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Flexible Refinanzierung - Pflichtprogramm im zukünftigen Banking

Die Schuldenkrise und ihre Folgen: Die zahlreichen Regulierungsvorhaben in der Finanzbranche und die labilen Kapitalmärkte führen dazu, dass Kreditinstitute nach differenzierten Refinanzierungswegen suchen. Die am intensivsten diskutierte Regulierungsmaßnahme für Bankinstitute ist Basel III. Darüber hinaus sind auch die Auswirkungen von Solvency II auf die Versicherungen bedeutsam, die als wichtige Investoren im Bankenumfeld auftreten.

Aber auch FATCA, eine US-amerikanische Regelung im Umfeld der US-Quellensteuerabgabe für ausländische Institute, sollten Banken im Blickfeld haben, da sie die Anforderungen an das Berichtswesen deutlich erhöht. Nach Inkrafttreten von Basel III und Solvency II, spätestens nach der Übergangsphase, werden Banken ohne ein anforderungsgemäßes und flexibles Asset Liability Management (ALM) nicht mehr auskommen. Banken können den Umsetzungsaufwand optimieren und gleichzeitig die Weichen stellen, um die Handlungsspielräume bei der Refinanzierung zu verbessern.

Asset-Abbau infolge von Basel III

Basel III zwingt die Banken dazu, nicht unwesentliche Teile ihrer Aktiva zu veräußern. Denn den strengeren Anforderungen auf dem Gebiet des Eigenkapitals können die meisten europäischen Banken nicht mit einer bloßen Erhöhung der Eigenmittel begegnen. Sie werden deshalb einen Teil ihrer Assets veräußern müssen, einige Banken haben bereits damit begonnen, eine allmähliche Einstellung ihrer Kreditvergabe während eines Zeitraums von rund zwei Jahren in Kauf zu nehmen (zum Beispiel BNP Paribas und Société Générale in Frankreich). Die Gesamthöhe der in Europa zu veräußernden Assets wird von Experten auf zirka 2 000 Milliarden Euro geschätzt.

Das durch die Staaten- und Finanzkrise höchst unsichere und volatile Umfeld, in dem ein gezielter profitabler Abbau der Assets gelingen soll, erfordert daher ein Höchstmaß an Steuerungskompetenz und Handlungsflexibilität, da er zum richtigen Zeitpunkt am Markt erfolgen muss und auf den Bedarf und die Risikoneigung von Investoren ausgerichtet sein sollte. Abnehmer der Assets sind hauptsächlich Fondsgesellschaften und Versicherungskonzerne. Letztere müssen ihre Entscheidungen zur Kapitalanlage wesentlich an den Solvency II-Regeln ausrichten.

Solvency II als Treiber bedeutender Investoren

Die Solvency-II-Regeln fordern, analog den bereits für Banken geltenden Vorschriften (Basel II beziehungsweise Basel III), die Risiken aus Anlagen differenziert nach Assetklassen und Risikoarten mit Eigenmitteln zu unterlegen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass die Eigenmittel nach Solvency II nicht dem Eigenkapital im Sinne des Einzel- oder Konzernabschlusses einer Versicherung entsprechen, sondern einer Solvency-II-Bilanz, die grundsätzlich nach eigenen Regeln aufgestellt wird. Immerhin soll in den meisten Bereichen - abgesehen von der Bilanzierung der Versicherungsverträge - eine Kompatibilität mit IFRS hergestellt werden.

Die Standardformel nach Solvency II, die in vielen EU-Ländern bei der großen Mehrzahl der Versicherungsunternehmen gegenüber einem ebenfalls möglichen internen Modell zum Einsatz kommen wird, differenziert innerhalb einer Grobstruktur der Kapitalanlagen nur in begrenztem Umfang nach dem tatsächlichen Risikoprofil der Anlagen. Danach soll eine Immobilieninvestition in der ersten Berechnungsstufe grundsätzlich eine Kapitalanforderung (Solvency Capital Requirement - SCR) in Höhe von 25 Prozent des Marktwerts der Immobilie zur Folge haben. Für Projektentwicklungen wird ein SCR von 39 bis 59 Prozent des Marktwerts verlangt.

