Card Business Cycle

Walter Bödenauer ist Prokurist der PayLife Bank, Wien,

Der Card Business Cycle von der Pre Sales über die Sales- bis zur After-Sales-Phase war bislang vorwiegend Thema, um kundenorientierte Kartenprodukte zu gestalten, sie allen potenziellen Kunden anzudienen und einen kundenorientierten Service zu bieten. Erträge und Kosten in den Phasen waren nur zwei Punkte auf der Agenda. Das hat sich dramatisch geändert.

Kostenmanagement im Fokus

Mit der Interchange-Regulierung ist den Issuern ein wesentlicher Ertragsfaktur mehr oder weniger marginalisiert worden. Ein derartiger Ertragsausfall kann durch neue Erträge, geringere Kosten oder den Ausstieg aus dem Issuing verkraftet werden.

Angesichts der von der Bevölkerung als "commodities" betrachteten Karten verbietet sich für eine im Privatkundengeschäft tätige Bank das Nichtanbieten dieser Produkte. Neue Erträge in Form zusätzlicher Belastung der Karteninhaber sind in vielfacher Form möglich, stoßen aber bald an ihre Grenzen. Gleiches gilt für neue Erträge durch das Bepreisen bislang kostenlos vorhandener Zusatzfeatures und das Angebot von kostenpflichtigen Zusatzleistungen - weshalb sich der Fokus vermehrt auf das Kostenmanagement richtet.

Pre Sales, Sales und After Sales

Dieses Kostenmanagement bedeutet konsequenterweise die Betrachtung des kompletten Card Business Cycles - "Pre Sales", "Sales" und "After Sales" mit allen Aktivitäten, die sich dabei in Richtung Kostenoptimierung ergeben.

- Der Abschnitt "Pre Sales" umfasst kurz gefasst alle Maßnahmen, die für den Abschnitt "Sales" erforderlich sind. Dazu gehören die Entwicklung des Kartenportfolios, die die Zusatzleistungen, die Preisgestaltung, die Kommunikation, Gestaltung des "Sales"-Prozesses und die Bereitstellung der Materialien und der Systeme.

- Nach der Pre-Sales-Phase folgt die Sales-Phase. Der potenzielle Karteninhaber wendet sich aufgrund von Kommunikationsmaßnahmen an einen Issuer (passiver Absatz). Die Wahrscheinlichkeit, hier einen Produktverkauf zu realisieren ist relativ hoch. Oder der Issuer wendet sich mit einem Angebot an potenzielle Kunden (aktiver Absatz). Ziel des Abschnitts "Sales" ist der Verkauf des Kartenprodukts (= Vertragsabschluss), das Anlegen eines Kartenbestands und darauffolgend die Ausstellung und die Zustellung der Karte (und zugehöriger Features wie einer PIN).

- Nach dem Kartenabsatz setzt der Abschnitt "After Sales" ein. In dieser Phase kann der Kunde im Card Business Cycle mit seiner Karte zahlen (und mir ihr Geld abheben). Demgemäß ist dieser Abschnitt vor allem durch die Abwicklung und Abrechnung der Kartentransaktionen geprägt. So werden Autorisierungen vorgenommen, Clearing und Settlement durchgeführt, die Kundenabrechnung gemacht und die ordnungsgemäße Abbuchung von Girokonto (stellt sich bei einer Revolving-Kreditkarte anders dar) sichergestellt. In diesem Zeitraum gilt es Auskünfte zur Kartenverwendung und zu konkreten Kartenabrechnungen zu geben, Reklamationen darüber zu bearbeiten, Beschwerden zur Karte selbst entgegenzunehmen, nach Kartenverlust oder Nichtfunktionieren der Karte eine Ersatzkarte auszustellen und einige Zeit vor dem Ablaufdatum den Versand einer Erneuerungskarte zu ver anlassen. Gegebenenfalls sind auch die Stammdaten der Kunden zu ändern, zum Beispiel beim Namenswechsel eine neue Karte auszustellen. Im Abschnitt "After Sales" können auch Änderungen bei den Produkteigenschaften angeboten und vorgenommen werden. Die After-Sales-Phase endet mit der Kündigung der Karte.

