Kartendienstleister

Erweiterte Datenanalyse kann ein wichtiges Geschäftsfeld werden

Markus Eichinger, Executive Vice President Group Strategy, Wirecard AG, Aschheim
Quelle: Wirecard AG

Kostensynergien sind die Hauptmotivation für die aktuelle Konsolidierung im Handel. Damit müssen auch Banken und Payment-Dienstleister massiv in neue digitale Bereiche investieren. Immer mehr wird Technologie zum Erfolgsfaktor. Deshalb sieht der Autor großes Potenzial für Partnerschaften mit Banken, wie sie Wirecard schon erfolgreich pflegt. Red.

Wir befinden uns inmitten einer weltweiten Revolution, deren Auswirkungen man zunehmend in allen Lebensbereichen feststellen kann: die Digitalisierung. Digitale Technologien eröffnen einerseits völlig neue Möglichkeiten für Verbraucher und Unternehmen und stellen aber auf der anderen Seite Geschäftsmodelle in den verschiedensten Branchen in Frage, so auch gerade in der Payment- und Finanzindustrie.

Dies bekommen aktuell insbesondere die traditionellen Banken zu spüren. Das Hauptrisiko ist hier die Abwanderung ihrer Kunden, die sich zunehmend jenen neuen Playern zuwenden, die ihnen die innovativste und kundenfreundlichste digitale Lösung bieten. Dazu zählen zum Beispiel komplett mobile Banking-Lösungen, sofortige Peer-to-Peer-Zahlungen von Smartphone zu Smartphone oder das kontaktlose Bezahlen per Mobile Wallet.

Dasselbe erleben derzeit Payment Service Provider: Einfach dafür zu sorgen, elektronische Zahlungen schnell, sicher und zuverlässig abzuwickeln, war jahrzehntelang ihr Geschäft. Heute aber verlangen Kunden von ihren PSPs zusätzlich viele weitere, digitale Services wie etwa Kundenbindungs-Tools, Datenanalyse oder die Integration und Abwicklung von alternativen Zahlungsmethoden wie Alipay oder Paypal.

Technologie-Know-how als Wertgenerator

Dabei geht es auch um die Frage: Welchen zusätzlichen Wert generiert mir mein Partner für Zahlungsservices? Das wird die Kernfrage sein, der wir uns in unserer Industrie stellen müssen.

Wert generiert sich für Händler durch mehr Umsatz oder geringere Kosten. Die Motivation hinter der aktuellen Konsolidierung im Markt sind in vielen Fällen Kostensynergien. Natürlich ist es wichtig, die Kosten im Griff zu halten - aber in den meisten erfolgreichen digitalen Geschäftsmodellen entsteht Wert primär durch eine Verbesserung der Umsatzseite der Händler. Man braucht sich nur zum Beispiel Facebook oder Google als Beispiel anzusehen. Wir denken, dass dies auch die nachhaltigere Strategie für Unternehmen aus der Finanzbranche darstellt.

Globale Verfügbarkeit als Erfolgsfaktor

Um nicht aus dem Rennen geworfen zu werden, müssen Banken wie PSPs deshalb entweder massiv in neue digitale Bereiche wie künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning oder Internet der Dinge (IoT) investieren - oder sich erfahrene Partner suchen, die ihnen dieses Digital-Know-how zuliefern. Und das nicht nur in einem Land, sondern global verfügbar.

Als ein solcher Partner der Finanzindustrie versteht sich Wirecard - und nicht vornehmlich als Bank oder PSP, sondern als Technologieunternehmen mit Banklizenz. Rückblickend lässt sich sagen, dass das Unternehmen glücklicherweise die Weichen schon vor Jahren richtig gestellt hat: Mit der frühzeitigen Entwicklung unserer digitalen Payment- und Bankingplattform. Aber auch mit zahlreichen Zukäufen - zuletzt in Afrika, Nord- und Südamerika, Indien und Asien - sind wir heute auf allen Kontinenten weltweit präsent.

Dies ist ein wichtiger Faktor - denn die Welt rückt in Zeiten der Digitalisierung immer näher zusammen. Daher ist es für Kunden wie internationale Fluglinien entscheidend, mit einem PSP zusammenzuarbeiten, der nicht nur weltweit Zahlungen annimmt, sondern dies auch in den national jeweils wichtigen Zahlverfahren, sei dies nun Ideal in den Niederlanden, Boleto Bancário in Brasilien oder Wechat Pay in China. Wo digitale und datengetriebene Technologie noch stärker ins Spiel kommt, ist im Bereich Betrugsprävention und Risikomanagement. Um Zahlungen weltweit schnell, aber doch sicher durchführen zu können und die Ausfälle durch Betrug möglichst gering zu halten, sind bei unseren Fraud-Prevention-Lösungen KI und Machine Learning von entscheidender Bedeutung.

Auch ursprünglich branchenfremde, innovative Marktteilnehmer drängen mit guten Partnern an ihrer Seite erfolgreich in das Payment-Geschäft - Beispiel Orange: Da es vor einigen Jahren noch keine guten Mobile-Payment-Lösungen auf dem französischen Markt gab, witterte das Telekommunikationsunternehmen zu Recht einen interessanten ganz neuen Markt für sich.

Digitales Payment und Banking auch für branchenfremde Player attraktiv

Mit der Unterstützung von Wirecard wurde die Lösung Orange Cash entwickelt, die Usern nicht nur ermöglicht, so gut wie in jedem Geschäft mit ihrem Smartphone via NFC zu bezahlen, sondern ihnen auch individuelle An gebote, Gutscheine und Preisnachlässe bietet.

