IMMOBILIE ALS ASSET

DIE ZUKUNFT DER IMMOBILIENANLAGE AUS SICHT LANGFRISTIG DENKENDER FAMILY OFFICES UND STIFTUNGEN

David A. Pieper, Foto: privat

Family Offices und Stiftungen stehen ungern im Rampenlicht, das gilt insbesondere mit Blick auf die Anlagestrategien ihrer Vermögen. Umso erfreulicher, dass der Autor im folgenden Beitrags einige interessante Einblicke in das "verschwiegene" Immobiliengeschäft dieser Zunft gewährt. Mit Blick auf den derzeit mit hoher Dynamik Einzug haltenden Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft empfiehlt er den traditionell langfristig denkenden Investoren, ihre Immobilienanlagen auf den Prüfstand zu stellen. So sollten neue Konzepte wie "Co-Living" oder "Co-Working" sowie die seiner Ansicht nach bislang oftmals sträflich vernachlässigten Anlageklassen der Pflegeimmobilien und Datencenter künftig einen deutlich prominenteren Platz in den Portfolios einnehmen. Red.

Family Offices gehören diskret zu den größten Käufern von Immobilien in Deutschland und stellen ebenfalls einen großen Teil des Immobilieneigentums dar, auch wenn dies weithin unerforscht und unbekannt ist.1) Laut einer neuen Single-Family-Office-Studie der WHU, spielen für zirka 82 Prozent der Befragten Immobilien eine zentrale Rolle in dessen Vermögensallokation und dies schon teils über Generationen.2) Im Vergleich zu institutionellem, eingesammeltem und verwaltetem Kapital, das in der Öffentlichkeit den Großteil der Immobilienbranche ausmacht, ist das verschwiegene, unternehmerisch verdiente und vererbte Vermögen in Zukunft auf eine ertragsbringendere, andere Art und Weise der sicheren Anlage angewiesen.

Ein transgenerationaler Vermögensgegenstand

Bei den Stiftungen ist der "Ewigkeitsgedanke" noch immanent wichtiger zu beachten. Denn das primäre Ziel ist es eben nicht, einen Fond nach fünf bis sieben Jahren wieder zu schließen und maximale Erträge einzufahren, sondern meist das Vermögen zu bewahren, sicher und stetig zu vermehren, all dies bei adäquatem Risiko und im Gesamtkontext der individuellen Familienvermögensallokation. Ein Großteil des Immobilienvermögens gilt dabei als transgenerationaler Vermögensgegenstand, den es nicht zu vernichten gilt; ferner als "sichere Bank" für die Familien, die noch unternehmerisch tätig sind und kein sogenanntes "Cash Event" hatten und somit ihr Hauptgeschäft vor möglichen turbulenten wirtschaftlichen Zeiten schützen können.

Bei den Stiftungen ist es noch strenger, denn das Vermögen muss auf ewig erhalten bleiben, handelt es sich nicht um die Sonderform "Verbrauchsstiftung". Deshalb sind die Immobilien so häufig in guten Lagen und in gutem Zustand, da diese stets fungibel sein sollen und langfristig stabile Erträge zu erzielen haben. Betrachtet man nun im Jahr 2018 den drastischen Wandel in der Wirtschaft, getrieben durch die technologische und digitale Transformation, die nahezu alle Branchen betrifft, so verändert diese auch massiv über Jahrzehnte sicher geglaubte Investitionsziele und Verhaltensmuster in der Immobilienbranche.

Sagenhafter Aufschwung für Logistikimmobilien

Seit dem Ende der Finanzkrise durchlaufen Logistikimmobilien einen sagenhaften Aufschwung, der partiell negativ gespiegelt zur Einzelhandelsbranche verläuft. In den vergangenen 23 Jahren hat sich laut dem Statistischen Bundesamt alleine in Deutschland der jährliche Warenexport von 353 Milliarden Euro (1994) auf enorme 1,279 Billionen Euro im Jahr 2017 erhöht. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von rund 5,8 Prozent bei gleichzeitigem BIP-Wachstum von nur zirka 2,5 Prozent.

Firmen wie Amazon, DPD, DHL, UPS oder auch Lieferando und Zalando haben von diesem (Online)Boom massiv profitiert und damit einhergehend auch die Logistikimmobilienbranche, die heute Preise für Bauland, Erstellung und finalen Abverkauf durchsetzen kann, die vor zehn Jahren noch utopisch waren. Vor dem Immobilien- und Logistikboom war Deutschland auch schon Exportweltmeister und wichtigstes Transitland in Europa, aber eine Logistikimmobilie galt als fair bewertet, wenn diese das Zehn- bis Vierzehnfache der Jahresnettokaltmiete gekostet hatte (was einer Anfangsrendite von zirka 10,0 bis 7,15 Prozent entspricht).

