Einzelhandel

Sepa aus Sicht des Handels: ELVmuss weiterleben

Die bloße Vollzugsmeldung zum vereinbarten Termin wird Sepa nicht zum Erfolg machen, fasst Ulrich Binnebößel die Sicht des Einzelhandels zusammen. Der größte Kritikpunkt des Handels gilt der fehlenden Einbeziehung der Kunden in die Gestaltung der Sepa. Hauptforderung: Die Systemkosten müssen sich am effizientesten derzeitigen System orientieren. Und nationale Verfahren sollten nicht abgeschaltet werden, solange es einen Markt dafür gibt. Mit anderen Worten: Sepa darf nicht das Aus für ELV bedeuten. Red.Die Single European Payment Area (Sepa) bietet auch dem Handel Chancen, die eigenen Zahlungsinstrumente effizient anzupassen, sofern eine grenzüberschreitende Tätigkeit erfolgt. Die berechtigte Frage aber für den kleinen und mittelständischen Handel nach dem Nutzen eines europaweit einheitlichen Zahlungsraumes ist bis heute nicht ausreichend beantwortet. Zur Entstehung des Gedankens eines europäischen Zahlungsraumes ohne Grenzen soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Allerdings ist zu erwähnen, dass ein politischer Wille ausschlaggebend war, dem sich die europäischen Banken gestellt haben. Unbestritten ist inzwischen, dass der Anteil grenzüberschreitender Zahlungen europaweit bislang mit etwa zwei Prozent eher gering ist. Eine Notwendigkeit der Schaffung von gemeinsamen Regelungen kann hieraus nicht hergeleitet werden, da eine vorhandene Sepa nicht per se mehr grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr erzeugt. Weiterhin ist eine Schaffung von mehr Wettbewerb zwischen den Anbietern von Zahlungssystemen nur dann gelungen, wenn dies nicht auf Kosten von bisher bestehenden effizienten und kostengünstigen Zahlungssystemen erfolgt. Nach heutigem Stand ist mit der Forderung nach Migration der nationalen Systeme gerade dies jedoch nicht absehbar. Handel nur unzureichend beteiligt Innerhalb des European Payment Council (EPC), einem Zusammenschluss der europäischen Banken, wurde die Umsetzung von Sepa geplant, die in der Veröffentlichung der Regelwerke im März 2006 ihren vorläufigen Höhepunkt fand. Aus Sicht des Handels fand eine aktive Beteiligung an der Gestaltung einer Sepa nicht statt. Informationen über die Arbeiten wurden nur sehr eingeschränkt zugänglich gemacht. Sieht man die Schaffung der Sepa als eine den Banken von außen auferlegte Pflicht, ist nachvollziehbar, dass die Vorbereitung zunächst eher "bankenintern" erfolgte, da sie nicht aus eigenem Antrieb hervorgegangen ist. Spätestens jedoch zu Beginn der eigentlichen Umsetzung und Ausgestaltung der Grundlagen hätte eine Einbeziehung der späteren Nutzer erfolgen müssen, gerade im Hinblick auf eine Kundenorientierung und Anwendernutzbarkeit. Insofern gilt der größte Kritikpunkt des Handels der unterlassenen Information und Einbeziehung der Kunden. Auch wenn die Gestaltung der endgültigen Produkte dem Wettbewerb der Banken überlassen bleiben muss, so werden doch mit den Grundregeln die Möglichkeiten eines Systems begrenzt. Hier wäre die Berücksichtigung der Anwenderinteressen erforderlich gewesen. Aus Handelssicht nicht von Sepa zu trennen ist die derzeit von der Europäischen Kommission geplante Zahlungsrichtlinie. Beide Projekte zusammen ergeben die künftigen Rahmenbedingungen und Handlungsalternativen, auf die sich der Handel vorbereiten muss. Die Chance zur Schaffung eines neuen Zahlungsraumes mit einheitlichen Regelungen ist letztlich aber auch eine Herausforderung an alle Beteiligten. Daher hat auch der Handel seine Interessen eingebracht. Die handelsspezifischen Forderungen werden im Folgenden stichwortartig betrachtet. Transparenz steht unter anderem für die Offenlegung der angewandten Gebührenpraxis und damit auch für die Chance auf eine Senkung der Kosten. Die europäische Gesetzgebung muss sicherstellen, dass die Kostenstrukturen der Systeme allgemein offengelegt werden und eine Preisgestaltung im Hinblick auf kartellrechtliche Erfordernisse stets nachvollziehbar bleibt. Wettbewerb zielt auf einen möglichst ungehinderten, fairen Marktzugang für alle Zahlungsdienstleister sowie uneingeschränkte grenzüberschreitende Nachfrage der Nutzer. Auf Anbieterseite müssen die Marktzugangsbarrieren den jeweiligen Erfordernissen des Angebotes angepasst werden, um nicht wettbewerbsbeschränkende Situationen durch zu hoch angelegte Eintrittsbarrieren zu schaffen. Ebenso müssen Nachfrager alle Angebote nutzen können, gleich in welchem Land diese angeboten werden. Zulassungsbedingungen für neue Marktteilnehmer müssen in diesem Zusammenhang offen genug gefasst werden. Nur so wird ein erhöhter Druck auf den Markt entstehen und eine für Verbraucher effiziente und kostengünstige Nutzung der vorhandenen Zahlungsmittel gewährleistet. Zugangsbedingungen wie Mindestkapitalisierungsvorschriften oder Beschränkung der ausgeübten Tätigkeiten stellen für den Handel ein ungerechtfertigtes Hindernis dar, eigene Zahlungsdienste EU-weit in freiem Wettbewerb anzubieten. Dabei bleibt der Aspekt