Regulierung

PSD II: Kunden- und Gutscheinkarten vor dem Aus?

In dem am 24. Juli 2013 vorgelegten Entwurf der zweiten EU-Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II; 2007/64/EG) schlägt die Europäische Kommission eine weitere Eingrenzung des Ausnahmebereichs ("negative scope") der sogenannten "begrenzten Netze"1) vor. Die geplante Änderung des betreffenden Art. 3 (k) der PSD hat nicht nur Folgen für Zahlungsdienstleistungen, die heute noch unter diesem Ausnahmebereich erlaubnisfrei angeboten werden können, sondern auch für E-Geld-Produkte, da der Ausnahmebereich gemäß PSD auch in der zweiten E-Geld-Richtlinie (EMD II; 2009/110/EG) übernommen wurde (Art. 1 Nr. 4).

Zahlungsinstrumente, wie zum Beispiel Kundenkarten, die ausschließlich bei dem herausgebenden Händler eingesetzt werden können, können weiterhin erlaubnisfrei betrieben werden. Zahlungsinstrumente, die aber auch bei anderen Händlern genutzt werden können, bedürfen grundsätzlich einer Zulassung des Herausgebers als Kredit-, Zahlungs- oder E-Geld-Institut.

Bislang sind Instrumente, die nur in einem eng begrenzten geografischen Umfeld oder nur für bestimmte Produkte als Zahlungsmittel eingesetzt werden können, von dieser Erlaubnispflicht befreit. Die Kommission hatte 2009 allerdings auf eine klare Definition dieser begrenzten Netzwerke verzichtet. Die Interpretation des Ausnahmebereichs wurde den nationalen Aufsichtsbehörden überlassen. In Deutschland wird dieser Freiraum bereits sehr restriktiv ausgelegt. Das hat zur Folge, dass zum Beispiel Gutscheinkarten einer Handelskette, die mit Franchise-Partnern zusammenarbeitet, in Deutschland erlaubnispflichtig sind, in anderen Mitgliedsstaaten ohne Erlaubnis ausgegeben werden dürfen. Die Europäische Kommission beabsichtigt nun mit der Vorlage des Entwurfs für die neue Zahlungsdiensterichtlinie ohne Nennung von plausiblen Gründen eine wesentliche Eingrenzung dieses Freiraums.

Neue Definition des Ausnahmebereichs

Die neue Definition des Ausnahmebereichs beinhaltet leider keine im Markt und von Aufsichtsbehörden erhoffte Präzisierung der weiterhin verwendeten Begriffe "begrenztes Netz" und "begrenzte Auswahl von Waren und Dienstleistungen". Die Definition wird ergänzt um die Voraussetzung "spezifische Instrumente zur Erfüllung bestimmter Bedürfnisse". Die Kommission schreibt, dass diese neue Definition im Einklang mit der Definition des begrenzten Netzes in der EMD II (2007) ist.2) Da die EMD II bezüglich des Ausnahmebereichs auf die PSD I verweist, gab es 2007 zwar keine Definition, aber in dem Recital Nr. 5 der EMD II wird bereits als Anforderung auf "Instrumente zur Erfüllung bestimmter Bedürfnisse beziehungsweise mit einem bestimmten Verwendungszweck" hingewiesen. In der Begründung der neuen Definition (Erwägungsgrund Nr. 12) werden mehrere Punkte aus dem Erwägungsgrund Nr. 5 der EMD II fast wortwörtlich übernommen.

Soweit bekannt, hat die Begründung des Ausnahmebereichs "begrenzte Netze" für E-Geld in der EMD II seit 2011 (Umsetzung in der nationalen Gesetzgebung) nicht zu einer Änderung der generellen aufsichtsrechtlichen Handhabung dieses Ausnahmebereichs für Zahlungsdienste und E-Geld-Produkte in der Praxis geführt. Aufgrund der "neuen" Definition ist demnach - wenigstens im Hinblick auf E-Geld - außer dem Adjektiv "spezifische" - formal keine weitere Einschränkung zu erkennen, obwohl die Kommission diese Neudefinition ausdrücklich als Instrument zur Einschränkung des Ausnahmebereichs für Zahlungsdienste beabsichtigt. Aufgrund der ersten inoffiziellen Stellungnahmen der nationalen Aufsichtsbehörden werden die Regulatoren diese Absicht der Kommission als Begründung für eine Verschärfung der zum Teil bereits sehr restriktiven Verwaltungspraxis interpretieren.

