Leitartikel

Bargeld per Kreditkarte?

sb - Medienberichte über kurz vor dem Abschluss stehende Verhandlungen der Postbank mit Handelsunternehmen über die Bargeldversorgung von Postbank-Kunden an der Ladenkasse sind einstweilen noch übertrieben. Solche Kooperationen werden zwar ernsthaft angestrebt. Konkretes zu möglichen Partnern oder der Ausgestaltung des Konzepts gibt es aber noch nicht. Wirkliches Neuland betritt die Postbank mit ihren Plänen nicht. Bereits seit Dezember 2003 bietet die Rewe-Group ihren Kunden einen derartigen Service an: Ab einem Einkaufswert von 20 Euro kann der Kunde den Betrag, den er mit ec-Karte bezahlt, um bis zu 100 Euro aufrunden und sich die Differenz zum Wert der gekauften Waren in bar auszahlen lassen - gebührenfrei, versteht sich. Ähnliches plant nun die Postbank in Kooperation mit einem anderen Handelspartner, bei dem ihre Kunden den Service dann exklusiv bekämen.

Auch wenn mit einer entsprechenden Vereinbarung nur ein im Markt bereits vorhandener Service zur Bankdienstleistung ausgebaut würde: Als Ergänzung zu den rund 7 000 Geldautomaten der Cash-Group würde sie die Möglichkeiten der Postbank-Kunden zur gebührenfreien Bargeldversorgung erheblich verbessern. Eine pfiffige Idee im Wettbewerb ist das allemal. Denn in dem Maße, wie das gebührenfreie Girokonto im Vor marsch ist, werden zur Differenzierung von Konkurrenten Ideen mit einem gewissen Alleinstellungsmerkmal gebraucht. Angesichts hoher Gebühren für die Verfügungen an den Automaten fremder Kreditinstitute gewinnt dabei die Bargeldversorgung an Bedeutung. Und durch Kooperationen mit großen Filialisten bietet sich die Chance, gegenüber den GAA-Netzen der Verbünde mächtig aufzuholen, ohne zum "Trittbrettfahrer" in Sachen Infrastruktur zu werden, wie es vor allem Institute ohne eigenes Filialnetz tun.

Eine Reihe von Emittenten (darunter mittlerweile auch Filialbanken wie Citibank oder SEB) hat nämlich die Kreditkarte als Möglichkeit entdeckt, hohe Gebühren für die Bar geldversorgung an den Geräten anderer als der kartenausgebenden Bank oder ihrer Kooperationspartner zu umgehen. Für das Zahlen im Einzelhandel statten sie ihre Kunden zwar meist auch mit einer Debitkarte aus. Die "weltweit kostenlose" Bargeldabhebung (die zum größten Teil natürlich im Inland stattfindet) erfolgt aber über die Visa-Karte. Die vergleichsweise niedrigen Gebühren trägt die Bank, was allemal günstiger ist als der Betrieb eines eigenen Automatennetzes und den Kunden einen Service bietet, der den der Verbünde noch um einiges übertrifft. Das Argument der flächendeckenden kostenlosen Bargeldabhebung der Sparkassen wird damit obsolet. Gleichzeitig verlieren die Betreiber der Geldautomaten den Einfluss auf die Höhe der Gebühren für Fremdver fügungen, sehen sich also quasi gezwungen, mit ihren Infrastrukturaufwendungen die Wettbewerber zu subventionieren.

Ärger darüber gibt es naturgemäß vor allem bei Sparkassen und Volksbanken. Aber auch die Deutsche Bank etwa sieht hier ein Ungleichgewicht, dem abgeholfen werden müsse. Ursache des Problems sind "überhöhte Spitzen" bei den Fremdgebühren, wie es Bernd Fieseler auf dem Bankkarten-Forum 2007 formulierte. Gespräche, wie sich diese vermeiden lassen, laufen zwar. Bewegung ist aber nicht in Sicht. Doch selbst wenn man sich erneut auf eine Gebührenvereinbarung einigen könnte, ließe sich im günstigsten Fall der Trend stoppen, die Kunden für die kostenlose Bargeldversorgung auf die Kreditkarte zu verweisen. Diejenigen Institute, die das Thema für sich bereits entdeckt haben, werden gewiss nicht wieder davon abrücken. Den Schwarzen Peter behalten in jedem Fall die Betreiber ausgedehnter Automatennetze. Ihnen bleibt vor allem eine Hoffnung: das weitere Voranschreiten auf dem Weg zur bargeldlosen Gesellschaft. Dann würde sich das Thema von selbst erledigen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Und dass gerade die Kreditkarte, die doch eigentlich das Bargeld ersetzen soll, im Preiskampf um das billigste Bargeld genutzt wird, ist schon ein bisschen grotesk.

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