RECHTSFRAGEN

Surcharging-Verbot vor Gericht

Bundesgerichtshof

Am 25. März will der Bundesgerichtshof darüber entscheiden, ob es zulässig ist, für die Bezahlung mit Paypal oder Sofort ein Zahlungsentgelt zu verlangen (Az. I ZR 203/19). Konkret geht es um Praktiken der Flix Mobilty GmbH, die ihren Kunden bei der Buchung von Bustickets sowohl für Sepa-Überweisungen mit dem Bezahldienst Sofort als auch für die Bezahlung mit Paypal ein Bezahlentgelt erhob. Über diese Preisgestaltung erhielt die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V. (kurz Wettbewerbszentrale) mit Sitz in Bad Homburg Mitteilungen über die von ihr eingerichtete Beschwerdestelle, bei der der Gewerbetreibende und Verbraucher seit Januar 2018 Verstöße gegen § 270 a BGB. Dieser Rechtsvorschrift zufolge sind Entgelte für Sepa-Basis- oder -Firmenlastschrift, Sepa-Überweisungen oder Kartenzahlungen, die der Interchange-Regulierung unterliegen, unzulässig. Aufgrund der über die Beschwerdestelle eingegangenen Informationen hat die Wettbewerbszentrale ein Musterverfahren eingeleitet.

Zu "Sofortüberweisung" war die bisher einhellige Auffassung, dass diese Bezahlmöglichkeit unter die gesetzliche Neuregelung fällt, weil es sich um eine Sepa-Überweisung handelt, die im Gesetz ausdrücklich erwähnt wird. Bei Zahlung per Paypal ist dies hingegen umstritten.

Das Landgericht München I schloss sich bereits am 13. Dezember 2018 der Auffassung der Wettbewerbszentrale zur Unzulässigkeit der beanstandeten Entgelte an. (LG München Aktenzeichen. 17 HK O 7439/18). Demgegenüber wies das Oberlandesgericht München im Oktober 2019 die Klage auf Unterlassung ab (Urteil vom 10. Oktober 2019, Aktenzeichen 29 U 466/18) und vertrat die Auffassung, dass der deutsche Gesetzgeber diese beiden Zahlungswege in § 270 a BGB nicht mit erfassen wollte. Die Revision zum BGH wurde jedoch zugelassen und von der Wettbewerbszentrale auch eingelegt, um die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit der erhobenen Entgelte klären zu lassen.

In einer mündlichen Verhandlung in diesem Musterverfahren am Vormittag des 10. Dezember 2020 wies der Senat darauf hin, dass die einschlägige rechtliche Regelung des § 270 a BGB auf europäischen Vorgaben beruht und entsprechend richtlinienkonform auszulegen ist. Darüber hinaus stelle sich bei den Entgelten die Frage, ob diese für die Transaktion selbst oder für die Tätigkeit des Zahlungsdienstleisters gefordert werde.

Eine andere Frage, die das Surcharging-Verbot betrifft, hat das OLG München bereits im Oktober 2020 dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt - nämlich die Frage, ob die Unzulässigkeit solcher Entgelte auch für Altverträge gilt, bei denen das Schuldverhältnis vor dem 13. Januar 2018, entstanden ist, also vor Inkrafttreten des auf der PSD2 basierenden Surcharging-Verbots. Hier basiert das Verfahren auf einer Klausel der Vodafone Kabel Deutschland GmbH, die in ihren AGB bezüglich Bestands- und Neuverträgen differenzierte und Bestandskunden je Zahlung ohne Bankeinzug eine Pauschale von 2,50 Euro berechnete.

Das OLG München neigte im Oktober 2020 dazu, die Regelung des § 270 a BGB, also das Surcharging-Verbot auch dann für anwendbar zu halten, wenn das den Zahlungen zugrunde liegende Dauerschuldverhältnis schon vor dem 13. Januar 2018 geschlossen wurde, möchte diese Frage jedoch vom EuGH geklärt wissen. Drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Surcharging-Verbots dürfte das Jahr 2021 also vermutlich mehr Klarheit über die noch offenen Fragen bringen.

Die brisantere Frage ist sicher die, ob Zusatzentgelte für Paypal-Zahlungen vom § 270 a BGB erfasst werden oder ob sie womöglich zulässig sind - allein schon deswegen, weil davon potenziell sehr viel mehr Zahlungen betroffen sein werden als von der Frage nach den Altverträgen. Der Ausgang auch dieses Verfahrens vor dem BGH dürfte gleichwohl von überschaubarer praktischer Relevanz sein. Dafür ist die Nutzung von Paypal in Deutschland viel zu stark verbreitet.

Ebenso wie nur wenige Einzelhändler vor dem Inkrafttreten des Surcharging-Verbots tatsächlich einen Aufpreis für Kartenzahlungen berechneten, obwohl es rechtlich möglich gewesen wäre, wird es wohl auch bei Paypal sein, sollte der Bundesgerichtshof zu dem Schluss kommen, dass hier Zusatzentgelte auch unter der Regulierung der PSD2 möglich sind. Bei Reiseanbietern wie Busunternehmen oder Airlines mag das anders sein. Die Kunden würden dann aber vermutlich auf andere, für sie kostenlose Bezahlverfahren ausweichen. Deren Angebot ist schließlich verpflichtend. Red.

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