Herabsetzung der Schwellenwerte

Art. 27 des Entwurfs beinhaltet die Option für Mitgliedsstaaten, kleinere Zahlungsinstitute ("small payment institutions") von mehreren aufsichtsrechtlichen Auflagen freizustellen. Derzeit nutzen neun Mitgliedsstaaten diese Option (Großbritannien, Tschechien, Dänemark, Finnland, Lettland, Nieder lande, Norwegen, Polen und Schweden).3) Als Schwellenwert gilt gemäß Art. 27 der PSD I ein Gesamtbetrag der insgesamt ausgeführten Zahlungsvorgänge bis drei Millionen Euro (Monatsdurchschnitt). Dieser Schwellenwert wird im Entwurf (Art. 27) auf eine Million Euro heruntergesetzt.

Als Begründung nennt die Kommission negative Erfahrungen (zum Beispiel Insolvenz) mit diesen kleinen Zahlungsinstituten.4) Begrenzte Netzwerke, deren Volumina über die Grenze von einer Million Euro (monatliches Zahlungsvolumen) voraussichtlich hinausgehen, müssen demnach einen Antrag auf Anerkennung als begrenztes Netz stellen. Diese Antragspflicht gilt auch in Mitgliedsstaaten, in denen die Option "kleines Zahlungsinstitut" nicht genutzt wird. Diese Regelung gilt zuerst nur für Zahlungsdienste und nicht für E-Geld-Produkte, da gemäß Art. 9 der EMD II - ebenfalls optional - eine spezifische Regelung für kleine E-Geld-Institute gilt.

Der Schwellenwert beträgt hier maximal fünf Millionen Euro (E-Geld-Umlauf). Der Wert kann von einzelnen Mitgliedsstaaten niedriger angesetzt werden. Deutschland hat diese Option der "kleinen" Zahlungsinstitute und EMI leider nicht umgesetzt. Es ist zu vermuten, dass im Rahmen der Überarbeitung der EMD II dieser Schwellenwert ebenfalls heruntergesetzt wird und eine entsprechende Antragspflicht (ab Schwellenwert) für befreite E-Geld-Produkte in begrenzten Netzwerken eingeführt wird.

Beispiele für begrenzte Netzwerke

Die Kommission nennt in dem Erwägungsgrund 12 mehrere Beispiele für Produkte, die in diesen Ausnahmebereich fallen würden, wie zum Beispiel Kundenkarten, Tankkarten oder Mitgliedskarten. Die hier genannten Beispiele sind identisch mit den Beispielen, die in der EMD II (2009) in Erwägungsgrund 5 genannt wurden. In der Impact Assessment Analyse (SWD [2013] 288 Volume 1 und 2) der Europäischen Kommission, die gleichzeitig (24. Juli 2013) mit dem Entwurf der PSD II veröffentlicht wurde, werden zusätzlich Zahlungskarten im öffentlichen Transport und "virtual wallets" genannt. An anderer Stelle erwähnt die Kommission als Beispiele "a cinema entrance voucher" und "a restaurant ticket".5) Als Negativ-Beispiele werden folgende Produkte genannt:

- "virtual wallets, that regroup offers of limited network providers" 6) ,

- "leisure card, regrouping hundreds of different entertainment services"7) ,

- "a commercial platform voucher, allowing purchases of goods and services of many different merchants"8) ,

- "store cards linked with credit lines"9) ,

- "reloadable instruments or instruments linked to a periodical, automatic payment (e.g. to a direct debit)"10) .

Die Kundenkarte einer internationalen Handelskette, die länderübergreifend eingesetzt werden kann, wird als Zweifelsfall dargestellt11) . Dieses Negativ-Beispiel einer Kundenkarte mit einer Kreditlinie würde - trotz Neudefinition - weiterhin unter dem Ausnahmebereich der begrenzten Netze fallen. Es ist daher völlig unverständlich, warum die Kommission, obwohl sie derartige Produkte regulieren möchte, keine adäquate Neudefinition vorschlägt.

In diesen Auflistungen fällt weiter auf, dass Gutscheine (Voucher), "reloadable instruments" und "virtual wallets" (in der Regel "prepaid"), gegebenenfalls unter E-Geld fallen würden und damit keine (Negativ-) Beispiele für begrenzte Netzwerke im Bereich der Zahlungsdienste sind. Die Vermutung liegt nahe, dass die Kommission mit den vorgeschlagenen Änderungen der PSD II vorwiegend auf E-Geld zielt.