Special-Interest-Karten und Zusatzleistungen unter der Lupe

In all diesen Phasen fallen Kosten an - zu viele Kosten. Es gilt daher, alle Aktivitäten in allen Phasen auf Kostenreduktionsmöglichkeiten hin zu untersuchen - detailliertes Kostenmanagement ist angesagt.

Zuerst ist es bei den meisten Issuern notwendig, das Produktportfolio zu überprüfen. Hat jedes Produkt die für die Profitabilität erforderlichen Größendimension hinsichtlich Stückanzahl, Transaktionsanzahl und Umsatzvolumen erreicht beziehungsweise wird es diese in absehbarer Zeit erreichen? Wenn nein, dann dürfte es erforderlich sein, dieses Produkt mit einem anderen Produkt - tunlichst ohne Stückverluste - zusammenzuführen und zu eliminieren.

Insbesondere bei ehedem aus guten Gründen aufgelegten Special-Interest-Karten mit oder ohne Co-Branding-Partner zeigt sich oft, dass die Erwartungen nicht erfüllt wurden. Mit einer derartigen Überarbeitung des Produktportfolios wird nicht nur ein Kostenvorteil erarbeitet, sondern auch die Komplexität des Angebots - für potenzielle Kunden oft nicht leicht vermittelbar - reduziert.

In der Pre-Sales-Phase gilt es darüber hinaus, vorhandene Zusatzfeatures zu überprüfen: die Kosten zu senken, sie zu bepreisen oder sie aufzulassen. Oft sind Karten mit Versicherungsleistungen für Reisen ausgestattet. Für derartige Zusatzleistungen haben Kunden, die die Karte nur im E-Commerce verwenden, vielfach keinen Bedarf. Desgleichen sollten alle Marketing- und Organisationsmaßnahmen auf Kostenoptimierung überprüft werden.

Optimierung durch Digitalisierung

Bei der Sales-Phase ist das Ausmaß und die Intensität des Vertriebs von Karten ebenfalls überdenkenswert, wenn durch einen vergleichbaren Ressourceneinsatz andere, profitablere Produkte verkauft werden können. Auch bei der organisatorischen Umsetzung des Kartenverkaufs und der Kartenausstellung können Rationalisierungsreserven gehoben werden.

Nicht zuletzt lassen sich bei den Herstellungspreisen der Karten, ihrer Personalisierung sowie der Art und Weise, wie Karteninhaber ihre Karten erhalten, Kosten reduzieren.

Die meisten Kosten fallen in der Post- Sales-Phase an. Hier besteht auch die größte Wahrscheinlichkeit, substanzielle Kostenreduzierungen vorzunehmen. Hier bietet sich die Digitalisierung als wichtigste Optimierungsmöglichkeit an. Durch die zunehmende Durchdringung des E-Commerce im Kartengeschäft hat sich der überwiegende Teil des Kundesegments zum "Sicheren Verfahren 3D-Secure" registriert. In diesem Umfeld können die elektronische Kommunikation, der elektronische Rechnungsversand sowie auch die Stammdatenpflege durch den Kunden zur Kostensenkung beitragen. Es gilt - sei es beim Issuer selbst oder bei dem beauftragten Service Provider - jede einzelne Aktivität im Zusammenhang mit der Karte und ihrem Einsatz zu optimieren. Als Resultat sollte jeder Geschäftsfall "konsequent einfach" sein (zitiert nach dem Titel des lesenswerten Buches von Dieter Brandes, einem ehemaligen Aldi-Top Manager).

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at; Walter Bödenauer ist Prokurist der PayLife Bank, Wien, walter.boedenauer[at]paylife[dot]at.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
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