Innovatives Bezahlen

Kontaktlos Zahlen in Österreich - jenseits der Plastikkarte

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Beim kontaktlosen Bezahlen ist Österreich dem deutschen Markt um Längen voraus. 85 Prozent aller Karten sind bereits NFC-fähig, jede vierte Transaktion wird kontaktlos abgewickelt. Erste Group und Sparkassen melden nicht nur die Vollausstattung mit kontaktlosen Karten. Zum 1. Juni haben sie zudem die nächste Stufe eingeleitet und bieten die Bankomatkarte alternativ virtuell, als Sticker oder als Armband an. Red.

Wenn es um die Gründe dafür geht, dass es beim kontaktlosen Zahlen so langsam vorangeht, kommt schnell die Rede darauf, dass es die "Killer-Applikation", nämlich die Sperren an den Eingängen zu U- oder S-Bahn, die etwa in Großbritannien sehr rasch zu einem Durchbruch geführt haben, hierzulande nicht gibt. Auch in Österreich kennt man solche Sperren nicht - und dennoch ist die Alpenrepublik in Sachen kontaktloses Bezahlen zumindest aus deutscher Sicht schon längst in der Zukunft angekommen.

Drei Viertel aller Terminals im Lebensmittelhandel NFC-fähig

Eingeführt wurde die NFC-Technologie in Österreich im Herbst 2013. Bereits ein Jahr später war nach Angaben der Payment Services Austria GmbH, Wien, mehr als jede zweite Karte im Land mit der neuen Technologie ausgestattet. Ende 2015 waren bereits 7,6 Millionen Karten mit Kontaktlosfunktion in Umlauf. Das entspricht 84 Prozent aller "Bankomatkarten", wie die Debitkarte in Österreich heißt.

Insgesamt war Ende letzten Jahres etwa jedes dritte PoS-Terminal im Land NFC-fähig. In einzelnen Branchen lag der Anteil jedoch deutlich höher. Das gilt vor allem für jene Branchen, in denen Transaktionen des täglichen Bedarfs mit oftmals auch kleinen Bonsummen getätigt werden, also genau dort, wo die Vorteile des kontaktlosen Bezahlens im Tap & Go-Verfahren tatsächlich zum Tragen kommen. So waren im Lebensmittelhandel bereits mehr als drei Viertel aller Terminals mit Kontaktlos-Leser ausgestattet, im Bereich Drogerie/Apotheken 42,9 Prozent und in der Gastronomie immerhin 37,5 Prozent.

Auf Basis dieser Daten ist es nicht verwunderlich, dass sich auch das Nutzungsverhalten seitens der Karteninhaber dynamisch entwickelt hat. Im Vergleich zu 2014 hat sich die Anzahl der kontaktlosen Transaktionen laut PSA im vergangenen Jahr verdreifacht. 34,4 Millionen Transaktionen mit einem Volumen von 730 Millionen Euro wurden im Gesamtjahr 2015 kontaktlos abgewickelt. Allein im Dezember waren es 4,4 Millionen, was einem Anteil von 10,0 Prozent aller PoS-Transaktionen insgesamt entspricht.

Kontaktlostransaktionen 2015 verdreifacht

Das mag auch daran liegen, dass Banken und Sparkassen ihre Hausaufgaben in Sachen Kommunikation offenbar gut erledigt haben. 81 Prozent der Österreicher fühlten sich 2015 einer GfK-Umfrage zufolge über den Zahlungsverkehr sehr informiert oder informiert. Immerhin 66 Prozent kannten die NFC-Funktion ihrer Bankomatkarte und 42 Prozent war bewusst, dass auch ihre eigene Karte über diese Funktion verfügt.

Auf die Frage, womit in Geschäften, die alle Bezahlmöglichkeiten anbieten, üblicherweise bezahlt wird, gaben 43 der Befragten an, bei Beträgen bis 20 Euro die Kontaktlosfunktion zu nutzen. Unter den Altersgruppen bis 39 Jahre nutzt mittlerweile jeder Dritte diese Funktion.

Vorreiter Erste Bank und Sparkassen

Besonders weit beim kontaktlosen Bezahlen sind die Österreichischen Sparkassen und die Erste Bank.

- Während österreichweit jede fünfte Transaktion kontaktlos abgewickelt wird, gibt die Sparkassengruppe eine Quote von einem Viertel an.

- Und den rund 85 Prozent NFC-fähigen Karten in Österreich insgesamt steht bei den Sparkassen/Erste Bank bereits die Vollausstattung gegenüber.