Vorwiegend E-Geld im Blick?

Die Kommission begründet im Erwägungsgrund 12 des PSD II-Entwurfs die Einschränkung der Anwendbarkeit der Ausnahme für be grenzte Netze insbesondere mit Hinweisen auf die Marktbedeutung und die Volumina der bislang befreiten Produkte und Dienstleistungen.

"Aus den Rückmeldungen vom Markt ergibt sich, dass die unter die Ausnahme der begrenzten Netze fallenden Zahlungen häufig massive Volumen und Werte umfassen und den Verbrauchern Hunderte oder Tausende verschiedener Produkte und Dienstleistungen anbieten, was dem Zweck der Ausnahme der begrenzten Netze im Sinne der Richtlinie 2007/64/EG nicht entspricht. Dies impliziert größere Risiken und fehlenden rechtlichen Schutz für die Nutzer dieser Zahlungsdienste, insbesondere für Verbraucher, und eindeutige Nachteile für regulierte Akteure am Markt."

Die Kommission behauptet jetzt, dass dieser Ausnahmebereich in der ersten PSD (2007) aufgenommen wurde, um Nischen-Anbieter nicht übermäßig mit Regulierung zu belasten. In der PSD I wurde der Ausnahmebereich gemäß Art. 3 (k) in den Erwägungsgründen allerdings nicht näher begründet. Hätte man mit diesem Ausnahmebereich die Regulierung kleinerer Systeme vermeiden wollen, wäre eine generelle Ausnahme mit einem Schwellenwert ausreichend gewesen.

Intention, begrenzte Netzwerke mit hohen Volumina zu regulieren

Die Begründung der Ausnahme für begrenzte Netwerke in der EMD II bezog sich auf die Anzahl der Akzeptanzstellen, deren geografische Begrenzung und auf die begrenzte Funktionalität der jeweiligen Zahlungsinstrumente und nicht auf den Umfang der Zahlungsvorgänge. Auch die Neudefinition in dem jetzigen Entwurf bezieht sich ausschließlich auf die Funktionalität (spezifische Instrumente versus Instrumente zur allgemeinen Verwendung). Dem nach können spezifische Instrumente mit hohen Volumina auch unter der neuen Definition weiterhin in den Ausnahmebereich fallen.

In der Impact Assessment Studie befürwortet die Kommission bei der Abwägung unter schiedlicher Optionen bezüglich der Neuregulierung der "limited network"-Ausnahme die Option 37: "As regards the limited network exemption, an improved definition would com prise a limitation to the specific volume of transactions or a maximum transaction value and specify that a network should be strictly focused on a very limited range of goods and services."12) Im Text der Regulierung fehlen allerdings Schwellenwerte für die Anwendung des Ausnahmebereiches "begrenztes Netzwerk". Es zeigt aber deutlich die Intention der Kommission, begrenzte Netzwerke mit größeren Zahlungsvolumina nicht länger unreguliert zu lassen.

Die Kommission erwähnt in Erwägungsgrund 12 weiterhin Kundenkarten und Tankkarten als Beispiele für spezifische Instrumente. Es ist bemerkenswert, aber aus Sicht der Kommission konsequent, dass die Kommission derartige Kartensysteme weiterhin als Nischen-Produkte betrachtet13) , obwohl manche dieser Kartensysteme im Markt hohe Volumina erreichen (zum Beispiel die europaweiten Tankkarten UTA und DKV).

Die neu geschaffene Antragspflicht auf Befreiung für Nicht-Nischen-Anbieter ändert nichts an der grundsätzlichen Befreiung derartiger Instrumente gemäß Art. 3 (k) der Richtlinie. Die von der Kommission angeführte volumenbedingte Begründung für die Einschränkung steht im Widerspruch zu der vorgeschlagenen Einschränkung des Ausnahmebereichs auf Basis der Funktionalität der Instrumente.

Welche befreiten Produkte und Zahlungsdienstleister sind gemeint?

