INSTANT PAYMENT

Hippos - eine Instant-Payment-Lösung für den Handel

Ercan Kilic, Foto: GS1 Germany

Das Interesse des Handels an Instant Payments ist hoch. Hier setzt das von HDE und GS1 Germany auf den Weg gebrachte Mobile-Payment-Projekt Händlerinitiiertes Instant Payment am PoS (kurz Hippos) an. Vorteil aus Sicht des Handels: Die Komplexität wird reduziert und Hippos kommt ohne Interchange- oder Scheme-Gebühren aus. Und weil es in der Bezahlapp des Kunden hinterlegt wird, ist es auch von Apple-Kunden nutzbar, so Ercan Kilic. Im Lauf des Jahres soll ein mehrstufiger Livetest starten. Red.

Im Laufe des Jahres wird die neu entwickelte Mobile-Payment-Lösung Hippos auf eine erste Bewährungsprobe gestellt. Mit einem Live-Test an den stationären PoS und in den E-Commerce-Shops der Pilotpartner aus dem Handel tritt das von GS1 Germany und dem HDE initiierte Projekt in eine spannende Phase. Ziel des Pilots ist es, zu testen, ob Hippos (= Händlerinitiiertes Instant Payment am PoS) die Voraussetzungen erfüllt, um sich als neues Bezahlverfahren zu etablieren. Dies kann nur gelingen, wenn die Zahlung für die Kunden an der Kasse einfach, sicher, schnell und komfortabel durchzuführen ist.

Die neue Lösung Hippos basiert auf dem Sepa-Standard SCT Inst der Europäischen Zentralbank, mit dem Überweisungen an 365 Tagen im Jahr in Echtzeit abgewickelt werden können. Bisher vergehen bei Überweisungen nicht selten mehrere Tage, bis der Empfänger das Geld gutgeschrieben bekommt, weil dies in der grauen Alltagswelt der europäischen Giro- und Kontokorrentkonten nur unter Einschaltung von Intermediären möglich ist. Dies gilt unter anderem auch für das Lastschriftverfahren bei Kartenzahlung am PoS, das zweistufig organisiert ist:

Nach der erfolgreichen Autorisierung der Zahlung muss der Händler noch einen zweiten Prozess anstoßen, mit dem er das Geld über seinen Dienstleister bei den Banken der Kunden "anfordert". Bei Sepa-Instant-Payment-Verfahren entfällt die zweite Stufe: Der Clearingprozess findet zeitgleich mit der Autorisierung statt, der Umweg über Intermediäre ist nicht notwendig.

Der Verbraucher merkt nichts von dem veränderten Verfahren. Er zahlt wie gewohnt mit Karte oder zukünftig immer häufiger mit dem Smartphone, wie es auch bei der Mobile Payment-Lösung Hippos angedacht ist.

Das Besondere an Hippos: Im Vergleich zu anderen unbaren Zahlungstransaktionen wird der Zahlungsvorgang vom Kunden ausgelöst. Er aktiviert auf seinem Smartphone die Bezahlapp, in der Hippos als digitales Bezahlmittel hinterlegt ist und bestätigt die Echtzeitüberweisung des fälligen Bonbetrags per PIN oder Biometrie. Die Transaktion wird per NFC oder QR-Code abgewickelt. Der Kunde greift somit über die App auf die Zahlungsdaten des Händlers zu und nicht umgekehrt - dies ist ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf den Schutz der Zahlungsdaten des Verbrauchers. Weiterer Vorteil: Sowohl Android- als auch iOS-User können das Verfahren nutzen.

Ohne Interchange- oder Scheme-Gebühren

Für Handelsunternehmen hat dieses Verfahren den großen Vorteil, dass sie die Beträge sofort gutgeschrieben bekommen. Sie haben folglich kein Zahlungsausfallrisiko, da die Überweisung nur bei ausreichender Liquidität ausgeführt wird. Außerdem entfallen bei Hippos, so wie es bisher geplant ist, Interchange- oder Scheme-Gebühren.

