Bankkarten-Forum 2018

Handel / Kundenkarten und Händler-Apps - Bewegung in den Silos

Stefan Schneider, Inhaber, Cards Consult, Potsdam

Der Markt der Kundenkarten und Loyalty-Apps des Handels ist in Bewegung. Das gilt sowohl für die Kundenbindungs- als auch für die integrierten Bezahlfunktionen. Ein Nischen-Phänomen, das bei den Marktbetrachtungen zumeist außer Acht gelassen wird, aber spezielles Potenzial, gerade vor dem Hintergrund der Entwicklung der In-App-Payment, bietet.

Die "Klassiker" unter den handelseigenen Karten mit Zahlungsfunktion hören auf klangvolle Namen wie Ikea Bezahlkarte, Breuninger Card, Bofrost Kundenkarte, A.T.U. Card oder Douglas Beauty Card Premium. Auch wenn die Handelsunternehmen unterschiedliche Begriffe verwenden, geht es ihnen im Kern darum, ihren Kunden beim Einkauf mit einem zeitlich verzögerten Lastschrifteinzug entgegenzukommen. Diese handelseigenen Bezahllösungen bilden allerdings in jeder dieser Branchen nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Bezahltransaktionen ab.

Breuninger und Douglas mit Karte und App

Einige wenige Kundenkarten mit Zahlungsfunktion haben es aber geschafft, für den jeweiligen Händler zu einem wichtigen oder sogar zu dem wichtigsten Zahlungsmittel überhaupt zu werden. Herausragend ist dabei die Breuninger Friends Card in der Variante mit Zahlungsfunktion. Die zugrunde liegende Vereinbarung zwischen Breuninger und dem Kundenkartenkunde sieht den Einzug der Einkaufs beträge einmal im Monat von dem bezogenen Konto per Lastschrift als ausschließliches Zahlungsmittel vor. Die Karte wird so zum mit Abstand stärksten Zahlmittel bei Breuninger, dem Vernehmen nach mit einem Anteil von konstant um 60 Prozent des Umsatzes! Die Zahlungsfunktion der Breuninger Card ist inzwischen auch in der App-Version enthalten.

Einen ähnlichen Fall, allerdings mit einem deutlich geringeren Umsatzanteil, stellt die Douglas Beauty Card Premium dar. Die Premium-Variante wird - anders als die Breuninger Friends Card - als eine reine Charge Card geführt, deren Saldo einmal im Monat ausgeglichen wird. Immerhin steht diese Kartenform im Offline- wie Online-Geschäft zusammen für einen Umsatzanteil von 15 Prozent! Und auch hier ist die Zahlungsfunktion in der App hinterlegt und kann via Merchant Scan an die Kasse übertragen und in das Kundenkonto übertragen werden.

In beiden Fällen hat das jeweilige Silo also den Umstieg in die App-Welt überlebt. Die Zahlungsfunktion steht für den Kunden auf allen Wegen zur Verfügung. Mit der Konsequenz für die Zahlungsdienstleister, Kartenausgeber und Karten-Schemes, dass diese Umsätze per Karte und per App komplett an ihnen vorbeigehen!

Abwicklung der App-Zahlungen ohne Netzbetreiber und Acquirer

Bei Zahlungen, die ausschließlich aus der App erfolgen, gibt es eingeführte händlereigene Verfahren, aber auch neue Entwicklungen. Allen Entwicklungen ist gemeinsam, dass für die Abwicklung nicht die am jeweiligen Händler-PoS vertretenen Netzbetreiber und Acquirer beauftragt werden, sondern jeweils ein anderer Zahlungsdienstleister eingeschaltet ist, um die Lastschrifteinzüge am jeweils hinterlegten Kundenkonto vorzunehmen. Als erster Händler ermöglichte bereits 2013 Netto Marken-Discount seinen Kunden, mit der Netto-App mobil ihre Einkäufe in den Filialen mit Netto Pay zu bezahlen. Mit der ebenfalls integrierten Funktion des Sammelns und Einlösen von Deutschlandcard-Punkten bietet Netto seinen Kunden das gesamte Spektrum von Loyalty und Payment in einer App und ist damit weiter als die Deutschland Card selbst. Auch die Edeka-App basiert technisch identisch auf dieser von Valuephone - heute Teil von GK Software - entwickelten Lösung.

Seit Sommer 2016 neu ist Payback mit Payback Pay am Markt und hat inzwischen sieben Partner überzeugen können, dieses Zahlungsinstrument in ihren Filialen zu akzeptieren. Dabei wird - mit Ausnahme von Aral, die bislang die NFC-Funktion des Android-Smartphones des Kunden nutzen - der QR-Code von der App ins Kassensystem übertragen.

Den bundesweiten Rollout seiner Smart-Pay-Lösung an über 1 500 Tankstellen hat Shell Ende März verkündet. Seitdem haben Nutzer der Shell-Club-Smart-App die Möglichkeit, einen maximalen Tankbetrag vorautorisieren zu lassen, nach Freigabe den Tankvorgang vorzunehmen und nach Bestätigung in der App die Tankstelle wieder zu verlassen, ohne den Verkaufsraum betreten zu müssen. Die Belastung des Tankbetrages wird per Paypal vorgenommen.

Die "Silos" sind also lebendig und bieten Potential für Zahlungsdienstleister für künftige Kooperationen.

Stefan Schneider, CardsConsult und netzwerkhandel, Potsdam

Weitere Details zu den Kundenbindungsprogrammen im deutschen Handel (Markt-Studie und-Datenbank) unter www.netzwerk-handel.net

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors auf dem Bankkarten-Forum 2018.

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