Prepaid-Karte

Gutschein(karten) - Vorsicht Umsatzsteuer

Volker Patzak, Geschäftsführender Vorstand und Koordinator der AG Marketing, Prepaid Verband Deutschland e.V. (PVD), Frankfurt am Main
Quelle: PVD

Die Prepaidbranche kommt nicht zur Ruhe. Nach den verschärften Anforderungen durch die EU-Geldwäscherichtlinie treibt jetzt die kommende Umsatzbesteuerung von Gut scheinen und Gutscheinkarten die Branche um. Der im Juni vorgelegte Gesetzesentwurf, mit dem die EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden soll, lässt einige Fragen offen, so Volker Patzak. Das betrifft zum einen die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Steuer anfällt, zum anderen ist unklar, was geschieht, wenn Gutscheine verfallen. Red.

Ab 01. Januar 2019 gilt die Umsatzbesteuerung neu ausgestellter Gutscheine. Diese Änderung betrifft ausschließlich Wertgutscheine - dabei ist es irrelevant, ob die Ausgabe in Papierform oder elektronisch erfolgt. Rabattgutscheine sind nicht betroffen. Anlass ist die geänderte EU-Richtlinie 2016/1065, mit der Brüssel die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) hinsichtlich der Umsatzbesteuerung von Gutscheinen angleicht.

Noch bis zum 31. Dezember 2018 müssen die EU-Mitgliedsstaaten diese Vorgabe in nationales Recht umsetzen. Den Herausgebern, aber auch den Händlern von Gutscheinen bleibt wenig Zeit, um sich auf die Änderungen einzustellen. Der Prepaid Verband Deutschland (PVD) beschäftigte sich ausgiebig mit dem ersten Gesetzesentwurf, den das Bundesministerium für Finanzen (BMF) am 26. Juni 2018 vorlegte.

Ein- oder Mehrzweck-Gutschein?

Mit der veränderten EU-Regelung ist ab dem Stichtag umsatzsteuerlich zwischen Ein- und Mehrzweck-Gutscheinen zu differenzieren. Steht bereits bei der Ausstellung des Gutscheins der Liefer- oder Leistungsort, auf die sich dieser bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Umsatzsteuer fest, handelt es sich um einen Einzweck-Gutschein. Der Ort der Lieferung oder der Leistung ist dabei abhängig von dem Leistungsempfänger, dem Leistungserbringer, deren Ansässigkeit, der Art der Leistung oder der Lieferung im Zeitpunkt der Gutschein-Ausgabe. Doch aufgepasst: Die Annahme eines Einzweck-Gutscheins kann zum Beispiel blockiert werden, wenn dieser nicht nur in Deutschland, sondern auch von einem Kunden aus dem Ausland in seiner Heimat eingelöst werden kann. Aufsichtsrechtliche Regelungen wie etwa beim E-Geld sind einzuhalten, spielen aber für die umsatzsteuerliche Beurteilung der Gutscheine keine Rolle.

Im ersten Entwurf des Jahressteuergesetzes 2018 des BMF ist für Einzweck-Gutscheine vor allem § 3a Absatz 14 UStG-E auf den Seiten zwei, drei und vier relevant. Für die Übertragung eines Einzweck-Gutscheins lauten die Neuerungen:

Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt dessen Übertragung als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht (§ 3a Abs. 14 S. 2 UStG-E).

Wird ein Einzweck-Gutschein von einem Unternehmer im Namen eines anderen Unternehmers übertragen, gilt dieses als Lieferung oder Leistung auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt (§ 3a Abs. 14 S. 3 UStG-E).

Wird der Einzweck-Gutschein im eigenen Namen ausgestellt und ein anderer Unternehmer erbringt die Lieferung oder Leistung, wird ebenfalls eine Lieferung oder Leistung des tatsächlich leistenden Unternehmers an den Aussteller des Gutscheins angenommen (§ 3a Abs. 14 S. 4 UStG-E). In diesen Fällen wird die mit dem Einzweck-Gutschein von dem Endkunden eingelöste Lieferung oder Leistung umsatzsteuerlich nicht berücksichtigt.

Für die Prüfung in wessen Namen ein Gutschein vertrieben wird, sind jedoch zwei Dinge wesentlich: die Vertragsbedingungen wie beispielsweise die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Sicht des Endverbrauchers. Kassenbelege, Gutschein, Internet et cetera müssen daher entsprechende Angaben enthalten.

Sind die beschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt ein Mehrzweck-Gutschein vor. Der Gesetzesentwurf definiert zum Teil die umsatzsteuerliche Behandlung eines Mehrzweck-Gutscheins: Die tatsächliche Lieferung oder Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt den allgemeinen Regelungen zur Umsatzsteuer (§ 3a Abs. 15 S. 2 HS 1 bis 3 UStG-E). Jede vorangegangene Übertragung des Mehrzweck-Gutscheins unterliegt nicht der Umsatzsteuer (§ 3 a Abs.15 S. 2 HS 4 UStG-E).

