Besteuerung im Ausland

Das neue deutsch-spanische DBA: kurzfristige Gestaltungsspielräume für Anleger

Anlässlich des letzten deutsch spanischen Gipfels, der am 3. Februar 2011 in Madrid stattfand, wurde von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seiner spanischen Amtskollegin Elena Salgado auch ein neues Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet. Dieses ist allerdings noch von beiden Ländern förmlich und unter Beteiligung der jeweiligen Parlamente zu ratifizieren. Das neue deutsch-spanische Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ersetzt das aus dem Jahre 1966 - also noch aus der Zeit vor der Demokratisierung Spaniens stammende alte Doppelbesteuerungsabkommen. Gerechnet wird derzeit mit seinem Inkrafttreten zum 1. Januar 2012. Aus besagter zeitlicher Verzögerung ergibt sich ein interessanter Gestaltungsspielraum, den sich insbesondere deutsche institutionelle Immobilienanleger in Spanien zunutze machen können, denn eine Veräußerung von Anteilen einer Immobiliengesellschaft könnte möglicherweise in Spanien steuerlich günstiger sein, wenn sie noch vor dem 31. Dezember 2011 erfolgt. Immobilienwirtschaftliche Relevanz des neuen DBA Wichtig ist es zunächst, festzuhalten, dass sowohl die Einkünfte aus spanischem Immobilienvermögen als auch Vermögenszuwächse, die durch die Veräußerung von Spanienimmobilien erwirtschaftet worden sind, in Spanien zu besteuern sind. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu beachten, dass nach Art. 6 des neuen DBA der Belegenheitsstaat der Immobilie das Recht hat, zu bestimmen, was überhaupt als Immobilie anzusehen ist. Diese Frage ist von nicht unwesentlicher Bedeutung, denn etwa im Bereich der erneuerbaren Energien, also bei Photovoltaikanlagen beziehungsweise Windparks, kann sie nicht immer klar beantwortet werden. Es lassen sich insoweit leicht Argumente für und gegen eine Einstufung als Immobilie anführen. Dementsprechend sind Einkünfte aus Immobilien selbst dann, wenn die Immobilie einer in dem anderen Staat ansässigen Gesellschaft gehören sollte, immer im Belegenheitsstaat zu versteuern (Art.6, Nr. 5 des neuen DBA). Gemeint sind an dieser Stelle allerdings nur solche Immobilien, die nicht zu einer Betriebsstätte, die möglicherweise im Belegenheitsstaat bereits existiert, gehören (etwa zu einer Zweigniederlassung). Derartige Einkünfte würden ohnehin der Besteuerung der Betriebsstätte zuzurechnen sein. Besteuerung bei Verkauf von Gesellschaftsanteilen Ohne Zweifel besteht die wichtigste Neuregelung des neuen Abkommens darin, dass die Veräußerungsgewinne aus Aktien oder Geschäftsanteilen von Gesellschaften, deren Vermögen zu mehr als 50 Prozent aus Immobilien besteht, in dem Staat zu versteuern sind, in dem die Immobilien belegen sind, unabhängig davon ob diese Gesellschaften ihren Sitz in Deutschland oder in Spanien haben. Allerdings ist diese Neuregelung als sogenanntes Optionsrecht vorgesehen, kommt also nur dann zum Tragen, wenn der Belegenheitsstaat tatsächlich Gebrauch davon macht. Das Königreich Spanien hat im Vorfeld des neuen Abkommens schon Gebrauch von dieser Option gemacht: Art. 13, Nr. 4g des Gesetzes über die steuerliche Veranlagung von Nichtresidenten ("Impuesto sobre la renta de No residentes") sieht vor, dass Gewinne, die direkt oder indirekt aus Immobilien, die spanischem Territorium angehören, herrühren, zu besteuern sind. Allerdings kommt diese Regelung erst ab dem Zeitpunkt zum Tragen, in dem das neue DBA tatsächlich in Kraft tritt - unserer Einschätzung nach also frühestens ab dem 31. Dezember 2011. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass sich das genannte Gesetz für die Besteuerung von Nichtresidenten sowohl auf natürliche als auch auf juristische Personen, die ihren Steuersitz außerhalb des spanischen Staatsgebietes haben, bezieht. Diese neue Veranlagungsregel wirft gleichzeitig eine Reihe von Fragen auf, die derzeit noch nicht beantwortet sind und nach dem Inkrafttreten des neuen DBA nach und nach - voraussichtlich auf dem Wege der sogenannten verbindlichen Auskünfte ("consultas vinculantes") der spanischen Finanzämter - entschieden werden müssen. Die wichtigste Frage ist die nach der Bestimmung der Bemessungsgrundlage: Infrage käme zunächst (i) der Kaufpreis des verkauften Geschäftsanteils respektive (ii) der Buchwert oder (iii) der Marktwert des Immobilienvermögens, das im Eigentum der Gesellschaft steht. Ferner und was die Berechnung der Schwelle des Wertes des Immobilienvermögens einer Gesellschaft in Bezug auf ihre Gesamtaktiva angeht, würden sich automatisch weitere Fragen anschließen, etwa dann wenn das Unternehmen neben dem reinen Immobilienvermögen, das wie gesagt mehr als 50 Prozent des Gesamtvermögens betragen muss, anderen Tätigkeiten, etwa solchen kommerzieller oder industrieller Natur, nachgeht beziehungsweise daneben andere immaterielle, möglicherweise nur schwer bewertbare Vermögenswerte enthält (etwa Marken oder Verwaltungskonzessionen). Steuersatz Derzeit werden Veräußerungsgewinne, die aus dem Verkauf von Spanienimmobilien herrühren, unabhängig davon, ob natürliche oder juristische Personen, die in Spanien nicht gebietsansässig sind, veräußern, in Höhe von 19 Prozent besteuert. Der Vollständigkeit halber wird noch einmal darauf hingewiesen, dass nicht nur Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Geschäftsanteilen an spanischen Gesellschaften mit Immobilienvermögen, sondern auch aus dem Verkauf von Geschäftsanteilen deutscher oder in Drittländern ansässiger Gesellschaften in Spanien besteuert werden können. Aus diesem Grunde kommt insbesondere der in der Praxis häufig zu beobachtenden Veräußerung von Holding-Gesellschaften, die in Drittländern ihren Sitz haben, besondere Bedeutung zu. Auf der Hand liegt jedenfalls, dass das neue DBA in Bezug auf den Verkauf von Immobiliengesellschaften oder Anteilen solcher Gesellschaften erhebliche neue Fragestellungen aufwirft, die erst nach seinem Inkrafttreten durch die Rechtsprechung der spanischen Finanzgerichte gelöst werden. Ob sich eine Veräußerung derartiger Geschäftsanteile noch vor dem 31. Dezember 2011 aus steuerlicher Sicht lohnen würde, müsste im Einzelfall geprüft werden. Zeit hierfür ist noch vorhanden.

Stefan Meyer , Rechtsanwalt und ­Gründungspartner , Monereo Meyer Abogados, Madrid
Gustavo Yanes , Rechtsanwalt, Partner und Leiter der Steuerabteilung, Monereo Meyer Abogados, Madrid
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