Selten zweitverwendungsfähig

Heute kosten diese Immobilien aber bereits das Achtzehn- bis Fünfundzwanzigfache mit entsprechenden Renditen von 5,5 bis 4,0 Prozent. Wohl angemerkt sei dabei, dass die Lagen häufig kaum zweitverwendungsfähig sind und die Immobilien sowie der Bau an sich nahezu wertlos sind, da es sich um eine sogenannte "Mietvertragsimmobilie" handelt, was auch für den Grund und Boden häufig stimmt. Der eigentliche Wert liegt in der Genehmigung für den Logistikbetrieb sowie dem meist langfristigen Mietvertrag, idealerweise zehn Jahre plus. Heute sind Logistikimmobilien teils teurer als Wohnimmobilien in B-Städten. Für Familien, Family Offices und Stiftungen, die jetzt aber in längeren Zeiträumen als zehn Jahren denkt, kann eine solche Investition ein deutlich erhöhtes Risiko darstellen als Immobilien in anderen Anlageklassen.

Dies gilt zum einen vor dem Hintergrund, dass ein substanzieller Abschwung die Logistikbranche vermutlich besonders hart treffen würde, aber vor allem auch deshalb, da das weltweite Warenstromsystem gerade durch zahlreiche Innovationen stark herausgefordert wird. Hier langfristig zu investieren kann also eine Todgeburt sein, auch wenn es aktuell nach einer der interessantesten Anlageklassen aussieht. Auch wenn viele vehement wiedersprechen werden, sehe ich in dieser Assetklasse keine Vorteile gegenüber anderen Anlageklassen, solange diese keinen signifikanten "Renditespread" nach unten aufweisen.

Dies machen auch keine Investitionen in die "letzte Meile" wett, also innerstädtische Kleinlager, häufig zur Paketdistribution. Hier stellt der Wandel das größte Risiko dar, denn die internationale Einzelhandels- und Logistikbranche feilt aktuell intensiv daran, wie man die Lieferzeiten drastisch kürzer machen kann oder zum Beispiel im Lebensmittelbereich die Kühlkettenunterbrechungen durch kurze Wege und schnelle Abfertigungen lösen kann. Wandel kann hier aber auch bedeuten, dass man zu früh auf ein falsches Pferd setzt, das nicht nachhaltig ist.

Einzelhandel: der einstmals sichere Anker

Einzelhandelsimmobilien waren über Jahrzehnte der sichere Anker in den Immobilienportfolios von Familienunternehmen und vermögenden Privatpersonen. Dies hat sich durch das Konsumverhalten und den Onlineboom massiv verändert. Hört man heute führenden Managern von Inditex (Zara, Massimo Dutti und Co.) zu, sind sich nahezu alle darüber einig, dass sie sich nicht einig sind, wie die Zukunft des stationären Einzelhandels genau aussehen wird, samt teils wilder Phantasien. Genau aus diesem Grund werden heute kaum noch Mietverträge über zehn Jahre plus abgeschlossen, da die meisten Einzelhändler, außer häufig Gastronomen, einfach nicht mehr so lange planen können.

Laut des aktuellen Shopping Center Performance Reports 2018 (SCPR) haben 77 Prozent der Mieter in den 259 deutschen Shoppingcentern die Mieten dieses Jahr alleine um mindestens 20 Prozent gedrückt, um nur mal eine besonders betroffene Subklasse herauszugreifen. Es gilt also mit Bedacht zu investieren, Lagen und Mietkonzepte mehr als genau unter die Lupe zu nehmen und (vorerst) die Ladeneinheiten nicht mehr als großes Miet- und Wertsteigerungspotenzial zu sehen, sondern als Risikofaktor. In B-Lagen sollten diese sogar aus der potenziellen Soll-Miete rausgerechnet werden, da ein langfristig struktureller Leerstand wahrscheinlicher ist als eine hohe Neuvermietung. In manchen Lagen helfen neue Konzepte und Kreativität, so sind zum Beispiel Ärzte eine neue Mietergruppe oder auch verstärkt die Gastronomie.

Insgesamt sind Immobilien mit einem hohen Einzelhandelsanteil primär als Beimischung oder zur Diversifikation geeignet als zur langfristigen Vererbung, Ertragserzielung und Vermögensaufbau. Kompetenz sollte hier vorhanden sein sowie beachtet werden, dass Banken die Finanzierungen von Einzelhandelsimmobilien zunehmend skeptisch sehen, was auch die Marge drückt oder gar noch größere Probleme bereitet.

