Kartenmanagement-Glossar

Eurocheque und Eurocheque-Karte

In den letzten Jahren - Sepa gab den Anstoß - wurde insbesondere von der EU Kommission und der EZB - mehr oder weniger deutlich ein "europäisches" Zahlungssystem gefordert. Dieses Thema ist nicht zum ersten Mal aktuell, es stellte sich bereits 1968 und wurde damals auch zeitadäquat beantwortet - mit eurocheque und eurocheque-Karte.

Der eurocheque und die ihn garantierende eurocheque-Karte waren das erste grenzüberschreitende Kartenprodukt der europäischen Banken. Auslöser der Forderung nach einem "europäischen" Zahlungssystem war der Trend nach dem zweiten Weltkrieg, Urlaub im Ausland zu machen. Der damalige Scheck wurde aufgrund fehlender Einlösegarantie selten im Inland und gar nicht im Ausland als Zahlungsmittel akzeptiert. Die gefundene Lösung waren eurocheque und eurocheque-Karte.

Phase eins: Aktiv- und Passivländer

Die erste Phase im Lebenszyklus des eurocheque-Systems begann 1968 mit einer Assembly der "europäischen" Banken, wo über die Grundzüge eines europaweiten Scheckgarantiesystems Einigkeit gefunden wurde: das eurocheque-Logo, die Namen eurocheque und eurocheque-Karte, die Einlösungsbedingungen, die Provision für die einlösende Bank und das Clearing. Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Luxemburg, die Niederlande, Österreich und die Schweiz und Liechtenstein schlossen sich der Vorgangsweise als "Aktivländer" an und brachten ihre länderindividuellen Scheckkartensysteme in das eurocheque-System ein. Die Banken einer Reihe anderer europäischer Länder - der "Passivländer" - waren bereit, diese grenzüberschreitenden kartengarantierten Schecks zum Bargeldbezug zu akzeptieren.

Die Umsetzung erfolgte in den Aktivländern, indem die Schecks der kontoführenden Banken mit dem eurocheque-Logo versehen wurden. Ab 1. Mai 1969 wurden Schecks im Rahmen des eurocheque-Systems ausgestellt. Dabei standen von Anfang an rund 175 000 Zahlstellen zum Bargeldbezug zur Verfügung. In den folgenden Jahren nahm sowohl die Anzahl der Aktivländer als auch jene der Passivländer zu. Sie beschränkten sich bald nicht mehr nur auf Europa, sondern schlossen auch Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas ein.

Anfänglich gab es somit keine standardisierten eurocheque-Karten und keine standardisierten eurocheques. Bereits beim Start des eurocheque-Systems war es allerdings klar, dass es zu einem weiteren Schritt in Hinblick auf die Vereinheitlichung der Medien eurocheque und eurocheque-Karte kommen würde.

Phase zwei: einheitliche Gestaltung

Phase zwei im Produktleben von eurocheque und eurocheque-Karte war, dass ab 1972 in den Aktivländern Scheck und Scheckkarte ein einheitlichen Aus sehen erhielten. Das brachte auch den Wegfall des eingedruckten Währungssymbols mit sich, was eine Voraussetzung für die Bargeldauszahlung in der lokalen Währung und die bargeldlose Bezahlung bei Handels- und Dienstleistungsbetrieben war. Demgemäß wurde der Nichtbankenbereich ab 1975 geöffnet. Damit ist dem eurocheque zur Funktion eines internationalen Bargeldbezugsmittels die Funktion eines internationalen bargeldlosen Zahlungsmittels hinzugefügt worden.

Entwicklung zur elektronischen Debitkarte

Mit dem Aufkommen von Geldausgabeautomaten seit Ende der siebziger/Anfang der achtziger Jahre begann die Phase drei der Entwicklung des eurocheque-Systems, indem die eurocheque-Karte durch Hinzufügen eines Magnetstreifens und durch die Ausgabe einer PIN an die Karteninhaber automatenfähig gemacht wurde. Bald wurde dieser Service unter dem "ec-Piktogramm" zu einer Standardausstattung der eurocheque-Karten und der europäischen Geldausgabeautomaten.