Das Interesse auf Handelsseite, dieses Verfahren als Alternative zu anderen unbaren Zahlungsverfahren zu etablieren, ist aber nicht nur aus diesen Gründen sehr groß (siehe Kasten). Es geht dem HDE als Vertreter der Handelsbranche auch darum, den Verbrauchern eine unabhängige und unternehmensübergreifende Mobile-Payment-Lösung zu bieten, die sie für die Abwicklung von Massenzahlungen im Alltag nutzen können - und zwar sowohl für Smartphone-Zahlungen im E-Commerce, an den stationären PoS als auch bei Person-zu-Person-Transaktionen (P2P).

Fakt ist, dass der Markt für Zahlungssysteme stark in Bewegung ist. Der Anteil, der Transaktionen, die mit dem Smartphone bezahlt werden, wird immer höher. Nicht zuletzt auch durch die Aktivitäten global agierender Anbieter wie Amazon Pay, Paypal, Google Pay, Apple Pay und Alipay, die für viel Dynamik sorgen. Die internationalen Plattformbetreiber spielen schon jetzt eine nicht unbedeutende Rolle bei der Abwicklung von Zahlungen - und zwar nicht nur im E-Commerce, sondern auch bei Zahlungen an den stationären PoS über entsprechende Apps. Mit zunehmender Marktbedeutung steigt deren Spielraum bei der Ausgestaltung der Abwicklungsmodalitäten einschließlich der Nutzungsgebühren.

Viele Händler befürchten, dass sich dadurch die Kosten für den Zahlungsverkehr mittelfristig erhöhen werden. Das Sepa-Instant-Payment-Verfahren bietet die Chance, einen neuen Zahlungsstandard zu etablieren, der für die Endverbraucher eine gute Alternative zu den Lösungen der Plattformbetreiber ist und für die Unternehmen mit akzeptablen Gebühren verbunden ist. Letzteres setzt allerdings voraus, dass die Banken eine marktgerechte Preisstruktur für die Echtzeit-Überweisung entwickeln.

Letztlich geht es langfristig sogar um mehr als nur um ein neues Bezahlverfahren in Echtzeit. Es geht auch darum, dies betont der HDE, Zahlungsverkehr disruptiv zu denken und neue Lösungen zu entwickeln, die das Bezahlen unabhängig von bestehenden Strukturen und marktdominierenden Zahlungsanbietern ermöglichen.

Zusammen mit GS1 Germany wurde deshalb vor zwei Jahren das Projekt Hippos gestartet, um gemeinsam mit Experten aus den Bereichen Handel, Banken und Dienstleistern die infrastrukturellen und technischen Voraussetzungen zu prüfen und eine innovative Lösung zu entwickeln, die den regulatorischen Vorgaben im Hinblick auf die starke Authentifizierung gerecht wird. Und die auch die Voraussetzung der Interoperabilität erfüllt: Die Kunden sollen mit der App an jeder Akzeptanzstelle bezahlen können. Egal ob an den Kassen beim Einkauf im stationären Handel oder beim Online-Shopping.

Live-Test im Laufe des Jahres

Ob dies gelungen ist, wird sich im Laufe dieses Jahres zeigen, wenn Hippos sich im Live-Test bewähren muss. Aktuell wird von GS1 Germany der konkrete Projektrahmen erarbeitet, der mit den Projektpartnern in den Bereichen Handel, Banken und Zahlungsdienstleistern im Laufe des ersten Quartals abgestimmt wird. Angedacht ist, das Hippos sowohl an den stationären PoS als auch als Bezahllösung im E-Commerce im Werkbetrieb getestet wird. Und zwar stufenweise zunächst in einer kleinen geschlossenen Benutzergruppe mit Closed Usern und anschließend in einem erweiterten Kreis von Friendly Usern.

Der Live-Test soll im Laufe dieses Jahres erfolgen. Voraussetzungen dafür sind, dass die Handelsunternehmen die technische Spezifikation von Hippos in ihre Terminals an den Kassen integrieren und die an dem Projekt beteiligten Banken und Zahlungsdienstleister ihre bestehende Payment-App um Hippos als Zahlungsoption erweitern.

Ziel des Pilots ist es, herauszufinden, ob die von den Projektpartnern gestellten Anforderungen an die neue Bezahllösung erfüllt werden. Für Hippos gilt genauso wie für alle anderen Zahlungsverfahren: Es wird sich am Markt nur etablieren und durchsetzen, wenn es den Verbrauchern und Handelsunternehmen Sicherheit bietet und einfach anzuwenden ist. Außerdem muss es in puncto Schnelligkeit und Komfort gegenüber der Barzahlung, kartenbasierten Zahlungsverfahren oder anderen Mobile-Payment-Lösungen konkurrenzfähig sein. Dann hat Sepa-Instant-Payments die Chance, sich schon bald als neues Standard-Zahlverfahren am Point of Sale, im E-Commerce und beim Person-to-Person-Payment zu etablieren.

