BEZAHLVERHALTEN

Aufschließen zu den Schweden?

Seit Beginn der Corona-Krise hat sich das Bezahlverhalten in einer Art und Weise verändert, wie es selbst die größten Optimisten in der Payment-Branche kaum je für möglich gehalten hätten. Bargeld war plötzlich "out", Händler forderten ihre Kunden aktiv zum bargeldlosen Bezahlen auf. Der ganz große Boom der Kartenzahlung aus den Monaten März und April ist dem Augenschein nach zwar inzwischen vorbei. Die Veränderung dürfte allerdings dennoch mehr als ein Strohfeuer gewesen sein - schließlich ging der Trend schon lange weg vom Bargeld.

Mittlerweile gibt es auch erste Umfrageergebnisse aus der Phase nach Beginn der Lockerungen, aus denen sich ableiten lässt, ob und inwieweit die Menschen wieder in alte Zahlungsgewohnheiten zurückfallen. So zeigt eine vom 6. bis 12. Juni 2020 durchgeführte, bevölkerungsrepräsentative Yougov-Umfrage im Auftrag von Bearingpoint: Im Laden oder im Supermarkt nutzen derzeit 75 Prozent der Deutschen Bargeld, ein Rückgang um fünf Prozentpunkte gegenüber 2019. Jeder Vierte vermeidet weitgehend die Barzahlung, im vergangenen Jahr war es noch jeder Fünfte. Dafür stieg der Anteil derjenigen Deutschen, die mit der Debitkarte kontaktlos bezahlen, von 21 auf 33 Prozent.

Ob sich die Bezahlgewohnheiten innerhalb Europas - vor allem, was die Entscheidung zwischen Bargeld und Karte - angeht, durch die Pandemie stärker als bisher angleichen werden, ist allerdings fraglich. Denn natürlich haben Verbraucher auch in anderen Ländern ihre Bezahlgewohnheiten verändert - vielleicht sogar etwas stärker als die Deutschen. In einer ebenfalls im Juni durchgeführt Yougov-Eigenstudie wurden Verbraucher danach gefragt, inwieweit sie aufgrund von Covid-19 die Barzahlung vermeiden. In Deutschland gaben dabei 35 Prozent der Befragten an, zum Schutz vor Ansteckung seltener bar zu zahlen. In Frankreich waren es 37 Prozent und in Großbritannien sogar 50 Prozent.

Besonders niedrig fällt der Anteil derjenigen, die coronabedingt jetzt weniger Bargeld nutzen als zuvor, mit 11 Prozent in Schweden aus - vermutlich deswegen, weil dort die Barzahlung schon vor dem Ausbruch der Pandemie ohnehin schon besonders wenig verbreitet war.

Für eine endgültige Bewertung der Entwicklung ist es sicher zu früh. Die Zahlen legen aber zumindest den Schluss nahe, dass Deutschland und andere europäische Länder auf dem Weg zur bargldlosen Gesellschaft zumindest zu den skandinavischen Ländern ein wenig aufschließen, wenngleich sich die Unterschiede im Bezahlverhalten der mitteleuropäischen Länder weniger stark nivellieren dürften.

Für Deutschland interessant ist auch immer der Vergleich mit den deutschsprachigen Nachbarländern Schweiz und Österreich. Hier zeigt die genannte Bearingpoint-Studie, dass die Österreicher und die Eidgenossen ihr Bezahlverhalten aufgrund von Covid-19 noch stärker verändert haben als die Deutschen: 33 Prozent der Verbraucher hierzulande setzen demnach jetzt verstärkt auf das Bezahlen mit einer kontaktlosen Debitkarte, in Österreich sind es 35 Prozent und in der Schweiz 38 Prozent. Das dürfte an der noch vergleichsweise intensiven Bargeldnutzung in der Eidgenossenschaft liegen. Der Anteil derjenigen Verbraucher, die das Bargeld als besonders häufig genutzte Bezahlmethode nennen, ist hier mit 83 Prozent deutlich höher als in Deutschland (73 Prozent) und in Österreich (71 Prozent).

Die Veränderungsbereitschaft der Schweizer scheint im Ländervergleich der DACH-Region allerdings besonders hoch zu sein: 35 Prozent von ihnen können sich in zehn Jahren eine Abkehr vom Bargeld vorstellen, gegenüber 29 Prozent der Deutschen und 27 Prozent der Österreicher. Und unter den 18- bis 24-Jährigen kann sich fast jeder zweite Schweizer (47 Prozent) vorstellen, in zwei Jahren Mobile Payment zu nutzen. In Deutschland und Österreich sind es lediglich 21 beziehungsweise 25 Prozent. Red.

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