In der Begründung fehlen konkrete Hinweise darauf, welche Systeme beziehungsweise Zahlungsdienstleister mit angeblich hohen Volumina derzeit befreit sind und unter der neuen PSD gegebenenfalls reguliert werden sollen. Einige der in der Impact Assessment Analyse genannten Negativ-Beispiele sind vermutlich nicht nur theoretische Fälle, sondern können als generische Beispiele für unregulierte Systeme mit hohen Volumina gedeutet werden: "virtual wallets, that regroup offers of limited network providers", "leisure card, regrou ping hundreds of different entertainment services", "a commercial platform voucher, al lowing purchases of goods and services of many different merchants". Mit dem zuletzt genannten Beispiel könnte die Amazon Gift Card gemeint sein.

Außer diesen Negativ-Beispielen verweist die Impact Assessment nur auf die angeblich hohen Volumina, die auf Schätzungen von lokalen Aufsichtsbehörden beruhen. Diese unregulierten Zahlungssysteme sollen sogar wesentlich höhere Volumina im Vergleich zu den regulierten Zahlungsinstituten aufweisen.

Verschärfung des Ausnahmebereichs trifft vor allem kleinere Systemanbieter

Die Kommission gibt aber zu, dass es dazu überhaupt keine Zahlen gibt ("lack any transactional details"). Dennoch kalkuliert die Kommission im Rahmen der Folgeanalyse14) mit etwa 30 bis 50 Prozent zusätzlichen Zahlungsinstituten (bezogen auf die Zahl der zugelassenen Zahlungsinstitute per September 2012), die aufgrund der geplanten Einschränkung der Ausnahme der begrenzten Netz werke nicht länger befreit sind: 156 bis 284 neue Zahlungsinstitute.

Davon sind 80 Prozent kleinere Anbieter mit einem Zahlungsvolumen von durchschnittlich 60 Millionen Euro pro Jahr. Die restlichen 20 Prozent gehören aber - laut Kommission - zu den größeren Anbietern mit einem durchschnittlichen Zahlungsvolumen von 240 Millionen pro Jahr. Die Verschärfung des Ausnahmebereichs trifft demnach vorwiegend kleinere Systemanbieter, ein eklatanter Widerspruch zur Zielsetzung der geplanten Änderung.

Unklare Datenbasis

Die Kommission verzichtet auf die Nennung von konkreten Quellen. Neben "authorities"15) erwähnt sie nur ein vages "feedback from the market"16) . Die von der Kommission in Auf trag gegebene "Study on the impact of Directive 2007/64/EC", die als Grundlage für die geplanten Änderungen dienen soll, verweist auf Reaktionen von Kreditinstituten (!), die sich über große Zahlungssysteme beklagen, die von der Bereichsausnahme profitieren.17) Vermutlich beziehen sich die Kreditinstitute auf Handelskundenkarten18) , Tankkarten und Gift Cards. Die Kreditinstitute haben - als im Rah men dieser Studie befragte Marktteilnehmer - aber keine konkreten Systeme namentlich genannt 19 ).In dieser Studie findet man weiter einen Hinweis auf den englischen Kartenmarkt, in dem es gemäß nicht genannter "industry experts" in begrenzten Netzwerken Kartensysteme gibt, die größere Volumina aufweisen als die unter der PSD regulierten Kartensysteme. Es ist fraglich, ob hier Handelskundenkarten gemeint sind, denn - soweit bekannt - gibt es in dem englischen Markt keine Kundenkartensysteme oder sonstige (prepaid) Kartensysteme, die eine größere Marktbedeutung haben als die von den Kreditinstituten ausgegebenen Kredit- oder Debitkarten.

Weitere Hinweise auf umfangreiche Systeme, die als begrenztes Netzwerk befreit sind, enthält die Marktstudie nicht, außer einer generellen Aussage, dass Zahlungsaktivitäten im Bereich der begrenzten Netzwerke "are typically payment services offered on a large scale"20) .Die Empfehlung der Marktstudie im Hinblick auf den Ausnahmebereich der begrenzten Netzwerke beinhaltet nur eine präzisere Formulierung des Textes der Richtlinie. Genau diese Empfehlung wird im Entwurf der Payment Service Directive II von der EU-Kommission nicht umgesetzt.

