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Bargeldlogistik - "War on cash" ist keine Lösung

Vielen Einzelhändler ist das Bargeld bekanntlich noch immer das liebste Zahlungsmittel. Doch auch Wunschkinder bereiten mitunter Sorgen. Und so sorgt sich der Einzelhandel um die Zukunft seiner Bargeldversorgung. Zum ersten November war sie ohnehin teurer geworden, nachdem die Bundesbank die Entgelte für Gebindegrößen, die nicht den "Normcontainern" entsprechen, angehoben hatte. Ab 2011 sollen Münzen überhaupt nur noch in Normcontainern abgegeben beziehungsweise angenommen werden.

Deren Bestückung mit beispielsweise 300 Rollenpackungen von Zwei-Euro-Münzen oder 500 Rollen mit Ein-Cent-Stücken wird jedoch den Bedürfnissen des Einzelhandels kaum gerecht, sodass die Unternehmen entweder auf die Dienstleistungen von Banken und Sparkassen zurückgreifen oder andere Dienstleister zwischenschalten müssten. Das würde nicht nur die Bargeldversorgung weiter verteuern. Viel schwerer wiegt die Befürchtung, dass es künftig an entsprechenden Angeboten gänzlich fehlen könnte. Noch hat kein einziger Geldtransporteur die erforderliche Lizenz als Zahlungsinstitut erhalten oder auch nur beantragt, so Ulrich Binnebößel vom HDE.

Auch bei Kreditinstituten könnten entsprechende Dienstleistungen künftig schwierig werden - nicht nur aufgrund der damit verbundenen Kapitalbindung, sondern allein schon wegen des Gewichts der Kisten, das in vielen Filialen schlicht Statikprobleme aufwerfen könnte.

Im Februar dieses Jahres hatte der Handelsverband Deutschland e. V. (HDE), Berlin, deshalb an die Bundesbank geschrieben und auf das Fehlen einer Alter native zu der bisherigen Dienstleistung der Bundesbank hingewiesen. Die Zentralbank wurde gebeten, die Entscheidung, künftig nur noch Normcontainer anzubieten, zumindest auszusetzen, bis sich die erlaubnispflichtige Dienstleistung des Bargeldrecycling am Markt etabliert und einen signifikanten Marktanteil erreicht hat. Als Datum sollte die Schließung der Bundesbankfilialen im Jahr 2015 anvisiert wer den. Dann könne eine erneute Überprüfung des Status quo stattfinden.

Ferner plädiert der HDE dafür, die Bundesbankkonten für Geldtransportunternehmen auch ohne Lizenz als Zahlungsinstitut für die Münzgeldabwicklung beizubehalten. Denn weil die rechtlichen Voraussetzungen für Cash-Recycling nicht ausreichend seien, scheine die Erteilung solcher Lizenzen auch mittelfristig nicht denkbar.

Die Antwort der Bundesbank auf die geäußerten Bedenken ist aus Sicht des Handels bislang unbefriedigend. Auch weiter hin wird "in Aussicht genommen, ab dem 1. Januar 2011 Normcontainer als ausschließliches Ein- und Auszahlungsgebinde im Münzverkehr anzubieten". Dabei ist die Bundesbank zuversichtlich, dass im Markt Modelle für die Versorgung mit beziehungsweise die Entsorgung von Münzen abweichend vom Normcontainer entstehen. Hinsichtlich der fehlenden Lizenzen von Wertdienstleistern als Zahlungsinstitute empfiehlt sie mit Schreiben vom 30. März an den HDE zum Beispiel Kooperationsmodelle der Dienstleister mit Kreditinstituten.

Darauf setzt auch der Handelsverband selbst gewisse Hoffnungen - bleibt aber skeptisch, ob bis zum Jahreswechsel entsprechende Lösungen gefunden werden. Auf jeden Fall wird befürchtet, dass sich aufgrund des Engpasses bei der Dienstleistung Quasi-Monopole mit entsprechenden Konsequenzen für die Preise herausbilden könnten. Als Alternative wird darüber nachgedacht, Dienstleistungen anderer europäischer Zentralbanken zu nutzen. Möglicherweise könnten große Einzelhändler auch zu dem Mittel greifen, selbst entsprechende Normcontainer in ihr Lager zu stellen. Wertmäßig wäre dies der Lagerhaltung von Waren gleichzustellen - allerdings wohl mit höherem Diebstahlrisiko.

Eine verstärkte Hinwendung des Handels zum Thema Karte betrachtet Ulrich Binnebößel nicht als Ausweg aus der Problematik. Selbst wenn Barzahler an der Kasse künftig verstärkt gefragt würden, ob sie nicht auch eine Karte hätten, wäre dies doch ein langfristiger Prozess. Und solange Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel ist, gibt es zu dessen Akzeptanz und der entsprechenden Vorhaltung von Wechselgeld ohnehin keine Alternative.

Eine Lösung wird also dringend gebraucht. Bis September will der HDE noch abwarten, ob sich eine solche abzeichnet. Ist das nicht der Fall, will man lautstark Alarm schlagen und notfalls die Politik einschalten. sb

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