Und die Gruppe geht noch einen Schritt weiter: Während man in Deutschland zwar zur Kenntnis genommen hat, dass das Trägermedium für die kontaktlose Bezahlfunktion längst nicht mehr zwingend eine klassische Bankkarte sein muss, haben die österreichischen Sparkassen als erste mit der Ausgabe von NFC-Medien jenseits der Plastikkarte begonnen. Seit Juni dieses Jahres gibt es die Bankomatkarte, die als Maestro-Karte auch international einsetzbar ist, auch virtuell, als Sticker oder als Armband. Und das neue Angebot wird auch kräftig beworben und mit einem Gewinnspiel für Nutzer des kontaktlosen Bezahlens unterstützt. Einen ersten Geldautomaten, an dem kontaktlos Geld abgehoben werden kann, hat die Erste Bank ebenfalls bereits aufgestellt

Während die virtuelle Karte nur für Nutzer NFC-fähiger Mobiltelefone mit dem Betriebssystem Android verfügbar ist, kann den NFC-Sticker jeder benutzen. Ihn kann der Kunde wahlweise auf sein Mobiltelefon, einen Schlüsselanhänger oder andere Gegenstände aufkleben. Ausdrücklich wird dabei darauf hingewiesen, dass er mehrfach ablösbar ist und auf andere Träger aufgebracht werden kann. Das ist praktisch, wenn der Karteninhaber beispielsweise sein Mobiltelefon wechselt oder wenn ein Kunde, der den Sticker vielleicht auf einen Schlüsselanhänger geklebt hat, im Urlaub vielleicht einen anderen Träger bevorzugt.

Parallel gibt es die kontaktlose Karte auch virtuell fürs Mobiltelefon sowie - und das ist vermutlich der innovativste Ansatz - wahlweise auch integriert in ein wasserdichtes Gummiarmband. Damit ist die Erste Bank, die ihr Girokonto als das innovativste in Österreich bezeichnet, das erste Kreditins titut, das eines der alternativen Trägermedien flächendeckend anbietet, wie sie Mastercard und Visa immer wieder einmal als Studien präsentieren, um die Bandbreite der neuen Möglichkeiten zu zeigen. Die PIN ist übrigens immer die gleiche - ganz gleich, ob für die klassische oder virtuelle Bankkarte, den Sticker oder auch das Armband. Der Kunde muss sich also selbst dann, wenn er alle vier Möglichkeiten nutzt, nur eine PIN merken.

An der Entwicklung von Aufkleber und Armband hat die Bank eigenen Angaben zufolge eineinhalb Jahre gearbeitet. Auf beide hält die Bank eine Lizenz. Zunächst ist das Angebot deshalb exklusiv für die eigenen Kunden der Sparkassengruppe, mindestens bis Ende März 2017. Danach dürfen auch andere Banken NFC-Armbänder oder -Aufkleber anbieten.

Bis März 2017 exklusiv

Der flächendeckenden Einführung des optionalen neuen Angebots war zuvor ein Test unter den eigenen Mitarbeitern vorausgegangen. Testweise hat die Bank 1 600 NFC-Armbänder und -Aufkleber unter den eigenen Angestellten in Umlauf gebracht. Die Ergebnisse dieses Tests haben offenbar hohe Erwartungen an den Markterfolg geweckt.

Rund 100 000 Armbänder und -Aufkleber sollen laut der Prognosen der Bank innerhalb des ersten Jahres an Kunden verteilt werden. Als Einführungsangebot kosten sie bis Ende 2018 0,97 Cent pro Monat, der reguläre Preis ab 2019 wird mit monatlich 1,93 Euro angegeben.

Nicht nur für junge Kunden

Welche Zielgruppen sich für den Sticker und insbesondere das Armband interessieren, wird spannend zu beobachten sein. In erster Linie ist namentlich beim Armband vermutlich an jüngere Kunden gedacht, die mit dem Armband zum Beispiel auch im Schwimmband oder am Strand jederzeit zahlungsfähig sind. Praktischer als die Karte im Badeanzug wie in dem legendären Visa-Spot ist das allemal. Gut adressieren lässt sich aber vermutlich auch eine ältere Klientel. Argument Nummer eins wäre hier vermutlich die Sicherheit: Wer die "Karte" am Handgelenk trägt, der kann das Portemonnaie auch einmal zu Hause lassen und muss sich dann weniger vor Taschendieben oder dem Handtaschenraub fürchten. Vielen Kunden dürfte das den Preis von 1,93 Euro im Monat wert sein.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag

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