Branchentrends 2015

Wie die Payment-Branche den digitalen Wandel meistert

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Die "eierlegende Wollmilchsau" unter den Bezahlverfahren, also eine Anwendung, die alle Kundenbedürfnisse gleichermaßen erfüllt, wird es künftig nicht mehr geben, prognostiziert Markus Weber. Stattdessen werde sich eine größere Bandbreite herausbilden, was für Payment-Dienstleister eine große Chance darstellt. Eine große Zukunft sieht Weber vor allem für Cross-Channel-Lösungen für PoS, E- und M-Commerce. Apple Pay bewertet er als Türöffner für das mobile Bezahlen via NFC. Dennoch könnte sich die Interchange-Regulierung als Stolperstein erweisen. Red.

Die Umwälzungen im Bereich Payment sind enorm. Digitaler Wandel und staatliche Regulierungsbestrebungen stellen sowohl Banken und Zahlungsdienstleister als auch Handel, Hotellerie, Gastronomie und Touristik vor große Herausforderungen. Der gesamten Branche steht ein bewegtes Jahr 2015 bevor.

Früher waren Payment-Services und Produkte in unterschiedliche Teilmärkte - quasi in Silos - aufgeteilt, die nicht miteinander kommuniziert haben. Nun treiben der technologische Wandel und vor allem die steigende Vielfalt der Technologien ein Zusammenwachsen der Bezahlwege voran. Der Payment-Markt ändert sich in einer bisher noch nicht gekannten Geschwindigkeit. Diese Entwicklung verläuft in mehreren Bahnen. Neben der Veränderung des regulatorischen Umfelds ist vor allem die Technik der entscheidende Treiber. So ermöglicht es die Digitalisierung Payment-Anbietern zum Beispiel, Services flexibel vorzuhalten. IT-Kapazitäten müssen nicht länger statisch vorhanden sein - sie können aus der Cloud dynamisch, also nach Bedarf genutzt werden. Das verringert die Kosten und verstärkt den finanziellen Druck auf alle Marktteilnehmer, neue Strukturen einzuführen und an Flexibilität zu gewinnen.

Eine weitere Auswirkung der digitalen Möglichkeiten: Über Websites, Shared Content und soziale Netzwerke lassen sich mit vergleichsweise geringem Aufwand die eigenen Geschäftsanliegen einer größeren Öffentlichkeit bekannt machen. So entsteht ein direkter Draht auch zu potenziellen Investoren. Das zeigen Crowd- und Cloudfunding-Beispiele der jüngeren Vergangenheit.

Besonders erfolgreich sind sie, wenn sie etwa mobile E-Wallets mit weiteren Services wie Geldüberweisungen an Freunde verknüpfen. Start-up-Unternehmen im Finanzbereich mit einer guten Geschäftsidee verfügen über gute Marktaussichten und drängen immer stärker in den Wettbewerb, indem sie neue Geschäftsmodelle und Anwendungen etablieren. Das fördert die Marktkonsolidierung der Branche und setzt auch einige der einst Großen unter Druck.

Hoher Kundenkomfort ist gefragt

Warum sind diese kleinen Unternehmen im Vergleich so erfolgreich? Ein Erklärungsansatz: Das Kundenverhalten verändert sich gravierend. Für die Konsumenten wird ein bequemer Bezahlprozess immer wichtiger. Dazu zählt auch, dass es für die von ihnen bevorzugte Bezahlmethode genügend Akzeptanzstellen gibt. Beim Thema Sicherheit teilen sich die Verbraucher in zwei Lager:

- Für die einen steht Komfort an erster Stelle

- und für die anderen nimmt Sicherheit eine absolut überragende Bedeutung an.

Das führt dazu, dass die Payment-Branche eine ganze Spannbreite an Kundenbedürfnissen erfüllen muss. In der Folge wird es daher auch nicht die allbekannte "eierlegende Wollmilchsau" geben, also ein Bezahlverfahren, das alle Kriterien gleichermaßen in überragender Weise erfüllt. Es werden sich verschiedene Segmente etablieren - etwa eines für Produkte mit höchster Sicherheitsstufe oder eines mit bestmöglichem Komfort für den Kunden.

Cross-Channel-Lösungen bilden die Zukunft

Die steigende Zahl von alternativen Bezahlarten ist damit eine konsequente Reaktion auf die erhöhte Forderung nach Nutzerfreundlichkeit und Kundenservice. Cross-Channel-Lösungen aus einer Hand stellen die Assets der Zukunft dar. Denn der Kunde fordert vom Händler eine Verschränkung der einzelnen Kanäle. Nur wer als Händler seine Verkaufskanäle vernetzt, kann Kunden am richtigen Ort zur richtigen Zeit das passende Angebot unterbreiten und dies mit geeigneten Servicemodellen hinterlegen.