Aktueller Stand: Verschärfung gegenüber dem Kommissionsentwurf

Der im Juli 2013 von der Kommission vorgeschlagene Entwurf der PSD II wurde mittlerweile im Europäischen Parlament (Federführung durch das Econ Committee) mit einer Reihe von Änderungen im April 2014 zur Abstimmung gestellt. Zu Art. 3 (k) wurden von einigen Abgeordneten minimale Änderungen vorgeschlagen. Kein einziger Abgeordneter hat die Begründung der Kommission, es gebe Systeme mit massiven Volumina, die diese Bereichsausnahme zulasten des Verbrauchers ausnutzen, infrage gestellt. Im Gegenteil: Die Fraktion der Grünen/EFA21) schlug sogar eine vollständige Abschaffung des Ausnahmebereichs wegen der angeblichen Existenz einer "legal loophole" vor.

Das Europäische Parlament einigte sich schließlich für den Ausnahmebereich "begrenzte Auswahl von Waren und Dienstleistungen" durch die Formulierung "enge Auswahl" (narrow range) auf eine - im Vergleich zum Kommissionsentwurf - weitergehende Begrenzung. Außerdem wurde die bereits im Erwägungsgrund 1222) genannte Ausnahme für Zahlungsinstrumente, die im Rahmen eines steuerlichen oder sozialrechtlichen Rahmens nur im Inland genutzt werden können (zum Beispiel Essensgutscheinkarten), als Folge erfolgreicher Lobby-Arbeit nun explizit im Text der Direktive genannt.

Es ist bemerkenswert, dass die anderen Vertreter der von der Verschärfung betroffenen "massiven" Zahlungssysteme im legislativen Prozess seit Juli 2013 öffentlich nicht durch Lobby-Arbeit in Erscheinung getreten sind. Mehrere Ursachen für dieses Phänomen sind denkbar:

- Die Systeme mit massiven Volumina, die den Ausnahmebereich der begrenzten Netzwerke nutzen, sind im Markt nicht existent.

- Oder die betroffenen Systeme sind sich der Bedrohung nicht bewusst beziehungsweise wähnen sich noch auf der sicheren Seite, da sie weiterhin als Beispiel für den Ausnahmebereich im Erwägungsgrund genannt werden (zum Beispiel Tankkarten und Gutscheinkarten). Man würde allerdings übersehen, dass die händlerübergreifenden Systeme demnächst nur noch befreit sind, wenn die Produktauswahl sehr eng gefasst ist (zum Beispiel Tankkarten, die nur noch für den Kauf von Kraftstoff ohne weitere Einsatzmöglichkeiten, wie Maut, Reparatur, Coffee-to-Go zugelassen sind beziehungsweise nur regional genutzt werden können).

- Drittens wäre es (eher theoretisch) denkbar, dass die Systeme die Regulierung (Möglichkeit zur Expansion ins Ausland bedingt durch den regulatorischen "europäischen Pass", zusätzliches Vertrauen der Nutzer) befürworten.

Viele Gift Cards, Kundenkarten oder Bonussysteme erlaubnispflichtig?

Die weiterhin unklare Neudefinition des Ausnahmebereichs der begrenzten Netzwerke steht im Widerspruch zu der Absicht der Kommission, größere, bislang befreite Systeme regulieren zu wollen und wird von den nationalen Aufsichtsbehörden genutzt, um bislang befreite Zahlungsdienste (insbesondere E-Geld-Produkte) - unabhängig von deren Marktbedeutung - zu regulieren. Die von der Kommission selbst erstellte Folgeanalyse zeigt deutlich, dass vorwiegend kleinere Systeme betroffen sind.

Wenn der Entwurf in dieser Form verabschiedet wird, dürfen zukünftig viele Gift Cards, Kundenkarten, Citycards und händlerübergreifende Bonussysteme, die heute im Markt sind, ohne Erlaubnis nicht länger betrieben werden. Die Herausgeber derartiger Zahlungsmittel bedürfen demnächst einer Zulassung als Kredit-, Zahlungs- oder E-Geld-Institut, oder müssen die Herausgabe der Zahlungsinstrumente diesen Instituten überlassen. Diese Hürde würde das Geschäft für die meisten Betreiber unprofitabel machen.

"Regulierung light" für kleinere Systeme umsetzen

Zu Recht stellt das Centrum für Europäische Politik (CEP) fest: "Nationale Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden dürfen auch künftig darüber entscheiden, wann etwa ,begrenzte Netze , vorliegen ... Die resultierenden Spielräume schaffen Anreize für Regulierungsarbitrage und verzerren den Wettbewerb."23) Nur durch eine klare Definition des Ausnahmebereichs kann auf europäischer Ebene die notwendige Harmonisierung erreicht werden. Aber auch bei einer klaren und eindeutigen Definition werden viele kleinere Systemanbieter unter die Regulierung fallen.

