Debitkarte

Girocard: neueAngebote für den Handel

Das Girocard-System (früher als "electronic cash" bezeichnet) der deutschen Kreditwirtschaft ist unangefochtener Marktführer in Deutschland und in einem sich rasch verändernden Umfeld auch für die Zukunft sehr gut aufgestellt. Dabei zeigt sich seine Wettbewerbsfähigkeit in der Marktrealität: Girocard ist das einzige Zahlungsverfahren im deutschen Einzelhandel, das über viele Jahre hinweg sowohl in absoluten Zahlen erheblich gewachsen ist als auch Marktanteile dazugewonnen hat (vergleiche Abbildung 1). So geht der 2008 zu verzeich nende weitere Rückgang von Bargeldtransaktionen im deutschen Einzelhandel ausschließlich auf das Konto von Girocard. Und dieser Erfolg konnte in einem der wettbewerbsintensivsten Märkte Europas vor dem Hintergrund der Einführung der Sepa, der PSD-Umsetzung und des Wandels ehemaliger Zahlungssystempartner zu Konkurrenten im deutschen Markt er reicht werden. Dies liegt nicht zuletzt an den anerkannten Stärken des Girocard-Systems: an dessen hoher Sicherheit, dem großen Vertrauen der Systemnutzer, der Effizienz und Kostengünstigkeit für die Karteninhaber und für den Handel, der Flexibilität in Kombination mit anderen Zahlungsarten und der Wettbewerbsorientierung durch die Entflechtung von Funktionen innerhalb des Girocard-Systems. Das Girocard-System ist im Bereich der Sicherheit weltweit führend. So konnte der Einsatz von Kartenduplikaten durch frühe Investitionen in das MM-Merk mal am Geldautomaten und in die Chiptechnologie am PoS schon immer wirkungsvoll ver hindert werden. Bislang bedeutete die traditionell hohe Sicherheitsphilosophie der deutschen Kreditwirtschaft allerdings auch entsprechend höhere Investitionen bei den Terminals und in der Akzeptanzinfrastruktur, was diese komplexer und teurer machte. Terminalanforderungen werden vereinfacht Mit der Ende 2010 vorgesehenen Migration von Girocard zu einem rein chipbasierten Zahlungssystem kommt es nun zu einer Umkehr dieses Prinzips: Durch die konsequente Nutzung der Chiptechnologie sind dann Sicherheit und eine kostengünstige effiziente Infrastruktur als zwei entscheidende Qualitätskriterien für ein Zahlungssystem keine Gegensätze mehr. Die deutsche Kreditwirtschaft hat in den vergangenen Jahren mehr als 250 Millionen Euro in die Chipausstattung ihrer Karten investiert. Von diesen Investitionen wird nun der Handel profitieren, da als Folge hieraus die Terminalanforderungen im Girocard-System jetzt erheblich vereinfacht werden können. Ab dem zweiten Halbjahr 2010 wird hier auch die Nutzung kostengünstiger und flexibler verteilter Ter minals (zum Beispiel des Secoders) möglich sein (siehe Abbildung 2). Girocard wird dabei das erste Zahlungssystem in Deutschland sein, das diese Vorteile realisiert. Im Gegensatz dazu werden von den inter nationalen Zahlungssystemen immer neue, für den Einzelhandel kostentreibende Sicherheitsvorschriften zum Schutz des Magnet streifens am Akzeptanzterminal erlassen. Für den Handel werden sich also zukünftig bei einer ausschließlichen Kartenakzeptanz im Girocard-System erhebliche Kosteneinsparungen realisieren lassen. Wachstumspotenziale durch Innovation Eine Herausforderung für die Zukunft besteht darin, in Zeiten sich ab schwächender Wachstumsraten in den klassischen Kar tenzahlungssegmenten neue Transaktionspotenziale zu erschließen. Insbesondere die Anzahl der Terminals wächst nur noch leicht, da der Sättigungspunkt bei der