Alle teilnehmenden Unternehmen benötigen angesichts der rasanten Entwicklungen schnelle, effiziente und günstige Lösungen, die technisch einfach zu implementieren und zu handhaben sind. Das betrifft sowohl die großen Unternehmen als auch kleinere und mittelständische Anbieter und reicht von Finanzdienstleistungen für den PoS, online oder mobil bis hin zu Kundenbindungslösungen und Marketingkonzepten. Je schneller und komfortabler für Händler und Konsument, desto besser.

Chance für Payment-Dienstleister

In Anbetracht dieser und weiterer Entwicklungen ist Ingenico selbst bereits gut aufgestellt und kann mit der Marke Ingenico Payment Services alle aktuellen und sich entwickelnden Vertriebs- und Payment-Kanäle auf internationaler Ebene bedienen. Schließlich stehen alle Marktteilnehmer vor der gleichen Herausforderung - ob Handelsunternehmen oder Servicedienstleister: Ihr Kerngeschäft ist arbeitsintensiv und bedarf stetiger Aufmerksamkeit. Die eigenständige Ergänzung bestehender Zahlungswege mit zusätzlichen Bezahlmethoden ist äußerst aufwendig - vor allem im Hinblick auf die technische Infrastruktur sowie hinsichtlich der Datenverarbeitung und -sicherheit. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich der Handel in diesen Bereichen Beratung und Unterstützung wünscht. Gerade wenn es um die Einschätzung von Trends sowie die Auswahl zwischen unterschiedlichen Zahlungslösungen geht, die das Kundenerlebnis erhöhen und gleichzeitig Kundenbindung sowie Umsatz steigern. Dies birgt für Payment-Dienstleister die große Chance, sich als Experte und Partner für den Handel zu positionieren und neuen Payment-Lösungen den Weg zu ebnen.

Innovative Technologien im Blick

Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie Ingenico bereits heute innovative Technologien in bestehende Systeme integriert - noch lange bevor die Technologie für Händler und Verbraucher nutzbar ist: Alle Ingenico-Terminals in Deutschland sind bereits für die Nutzung von Apple Pay geeignet, auch wenn die Bezahlmethode zunächst nur in den USA verfügbar ist.

Das heißt: Apple-Pay-Transaktionen können heute schon über alle gängigen kontaktlosfähigen Terminals abgewickelt werden. Die Voraussetzung ist lediglich, dass sie auf der aktuellsten Sicherheitsstufe am Ingenico-Netzbetrieb arbeiten. Das Terminal oder Kassensystem benötigt dazu keine neue Software. Somit sind die Händler bereits heute mit Hard- und Software für ein innovatives Bezahlverfahren ausgestattet, dessen Einführung hierzulande noch auf sich warten lässt.

Schub für Mobile Payment

Auch im Jahr 2015 werden sich Mobile-Payment-Anwendungen weiter verbreiten. Bislang ging der Technologie eine lange Entwicklungszeit voran, ohne jedoch massentauglich zu werden. Schon um die Jahrtausendwende wurden mit der Entwicklung erster Verfahren Schritte in Richtung mobiler Bezahlsysteme unternommen. Eine der großen Hürden in der Vergangenheit war jedoch die schleppend verlaufende Nachrüstung der Zahlungsterminals mit der erforderlichen Technik. Heute liegen die Herausforderungen weniger in der technischen Ausstattung der Hardware als vielmehr darin, Kunden von der Bezahlmethode zu überzeugen und Zahlungsgewohnheiten zu verändern.

Nach dem Goldmedia Trendmonitor 2015 hatten im Jahr 2014 gerade einmal 176 000 Deutsche Payment-Apps auf ihren Smartphones installiert. Dennoch zeigt sich, dass die Bereitschaft zum mobilen Bezahlen im Vergleich zu den Vorjahren immens gewachsen ist. Rund 41 Prozent der Konsumenten würden laut einer aktuellen KPMG-Umfrage diese Bezahlmethode gerne nutzen. Und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Zahl der Anwender bis 2020 auf 11 Millionen steigen soll. 500 Millionen Euro werden dann laut einer Erhebung von PwC pro Jahr in Deutschland über mobile Bezahlsysteme umgesetzt. In der wachsenden Begeisterung für Mobile Payment liegt die große Chance für den gesamten Markt.

Apple Pay als Türöffner und Steigbügelhalter für NFC

Der Türöffner zur allgemeinen Akzeptanz des mobilen Bezahlens könnte Apple Pay werden. Die Kultmarke Apple steht für ein ergonomisches und herausragendes Produktdesign. Vor allem steht jedoch eine einfache und intuitive Nutzerführung im Vordergrund aller Anwendungen, die den Weg für neue Funktionen, unter anderem für mobile Bezahllösungen, ebnet.

