Co-Branding

Der Erfolg hängt nicht zuletzt am Partner

Neben dem wichtig(st)en Absatzkanal für Kreditkarten, dem Geschäftsstellennetz der Banken, suchen Issuer immer wieder nach neuen zusätzlichen Vertriebskanälen und damit Zugang zu neuen Zielgruppen. In diesem Zusammenhang ist das Thema Co-Branding in der Kartenindustrie allgegenwärtig und ein Dauerthema: Es vergeht in Europa kaum ein Monat, in dem nicht die Zusammenarbeit zwischen einem Issuer und einem neuen Partner und die damit einhergehende Herausgabe einer neuen Karte mit spezifischen Leistungen publiziert wird.

Der Entwicklungsprozess ist wahrscheinlich in jedem Land, in dem sich der Markt der Sättigung nähert, annähernd gleich: Nachdem die Banken zunächst standardisierte Massenprodukte lanciert und hohe Volumen produziert haben, wurde in einer zweiten Phase eine verstärkte Segmentierung des Portfolios umgesetzt, und jetzt sollen durch spezifische Kartenprogramme (kleinere) Nischen erschlossen werden (siehe Abbildung).

Nischenerschließung in gereiften Märkten

Diese Entwicklung zu einer (über-)großen Produktvielfalt in einem Massenmarkt ist eine logische Entwicklung, die sich auch in anderen Märkten zeigt: Man denke nur an die heutige Angebotsvielfalt auf dem Automarkt und vergleiche diese mit der Produktpalette der siebziger Jahre.

Der Konsument hat in gereiften Märkten im Kreditkartenbereich eine enorme Auswahl an verschiedensten, von Banken herausgegebenen Kreditkarten, und es gibt in den meisten Märkten auch eine breite Palette an Co-Branding-Produkten. Eine vollumfängliche Übersicht und Markttransparenz wird dabei kaum ein Kunde erlangen können, denn die Angebotsvielfalt an Karten ist enorm.

Die Differenzierung erfolgt dabei grundsätzlich über unterschiedliche Preisgestaltung (in der Regel wird eine Co-Branding-Karte günstiger oder gar gratis abgegeben) oder über einen variierenden Leistungsumfang. Mehr oder weniger attraktive Zusatzleistungen wie Bonusprogramme, Versicherungspakete, integrierte Mitgliederausweise oder spezifische Vergünstigungen sollen den "added value" der Karte bilden. Dabei muss man sich vergegenwärtigen: Im Vergleich zu vielen anderen Konsumgütern ist die Karte für den Konsumenten in der breiten Masse eigentlich eher ein einfaches "low-interest"-Produkt ohne starke emotionale Bindung und wird als absolutes "Commodity" angesehen. Insofern ist und bleibt es sehr schwierig, eine wahrnehmbare Differenzierung zu erreichen.

Aufgaben für Co-Branding-Partner ...

Co-Branding ist selbstverständlich eine sehr interessante Möglichkeit für substanzielles zusätzliches Wachstum und zusätzliche Erlöse. Aber erfolgreich ist ein Co-Branding-Programm nur dann, wenn man seine "Hausaufgaben" gemacht hat: Wichtigste Aufgabe ist die professionelle Prüfung einer intern entwickelten oder extern herangetragenen Co-Branding-Idee. Insbesondere externe, branchenfremde Partner - mit den Finessen des Kartengeschäfts nicht vertraut, haben hier oft recht einfache Vorstellungen: Man wünscht eine "eigene" Karte und ein "eigenes" Design. Oftmals ist es auch das erste (und leider einzige), was der Partner sofort entwickelt. Man hat dann auch kreative Ideen für mögliche Zusatzleistungen; bei genauem Durchdenken stellt man aber leider fest: Die Idee ist nicht umsetzbar oder nicht finanzierbar. Oder: Man möchte den Zusatznutzen nicht nur den Kunden mit einer Karte, sondern dem gesamten Kundenstamm offerieren. Schon dann erschöpft sich bald in vielen Fällen die Kreativität des Partners.