Die absehbare Überlastung der Aufsichtsbehörden kann zukünftig vermieden werden, wenn in sämtlichen Mitgliedsstaaten die Umsetzung der Schaffung einer "regulation light" für kleinere Systeme zur Pflichtanforderung wird (heute und auch in der PSD II weiterhin eine Option, die unter anderem in Deutschland nicht umgesetzt wurde). Marktuntersuchungen zeigen, dass in den Ländern, die diese Option realisiert haben, beide Seiten - Regulatoren und die beaufsichtigten kleineren Zahlungssysteme - in der Regel zufrieden sind. Diese kleinen Zahlungs- und E-Geld-Institute sind in diesen Mitgliedsstaaten von vielen unnötigen aufsichtsrechtlichen Auflagen befreit. So könnte zum Beispiel der Schutz der Konsumenten und der beteiligten Händler gegen die Insolvenz der jeweils betroffenen Gutscheinkartenherausgeber durch die Verpflichtung der Sicherung der Gelder in einem Treuhandkonto realisiert werden. Trotz des weit vorangeschrittenen legislativen Prozesses der PSD II besteht noch erheblicher Nachbesserungsbedarf.

Fußnoten

1) Unter "begrenzten Netzen" wird hier sowohl das in der Richtlinie referierte begrenzte Netz der Dienstleister ("limited network") als auch die begrenzte Auswahl von Waren und Dienstleistungen ("limited range") subsumiert.

2) Vgl. COM (2013) 547/3, S. 12.

3) Vgl. London Economics/iff/PaySys, Study on the impact of Directive 2007/64/EC on payment services in the internal market and on the application of Regulation (EC) no. 924/2009 on cross-border payments in the Community, Februar 2013, S. 29 ff. (demnächst zitiert als London Economics (2013)).

4) Vgl. COM (2013) 547/3, S. 12. Die Konsequenz der Senkung des Schwellenwertes ist eine Erhöhung der Anzahl der voll beaufsichtigten ZI (weniger kleine ZI unter der "regulation light").

5) Impact Assessment, S. 229.

6) Impact Assessment, S. 229.

7) Impact Assessment, S. 229 (Fußnote 230).

8) Impact Assessment, S. 229 (Fußnote 230).

9) Impact Assessment, S. 229.

10) Impact Assessment, S. 229.

11) Impact Assessment, S. 229.

12) Impact Assessment (SWD [2013] 288 final), S. 66. Siehe auch S. 229.

13) Vgl. Impact Assessment, S. 67 ("This exemption is very important for some categories of niche payment providers (such as meal vouchers, petrol cards etc.) and they would be disproportionally affected by its deletion."). Siehe auch S. 230.

14) Vgl. Impact Assessment, S. 233.

15) Impact Assessment, S. 229.

16) Impact Assessment, S. 141.

17) Vgl. London Economics (2013), S. 121.

18) Von Verbraucherseite wurden übrigens die Handelskundenkarten bei der Frage, welche der derzeit befreiten Zahlungsinstrumente demnächst unter die Regulierung fallen sollen, mit einer niedrigen Priorität bewertet. Vgl. London Economics (2013), S. 121 und 131.

19) An anderer Stelle nennen die Kreditinstitute allerdings andere Zahlungssysteme und -dienste, die generell von dem Ausnahmebereich profitieren und aus Sicht der Banken dadurch Wettbewerbsvorteile erlangen: "The beneficiaries of the exemptions were identified as telecommunications providers, overlay service providers, independent ATM operators, bill payment service providers located in convenience stores, and foreign exchange bureaus." London Economics (2013), S. 133. Systeme in begrenzten Netzwerken werden hier allerdings nicht erwähnt.

20) London Economics (2013), S. 274.

21) Europäische Freie Allianz.

22) Im Erwägungsgrund sind außerdem Zahlungsinstrumente für Parkraumbewirtschaftung hinzugefügt worden.

23) cep Analyse Nr. 10/2014, Zahlungsdienste: ZDR II, S. 4.

Dr. Hugo Godschalk , Koordinator der AG Regulation, Prepaid Verband Deutschland e. V. (PVD), Berlin
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