Regulierung

EU-Preisverordnung : Sepa-Lastschrift vor dem Fehlstart

Die EU-Preisverordnung 2560 wird mit Wirkung zum 1. November 2009 nach einem Vorschlag der Europäischen Kommission überarbeitet. Nach heutigem Stand ist es vorgesehen, nationale Zahlungsarten und korrespondierende beziehungsweise "sehr ähnliche" grenzüberschreitende Zahlungsarten gleich zu bepreisen, wobei auch Lastschriften in den Anwendungsbereich einbezogen werden. Der bisherige Wortlaut wird mit der For mulierung "sehr ähnlich" folgenschwer ausgeweitet. Er erschwert es, insbesondere im Bereich der Lastschrift eine Abgrenzung beziehungsweise die politisch gewollte Nicht-Abgrenzung des deutschen Lastschriftverfahrens vom Sepa-Lastschriftverfahren rechtssicher vorzunehmen. Auch ein - nicht als abschließend zu begreifender - Kriterienkatalog, der Zahlungsarten miteinander vergleichbar macht, macht beide Verfahren nicht gleich. Genannt werden hier etwa der Betriebsweg, der Grad der Automatisierung, die entstehenden Kosten, die Gewähr einer Zahlungsgarantie, der Kundenstatus und die zugrunde liegende Geschäftsbe ziehung zwischen Zahlungsdienstleister und -nutzer.

Regulierung zur Unzeit

Aus leicht nachvollziehbaren Gründen ist es übereilt, die EU-Preisverordnung - und zwar bereits mit dem voraussichtlichen Start der Sepa-Lastschrift - auf diesen Bereich auszuweiten:

Der Regulierungsversuch unterstellt, dass der Markt in diesem Bereich versagt hat. Tatsächlich aber existiert die viel gescholtene Mini-Sepa für Lastschriftverfahren gar nicht. Vielmehr soll die Sepa-Lastschrift die nationalen Lastschriftverfahren ablösen und ist eben gerade nicht als Ergänzung nur für grenzüberschreitende Transaktionen vorgesehen.

Bei der Sepa-Lastschrift handelt es sich um ein europäisches Lastschriftver fahren, das sich von den nationalen Lastschriftverfahren bewusst unterscheidet. Demzufolge sollte das Preisgleichheitsgebot allenfalls auf die jeweilige Lastschriftart anwendbar sein. Damit wäre, da sich die Verfahren im Hinblick auf ihren jeweiligen Abwicklungsaufwand deutlich unterscheiden, eine verursachungs- und aufwandsgerechte Bepreisung möglich. Tatsächlich aber will die angepasste Preisverordnung unterschiedliche Preise für verschiedene Lastschriftverfahren verhindern. Dies ist mit den marktwirtschaftlichen Prinzipien innerhalb der Europäischen Union nicht zu vereinbaren.

Regelung für Interbankenentgelt kontraproduktiv

Abzuwarten bleibt die Entwicklung in Zusammenhang mit dem Vorstoß der französischen EU-Ratspräsidentschaft vom 19. Dezember 2008. Auf der Grundlage eines Kompromisses zwischen European Payments Council (EPC), EZB und EU-Kommission hat Frankreich zum Ende seiner EU-Ratspräsidentschaft einen Textvorschlag1) zur Integration der multilateralen Interbankentgelte für grenzüberschreitende Lastschriften in die EU-Preisverordnung vorgelegt: Für den Fall einer fehlenden bilateralen Vereinbarung zwischen den an der Transaktion beteiligten Zahlungsdienstleistern ist für grenzüberschreitende Lastschriften ein maximales Interbankenentgelt von 8,8 Eurocent vorgesehen2). Die Regelung soll mit Wirkung ab dem 1. November 2009 für einen Zeitraum von drei Jahren gelten3). Diese vorgeschlagene Regelung für ein Interbankenentgelt ist in höchstem Maße kontraproduktiv. Nicht nur, dass sie für Zahlungsdienstleister zum Beispiel in Deutschland keinen ausreichenden Anreiz bietet, in das Sepa-Lastschriftverfahren zu investieren. Sie gefährdet zudem den einheitlichen Binnenmarkt im Zahlungsverkehr so sehr wie keine andere Maßnahme.