Terminalausstattung im deutschen Einzelhandel zwischenzeitlich weitgehend erreicht ist. Ein weiteres Zurückdrängen des Bargeldanteils wird daher nur entweder über eine forcierte Kartennutzung durch die Karteninhaber oder aber die Erschließung neuer Transaktionssegmente für die Kartenzahlung möglich sein. Das derzeit noch größte unerschlossene Segment stellen dabei die Kleinbetragstransaktionen dar. Besondere Herausforderungen bei der Ab wicklung von Kleinbetragstransaktionen sind dabei erfahrungsgemäß eine hinreichende Geschwindigkeit beim Check-out und eine effiziente Ende-zu-Ende-Abwicklung der Transaktion. Erreichen lässt sich dieses durch den Verzicht auf die Kundenverifikation (PIN oder Unterschrift), über Offline-Transaktionen sowie die Zusammenfassung mehrerer Transaktionen bei ihrer Verarbeitung. Dies sind alles Funktionen, die im Geld-karte-System der deutschen Kreditwirtschaft bereits zur Verfügung stehen. Gleichwohl hat sich die Geldkarte bislang nicht in der erwünschten Weise am Markt durchsetzen können. Bei der kritischen Analyse der Gründe hierfür muss man sicherlich konstatieren, dass das System, so wie es derzeit auf gestellt ist, einige Schwächen aufweist. So fallen zum einen an einem Akzeptanzpunkt selten nur Kleinbetragstransaktionen oder nur Transaktionen mit höheren Beträgen an. Die Geldkarte und Girocard sollten sich daher als künftige Er folgsvoraussetzungen am Ort der Akzeptanz besser ergänzen und enger miteinander vernetzt werden. Da die Bezahl- und Lade-Infra strukturen auseinander fallen, sind im Weiteren zum Zeitpunkt eines potenziellen Karteneinsatzes zu wenige Geldkarten mit einem ausreichenden Betrag geladen. Diese Ladung kann heute vom Kunden weder zeitnoch ortsnah nachgeholt werden. Zudem wird die Geldkarte derzeit historisch bedingt kaum in "Face-to-Face"-Umgebungen angeboten. Der Kunde wird damit sowohl beim Laden als auch beim Bezahlen sich selbst über lassen. Engere Verknüpfung von Geldkarte und Girocard Eine Lösung dieser Probleme dürfte sich durch eine engere Verknüpfung von Geldkarte und Girocard erreichen lassen. Zusammen sind diese beiden Kartenzahlungssysteme der deutschen Kreditwirtschaft ein gutes Team. So gehen die Überlegungen des ZKA derzeit auch dahin, künftig hieran interessierten Einzelhändlern eine Kombinationsmöglichkeit des Girocard- und des Geldkarte-Systems anzubieten. Hierbei soll dem Karteninhaber bei Einkaufsbeträgen bis 20 Euro automatisch die Wahlmöglichkeit zwischen der Zahlung per Geldkarte oder im Girocard-System angeboten werden. Ent scheidet sich der Karteninhaber für die Zahlung mit der Geldkarte, würde bei nicht ausreichendem Restguthaben eine Ladung der Geldkarte über 30 Euro am PoS und die Bezahlung aus dem neuen Guthaben erfolgen. Damit wird die Geldkarte für kleinere Transaktionsbeträge immer verfügbar. Für Handel und Kreditwirtschaft ergibt sich hieraus eine Win-Win-Situation. Der Handel profitiert von schnelleren Check-out-Zeiten und den günstigeren Transaktionskosten des Geldkarte-Systems und die Kreditwirtschaft durch die Ver meidung ineffizienter Kleinbetragstransaktionen im Girocard-System (siehe Abbildung 3). Erste Implementierungen dieses neuen Angebotes könnten ab Ende 2010 erfolgen. Zukunftsorientierte Weiterentwicklung Die deutsche Kreditwirtschaft wird den unabhängigen, wettbewerbsorientierten Charakter des Girocard-Systems durch eine Beibehaltung der bewährten Strukturen und eine zukunftsfähige Technologie weiterhin