranchen besteht und zu zehn Prozent aus nachrangigen Tranchen, verdeutlicht dies. Beträgt die durchschnittliche Beleihungsquote 70 Prozent, müssten rund 50 Prozent der Hypotheken in Zahlungsverzug kommen, damit innerhalb der besten Wertpapier-Portfolios Verluste registriert würden.

Doch selbst wenn es Kreditverluste geben sollte und diese bis zu zehn Prozent des MBS-Volumens ausmachen, bleiben zu deren Absorbierung die nachrangigen Tranchen. Und damit nicht genug: Der aktuell niedrige Kurs wirkt wie ein zusätzlicher Verlustpuffer. Wer eine vorrangige Tranche des Beispiel-MBS zu 45 bis 60 Prozent des Nominalwerts erwirbt, macht selbst dann noch 20 Prozent Gewinn, wenn er am Ende der Laufzeit nur 95 Prozent des Nominalwertes zurückerhält. Dafür müssten dann allerdings

Kreditverluste auflaufen, die den Verlustpuffer aus den nachrangigen Tranchen noch um weitere fünf Prozent übersteigen. Den Aberdeen-Berechnungen zufolge müssten astronomische 40 bis 50 Prozent der Kredite ausfallen, damit dieser Fall eintritt. Dies verdeutlicht, dass das Verhältnis von erwarteter Rendite aus solchen qualitativ hochwertigen (also nicht Subprime) Papieren und dem einzugehenden Risiko inzwischen ein günstiges Niveau von geradezu historischem Ausmaß erreicht hat.

Von den theoretisch langen Laufzeiten der MBS müssen sich Investoren nicht abschrecken lassen. Weil die Möglichkeit vorzeitiger Tilgung oft genutzt wird, ist die tatsächliche Laufzeit meist deutlich kürzer als die bei der Emission angegebene Fälligkeit, die in der Regel bei 30 Jahren liegt. Zugrundeliegende Kredite werden vor allem dann vorzeitig zurückgezahlt, wenn sie nach einer festverzinslichen Phase auf variable Zinsen übergehen. Die Schuldner haben kein Interesse an den variablen Sätzen, weswegen sie vor der Umstellung zur vorzeitigen Tilgung neigen. Steigen die vorzeitigen Rückzahlungen, nähert sich das Wertpapier sehr schnell dem Nominalwert an. Zudem würde eine hohe Anzahl von Zahlungsverzügen auch die Laufzeit der Wertpapiere kürzen, da das gesamte wiedererlangte Geld der in Zahlungsverzug geratenen Hypotheken an die Inhaber vorrangiger Tranchen gezahlt würde.

Natürlich kommt es darauf an, die richtigen MBS-Titel auszuwählen. Achten müssen Anleger auf die Bonitätsstruktur der Schuldner und das Ausmaß des Verlustpuffers, der durch nachrangige Tranchen gewährt wird. Ebenso wichtig ist, dass MBS keine Subprime-Kredite, sondern nur Kredite aus dem "Prime" und "Alt-A"-Segmenten enthalten, womit Schuldner bezeichnet werden, deren Bonität der von erstklassigen Schuldnern nahe kommt. Auch die durchschnittliche Fico-Punktzahl und die Durchschnittsgröße der zugrunde liegenden Kredite gibt Aufschluss über die MBS-Qualität.

Fehlendes Geld

Wenn derzeit im Rentenbereich einmalige Möglichkeiten bei den MBS locken, so könnte man sich fragen, wieso die Käufer nicht Schlange stehen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einerseits wird der fundamentale Wert der Wertpapiere nicht immer erkannt, andererseits haben sich die traditionellen Käufer dieser Anleihen aus dem Markt zurückgezogen, weil Banken ihnen nicht mehr das für den Kauf erforderliche Geld leihen. Außerdem sind die Preisschwankungen derzeit so groß, dass viele traditionelle Geldverwalter vor einem Kauf zurückschrecken. Dazu kommt die Angst vor weiteren negativen Korrekturen und Bewertungen durch Rating-Agenturen. Auch Hedgefonds, die bislang stark bei MBS investiert waren, fallen als Käufer aus, weil ihnen der Zugang zu Fremdfinanzierungen fehlt.

Derzeit ist der Markt für Non-Agency-Titel sehr illiquide, im Gegensatz zum Markt für Agency-Papiere. Allerdings ist dies auch eine der Ursachen dafür, dass sich am Markt Ineffizienzen bilden konnten, aus denen die enormen Anlagemöglichkeiten entstanden sind. Während deutschen Privatanlegern der Zugang zum MBS-Markt eher schwer fallen dürfte, können institutionelle Investoren relativ einfach die Chancen nutzen. Dazu braucht es nur einen Spezialfonds und einen Vermögensverwalter mit genauen Kenntnissen des US-Marktes. Aberdeen beispielsweise hat einen US Mortgage Opportunities Spezialfonds für Investoren aufgelegt. Eines sollte man jedoch bedenken: Irgendwann wird sich das Fenster für die günstigen Einstiegsmöglichkeiten wieder schließen. Wann das sein wird, hängt wie alles andere in diesen Tagen vom US-Häusermarkt ab. Sobald man eine bessere Vorstellung davon hat, wann der Häusermarkt seinen Boden erreicht, wird sich die Preisbildung bei den MBS normalisieren, und die Papiere werden wieder mit einem angemessenen Preis bewertet. Aberdeen geht davon aus, dass dies in den kommenden sechs bis zwölf Monaten der Fall sein wird.

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