Darüber hinaus ist Apple Pay das erste Payment-System, das die sichere Speicherung und Verwendung von Kartendetails im mobilen Endgerät und in der Cloud ermöglicht. Mittels der sogenannten Tokenisierung werden Karteninformationen in eine alternative Ziffernfolge verwandelt, sodass die echten Kartendaten nicht mehr auf dem Gerät gespeichert werden. Durch die Digitalisierung einer Kartennummer in individuelle Tokens wird das Datenrisiko minimiert.

Darüber hinaus wird Apple zum Steigbügelhalter der über Apple hinausreichenden Technologie für Near Field Communication (NFC-Technologie). In der Wahrnehmung der Konsumenten war das Thema des kontaktlosen Bezahlens bisher äußerst komplex und sehr technisch besetzt. Mit Apple und seinen nutzerfreundlichen Anwendungen besteht nun die Chance, kontaktlose Bezahlverfahren einfach und intuitiv zu gestalten und ihnen damit zum Durchbruch zu verhelfen.

Zugegeben: Es steht keine Revolution bevor - eher eine Evolution. Noch fehlt es an der flächendeckenden Infrastruktur am PoS und ein Zeitpunkt für den Start von Apple Pay in Deutschland beziehungsweise in Europa ist weiterhin ungewiss. Doch die Einführung könnte zu einer erhöhten Nachfrage der Konsumenten nach kontaktlosen Bezahlverfahren führen und auf diese Weise den Ausbau der Infrastruktur am PoS vorantreiben. Dies eröffnet für Hardware-Anbieter von Payment-Lösungen einen interessanten Wachstumsmarkt.

Herausfordernde Regulierung

Zum Stolperstein bei der Einführung von Apple Pay könnte die geplante Einschränkung der Gebühren bei Kartenzahlungen in der EU werden. Tritt der kurz vor Weihnachten bekannt gewordene Entwurf zur Neuregelung der Interchange-Gebühren in Kraft, dürfen sich Händler freuen, da dann die Verarbeitungsgebühren, die Kreditkartenfirmen und Banken von Händlern verlangen, gesenkt werden.

Apple möchte jedoch - wie auch andere Zahlungsabwickler - genau an dieser Stelle der Geschäftskette mitverdienen. So verlangt das Technologieunternehmen in den USA von Banken und Kreditkartenfirmen eine Gebühr von 0,15 Prozent des Zahlbetrags. Angesichts des knapper werdenden Verteilungsspielraums in der Wertschöpfungskette durch die Regulierung ist schwer vorstellbar, dass sich europäische Institute darauf einlassen könnten. Apple Pay und auch alle anderen Mobile-Payment-Verfahren müssen also entweder Händlern einen Mehrwert bieten, der einen Aufpreis rechtfertigt oder im Zusammenspiel mit einer vergleichsweise höheren Anzahl von Geschäftspartnern unter das Konditionendach bestehender traditioneller Bezahlverfahren schlüpfen - mit anderen Worten: mit denselben Gebühren auskommen.

Bereits 2014 zählte der starke Druck durch die Regulierung neben dem digitalen Wandel im technologischen Bereich zu den Herausforderungen. Seit November vergangenen Jahres wirkt sich die neue Regulierung der Girocard-Entgelte auf den Handel und kartenausgebende Banken aus. Sie können und müssen nun anstatt einheitlicher Entgelte bilateral Entgeltvereinbarungen verhandeln. So soll künftig ein vielfältiges Gebührenmodell entstehen und der Preiswettbewerb gefördert werden. Grundsätzlich kann der Handel vom neuen Preiswettkampf nur profitieren. Kleine und mittelgroße Händler haben jedoch häufig keine gute Verhandlungsposition. Hier können Konzentratoren wie Ingenico Payment Services den Handel unterstützen. Sie verfügen aufgrund des höheren gebündelten Transaktionsvolumens über eine bessere Verhandlungsposition.

Ob digitaler Wandel oder Regulation - das Marktumfeld ist komplex und äußerst turbulent. Die Kunden fordern Anwendungen, die mehrere Kanäle gleichzeitig unterstützen. Und Händler benötigen schnelle, effiziente und günstige Lösungen, die technisch einfach zu implementieren und zu handhaben sind - auch um die Kundenbindung zu fördern. Die Herausforderungen sind bekannt, nun gilt es sie zu meistern.

Zum Autor Dr. Markus Weber, Geschäftsführer, Ingenico Payment Services GmbH, Ratingen
Dr. Markus Weber , Geschäftsführer , Ingenico Payment Services GmbH
Niels Lohmüller , Executive Vice President Business Development , Yapital Financial AG
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