Diktat eines konkreten Zahlverfahrens widerspricht Selbstregulierungsprinzip

Das Beispiel der Kartenzahlungssysteme zeigt, dass der europäische Markt gerade durch Entgeltregelungen, die sich an Ländergrenzen unterscheiden, fragmentiert wird. Eine Mini-Sepa für Lastschriftverfahren ist also die unausweichliche Folge. Ein grenzüberschreitender Wettbewerb wird ausgeschlossen, da es keine Anreize für Unternehmen gibt, ihre Zahlungsverkehrskonten in einem bestimmten Land zusammenzuführen. Warum sollte beispielsweise ein deutsches Unternehmen über eine Kontoverbindung in den Niederlanden Lastschriften für deutsche Verbraucher einreichen? Als Einreicherbank der Lastschrift wäre in der Regel ein Inter bankenentgelt in Höhe von 8,8 Eurocent fällig. Die Abwicklung über das deutsche Lastschriftverfahren ist deutlich kostengünstiger. Sepa-Lastschriften würden somit ausschließlich im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr genutzt.

Darüber hinaus ist vorgesehen, dass Zahlstellen, die an einem nationalen Lastschriftverfahren teilnehmen, auch für Lastschrifttransaktionen aus Mitgliedstaaten, die dem Sepa-Lastschriftverfahren beigetreten sind, erreichbar sein sollen (Artikel 5c, Reachability for direct debit transactions). Dies ist völlig unabhängig davon, ob die jeweiligen Kunden an den Sepa-Verfahren teilnehmen möchten. Für den Fall, dass einer ihrer Kunden mehr oder weniger unbewusst eine Ermächtigung für eine Sepa-Lastschrift, ein Sepa-Mandat, unterschreibt, sehen sich Zahlungsdienstleister trotz der konkret nicht vorhandenen Nachfrage genötigt, das Sepa-Lastschriftverfahren allen ihren Kunden ungefragt aufzuzwingen.

Sollte die EU-Preisverordnung in der momentan vorliegenden Version verabschiedet werden, käme dies darüber hinaus dem Diktat eines konkreten Zahlungsverkehrsverfahrens gleich: Qua gesetzlichem Beitrittszwang müsste genau die vom EPC definierte Sepa-Lastschrift von der gesamten europäischen Kreditwirtschaft unterstützt werden. Andere, auch europäische Verfahren, sind von der Regelung nicht betroffen. Dies widerspricht dem Grundverständnis der Sepa-Verfahren als Selbstregulierungsmaßnahme, welche den Marktteilnehmern freistellen, ob sie daran teilnehmen möchten oder nicht.

Gesetzlich verordnete Grundversorgung auf niedrigstem Niveau

Niemand bestreitet das Interesse der europäischen Kreditwirtschaft am Erfolg des Sepa-Lastschriftverfahrens von Anfang an und der möglichst flächendeckenden Er reichbarkeit aller Zahlungsdienstleister im Sepa-Raum. Dies per Gesetz zu verordnen ist allerdings der falsche Weg. Vielmehr muss ein Verfahren aus sich heraus über zeugen und so möglichst viele Zahlungsdienstleister und Kunden dazu bewegen, es zu nutzen.

Durch die Regulierung fehlt jedoch der Anreiz für die Schaffung von Mehrwertdiensten. Erreicht wird lediglich eine gesetzlich verordnete Grundversorgung für ausschließlich grenzüberschreitende Transaktionen auf niedrigstem Niveau.

Fehlstart wird wahrscheinlicher

Die französischen Vorschläge belegen exemplarisch, dass die mit Gründung des EPC angestrebte Selbstregulierung dort an ihre Grenzen stößt, wo Partikularinteressen zu stark werden und der "Ruf nach Regulierung" laut wird.

So wurde der Start des Beitrittsverfahrens zur Sepa-Lastschrift im Plenum des EPC ohne Zustimmung wesentlicher Teile der europäischen Kreditwirtschaft beschlossen. Ein gigantischer Fehlstart der Sepa-Lastschrift wird damit immer wahrscheinlicher.

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