Dies setzt allerdings voraus, dass Banken den Sepa-Standard SCT Inst flächendeckend anbieten, damit Verbraucher diesen Service in der Breite nutzen können. Zudem gilt es, an der Schnittstelle zwischen Banken und Handel die technischen Voraussetzungen für eine Echtzeitzahlung zu schaffen, um eine fehlerfreie Übertragung von SCT Inst-Transaktionen zu ermöglichen.

Meilensteine erreicht

Im Rahmen des Hippos-Projekts wurden schon viele Meilensteine erreicht. Dazu gehören zum Beispiel

- die technische Spezifikation und die detaillierte Prozessbeschreibung für die Nutzung am PoS, im E-Commerce und bei P2P,

- ebenso die Ausgestaltung des Transaktionsablaufs zwischen Kasse beziehungsweise Zahlungsterminal und Smartphone via NFC.

Neben der reinen Payment-Transaktion gibt es darüber hinaus erste Überlegungen für Mehrwertdienste wie Coupons, Loyalty und Geschenkgutscheine.

Die Komplexität wird reduziert

Klar ist, dass die Anzahl der Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette und damit die Komplexität bei der Hippos-Lösung erheblich reduziert werden. Im Gegensatz zur klassischen Kartenzahlung, an der Netzbetreiber, kreditwirtschaftlichen Unternehmen und Kopfstellen beteiligt sind, sind bei der Echtzeit-Überweisung des Hippos-Verfahrens lediglich die Kundenbank und die Geschäftsbank involviert. Außerdem entfällt die Notwendigkeit von klassischen Akzeptanzverträgen.

Ercan Kilic, Leiter Mobile Solutions, GS1 Germany, Köln
 
Die Ergebnisse der Studie "Mobile in Retail 2018" GS1 Germany befragte im August 2018 renommierte Händler, Markenartikler, Banken und Dienstleister zu deren Erwartungen im Hinblick auf die weitere Entwicklung von Mobile Payment. Hier die wichtigsten Ergebnisse der Studie "Mobile in Retail 2018":Händler und Finanzakteure sind sich darin einig, dass der Markteintritt von Apple Pay, Google Pay, Alipay und Co. die Nutzerzahlen von Mobile Payment in Deutschland rasant in die Höhe treiben wird. Die Hälfte der befragten Händler geht dabei davon aus, dass die Kosten für den Zahlungsverkehr dadurch steigen könnten, 36 Prozent erwarten hingegen eine Senkung.Sehr unterschiedlich ist die Einschätzung bezüglich der Konsequenzen, die die Lösungen Apple Pay und Google Pay auf die Marktbedeutung der Girocard als Zahlungsmittel haben werden. Während die Banken davon ausgehen, dass die Bedeutung sogar noch steigen wird, erwarten 57 Prozent der befragten Händler einen sinkenden Marktanteil (siehe Abbildung1).Wenig Vertrauen haben die Händler hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Top-Online-Playern in Sachen Mobile Payment. Amazon wird von ihnen als am wenigsten kooperativ eingeschätzt: 82 Prozent sehen die Amerikaner hier eher als Konkurrent denn als Partner. Google wird positiver bewertet: 64 Prozent der Händler gehen von einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit aus.Sehr positiv bewerten Händler die Zahlung via Near Field Communication. 80 Prozent verzeichnen eine messbare Zeitersparnis beim Kassiervorgang. 57 Prozent kommunizieren die Möglichkeit, kontaktlos zahlen zu können, deshalb proaktiv.Viel Hoffnung verbinden sie auch mit der Nutzung von Sepa-Instant-Payments am PoS. Die wichtigsten Vorteile sind für den Handel die sofortige Gutschrift, der Verzicht auf Intermediäre und der Wegfall der Interchange-Gebühr (Abbildung 2). Bei der Zusammenarbeit mit den Banken in Sachen Mobile Payment wird vom Handel die Bezahlintegration einer Bank in die eigene App präferiert (Abbildung 3).

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