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Zahlverhalten: Die Kreditkarte bleibt ein schwieriges Produkt

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Die Bevölkerung in Deutschland ändert ihr Zahlungsverhalten nur langsam. Das bestätigt die dritte Studie der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten in Deutschland. Von der heranwachsenden technikaffinen Generation könnte zwar ein Wandel im Zahlungsverhalten ausgehen. Der wertmäßige Anteil der Barzahlungen wird der Studie zufolge aber erst mittelfristig unter die 50-Prozent-Marke sinken. Dass die Hälfte der Verbraucher bei der Wahl der Zahlungsinstrumente festgelegt ist - ein Drittel Nur-Barzahler, 17 Prozent Unbarzahler (siehe Daten und Fakten) - kann es Innovationen im Zahlungsverkehr zusätzlich erschweren, sich durchzusetzen.

Bereits zum dritten Mal hat die Deutsche Bundesbank nach 2008 und 2011 ihre Studie zum Zahlungsverhalten in Deutschland vorgelegt, für die erneut in einer repräsentativen Erhebung rund 2 000 Personen in Deutschland mittels Fragebogen und Zahlungstagebuch zu ihrem Zahlungsverhalten befragt wurden.

Zum Bargeldgebrauch bestätigen sich demnach 2014 die Beobachtungen aus der Studie von 2011. Wie schon vor drei Jahren beträgt der durchschnittliche Bargeldbetrag in den Portemonnaies 103 Euro. Damit weist die Bevölkerung in Deutschland ein stabiles Bargeldhaltungsverhalten auf und ein Trend zu einer weiter sinkenden Bargeldhaltung ist nicht erkennbar.

Zwiespältiger Trend zur Zweitkreditkarte

Bei den Karten ist die Verbreitung der Girocard um drei Prozentpunkte von 94 auf 97 Prozent gestiegen, wobei sich vor allem die Penetration bei den jungen und alten Verbrauchern verbesserte. Der wahrgenommene Besitz von Kreditkarten ist dagegen gegenüber 2011 um einen Prozentpunkt auf 32 Prozent gesunken, nachdem es von 2008 bis 2011 einen Anstieg um sechs Prozentpunkte gegeben hatte. Das ist insofern überraschend, als die Zahlungsverkehrsstatistik der Bundesbank einen durchschnittlichen jährlichen Anstieg der Kreditkartenzahl im Markt von 3,4 Prozent ausweist.

Diese Diskrepanz erklärt die Bundesbank damit, dass manche Karteninhaber möglicherweise gar nicht genau wissen, welche Karten sich in ihrem Portemonnaie befinden. Somit könnte der wahrgenommene Kartenbesitz 2011 möglicherweise überzeichnet oder umgekehrt 2014 der Kreditkartenbesitz unterschätzt worden sein.

Außerdem lässt sich ein Trend zum Besitz mehrerer Kreditkarten zur Erklärung heranziehen. Denn während 2011 jeder Kreditkartenbesitzer gemäß Selbstauskunft durchschnittlich 1,16 Kreditkarten besaß, waren es 2014 bereits 1,21. Gemäß Zahlungsverkehrsstatistik besaß 2013 jeder Bürger über 18 Jahre durchschnittlich 0,42 Kreditkarten, im Jahr 2014 lag der wahrgenommene Besitz bei 0,39.

Die Entwicklung scheint damit ähnlich zu sein, wie es Banken auch im Wertpapiergeschäft beobachten: Die bereits aktiven Kunden verstärken ihre Aktivität beziehungsweise den Kartenbesitz. Das ist aber nicht identisch mit einer Steigerung der Penetrationsrate in der Gesamtbevölkerung. Insofern ist die Steigerung der Gesamtzahl der Karten am Markt aus Emittentensicht nicht uneingeschränkt positiv zu sehen. Schließlich dürfte die Zweitkarte in vielen Fällen von einem anderen Anbieter stammen. Solange ein Karteninhaber nicht den Anteil der Kreditkarte an seinem Zahlungsvolumen steigert, sondern die per Kreditkarte beglichenen Zahlungen lediglich auf die verschiedenen Karten aufteilt, wirkt sich der Trend zur Zweitkarte für die Emittenten somit ertragsmindernd aus.

Mobile Payment in der Bekanntheit vor kontaktlosen Karten

Bei der Bekanntheit des kontaktlosen Zahlens per Karte zeigt sich im Vergleich zur Erhebung von 2011 ein leicht positiver Trend (plus 5 Prozentpunkte). Mittler weile geben 52 der Befragten an, diese Bezahlmöglichkeit zu kennen. Noch deutlicher zugelegt hat die Bekanntheit der Möglichkeit, mit dem Mobiltelefon im Geschäft (59 Prozent, plus 7 Prozentpunkte) oder außerhalb eines Geschäfts (59 Prozent, plus 6 Prozentpunkte).