Auch die indirekten (über Beteiligungen oder Fonds getätigten) Immobilieninvestments unterliegen dem SCR-Satz von 25 Prozent, soweit der sogenannte "Look through approach" zum Tragen kommt. Dieser Ansatz besagt, dass als Berechnungsbasis für die Kapitalanforderung an Stelle des Werts der Anteilsposition auf den Marktwert der Immobilienanlagen des Vehikels selbst geschaut wird, an dem das Versicherungsunternehmen beteiligt ist.

Kommt der Look-through-Ansatz nicht zur Anwendung, erfolgt die Eigenmittelunterlegung der Anteile entsprechend dem für Aktien und Beteiligungen geltenden Unterlegungssatz. Da diese gegenüber Immobilien grundsätzlich als Investitionen mit einem höheren Risiko gelten, lautet der Kapitalbedarf für in der EU oder einem OECD-Land an einem regulierten Markt notierte Aktien in der ersten Stufe auf einen Wert zwischen 29 und 49 Prozent des Marktwerts, je nach historischer Marktentwicklung des MSCI World am betrachteten Stichtag. Die Unterlegung von nicht notierten Beteiligungen erfolgt in Höhe von 39 bis 59 Prozent des Marktwerts der Beteiligung.

Die effektiven Solvenzkapitalanforderungen, aber auch die aktuellen Renditeveränderungen bei Staatspapieren, werden sich also auf das Anlageverhalten der Versicherer auswirken. Da sich pauschale Aussagen zu den Umschichtungen kaum treffen lassen, sollten Banken genau analysieren, welche Assetklassen, wie zum Beispiel Immobilien oder Hypothekendarlehen, von frei werdender Liquidität profitieren können und bei welchen Abnehmern entsprechende Nachfragepotenziale liegen.

Steigende Dokumentationsund Meldepflichten

Neben Basel III bringt vor allem FATCA für Banken aufwendige Änderungen und Anpassungen im Meldewesen mit sich. Zeitnähe, Umfang und Tiefe der Berichterstattung müssen hierfür sehr stark erhöht werden. Die Regelungen des FACTA sehen vor, dass Foreign Financial Institutions (FFI) mit einem Quellensteuerabzug in Höhe von 30 Prozent von allen dem Steuerabzug unterliegenden Zahlungen aus US-Quellen belegt werden (sogenannte Withholdable Payments, zum Beispiel Zinsen und Dividenden sowie Erlöse aus der Veräußerung von US-Wertpapieren). Vom Quellensteuerabzug sind auch die Eigengeschäfte und -bestände der FFI betroffen.

Die FATCA-Anforderungen sind konzernweit umzusetzen, das heißt jede einem Konzernverbund angehörige FFI ist dazu verpflichtet, einen FFI-Vertrag mit der US-amerikanischen Bundessteuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) abzuschließen oder den Status "deemed compliant" anzunehmen. Deemed compliant heißt, dass erleichterte FATCA-Anforderungen angewendet werden, die aber nur unter bestimmten Voraussetzungen in Anspruch genommen werden können.

FATCA hat zur Folge, dass weltweit alle Konzerngesellschaften ebenfalls zu umfangreichen Dokumentations- und Meldepflichten heranzuziehen sind, über die im Grundsatz eine Steuerverkürzung durch US-Personen möglich ist. Diese Reichweite macht deutlich, wie groß der Kreis der betroffenen Finanzdienstleistungsunternehmen sein kann.

Es muss den Banken bewusst sein, dass die immer höheren Anforderungen an das externe Reporting eine noch nicht da gewesene Transparenz nach sich ziehen werden. Daher ist es unerlässlich, eine Konsistenz und Homogenität der Daten in den diversen Reports zu gewährleisten. Um eine flexible und schnelle Entscheidung im dynamischen Asset Liability Management treffen zu können, ist die Erstellung eines validen Reports auf Knopfdruck (One-Click-Reporting) eine der Grundvoraussetzungen.