Aufgenommen wurde eine Bestimmung zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Ist bei einem Mehrzweck- Gutschein die Höhe der für den Gutschein hingegebenen Gegenleistung unbekannt, wird das Entgelt nach dem Gutscheinwert selbst oder nach dem in anderen Unterlagen angegebenen Geldwert abzüglich der Umsatzsteuer bemessen (§ 10 Abs. 1 S. 6 UStG-E).

Gesetzesentwurf hinterlässt Unklarheiten

Intensiv setzte sich die Arbeitsgruppe Recht & Aufsicht des PVD mit dem ersten Gesetzesentwurf auseinander und hielt dabei auch Unklarheiten fest. Klar ist schon jetzt, dass Ein- und Mehrzweck-Gutscheine nicht immer präzise voneinander abzugrenzen sind. So ist zum Beispiel die Umsatzbesteuerung bei einem Gutschein offen, mit dem Waren in Deutschland auch für ausländische Unternehmen (B2B) erworben werden können.

Ungenau ist zudem die Umsatzbesteuerung des Einzweck-Gutscheins. Dem Gesetzesentwurf zufolge gilt die tatsächliche mit einem Einzweck-Gutschein eingelöste Lieferung oder Leistung nicht als unabhängiger Umsatz. Wird eine Leistung nur teilweise mit dem Einzweck-Gutschein bezahlt, unterliegt die gesamte Lieferung oder Leistung nicht der Umsatzsteuer. Umsatzsteuersystematisch und aus fiskalischer Sicht überzeugt das jedoch nicht.

Weiterhin enthält der Gesetzesentwurf keine gesonderte Regelung für den Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuer. Daher greifen die allgemeinen Regelungen (§ 13 Abs. 1, Nr. 1 UStG). Danach ist es beim Handel des Einzweck-Gutscheins im eigenen Namen wie beim Einkauf/Verkauf oder bei der Kommission konsequent, dass die Umsatzsteuer im Moment der Übertragung des Gutscheins anfällt.

Ungewissheit bei der Vermittlung von Einzweck-Gutscheinen

Was geschieht beim Vertrieb von Einzweck-Gutscheinen über mehrere Unternehmen, also bei der Übertragung dieser Gutscheine in fremden Namen und auf fremde Rechnung (Vermittlung)? Hier sind die neuen Regelungen ebenfalls ungenau. So bestimmt § 3a Abs. 14 S. 2 UStG-E, dass die Übertragung des Gutscheins durch den Aussteller im eigenen Namen als Lieferung oder Leistung (an den Endkunden) gilt. Unklar ist aber, ob die Weitergabe des Gutscheins an einen Vermittler schon als Übertragung gilt oder erst die Aushändigung an den Endkunden.

Des Weiteren ist geregelt, dass die Übertragung des Einzweck-Gutscheins durch den Zwischenhändler an einen weiteren Händler im Namen des Ausstellers ebenfalls als Lieferung oder Leistung des Ausstellers des Einzweck-Gutscheins gilt (§ 3a Abs. 14 S. 3 UStG-E). Allerdings ist diese Vorschrift nur dann anwendbar, wenn innerhalb der Vermittlungskette diese Gutscheine bei dem Zwischenhändler verbleiben und dieser sie zu einem späteren Zeitpunkt überträgt. Ist jedoch die Vermittlung so strukturiert, dass die Gutscheine erst mit Verkauf an den Endkunden übertragen werden, geht diese Regelung ins Leere.

Den Regelungen zufolge strebt der Gesetzgeber vermutlich an, dass die Umsatzsteuer von dem Aussteller des Einzweck-Gutscheins bereits mit Übertragung des Einzweck-Gutscheins entsteht und an das Finanzamt abzuführen ist. Im Fall des Vertriebs von Einzweck- Gutscheinen im eigenen Namen (Einkauf und Verkauf) nimmt der Gesetzesentwurf eine Leistungskette zwischen dem Aussteller und den eingeschalteten Unternehmern bis zum Endkunden an. Dass mit der jeweiligen Übertragung des Einzweck-Gutscheins die Umsatzsteuer fällig ist, ist zu erwarten.

In § 3a Abs. 14 S. 4 UStG-E ist geregelt, dass ebenfalls von einer Leistungskette ausgegangen wird, wenn ein anderer Unternehmer als der tatsächliche Lieferer oder Leistungserbringer den Gutschein ausstellt. Dann erbringt der tatsächlich liefernde oder leistende Unternehmer eine Lieferung oder Leistung an den Unternehmer, der den Gutschein ausstellt.