Daraus lässt sich herauslesen, dass die Einschätzung des kontaktlosen Zahlens als "Brückentechnologie" auf dem Weg zum mobilen Verfahren richtig ist - zumal es vor allem die jüngeren Jahrgänge sind, die mit mobilen Bezahlverfahren vertraut sind. Möglicherweise wird das Bezahlen per Smartphone den kontaktlosen Karten doch schneller den Rang ablaufen als erwartet. Denn auch bei der Nutzung von Zahlmethoden gemäß Selbstauskunft liegt das kontaktlose Bezahlen per Karte mit 9 Prozent der Nennungen deutlich vor dem Mobile Payment im E-Commerce (4 Prozent) beziehungsweise am Point of Sale (2 Prozent).

Diese Angaben werden zwar durch das tatsächliche Zahlverhalten in der Woche, in der die Probanden ihre Ausgaben sowie die genutzten Zahlverfahren protokollierten, nicht gestützt. Für den Durchbruch innovativer Zahlverfahren ist aber möglicherweise die Wahrnehmung durch die Verbraucher letztlich die entscheidendere Größe. Denn wer sich mit einem Verfahren vertraut fühlt, wird leichter zum Nutzer werden als jemand, der eher Unsicherheit empfindet.

Mittlere Beträge häufiger per Girocard

Für die Untersuchung des tatsächlichen Zahlungsverhaltens wurden für die Studie die Zahlungstagebücher der Probanden ausgewertet, die von ihnen in den sieben auf das Interview folgenden Tagen geführt wurden und in die alle Ausgaben mit Ausnahme der regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen wie Mieten oder Versicherungsbeiträge eingetragen wurden. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche tägliche Transaktionszahl von knapp 1,4. Die Hälfte aller aufgezeichneten Transaktionen waren Kleinbetragszahlungen mit einem Wert von weniger als 14 Euro. Und für Zahlungen bis 50 Euro ist Bargeld weiterhin das mit Abstand am häufigsten verwendete Zahlungsmittel. Für den "war on cash" bleibt der Kleinbetragsbereich also weiterhin das wichtigste und zugleich schwierigste Segment, in dem die Bemühungen der Kreditwirtschaft, das bargeldlose Zahlen voranzubringen, bisher wenig erfolgreich geblieben sind.

Der Bargeldanteil an den bezahlten Beträgen ist mit 53,2 Prozent (2011: 53,1 Prozent) stabil geblieben, während der Anteil der Barzahlungen an den getätigten Transaktionen von 82,0 auf 79,1 Prozent gesunken ist. Das zeigt, dass kleinere und mittlere Beträge häufiger unbar (meist mit Girocard) bezahlt werden.

Bei Beträgen zwischen 5 und 100 Euro lässt sich ein Rückgang des Bargeldes an der Transaktionszahl um durchschnittlich etwa 5 Prozentpunkte feststellen. Auf die Frage, ab welchem Betrag die Verbraucher gewöhnlich unbar zahlen, sank der durchschnittlich genannte Wert von 88 Euro im Jahr 2011 auf aktuell 77 Euro. Ab einem Transaktionswert von 50 Euro kommt die Girocard dabei häufiger zum Einsatz als Bargeld.

Immerhin 56 Prozent der Studienteilnehmer haben mindestens einmal in der Woche, in der sie aufzeichneten, eine Girocard-Transaktion durchgeführt. Das ist eine Steigerung von acht Prozentpunkten im Vergleich zur vorigen Studie.

Insgesamt steht die Girocard für 29,4 Prozent der gezahlten Beträge (plus 1,1 Prozentpunkte) und 15,3 Prozent der Transaktionen (plus 1,9 Prozentpunkte). Ein deutlicher Anstieg des Transaktionsvolumens mit der Girocard ergab sich namentlich für die jüngste Befragtengruppe (18 bis 14 Jahre). In diesem Segment stieg der Umsatzanteil der Girocard-Transaktionen von 21,3 Prozent 2008 und 21,6 Prozent 2011 auf 31,5 Prozent 2014. Und auch bei den über 65-Jährigen erhöhte sich der Girocard-Anteil von 16,1 Prozent 2011 auf nunmehr 22,9 Prozent.

ELV verliert an Bedeutung

Im Wettbewerb des Girocard-Verfahrens mit ELV zeigt die Studie, dass das elektronische Lastschriftverfahren in den letzten drei Jahren sowohl bei der Transaktionszahl (2,8 Prozent Anteil, minus 0,5 Prozentpunkte) als auch beim Umsatzanteil (5,1 Prozent, minus 2,3 Prozentpunkte) an Bedeutung verloren hat.

