Mipim Special

Versicherungen für Immobilien und Optionen für institutionelle Großinvestoren

Anders als Rentenpapiere oder Gold erfordern Immobilien intensive "Pflege". Doch nicht nur der technische Betrieb und die Flächenvermarktung wollen organisiert sein, sondern auch für mögliche Schäden ist Vorsorge zu treffen. Letzteres ist insofern von Bedeutung, weil im Extremfall die Kosten sogar den Liegenschaftswert übersteigen können. Für die verschiedenen Unwägbarkeiten und ihre Folgen werden im Markt sehr vielfältige Produkte angeboten. Dabei sehen die Autoren immer öfter Verträge, bei denen statt eines eng definierten Versicherungsfalls eine generelle Risikoabsicherung erfolgt. Sie zeigen aber auch, wie die Investoren die immobilienspezifischen Risiken teilweise selbst versichern und damit die Prämienzahlungen optimieren können. (Red.)Die frühzeitige Identifikation, Bewertung und das Management von Chancen und Risiken ist von zentraler Bedeutung im Rahmen von Investitionen in Grundbesitz. Es gibt mannigfaltige Risiken, die Vermögenswerte bedrohen können. Um im Falle des Eintretens eines Schadensfalles nicht einen signifikanten oder gar totalen Verlust des Vermögenswertes zu erfahren, kann man sich gegen Schäden aus dem Eintreten spezifischer Risiken, ganz oder teilweise, im Rahmen eines Risikotransfers auf eine Versicherung absichern. Ein Versicherer sichert zu, im Schadensfall bis zu einer bestimmten festgelegten Höhe Schadenersatz zu leisten. Damit er dies auch tut, muss der Versicherte eine (meist jährliche) Prämie zahlen. Hierzu sei auf die Versicherungsdefinition von Karl Hax (deutscher Professor für Versicherungsbetriebs- und Personalbetriebslehre und Rektor der Universität Frankfurt) als "die planmäßige Deckung eines im einzelnen ungewissen, im Ganzen aber schätzbaren Geldbedarfs auf der Grundlage eines zwischenwirtschaftlichen Risikoausgleichs" verweisen. Gestiegene Anforderungen Institutionelle und private Investoren sowie Banken entwickeln seit der Finanzkrise zunehmend weitergehende Vorstellungen über geeignete Versicherungskonzepte im Rahmen von Grundbesitzinvestitionen. Bevor ein Risiko angemessen versichert werden kann, sind im Rahmen der Risikoidentifikation mögliche Störfaktoren und deren Wirkungen zu identifizieren. Es gilt, die Eintrittswahrscheinlichkeit und das mögliche Ausmaß von eintretenden Risiken zu analysieren und im besten Fall zu quantifizieren. Methodisch adäquate Bewertungsansätze sowie fundierte Investment- und Asset-Management-Expertise und damit verbundenen Risikoaspekten und deren Bewertung sind unabdingbar für ein effizientes Risikomanagement und daraus abgeleitete Versicherungsstrategien. Nur ein Teil möglicher Risiken ist versicherbar (siehe Abbildung 1). Etablierte Versicherungskonzepte im Bereich von Investments im Segment der Büro- und Einzelhandelsimmobilien umfassen typischerweise: - Sachsubstanzrisiken (insbesondere Feuer, Hagel, Sturm, Erdbeben, Überflutung/Hochwasser), - Haftungsrisiken (Eigentümerhaftpflicht, Bauherrenhaftpflicht bei Umbauten, Anbauten, Entwicklungen, Mieterhaftpflicht), - Mietausfallrisiken (in der Regel 24 bis 36 Monate bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien). Einteilung der Schäden Sachschaden am eigenen Objekt: Hier versichert man mindestens den Gesamtschaden bis zur Wiederherstellung nebst den entstehenden Nebenkosten. Diese sind beispielsweise die Kosten für Gutachten, Räumen des Grundstücks vor der Wiederbebauung nebst Entsorgungskosten für zum Beispiel durch Feuer belasteten Schutt, Planungs- und