Und darüber hinaus möchte der Partner auch Geld verdienen. Ohne jedoch die Erlöskomponenten und Kostenstruktur im Kartengeschäft auch nur im Ansatz zu kennen, bestehen hierzu oft abenteuerliche Annahmen. Man hat teilweise auch nur ein unscharfes Bild bezüglich des zu leistenden eigenen Beitrags, damit das Projekt wirklich ein Erfolg werden kann. Der Partner muss

einen kartenspezifischen Mehrwert bieten, also eine Zusatzleistung - idealerweise einen echten USP - für den Konsumenten, wie beispielsweise ein attraktives Meilenprogramm;

die Bereitschaft zur aktiven Marktbearbeitung zeigen;

sich der Übernahme eines unternehmerischen Risikos bewusst sein und

Geld in die Kundenakquisition investieren!

... und für Issuer

Der Issuer muss grundsätzliche Anforderungen prüfen, hierfür zu erreichende Richtwerte und Kennzahlen festsetzen und dann "die Spreu vom Weizen" trennen:

Größe des Kundenstamms und Berücksichtigung eines allfälligen Kannibalisierungseffekts,

Kartenabsatzzielsetzung für die nächsten drei bis fünf Jahre,

klare Budgetdefinition; Stichwort: Akquisitionskosten,

USP Attraktivität.

Hier ist also eine nüchterne, faktenbasierte Analyse notwendig. Die Projektfreigabe und Umsetzung sollte nur erfolgen, wenn man wirklich überzeugt ist, dass mit der neuen Karte ein Kundenbedürfnis in einer genügend großen Masse befriedigt wird, sodass daraus auch ein positiver Business Case für den Issuer resultiert.

Typische Tops und Flops

In der Regel sind beispielsweise die verschiedenen Airline-Programme sehr erfolgreich: Im jeweiligen Kundenstamm wird eine hohe Kartendurchdringung er reicht, und auch die Kartenumsätze sind überdurchschnittlich hoch, weil die Meilenprogramme für den Konsumenten attraktiv sind und einen (wahrnehmbaren) Mehrwert bringen. Aber hier muss man aus Issuer-Sicht auch berücksichtigen, dass die Flugmeilen-Programme natürlich auch finanziert werden müssen und die Profitabilität des Produktes beeinflussen. Darüber hinaus sind Programme mit Automobil-Verbänden oftmals attraktiv und in vielen Märkten haben sich auch Karten von Supermarktketten (Retailer Karten) etabliert.

Aber beispielsweise Kartenprogramme in Zusammenarbeit mit Sportvereinen - zum Beispiel Fußball- oder Eishockeykarten konnten in vielen Fällen die hoch gesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Die Affinität des Fans manifestiert sich in der Dauereintrittskarte oder zeigt sich in Form der Mütze, auf dem Trikot und der Vereinsfahne - nicht aber als Plastikkarte im Portemonnaie.

Abgesehen von den oben genannten er folgreichen Programmen sind viele Co-Branding-Projekte schlichtweg nicht erfolgreich: Die anvisierten Absatzzahlen werden nicht erreicht, die Umsätze bleiben hinter den Erwartungen zurück. Der Partner verliert dann das Interesse und reduziert seine Akquisitionsaktivitäten, und in der Folge "schläft" das Programm ein. Bis jemand den Mut hat, die Aktion zu beenden, einen Schnitt macht und den Schlussstrich zieht.

Warum passiert das? Aus verschiedensten Gründen:

Weil die blanke Euphorie und notorischer Optimismus für eine neue Karte den Blick für die Realität vernebelt. Oftmals berücksichtigt man die Marktsituation (Sättigungsgrad des Kartenmarktes, Trägheit und daraus resultierende mangelnde Wechselbereitschaft des Kunden) zu wenig.

Weil völlig unrealistische Zielvorstellungen entwickelt werden. Durchdringungsraten von 50 Prozent plus x werden rasch diskutiert. Eine Durchdringung von zehn Prozent im Kundenstamm des Co-Branding-Partners wird zunächst belächelt, dann aber bei vielen Programmen nicht einmal er reicht.

Weil der Prozess der Prüfung nicht professionell umgesetzt wird. Das ist harte Arbeit und erfordert analytische Fähigkeiten und Scharfsinn. Und dann über wiegt doch die schlichte Begeisterung für ein neues Projekt.

Weil die Affinität der Kunden zum Unternehmen zu gering und/oder die angebotene Zusatzleistung für den Konsumenten einfach zu wenig attraktiv ist.

Weil teilweise Programme "von oben" befohlen werden mit einem Hinweis auf eine strategische Partnerschaft zwischen zwei Unternehmen.