befördern. So wird die technische Unabhängigkeit des Systems durch die Einführung einer Girocard-eigenen BIN Range 680 weiter verstärkt werden. Zusätzliche geplante Maßnahmen sind unter anderem die Umstellung der Kommunikation zwischen den Netzbetreibern und den Kopfstellen/Übergabestellen auf eine IP-basierte Variante. Dies sorgt für Kosteneinsparungen und Zugriffssicherheit, genauso wie auch die Einführung europäischer, zahlungssystemübergreifender Standards im Girocard-System (siehe Abbildung 4). Ausdehnung in die Nachbarländer Mit der Ausdehnung des Girocard-Systems auf Nachbarländer und die Einbindung in der Euro Alliance of Payment Schemes (EAPS) wird zudem auch bei grenzüber schreitenden Transaktionen eine größere Unabhängigkeit von den internationalen Zahlungssystemen erreicht. Die EAPS ist integraler Bestandteil der Sepa-Strategie für Girocard. Im Gegensatz zu anderen in der Diskussion befindlichen Lösungen ist die EAPS bereits europäische Marktrealität. Aktive EAPS-Transaktionen haben bereits in Deutschland, Portugal, Spanien, Italien und Belgien stattgefunden. Mehr als 3 000 europäische Banken nehmen heute schon an der EAPS teil oder führen Implementierungsprojekte durch. In der derzeitigen ersten Implementierungsphase sind bereits mehr als 50 000 Geldautomaten und 100 Millionen Karten für die EAPS freige schaltet. Auch im PoS-Bereich läuft zwischen Deutschland und Italien bereits ein erster Pilot mit etwa 2 000 Terminals. Ein weiterer Roll-out ist noch im Laufe dieses Jahres vorgesehen. Vorteile aus der EAPS ergeben sich für alle Beteiligten. Für die Karten inhaber durch einen besseren Kundenservice und mehr Akzeptanzstellen, für die Banken über ein effizienteres Processing und geringere Systementgelte und für die Händler durch ein größeres Akzeptanzpotenzial zu einem günstigen Preis. Die Stärke des Girocard-Systems zeigt sich vor allem aber auch in der Möglichkeit zu differenzierten Ausgabe strategien, die von den deutschen Kartenherausgebern zunehmend wahrgenommen werden. Das Girocard-System bleibt dabei der gemeinsame Nenner der Debitkarten, die in Deutschland herausgegeben werden. Dagegen ändern viele Kartenherausgeber ihre Co-Branding-Strategien. Neue Co-Branding-Strategien Bis Ende 2007 waren noch etwa 95 Prozent aller deutschen Karten auch mit einem Maestro-Logo versehen. Diese bisherige enge Verknüpfung der beiden Systeme ist zwischenzeitlich bereits Vergangenheit. Ab Herbst dieses Jahres werden mehrere deutsche Kartenemittenten im erheblichen Umfang neue Debitkarten in Kombination mit V-Pay oder Cirrus als neuen Co-Branding-Partnern herausgeben. Es ist daher davon auszugehen, dass bereits Ende 2009 etwa 20 Prozent der Girocard-Karten ein anderes Co-Branding als Maestro tragen werden. Bei aller begrüßenswerten Buntheit der Karten und des Wettbewerbs der Systeme kann sich der deutsche Einzelhandel weiterhin darauf verlassen, dass über Girocard und die EAPS die Akzeptanz aller deutschen Debitkarten zu einheitlichen Regeln und Konditionen sichergestellt sein wird. Seitens der Netzbetreiber liegt die Zusage vor, die Voraus setzungen für ein reibungsloses Funktionieren der Kartenakzeptanz im Girocard-System auch für die neuen Co-Branding-Produkte fristgerecht zu erfüllen. Dieser Artikel basiert auf einem Vortrag des Autors beim Europäischen Handelsinstitut (EHI) am 5. Mai 2009 in seiner Funktion als diesjähriger ZKA-Federführer.

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