Der Wohnimmobilienmarkt durchläuft einen weiter unbestrittenen Teilboom in der Immobilienwirtschaft. Im Kern geht es um eine Nachfrage, die vom Angebot - vor allem in den Ballungsräumen - nicht gedeckt werden kann. Für Family Offices und Stiftungen ist diese Anlageklasse aktuell die Trutzburg in schwierig planbaren Zeiten. Auch diese birgt Risiken, aber auch unkonventionelle Ideen. Solange die Bevölkerung de facto nicht schrumpft, was sie - entgegen jahrzehntelanger Vermutungen - nicht tut, wird die Nachfrage nach Wohnraum in urbanen Lagen anhalten. Auch wenn gefühlt die Geburtenrate aktuell steil ansteigt, im historischen Vergleich sind die aus 2016 stammenden Zahlen von 1,5 Kindern pro Frau sogar im Jahr 2017 noch um 0,9 Kinder zurückgegangen. Der Nachfrageboom speist sich also hauptsächlich aus dem Zuzug, nicht aus den Geburtenraten.

Trutzburg Wohnimmobilien

Solange das Angebot nicht der Nachfrage folgt, was die Baufertigstellungen belegen, kann ökonomisch der Preis für Wohnraum gar nicht sinken - außer dies wird gesetzlich beschlossen, der Gesetzgeber weißt großzügig neues Bauland aus oder Städte erweitern sich gar ganz um neue Stadtteile wie zum Beispiel in München geplant. Dies sind die größten Risiken, wobei beide in absehbarer Zeit nicht gefährlich sind. Hinzu kommt, dass auch der digitale Wandel und die Form wie junge Menschen wohnen und leben wollen, nicht vor der Anlageklasse Wohnimmobilien Halt macht. Dies drückt sich vor allem in den Formaten "Co-Living" und "Co-Working" aus und lässt unterschiedliche Lebensmodelle zu. In Zukunft wird es wichtiger sein zu wissen, ob die Bestände, die man besitzt oder kaufen möchte, zu meiner Zielgruppe passen.

Generell macht man im Bereich Wohnen aktuell am wenigsten falsch, hat aber auch die niedrigsten Ertragsaussichten. Hier bieten sich, wie schon immer, gute B- und C-Städte an, die teils deutlich geringere Einstiegsfaktoren haben. Eine gute Verwaltung und Asset Management kann hier ein "Alpha" generieren. Familien können die Eigenkapitalanforderungen beziehungsweise Sicherheitsnachweise der Banken leicht stellen.

Altruistische Motive kommen zu kurz

Eine Besonderheit für Familienunternehmen und Family Offices stellt dabei die Möglichkeit der Arbeiter- und Werkswohnungen dar. Ein weiterer Punkt, der leider viel zu wenig diskutiert wird, ist der rein philanthropische Ansatz, bei dem große Vermögen für gute Zwecke eingesetzt werden. Der Boom, etwa der gemeinnützigen Stiftungen, hält seit Jahren an. Doch trotz der Not auf dem Wohnungsmarkt bis hin zur Kinderarmut gibt es keine nennenswerten Spenden oder "Impact Investments" in Mehrfamilienhäuser, Quartiere oder Wohnanlagen, die rein aus altruistischen Gründen gekauft werden um diese dem armen Bevölkerungsteil zugute kommen zu lassen. Wie Abbildung 1 zeigt, kommt dem Thema "Wohnen" oder "Immobilien" als Stiftungszweck für die Allgemeinheit (und damit nicht als Anlageklasse) bislang keine nennenswerte Rolle zu.

Technische Ausrüstung von Büroimmobilien im Fokus

Hotelimmobilien haben es, ähnlich wie Logistikimmobilien in den vergangenen Jahren, raus aus einer Nischenkategorie in den Hauptfokus der Investoren geschafft. Die Tourismusbranche ist einer der größten und am stärksten wachsenden Branchen der Welt. Insgesamt ist der größte Nachteil, dass man sich mit dieser Anlageklasse mehr beschäftigen muss. Dafür locken höhere Erträge und eine größere Zukunftsstabilität. Stiftungen sollten dabei auf Hotels mit wertstabilen Betreibern und langfristigen Verträgen setzen, während Familien sich auch an neue Konzepte und aufkommende Lagen herantrauen können.

Die Anlageklasse der Büroimmobilien wurde im Zuge der Zukunftsaussichten schon häufig der Tod vorausgesagt. Dieser ist aber bis heute nicht eingetreten. Aus Sicht langfristig denkenden Vermögens sind Büroimmobilien in sehr guten Lagen nach wie vor interessant. Noch interessanter sind gemischte Konzepte, die das Risiko verteilen und dem Nutzer mehr bieten, wenn zum Beispiel noch Wohnen oder Gastronomie mit im Haus sind.

