Handel

Umerziehung zur Kartenzahlung: Self-Scanning bei Ikea

Rund 3,34 Milliarden Euro Umsatz macht Ikea in seinen inzwischen 45 bundesdeutschen Häusern. Welcher Anteil davon bar in die Kassen fließt, welcher über die hauseigenen Ikea-Bezahlkarten und welcher über die diversen Kredit- und Debitkarten gutgeschrieben wird - diese Zahlen werden von den Schweden als Geschäftsgeheimnis behandelt. Experten schätzen, dass der Baranteil bei rund 40 Prozent liegt.

Damit wären in den Ikea-Filialen jährlich Münzen und Scheine im Wert von 1,34 Milliarden Euro zu bewegen. Was im Einzelnen bedeutet: das Bargeld annehmen, bei Banknoten zu 50 Euro und darüber die Echtheit prüfen, Rückgeld herausgeben, Bargeld in der Kasse aufbewahren, am Ende des Tages die Kasse abrechnen und das Bargeld ins Backoffice transportieren, dort nachzählen, bündeln und für die Abholung durch den Werttransporteur bereitstellen.

Teures Bargeldhandling

Das birgt Sicherheitsrisiken, von der irrtümlich falschen Geldrückgabe über bewusstes Unterschlagen durch Kunden oder Mitarbeiter bis hin zur Überfallgefahr.

Insbesondere aber kostet das Bargeldhandling sehr viel Geld. Handelsunternehmen wie Ikea sind dabei noch in der glücklichen Lage, dass der Durchschnittskunde sein Mobiliar oder auch andere hochpreisige Ware generell eher mit Karte begleicht. Denn im Schnitt bewegt sich die Unbarquote in Deutschland auf deutlich niedrigerem Niveau als bei Ikea.

Im Jahr 2009 wurden hierzulande lediglich 37,5 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes per Karte bezahlt - im Bereich der Fast Moving Consumer Goods, etwa im Lebensmittelhandel ist diese Quote wesentlich geringer.

Wer als Händler seinen individuellen Kartenanteil steigern kann, spart Geld, weil sich die hohen manuellen Aufwendungen von Mitarbeitern für das Cash-Handling sukzessive reduzieren. Und zwar auf allen Prozessebenen: an der Kasse selbst, wo ein einzelner Kassiervorgang je nach Branche zwischen zehn und 45 Sekunden dauert, außerdem bei der Bargeldver- und entsorgung der Kassenlinien und schließlich bei der Konsolidierung der Bareinnahmen im Backoffice.

Sanfter Druck auf den Kunden

Ikea versucht, dieses Ziel durch sanften Druck auf die Kundschaft zu erreichen und setzt dabei genau am richtigen Punkt an: Die Self-Checkout-Terminals, die der Händler installiert hat, sind für den schnellen Bezahlvorgang bei kleineren Einkäufen mit wenigen und eher geringvolumigen Artikeln gedacht - also beispielsweise für Kleinmöbel, Gardinen oder andere Einrichtungsaccessoires.

Hier tendieren auch Möbelhauskunden dazu, in bar zu bezahlen - die Ikea-Terminals allerdings lassen dies nicht zu und akzeptieren nur Karten als Zahlungsmittel. Durch diese Strategie setzt Ikea einen Umerziehungsprozess in Gang, der schon erste Erfolge zeigt: Zwischenzeitlich konnte die Kartenzahlungsquote um zwei Prozentpunkte gesteigert werden. Individuell für Ikea

Die Self-Checkout-Terminals der Schweden stammen vom auf Handel und Retailbanken spezialisierten Technologie-Anbieter Wincor Nixdorf. Das Unternehmen hat dazu seine Basislösung speziell nach den individuellen Vorgaben und Wünschen des schwedischen Einrichtungshauses konfiguriert. So fehlen die üblicherweise an solchen Terminals vorgesehenen Module für die Bargeldeingabe, dafür wurde das Kartenmodul auch für die Akzeptanz der Ikea-Kundenkarte präpariert.

Insgesamt richtet sich das gesamte Design der Expressterminals an der Ikea-Philosophie aus: smart, schnell und einfach. Das betrifft den ergonomisch ausgerichteten Scanvorgang ebenso wie die speziell angepasste Touchscreenoberfläche, die den Benutzer schnell und in leicht nachvollziehbaren Schritten durch den Checkout-Prozess führt.

Smart ist die Lösung auch für Ikea selbst: Denn sie läuft auf der gleichen Hardwareplattform wie die traditionellen Kassen. Dies vereinfacht die Integration sowie die Steuerung, Bedienung und Wartung der Selbstbedienungssysteme und reduziert somit die Investitions- und Servicekosten.

Bessere Performance an den Kassen

Mit der neuen Konfiguration der Kassenlinien in ihren Häusern wollen die Schweden außerdem die Bezahlprozesse beschleunigen, damit die Wartezeiten reduzieren und die allgemeine Kundenzufriedenheit erhöhen. Dazu wurden in den Märkten jeweils die Hälfte der traditionellen Kassenplätze abgebaut und durch Vierer-Gruppen von Express-SB-Kassen ersetzt. Unter dem Strich stehen den Kunden somit insgesamt mehr Kassenplätze zur Verfügung als zuvor. Das macht sich positiv bemerkbar. Die Performance an den Kassen hat sich merklich verbessert.

In Deutschland hat Ikea die Lösung im Oktober 2008 in den Häusern Dresden und Sindelfingen pilotiert. Der flächendeckende Rollout in allen Einrichtungshäusern wurde im Juli 2009 abgeschlossen. International hat kaum ein Handelsunternehmen mehr Erfahrung mit SB-Kassen gesammelt als Ikea. In zwischenzeitlich 14 europäischen Ländern, dazu in Australien und in den Vereinigten Staaten ist die Technologie installiert - weitere Länder sollen folgen.

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