Ein einfaches Beispiel: Wenn ein Bäcker in Paris nachmittags um 17.00 Uhr noch einige frische Croissants abverkaufen will, kann er eine Pop-up-Nachricht an alle Orange-Cash-Nutzer senden, die sich in der Nähe befinden - und die ihr Croissant nicht nur mit dem Smartphone bezahlen, sondern damit auch gleich ihren persönlichen Preisnachlass von 50 Prozent sichern.

Zum Partner des Handels wandeln

Bargeldlose Bezahlverfahren sind bereits heute weitgehend digitalisierte Prozesse im Handel. Was liegt also näher, als dass sich Payment Service Provider zum Partner des Handels in Bezug auf Digitalisierung entwickeln? PSPs verstehen es gut, Daten in Echtzeit zu verarbeiten, und das auf mehreren Kanälen. Eine Erweiterte Datenanalyse kann eines der hauptsächlichen neuen Geschäftsfelder von Payment-Unternehmen werden. Natürlich bewerben sich nicht nur Payment-Firmen um dieses attraktive Geschäft - auch Anbieter von innovativer Kassensoftware sind hier sicherlich zu nennen.

Ein Anwendungsfall kann sein, dass Logistikketten weiter automatisiert werden, indem Produkte nicht mehr auf Wochenbasis, sondern in Echtzeit bestellt werden können. Auf der Kundenseite bieten sich ebenfalls viele neue Möglichkeiten für innovative Services: Viele Kunden bestellen ihre Produkte heute schon über mobile Apps und lassen sie sich von einem Lieferservice bringen. Die Bezahlung erfolgt hier vollständig im Hintergrund. Wenn derselbe Kunde, zum Beispiel über biometrische Verfahren, nun auch im Geschäft erkannt wird - dann lässt sich eine Bezahlung viel einfacher, sicherer und schneller abwickeln als über die Karte. Nicht zuletzt die Zusammenführung von Einkaufsdaten generiert an dieser Stelle dann den größten Wert.

Das Thema Datenanalyse spielt auch eine entscheidende Rolle für den Einzelhandel. Der stationäre Handel hat längst verstanden, dass er einige Erfolgsrezepte vom E-Commerce kopieren muss, um nicht laufend weitere Kunden an die Online-Konkurrenz zu verlieren. So gibt es auch für den physischen Einzelhandel Möglichkeiten, den Kunden besser kennenzulernen und damit besser zu verstehen - etwa dadurch, dass Kunden durch eine App, die sie für den Einkauf verwenden identifiziert werden. Davon profitieren die Kunden, die sich verstanden fühlen - denn wenn beispielsweise der Supermarkt versteht, was oft in Kombination gekauft wird, etwa Grillkohle und Bier, kann er die Position der Waren optimieren.

Außerdem freuen sich Kunden, wenn sie nicht irgendwelche Werbung erhalten, sondern genau passende individuelle Informationen oder Angebote - etwa, dass diejenigen einen Gutschein für vergünstigtes Katzenfutter per Mail oder Pop-up erhalten, die auch schon in der Vergangenheit Produkte für ihre Stubentiger gekauft haben. Genau diese Vorteile bietet der Online-Handel seinen Kunden schon lange und kann deswegen eine genau passende Zielgruppenansprache realisieren.

Auch für einen der Punkte, die Kunden im Präsenzhandel am meisten nerven, findet Technologie eine Antwort: lange Schlangen an der Kasse. Wenn Konsumenten nach der Arbeit oder am Wochenende viel Gedränge und lange Wartezeiten beim Bezahlen im Supermarkt oder im Fachhandel befürchten müssen, fällt vielen die Entscheidung leicht, einfach online zu bestellen.

IoT-Technologie ermöglicht "unsichtbares" Bezahlen

Doch auch hier gibt es intelligente Lösungen, wie etwa die von Wirecard und T-Systems entwickelte Lösung "Connected Commerce" zeigt: Damit ist es möglich, dass die Shopper einmalig sich und ihre bevorzugte Zahlungsmethode registrieren. Beim Hereinkommen in den Laden identifizieren sie sich dann kurz und können einfach alle Produkte ihrer Wahl auswählen - und dann einfach aus dem Geschäft herausspazieren, da sie für ihren Einkauf quasi unsichtbar bezahlen.

Möglich ist das dank IoT-Technologie, die erkennt, wer was genau ausgewählt hat. Und in einer digitalisierten Welt werden sich letztendlich die Lösungen durchsetzen, die Kunden wie auch Anbietern den größten nachhaltigen Wert generieren.

Zusammenfassend kann man sagen, dass in den Zeiten der allumfassenden Digitalisierung vermehrt die Technologie darüber entscheiden wird, welche Banken und Payment-Unternehmen erfolgreich sein werden. Das heißt aber natürlich nicht, dass jetzt alle Banken zu Tech-Firmen werden sollten: Besonders großes Potenzial haben Partnerschaften zwischen Banken und Technologiefirmen.

Wirecard arbeitet mit vielen Banken wie etwa Crédit Agricole, BBVA oder der Mizuho Bank eng und erfolgreich zusammen. So kommt das Beste aus zwei Welten zusammen.

Zum Autor Markus Eichinger, Executive Vice President Group Strategy, Wirecard AG, Aschheim
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