Was passiert beim Verfall?

Was fehlt, ist eine gesonderte Vorschrift zum Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuer. Sachgerecht wäre es, wenn die Umsatzsteuer für die angenommenen Lieferungen und Leistungen mit der jeweiligen Übertragung der Einzweck-Gutscheine entsteht. Offen bleibt, ob die Umsatzsteuer erstattet wird, wenn der Kunde den Einzweck-Gutschein nicht einlöst oder aufgrund der vereinbarten Ablauffrist nicht mehr einlösen kann. Zum Verfall des Einzweck-Gutscheins enthält der Gesetzesentwurf keine Regelung.

Vorteile bei dem Erwerb von Einzweck-Gutscheinen durch Unternehmen

Der Erwerb von Einzweck-Gutscheinen durch Unternehmen kann künftig unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Vorsteuerabzug führen und damit gegenüber der bisherigen Praxis zu einer Reduzierung des Einkaufspreises. Hierfür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

- Der Herausgeber verkauft ihn in eigenem Namen an ein Unternehmen zum Nennwert abzüglich Umsatzsteuer.

- Das Unternehmen gibt den Gutschein als Geschenk an eigene Kunden ab.

- Die Anschaffungskosten des Unternehmens für den Einzweck-Gutschein übersteigen nicht 35 Euro (netto).

- Der jeweilige Kunde erhält in dem Kalenderjahr, in dem er den Einzweck-Gutschein erhält, von dem Unternehmen Geschenke, die insgesamt den Betrag von 35 Euro (netto) nicht übersteigen.

- Der den Gutschein erwerbende Unternehmer ist zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Mehrzweck-Gutscheine: Umsatzsteuer auf Margen innerhalb der Vertriebskette?

Jede (vorangegangene) Übertragung des Mehrzweck-Gutscheins unterliegt nach der eindeutigen Regelung nicht der Umsatzsteuer (§ 3a Abs. 15 S. 2 HS 4 UStG-E). Nach diesem Wortlaut liegt der Schluss nahe, dass die Übertragung des Gutscheins innerhalb einer Vertriebskette zwischen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Es ist offensichtlich, dass die Finanzverwaltung einer solchen Interpretation nicht folgen wird und Umsatzsteuer auf die innerhalb einer Vertriebskette erzielten Margen erheben wird.

Werden die Mehrzweck-Gutscheine nicht eingelöst, kann die Neuregelung (§ 3a Abs. 15 S. 2 UStG-E) so verstanden werden, dass der von dem Endkunden vereinnahmte Betrag bei Nichteinlösung des Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Ändert sich die Besteuerung der Lieferungen und Leistungen, müssen die Rechnungen ebenfalls ab 1. Januar 2019 angepasst werden. Bei falsch ausgestellten Rechnungen schuldet der Lieferer oder Leistungserbringer bis zur Korrektur der Rechnung die Umsatzsteuer (§ 14 c UStG), der Empfänger hat keinen Vorsteuerabzug. Zwar kann die Rechnung korrigiert werden, häufig bedeutet dieses einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Außerdem entsteht, soweit die Festsetzung von Zinsen nicht verfassungswidrig ist, ein Zinsschaden.

Wie die Herausgeber müssen Händler ebenfalls zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen differenzieren. Dabei haben die Herausgeber von Gutscheinen nach dem Gesetzesentwurf einen Gestaltungsspielraum, ob ein Ein- oder Mehrzweck-Gutschein vorliegt. Denkbar ist zum Beispiel eine Sortimentserweiterung um Artikel, die dem anderen Umsatzsteuersatz unterliegen oder die Akzeptanz des Gutscheins im Ausland. Noch ist ungeklärt, ob Händler die ab geführte Umsatzsteuer auf nicht eingelöste Einzweck-Gutscheine zurückfordern können. Zusätzlich müssen Kassenabläufe die vor dem 1. Januar 2019 herausgegebenen Mehrzweck- Gutscheine und die später emittierten Einzweck-Gutscheine unterschiedlich behandeln. Bis dahin müssen folglich die Kassensysteme angepasst werden.

Auf dem Prepaid Kongress am 22. November 2018 in Berlin (www.prepaidkongress.de) wird Herr Volker Patzak, Geschäftsführender Vorstand PVD, über die Neuerungen und Konsequenzen der Umsatzbesteuerungen referieren. Der PVD stellt die wesentlichen Informationen auf seiner Website im Bereich "Aktuelles" kostenlos zum Download bereit.

Zum Autor Volker Patzak, Geschäftsführender Vorstand und Koordinator der AG Marketing, Prepaid Verband Deutschland e.V. (PVD), Frankfurt am Main
Volker Patzak , Geschäftsführendes Vorstandsmitglied , Prepaid Verband Deutschland e. V., Berlin

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