Genehmigungskosten. Zusätzlich sind Kosten der alternativen "Unterbringung" während der Wiederherstellung zu decken, sodass im Totalschadensfall der reine Gebäudewert deutlich überschritten werden kann. Der Schaden an Betriebseinrichtungen, Elektrogeräten, Mietereinbauten und so weiter zählt nicht zu den Leistungen der Gebäudeversicherung. Hierzu ist durch den Mieter eine separate Inhaltsversicherung abzuschließen, die alle "nicht fest mit dem Gebäude verbundenen" Geräte und Gegenstände umfassen kann. Im Rahmen der Gebäudeversicherung sollten lediglich die maschinellen Einrichtungen des Gebäudes wie Aufzüge und Klimaanlagen abgesichert werden. Schäden der Objektnutzer: In der Regel haben Mieter ihre eigene Inhaltsversicherung, die für die Betriebseinrichtung in der betreffenden Einheit aufkommen sollte. Ist diese aber nicht vorhanden oder nicht ausreichend, kann der Mieter gegebenenfalls einen Anspruch gegenüber dem Eigentümer geltend machen. Darüber hinaus sind die Dinge, die in der Mieteinheit fest mit dem Gebäude verbunden wurden, wie beispielsweise eine mieterseitig installierte Einbauküche, auch durch die Gebäudeversicherung abzudecken, es sei den es wurde im Mietvertrag eine abweichende Regelung vereinbart. Schäden Dritter: Wenn ein Gebäudebrand Wertgegenstände Dritter (zum Beispiel wertvolle Geräte eines Bauunternehmens, das in dem Gebäude beauftragte Arbeiten ausführt) erfasst, ist neben dem genannten auch noch ein weiteres, für den Versicherer volumenmäßig schwer zu greifendes Risiko zu versichern. Wenn nun das Feuer in dem Gebäude entstanden ist (unterstellt sei: ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) und beispielsweise Teile herabfallen und vor dem Gebäude geparkte Fahrzeuge beschädigen oder aber das Feuer nicht rechtzeitig von der Feuerwehr kontrolliert werden kann und auf ein Nachbargebäude übergreift, entstehen gegebenenfalls Schäden an Sachwerten von unbeteiligten Dritten. Diese sind ebenfalls schwer kalkulierbar, aber durchaus versicherbar. Hierfür ist der Abschluss einer entsprechenden Haftpflicht-Versicherung unumstößlich. Der Versicherungsansatz - Gebäudeversicherung deckt normalerweise sämtliche Risiken ab, die am Gebäude und allen damit fest verbundenen Gegenständen auftreten können. Dies beinhaltet auch solche Gegenstände, die beteiligten Dritten (zum Beispiel Mietern) gehören. - Haftpflichtversicherung deckt idealerweise alle Forderungen Dritter gegen den Gebäudeeigentümer ab. Dies sollte in ausreichender Höhe die meisten Eventualitäten absichern. - Miet-Ausfallversicherung sichert die Mietausfälle in der Periode des Wiederaufbaues ab, aber auch Forderungen von Mietern, die eine andere Unterbringung benötigen. Typischerweise werden bei kommerziellen Objekten 24 bis 36 Monate als angemessene Dauer angesehen und versichert. - All-Risk-Versicherung: Grundsätzlich wird im Gegensatz zu den traditionellen "named perils" (genannte Gefahren) Versicherungen, welche die versicherten Gefahren und Schäden in ihren Policen definieren und limitieren, der Versicherungsumfang über die genannten Ausschlüsse definiert. Prinzip: Grundsätzlich ist alles versichert, was nicht ausgeschlossen ist, also ein sehr umfangreicher Versicherungsansatz. Eine solche Police sichert auch weitere Risiken sinnvoll ab, wie zum Beispiel Erdbebenschäden, Überschwemmungen oder Schneedruck. In den vergangenen Jahren lässt sich der Trend feststellen, dass Versicherungsnehmer und Finanzierungspartner möglichst umfassende Deckungskonzepte suchen. Aus diesem Grund "boomt" derzeit die All-Risk-Versicherung