Konsolidierung im Payment-Markt: Es ist erst der Anfang

Swantje Benkelberg

sb - Europa hat mit Blick auf die Konsolidierung im Markt der Payment-Dienstleister, die durch Sepa überhaupt erst möglich wurde, einen erheblichen Nachholbedarf. Darin sind sich Worldline und Six einig. Mit der am 15. Mai bekannt gegebenen strategischen Partnerschaft der beiden Unternehmen wird das Konsolidierungsgeschehen in der Branche nun jedoch kräftig vorangetrieben.

Keine bloße Übernahme

Wie bereits im November 2017 angekündigt, wird das Kartengeschäft (Merchant Acceptance & Acquiring und internationales Kartengeschäft) aus der Six Group herausgelöst. Übernommen wird das bestehende Kartengeschäft von Six Payment Services für 2,303 Milliarden Euro von Worldline. Damit schließen sich die Nummer 1 und die bisherige Nummer 8 der Payment Service Provider in Europa zusammen und es entsteht der mit Abstand größte Paymentdienstleister in Europa, der nach Geschäftsvolumen mehr als doppelt so groß ist wie die Nummer zwei in Europa, die dänische Nets. Das Geschäftsvolumen von Worldline wird durch den Zusammenschluss um etwa ein Drittel steigen, im Bereich Merchant Services wird es sich sogar verdoppeln. Der Marktanteil im europäischen Merchant Acquiring wird mit zehn Prozent angegeben.

Romeo Lacher, dem Verwaltungsratspräsidenten von Six, ist es aber wichtig zu betonen, dass es sich um keine bloße Übernahme, sondern um eine echte strategische Partnerschaft handelt. Deshalb erhält Six eine 27-prozentige Beteiligung an Worldline und wird damit neben Mehrheitseigner Atos (51 Prozent) der größte Einzelaktionär mit zwei Sitzen im Worldline Verwaltungsrat. Auch die Marke Six Payment Services soll zumindest bis auf Weiteres weitergeführt werden.

Der partnerschaftliche Ansatz der Vereinbarung kommt auch darin zum Ausdruck, dass Worldline 20 Prozent der Anteile an Twint - dem nationalen Schweizer Mobile-Payment-Verfahren - erwirbt. Das ist den Schweizern wichtig. Die Transaktion soll im Lauf des Jahres abgeschlossen werden.

Neue Perspektiven für Twint

Für Twint eröffnen sich damit ganz neue Perspektiven. Schließlich hat man mit Worldline nicht nur einen Partner an der Seite, der einen längeren Atem haben dürfte, als ihn die Mobilfunkbetreiber bei ihren mittlerweile eingestellten digitalen Brieftaschen bewiesen haben. Sondern Worldline-Chef Gilles Grapinet glaubt auch an das Potenzial von Mobile-Payment-Lösungen, die von lokalen Banken unterstützt werden, wie es bei Twint der Fall ist. Deshalb sieht er für die Schweizer Lösung Potenzial auch über die Alpenrepublik hinaus in Märkten, in denen Banken bisher noch kein konsistentes Mobile-Payment-Angebot auf den Markt gebracht haben.

Die Ausweitung von Twint vom nationalen zum europäischen Mobile-Payment-Verfahren, bisher allenfalls ein Wunschtraum der Beteiligten, rückt somit erstmals in Reichweite. Die Girocard mobile wird also möglicherweise bald mit Twint konkurrieren müssen.

Die einzige paneuropäische Plattform

Am Beispiel Twint lässt sich gut erkennen, wie die beiden Unternehmen ihre Partnerschaft sehen. In dem von Gilles Grapinet so bezeichneten "Dream Deal" soll ein "Payment Champion" entstehen, der in Zeiten tiefgreifender regulatorischer und digitaler Transformation ein Partner für die europäische Finanzindustrie sein kann. Als einziger Player in Europa könne man eine wirklich paneuropäische Plattform anbieten - was im Wettbewerb mit Internet- und Technologieunternehmen immer wichtiger wird. Bei diesem paneuropäischen Ansatz kommt den Partnern zustatten, dass das Geschäft von Six und Worldline komplementär ist und es praktisch keine geografischen Überschneidungen gibt.

Auf dieser Basis will man den Konsolidierungsprozess in der Branche weiter vorantreiben und gestalten. Denn Gilles Grapinet stellt klar: Auch wenn es sich um den bisher größten Zusammenschluss in der europäischen Payment-Branche handelt, ist es doch erst der Anfang. Und Atos-Chef Thierry Breton bezeichnet die neue, große Worldline denn auch als künftigen "Konsolidator". Für Anbieter wie Concardis oder BS Payone macht das die Sache nicht einfacher. Wohl dürfen sich beide in der eingeschlagenen Strategie bestätigt fühlen. Deren Umsetzung wird aber zugleich dringlicher. Denn in Sachen Skaleneffekte sind sie weiter abgeschlagen als je zuvor. In der Liste der größten euro päischen Payment-Dienstleister rangieren sie auf den Plätzen elf und zwölf, Wirecard belegt immerhin Rang sechs. Worldline beziffert die zu erwartenden Skaleneffekte ab 2022 auf jährlich 110 Millionen Euro.

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