Etwas später wurde die eurocheque-Karte mit der Funktion "edc", welche die europaweite Verwendung an PoS-Terminals ermöglichte, auch zu einer elektronischen Debitkarte.1) Durch die zunehmende Nutzung der Karte zum Bargeldbezug an Geldausgabeautomaten und zum bargeldlosen Zahlen an PoS-Terminals trat die Scheckgarantiefunktion zunehmend in den Hintergrund.

Von 1969 an stieg die Anzahl der im Ausland ausgestellten eurocheques und erreichte 1988 mit 50 Millionen Stück und einem Transaktionsvolumen von über 6,7 Milliarden Euro den Höhepunkt.

Aufgrund der vorerst sukzessive und ab Mitte der neunziger Jahre dynamisch zunehmenden elektronischen Debitfunktion am Geldautomaten und am PoS und der abnehmenden Bedeutung des auf Papier beruhenden eurocheques kam es zur vierten Phase im Produktlebenszyklus des eurocheque-Systems.

1999 entschlossen sich die europäischen Banken, die eurocheque-Garantie Ende 2001 einzustellen. Die Gründe dafür waren nicht nur der Rückgang der grenzüberschreitend ausgestellten eurocheques, sondern auch die durch die papiergebundene Abwicklung relativ hohen Kosten.

Ein weiteres Spezifikum des eurocheque-Systems war, dass eurocheques akzeptierende Handels- und Dienstleistungsunternehmen keinen Beitrag für die Kosten des Zahlungsverkehrs zu leisten hatten und die diese Schecks einreichenden Banken ein Einlöseentgelt erhielten (= negative Interchange Fee), was für die Banken der Scheckaussteller zunehmende Verluste bedeutete. Dazu kamen in zunehmendem Maße die Risikokosten, die durch Verlust, Diebstahl und Fälschung von eurocheques und eurocheque-Karten entstanden.

Ab 2002 ohne eurocheque-Garantie

Beim Phase Out Ende 2001 zeigte sich die europaweite Verbreitung des eurocheque-Systems. Zu diesem Zeitpunkt hatte es 46 teilnehmende Länder. Es gab 22 Aktivländer, die 72 Millionen eurocheque-Karten ausgegeben hatten und eurocheques akzeptierten. Auf breiter Basis erfolgte dies nur in sechs Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz, Belgien, Niederlande, Luxemburg). Dazu kamen 24 Passivländer, die nur die Akzeptanz von eurocheques mit eurocheque-Karten sicherstellten. Damit war das eurocheque-System in nahezu allen Ländern Europas präsent.

Waren eurocheque und eurocheque-Karte damit ein "europäisches" Zahlungssys tem? Aus heutiger Sicht ist die Antwort einfach: Auf der Acquiringseite waren sie zweifellos ein europäisches System: weitgehende Abdeckung Europas durch die breite Akzeptanz war gegeben. Auf der Issuingseite gab es aber nur eine Teilabdeckung. Eine weitgehende Abdeckung auf der Issuingseite wurde zwar jahrelang angestrebt, konnte aber infolge unterschiedlicher Kartenstrategien der europäischen Banken/ Bankenverbände nicht erreicht werden.

Fußnote:

1) In der Folge wurden "ec-Piktogramm" und "edc" zu "Maestro", was aus der nur in Europa einsetzbaren elektronischen Debitkarte eine weltweite machte.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Dr. Malte Krüger ist Professor an der Hochschule Aschaffenburg, malte.krueger[at]h-ab[dot]de

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Prof. Dr. Malte Krüger , Technische Hochschule Aschaffenburg, Aschaffenburg
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