und löst bei vielen institutionellen Investoren die herkömmlichen Versicherungen zunehmend ab. Im Gegensatz zu herkömmlichen Versicherungen, die spezifische in der Police gelistete Risiken abdecken, schließt die All-Risk-Versicherung nur wenige Schadensfälle aus, die von Versicherer zu Versicherer unterschiedlich sein können. Tranchierung des Gesamtrisikos Wenn Versicherer große Volumina versichern, kaufen sie sich regelmäßig selbst eine Rückversicherung bei den großen Rückversicherern, um nicht das Gesamtrisiko in ihren Büchern zu haben. Sie können ihre Risiken aber auch syndizieren, wobei sie sich mit anderen Ver sicherern zusammentun und das Gesamtrisiko aufteilen. Hierbei zeichnet einer der Versicherer die Gesamtpolice und beteiligt andere im Nachgang an dem Versicherungsvertrag. Dies kommt einer vertikalen Tranchierung gleich, wo zum Beispiel Versicherer A, B, C und D jeweils gleiche Risikoanteile halten (Abbildung 2). Unterstellt, dass Versicherer A das Underwriting macht (Identifizierung und Berechnung der Ausfallrisiken und der daraus resultierenden Prämie), beteiligen sich die drei anderen Versicherer hinterher für eine anteilig geringere Prämie, da sie sich auf das Underwriting von Versicherer A stützen und dieser im Verhältnis mit dem Versicherungsnehmer auch die Administration übernimmt. Diese Differenz in den Prämienteilen wird oft als "Skimming" (aus dem Englischen für "Abschöpfen") bezeichnet. Wenn Versicherer A alles weiter veräußern würde (was nur ein theoretischer Fall ist), hätte er kein Risiko in den Büchern, würde aber den Differenzbetrag (Skim) jährlich für sein originäres Underwriting und die Administration weiter erhalten. Die Verteilung muss nicht gleichmäßig erfolgen, die Tranchen können auch unterschiedlich groß ausfallen. Optionen für große institutionelle Investoren Für große Portfolios, die in der Regel in sich schon eine angemessene Diversifizierung von Risiken berücksichtigen, können die Eigentümer von einigen Optionen Gebrauch machen, die sich kleineren Investoren nur eingeschränkt oder gar nicht bieten. Im Folgenden sollen drei dieser Optionen beispielhaft beleuchtet werden: - Erste Option: Wenn man ein Portfolio im Wert von mehreren Milliarden Euro unterstellt, summieren sich die jährlichen Prämien schnell auf einige Millionen Euro. Möglich ist, dass sich durch die Risikodiversifizierung der zu erwartende Ausfall pro Jahr im langfristigen Durchschnitt im Rahmen oder gar unterhalb der fälligen Jahresprämien bewegt. In diesem Fall kann der Investor dafür optieren, sich selbst zu versichern. Das bedeutet, dass er gegebenenfalls keine Versicherung einkauft, sondern im Gegenwert der anfallenden Jahresprämien eine laufende Rücklage bildet, aus der er eventuell auftretende "versicherbare" Schäden begleicht. Er würde in diesem Falle keine Fremdversicherung kaufen oder nur einzelne Risiken durch Erwerb einer Versicherungspolice absichern. Hier behält er Risiken in seinen Büchern, die im ungünstigsten Fall die angesparte Rücklage überschreiten können. Demzufolge ist diese Option nur jemandem anzuraten, der über ausreichende Liquidität verfügt. - Die zweite Option ist der Rückkauf einzelner Risikotranchen vom Versicherer. Dafür gibt es verschiedene Gedankenansätze. Grundsätzlich erfolgt die Tranchierung horizontal. Das heißt man zerlegt die Gesamtversicherungsumme in einzelne Scheiben, die unterschiedliche Risikosummen darstellen (siehe Abbildung 3). In dem hier grafisch dargestellten Beispiel tritt der Ver sicherer nur für Schäden ein, die im Einzelfall die Eigenanteilssumme