der Sicherheit aller Zahlungstransaktionen selbstverständlich von entscheidender Bedeutung und kann durch flexible Ausgestaltung der Bedingungen gewährleistet werden. Europaweit einheitliche Standards bieten die Gewähr, dass Anbieter in jedem europäischen Land tätig werden können, ohne erneut nationale Zulassungsverfahren zu durchlaufen. Nachfrager müssen auch auf Produkte im Ausland zugreifen können, die Anwendbarkeit muss durch gemeinsame Standards gesichert sein. Dadurch steigt der Wettbewerb und es entsteht Druck auf die Gebühren. Neue Dienstleistungen im Zahlungsverkehr können schneller auf den Markt gebracht werden und eine kritische Masse erreichen. Nationale Systeme nicht zu schnell abschalten Der Zwang zur Migration geht an den Erfordernissen eines europäischen Zahlungsraumes vorbei. Deutschland hat bereits heute existierende effiziente Zahlungssysteme. Für den deutschen Zahlungsraum besteht die Gefahr, dass bei einer Schaffung europäischer Standards die etablierten Systeme zu schnell abgeschaltet werden. Daher fordert der Handel eine lang angelegte Parallelität der Systeme. Nationale Systeme dürfen nicht abgeschaltet werden, solange sie vom Markt nachgefragt werden. Starttermin verschieben? Ein eng gesteckter Zeitrahmen darf nicht zu handwerklichen Fehlern führen. Auch wenn der Anstoß von der Kommission kam, einen gemeinsamen Zahlungsraum bis zum Jahr 2010 zu schaffen, so darf dies nicht zu unausgereiften und übereilten Maßnahmen verleiten. Daher ist zu begrüßen, dass die Verabschiedung der Zahlungsrichtlinie nicht übereilt stattfindet, nur weil Banken zur Wahrung ihres einmal festgelegten Starttermins vollendete Rechtsgrundlagen benötigen. Vielmehr sollte die Rahmengesetzgebung detailliert und vollständig erfolgen, auch wenn dies länger dauert als ursprünglich erwartet. Ein Starttermin lässt sich leichter verschieben, als dass sich durch unausgereifte Rechtsgrundlagen erwachsene Verzerrungen beseitigen lassen. Systemkosten dürfen nicht steigen Der einheitliche Zahlungsraum darf nicht teurer werden. Die Ablösung der nationalen Systeme durch neue einheitliche Zahlungsstandards darf nicht dazu führen, dass die Systemkosten für den Nutzer in Deutschland steigen. Betrachtet die Kommission nur die gesamteuropäische Sicht, nach der die Summe aller Transaktionskosten in der EU sinken soll, muss aus Sicht des deutschen Handels gleichzeitig gelten, dass kein Land durch die Einführung eines europäischen Zahlungsraumes Nachteile erleiden darf. Das heißt, dass sich die Nutzerpreise der neuen Zahlungssysteme am jeweils national effizientesten und damit günstigsten System orientieren müssen. Aufrechterhaltung des elektronischen Lastschriftverfahrens ELV: Deutschland besitzt mit dem elektronischen Lastschriftverfahren ELV - dem Zahlen per ec-Karte und Unterschrift - ein von Handelsunternehmen und Verbrauchern gleichermaßen akzeptiertes und effizientes Zahlungssystem. Zahlen des EHI Retail Institutes belegen, dass ELV in Deutschland nach wie vor das beliebteste Zahlungsinstrument nach Bargeld ist. Es bietet dem Händler eine Alternative zu bankenspezifischen Angeboten und dient damit bereits als Garant für eine moderate Preispolitik der Banken für andere, ähnliche Produktangebote. ELV hat sich zu einem flexiblen Produkt entwickelt. Es bietet dem Händler die Möglichkeit, ein Zahlungssystem aus unterschiedlichen Modulen verschiedener Anbieter zu installieren, das seine individuellen Gegebenheiten optimal berücksichtigt. Kein anderes Bankenprodukt bietet solche Flexibilität im Hinblick auf Kosten, Leistung und Risikoberücksichtigung. Wird Sepa nach den heute bekannten Plänen umgesetzt, bedeutet dies den Tod von ELV. Daher fordert der Handel, die Grundlagen zur Nutzung des Systems national so lange aufrecht zu erhalten, wie es einen Markt für ELV gibt. Darüber hinaus sollte die Integration der kartenbasierten Lastschriftverfahren in den europäischen Zahlungsraum betrieben werden. Dies kann mit der Schaffung eines gesonderten Regelwerkes geschehen. Keine Verlierer produzieren Zusammenfassend ist für die Nutzer der Zahlungssysteme in einer Sepa entscheidend, dass für jeden Nutzer ein Zusatznutzen erkennbar sein muss. Das bedeutet insbesondere, dass es keine Kostensteigerungen für den Einzelnen geben darf. Im Gegensatz zur Kommission, die einen Erfolg melden kann, wenn ein gesamtwirtschaftlicher Gewinn erzielt wird, der auch durch die Aufrechnung von Verlusten der Einen und Gewinnen anderer entstehen kann, fordert der Handel eine Berücksichtigung jedes einzelnen Nutzers. Nur dann, wenn sich das jeweils effizienteste System eines Landes als gesamteuropäisches System durchsetzen kann und weiterhin kein nationales System verschwinden muss, das seinen Nutzen bewiesen hat, wird jeder Nutzer einen Gewinn haben. Es darf nicht dazu kommen, dass die Sepa Gewinner und Verlierer mit sich bringt.

Ulrich Binnebößel , Referent , Handelsverband Deutschland - HDE e. V., Berlin
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