Daneben ist es für die Kreditinstitute interessant, dass das Know-how im Meldewesen auch in den angrenzenden Bereichen, beispielsweise dem Reporting für Bilanz- und Assetsteuerung, nutzbar gemacht werden kann. Denn teilweise werden identische Daten und Informationen zum Beispiel zu Krediten abgefragt. Für Kreditinstitute ist daher entscheidend, wie sie sich zu dem Kernthema Datenqualität aufstellen, weil sie damit die Handlungsspielräume eines flexiblen, schnellen und übergreifenden Informationsaustauschs zwischen den unterschiedlichen Fachbereichen verbessern.

Um die Qualität der Daten zu erhöhen, müssen unterschiedliche Stellhebel bewegt werden, zum Beispiel bei der Analyse und Optimierung der Prozesse zur Datenverarbeitung sowie der Etablierung einer Steuerungsfunktion in der Bank, die eine systematische übergreifende Herangehensweise aller Bereiche sicherstellt. Die Krediteinheiten der Bank können zudem die Möglichkeiten der Unterstützung externer Kreditservicer wie der Hypotheken Management Gruppe nutzen, um zum Beispiel bei Verbriefungsaktionen auf fachliche Unterstützung zurückgreifen und damit operative Impulse zur Erhöhung der Datenqualität setzen zu können. Die Überarbeitung von bisher verwendeten Meldeprozeduren an die Aufsichtsbehörden vor dem Hintergrund der regulatorischen Anforderungen sollte daher auch für die Grundlagenarbeit, die Optimierung der Datenqualität und das Reporting für eine moderne Bilanz- und Assetsteuerung genutzt werden.

Sicherstellung der Refinanzierungsdynamik

Eine wesentliche Voraussetzung für eine dynamische Refinanzierung ist die Fungibilität der zu veräußernden Assets. Hier spielt unter anderem der Luxemburger Markt der börsennotierten Investmentfonds eine besondere Rolle. Die hohe Markttiefe und die vorhandene Liquidität der Abnehmer sorgen dort für eine größtmögliche Fungibilität der Assets. Um ihre Vermögensgegenstände auf einem der größten Umschlagsplätze Europas anbieten zu können, muss eine Bank zahlreiche Schritte initiieren, die sich am spezifischen Bedarf der Abnehmer orientiert. Beispiel Solvency II: Investment-Vehikel sind mit deutlich weniger Eigenkapital zu unterlegen als zum Beispiel Immobilienkredite im unmittelbaren Eigentum und könnten daher auch auf diesem Markt platziert werden. Folglich sollten die Banken bereits bei der Gestaltung ihrer Aktivseite den späteren möglichen Verkauf der Assets viel stärker als bisher berücksichtigen. Sollten Banken zunehmend die Origination von Transaktionen übernehmen und die entsprechenden Aktiva systematisch über die beschriebenen Strukturen weiterplatzieren, gibt diese Entwicklung den mittelgroßen Instituten eine Möglichkeit, über die Eigenkapitalknappheit hinaus zu wachsen.

Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben und die Anforderungen an Transparenz und Struktur der Bankdaten werden die Finanzdienstleister weiter stark fordern. Es gilt, die Auswirkungen der verschiedenen Regularien auf das eigene Geschäft einschätzen zu können und entsprechend die eigenen Assets zu strukturieren. Befolgen Banken diesen Grundsatz, gewinnen sie außerdem noch Mehrwerte für ihr eigenes internes Datenmanagement, für das Reporting und zum Beispiel das Kundenmanagement. Nach Inkrafttreten von Basel III und Solvency II werden die Banken erhebliche Vorteile haben, die sehr frühzeitig ein dynamisches Asset Liability Management implementiert und bereits Praxiserfahrungen gesammelt haben.

Lars Schröter , Leiter Market Development, LOANCOS GmbH, Frankfurt am Main
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