von vier Millionen Euro überschreiten, aber auch nur bis zu der von ihm gezeichneten Maximalsumme. Wenn also zum Beispiel ein Brand einen Schaden von 15 Millionen Euro herbeiführt, zahlt der Investor vier Millionen Euro und die Versicherung den Rest. Tritt allerdings ein Totalschaden ein, zahlen die Versicherer nur 30 Millionen Euro und der Investor den gesamten Rest. Da er gegenüber der Vollversicherung aber Prämien eingespart hat, über die er eine Rücklage bilden konnte, kann es sein, dass diese Wette für ihn über die Jahre aufgeht. Auch in diesem Fall, sollte der Versicherte ausreichend Liquidität haben, um Schäden ausgleichen zu können, die die angesparte Rücklage im Einzelfall überschreiten können. - Die dritte Option ist, dass der institutionelle Investor selber eine Versicherungsfirma gründet, über die er alle konzerneigenen Investitionen versichert. Das nennt man Captive Insurance Company (kurz: Captive). Diese agiert genau wie eine größere Versicherung und macht das Underwriting nach Marktstandards. Der Captive-Eigentümer kann dann diese Versicherung über Beteiligungen an andere Versicherer ganz oder teilweise weiterveräußern. Auf diese Weise kann er das Risiko in seinen Büchern maßgeschneidert dezimieren und wie oben näher beschrieben über das Skimming seinen Prämienanteil weiter reduzieren. Diese Vorgehensweise ist bei großen multinationalen Konzernen durchaus öfter anzutreffen. In der Regel versichern sie aber über den Captive nur eigene Investitionen und nicht die von Dritten, weshalb sie nicht zu den am Markt agierenden Versicherern zählen. Gewährleistungsversicherung bei Transaktionen Weitere Versicherungsmöglichkeiten gibt es viele. Eine dieser Varianten ist die in den vergangenen Jahren vermehrt zum Einsatz gekommene Gewährleistungsversicherung zur Absicherung von Transaktionen, die hier kurz umschrieben werden soll. Im Rahmen von Transaktionen kommen zunehmend Gewährleistungsversicherungen zum Zuge. Bei einer Verkäufer-Police erwirbt der Verkäufer einer Immobilie (Asset Deal) oder Gesellschaft (Share Deal) den Anspruch auf Freistellung von Haftungsansprüchen des Käufers, falls seine Gewährleistungen beim Verkauf fehlerhaft sind. Die Verkäufer sind dabei typischerweise motiviert, keine Rücklagen für eine mögliche Inanspruchnahme aus Garantieerklärung bilden zu müssen. Bei einer Käufer-Police erwirbt der Käufer den Anspruch auf Freistellung von Schäden, die aufgrund fehlerhafter Gewährleistungen der Verkäufer entstanden sind. Ein wesentlicher Vorteil liegt weiterhin in der Übernahme des Insolvenzrisikos des Verkäufers durch die Versicherung, weshalb eine Gewährleistungs versicherung oftmals eine Lösung für Transaktionen aus Abwicklungsgesellschaften bietet, bei denen der Käufer und/oder die finanzierende Banken nicht auf ein institutionelles Mass an Gewährleistungen und deren Absicherung verzichten möchten. Deal-Hindernisse können somit durch die Insolvenzsicherung potenzieller Ansprüche durch die Einbindung solide gerateter Versicherer reduziert oder sogar ausgeräumt werden. Die Versicherungswelt ist sehr groß und bietet neben den hier skizzierten Versicherungsmöglichkeiten ein nahezu unerschöpfliches Spektrum. Die oben beschriebenen Teile und Varianten wurden ausgewählt, um einen Eindruck der häufigen Konstellationen sowie der Entwicklungen der letzten Jahre im Bereich der Versicherung bei Immobilientransaktionen und -investitionen aufzuzeigen.

Dr. Thomas Wiegelmann , Geschäftsführer , Schroder Real Estate, München
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