Nichtsdestotrotz steckt auch nach wie vor ein inhärentes Risiko in der Anlageklasse. Worauf zu achten ist sind niedrige Nebenkosten, hohe Energie- und Nachhaltigkeitsstandards, aber vor allem eine schnelle Internetverbindung und stets neueste Technik, denn diese wird in Zukunft den Unterschied machen, noch mehr als der Mikrostandort. Dazu kommt der Anspruch der jüngeren Generation, die Ruheräume, eigene Cafés, Diskussionsecken, Dachterrassen oder ein besonderes Interieurdesign erwarten.

Nachholbedarf bei Pflegeimmobilien

Wenn es um nachhaltige und sichere Immobilienanlagen, die stetige Renditen erzielen und für die Zukunft gebaut sind, geht, sind alle Arten von Gesundheitsimmobilien extrem wichtig. Die Zahlen sind seit fast 20 Jahren eindeutig, aber Familienvermögen fließt sehr wenig in diese Anlageklasse, die bis vor ein paar Jahren auch noch deutlich günstiger war. Für 2030 wird geschätzt, dass zirka 6,6 Millionen Deutsche über 80 Jahre alt sein werden. Sofern ein Family Office diesbezüglich professionell aufgestellt ist, die richtige Kontrolle ausübt und vorher die Due Diligence macht, gehören Pflegeimmobilien in jedes gut diversifizierte Immobilienportfolio. Selbiges gilt für Stiftungen, die dies bereits seit Jahren praktizieren, und damit so manchem Family Office gedanklich voraus sind und dadurch auch immer häufiger einen Teil ihres Stiftungszwecks erfüllen.

Wachstumssektor Datencenter

Während in der Vergangenheit die Maxime "Lage, Lage, Lage" lautete, wird diese nach Meinung vieler Immobilienexperten und Marktakteure zukünftig "Daten, Daten, Daten" sein. Wer die Daten besitzt, wird erfolgreicher und somit sollte die Speicherung, Lagerung sowie Besicherung ebendieser ein zentrales wirtschaftliches Thema der Immobilienbranche werden. Aktuell handelt es sich dabei noch um ein Nischenprodukt, das die nächsten Jahre immer mehr in den Fokus rücken wird. Laut einer Prognose des Statistischen Bundesamtes wird die jährlich verarbeitete Datenmenge weltweit im Zeitraum 2018 bis 2025 von 33 auf 175 Zettabyte ansteigen (siehe Abbildung 2).

Die größte Herausforderung sind dabei aktuell die komplexen Genehmigungsprozesse - vom Standort zur technischen Sicherstellung bis hin zu den Stromkosten von Datencentern. Wichtig ist es auch darauf zu achten, dass möglichst viele Rechenzentren sich in einer Region befinden, da die Austauschbarkeit unter diesen ein wichtiges Kriterium ist. Dazu kommen exzellente Leitungen und eine verkehrssichere Lage.

Die wenigsten Familien würden Aktien 20 Jahre lang in der gleichen Branchenkategorie halten. Deshalb schichten sie diese von Zeit zu Zeit um, um dem globalen Wandel Rechnung zu tragen. Diese Erkenntnis fehlt in puncto Immobilienvermögen mitunter in der Welt von Family Offices und Familien noch und kann zu einem teils bösen Erwachen führen. Denn aktuell befindet sich die Immobilienbranche und Anlageklasse Immobilie in einem nie dagewesenen Wandel. Konzepte der Vergangenheit können in Zukunft große Wertvernichter sein. Besonders bei den Anlageklassen Einzelhandel und Logistik ist Vorsicht geboten.

Portfolios für beispiellosen Wandel fitmachen

Die "sichere Bank" bleibt nach wie vor der Wohnimmobilienmarkt, wobei die Klasse Büro alle zwei bis drei Jahre auf ihre Werthaltigkeit überprüft werden sollte. Neue beziehungsweise mehr Chancen bieten alternative Konzepte wie "Co-Living" oder "Co-Working" sowie häufig sträflich vernachlässigte Anlageklassen wie Pflegeimmobilien und Datencenter, die einen festen Platz im langfristig ertragsgenerierenden Portfolio bekommen sollten. Es ist eine Zeit, in der mehr Mut für Umschichtungen beziehungsweise Nicht- oder Neu-Investitionen gefordert ist, um das Vermögen auf eine veränderte Zukunft und die nächste Generation vorzubereiten.

Fußnoten

1) Vgl. www.stern.de sowie www.credit-suisse.com.

2) Vgl. WHU Institute of Family Business, Praxisreport: Family Office, Family Equity und Private Equity, S. 22 und 23.

DER AUTOR DAVID A. PIEPER Geschäftsführer, Optimus Prime GmbH, Berlin
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