Das führt dazu, dass die Anzahl an Co-Branding-Programmen in einem Markt recht hoch, die Anzahl der Karten pro Programm aber doch oft recht klein und er nüchternd ist. Betrachtet man das Gesamtportfolio eines Issuers, ergibt sich dann folgendes Bild: Wenige Produktlinien mit einer hohen Kartenanzahl und viele Kartenprogramme, insbesondere Co-Bran-ding-Programme, mit wenigen Karten.

Zentrale Erfolgsfaktoren

Damit ex post diese Ernüchterung nicht eintritt, ist ein Co-Branding-Programm entlang folgender Erfolgsfaktoren zu prüfen, zu entwickeln und umzusetzen:

Klare Zieldefinition: Für die Bank muss die Erschließung eines neuen Vertriebskanals und neuer Kundesegmente im Focus und für den Partner der Kundenbindungseffekt (zur gezielten Umsatzförderung und/oder Reduktion von Kundenverlusten) im Vordergrund stehen. Beiden Parteien muss klar sein: Mit einem Co-Branding-Programm kann man zusätzliche Erlöse generieren; diese müssen aber fair aufgeteilt werden.

Klare Produktdefinition: Der kartenspezifische "added value" muss vom Partner erbracht werden; eine sinnvolle Preisstruktur - im Vergleich zum Standardportfolio - ist sicherzustellen, sodass einer möglichen Margenerosion Einhalt geboten werden kann.

Klare Aufgabenverteilung: Der Issuer hat das Vertragsverhältnis mit dem Karteninhaber und ist zuständig für Kartenausstellung, Bonitätsprüfung, Transaktionsverarbeitung, Kundendienst und monatliche Rechnungsstellung. Und er stellt natürlich die mit der Karte verbundenen Basisdienstleistungen zur Verfügung. Der Partner muss für die Produktgestaltung eine attraktive Zusatzleistung bereitstellen und er hat die Akquisitionsverantwortung für das Produkt in seinem Absatzkanal. Der Issuer sollte hier natürlich eine unterstützende Funktion einnehmen. Wer die Kosten für und die Response-Raten auf Inserate, Beilagen und Direct Mailings kennt, weiß schnell: Das kostet Geld und es bedarf der kontinuierlichen, wiederkehrenden Kommunikation. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang ein gemeinsam entwickelter Maßnahmenplan, der eine konsequente und professionelle Umsetzung erfordert; "Execution" ist gefragt. Der Partner hat dann die Möglichkeit, seinen Kunden gezielt(er) anzusprechen und mit ihm zu kommunizieren. Ideales und kostengünstiges Medium hierfür ist die Kreditkarten-Abrechnung. Hier kann er monatlich über eine entsprechende Beilage mit dem Kunden kommunizieren und/oder auch über einfache Texte auf der Abrechnung seine Botschaft transportieren.

Klare Prozessdefinition: Der Kundendatentransfer bei Kartenbestellung, allfälligen Mutationen oder Kündigungen (der Karte oder der Kundenmitgliedschaft beim Partner) muss sauber geregelt und durch einen standardisierten, möglichst automatisierten Prozess sichergestellt werden.

Klares Committment: Beide Seiten sollten sich zu einer längerfristigen Zusammenarbeit (mindestens fünf Jahre) bekennen, klare Ziele festlegen und dann auch immer wieder eine Analyse der Soll/Ist Situation vereinbaren. Und bei (negativen) Abweichungen muss man gemeinsam Maßnahmen vereinbaren und umsetzen. Beide Parteien müssen also bereit sein, ein unternehmerisches Risiko zu tragen und in der Initialphase als auch im folgenden "run the product"-Modus Ressourcen zu investieren.

Viel Aufmerksamkeit sollte man bei einer neuen Co-Branding-Idee also vorab dem Analyseprozess widmen. Hier ist es dann manchmal wirklich sinnvoller, schlussendlich "nein" zu sagen als eine unausgereifte Idee zwanghaft in ein eigenständiges Kartenprodukt verwandeln zu wollen. Wenn man seine "Hausaufgaben" professionell macht, kann ein Co-Branding-Programm das Portfolio eines Issuers sinnvoll ergänzen, zur Steigerung der Erlöse aus dem Kartengeschäft beitragen und darüber hinaus die Basis bilden für eine längerfristige und interessante Zusammenarbeit zum Vorteil beider Parteien.

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