Rückläufig ist - trotz des steigenden Kreditkartenbesitzes - auch die Nutzung der Kreditkarte, die nach einem "Zwischenhoch" 2011 wieder in etwa auf das Niveau von 2008 zurückgefallen ist. Sie kommt auf einen Umsatzanteil an den getätigten Zahlungen von 3,9 Prozent. Ihr Anteil an den getätigten Transaktionen beträgt 1,3 Prozent. Nur noch sieben Prozent der Befragten haben laut ihrem Zahlungstagebuch in dieser Woche ihre Kreditkarte eingesetzt, was einem Rückgang von zwei Prozentpunkten entspricht. Eine Erklärung für diese Entwicklung hält die Studie nicht bereit.

Händlerpräferenz entscheidet über Präferenz von Girocard oder Kreditkarte

Allerdings wurden auch die Motivationen für die Entscheidung zwischen Girocard und Kreditkarte untersucht. Insgesamt besaßen 33 Prozent der Befragten sowohl eine Girocard als auch eine Kreditkarte; 79 Prozent von ihnen gaben an, die Girocard der Kreditkarte vorzuziehen.

Von jenen Verbrauchern wiederum, die die Girocard bevorzugen, begründeten 54 Prozent ihre Entscheidung mit der Präferenz der Händler. Der Gedanke der EU-Kommission, wonach der Handel seine Kunden zur Nutzung kostengünstiger Zahlverfahren bewegen könne, ist insofern vielleicht nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Und es bleibt abzuwarten, wie sehr sich in der Folge der Interchange-Regulierung die wahrgenommene Händlerpräferenz für Debit- oder Kreditkarte ändern wird und dann eventuell auch auf die Vorlieben von Karteninhabern durchschlägt.

Teilweise ist die Präferenz der Verbraucher für die Girocard sicher auch mit der besseren Akzeptanz zu begründen. Allerdings stellt die Studie auch fest, dass sich die Bürger insgesamt relativ wenig mit der Kreditkartenakzeptanz auseinandersetzen.

Mobile Payment: Junge Kunden vermissen Einsatzmöglichkeiten

Im Internet hat in der Wahrnehmung der Studienteilnehmer die Überweisung nach Lieferung kräftig zugelegt, die mit 56 Prozent der Nennungen (nach 48 Prozent 2011) an erster Stelle liegt. Hier klaffen Theorie und Praxis aber anscheinend weit auseinander. Denn beim tatsächlichen Zahlverhalten generiert die Zahlvariante Überweisung (vor oder nach Lieferung) nur 23 Prozent der Umsätze. Anders als bei den Internetbezahlverfahren: Sie werden gemäß Selbstauskunft mittlerweile von 55 Prozent der Befragten genutzt, was gegenüber 2011 einer deutlichen Steigerung um 24 Prozentpunkte entspricht. In ihrem Fall bestätigt auch die Auswertung der Zahlungstagebücher die steigende Nutzung. Ihr Umsatzanteil an den Online-Einkäufen erhöhte sich von 34 Prozent 2011 auf 41,1 Prozent im Jahr 2014.

Unter den Internetbezahlverfahren liegt bei der Frage nach den genutzten Verfahren Paypal mit 88 Prozent der Nennungen (bei möglichen Mehrfachnennungen) mit Abstand an der Spitze.

Mit deutlichem Abstand folgt die von Banken aus Sicherheitsgründen scharf kritisierte Sofortüberweisung (23 Prozent). Und das seit 2006 existierende Banken-Verfahren Giropay bringt es auf lediglich 3 Prozent und ist damit unter den Internetbezahlverfahren deutlich abgeschlagenen. Leicht wird es also für die deutsche Kreditwirtschaft sicher nicht, ihre Paypal-Alternative, die, möglicherweise unter dem derzeit gehandelten Namen "pay direct", in diesem Jahr zum Weihnachtsgeschäft getestet werden soll, erfolgreich am Markt zu platzieren. Dass die Deutschen, wie die Studie wieder einmal bestätigt hat, ihre Zahlungsgewohnheiten nur sehr langsam ändern, dürfte einem raschen Markterfolg einer solchen Lösung sicher nicht entgegenkommen.

Innovative Zahlverfahren - kontaktlos per Karte beziehungsweise mit dem Handy im Geschäft oder außerhalb eines Geschäfts - haben nach wie vor damit zu kämpfen, dass ein Großteil der Verbraucher keinen Bedarf dafür sieht. Das gilt für kontaktlose Karten mit 42 Prozent der Nennungen weitaus häufiger als für das Bezahlen per Smartphone am stationären PoS (32 Prozent). Auch die Sicherheitsbedenken - aus Sicht der Studienteilnehmer das zweitwichtigste Gegenargument - sind bei kontaktlosen Karten beziehungsweise dem Bezahlen per Smartphone im E-Commerce größer als beim Mobile Payment an der Ladenkasse (39 versus 35 Prozent). Hemmnisse beim Mobile Payment am stationären PoS sind dagegen in der Konsumentenwahrnehmung mangelnde Voraussetzungen (beispielsweise kein NFC-fähiges Endgerät) und die Kompliziertheit von Verfahren.

Offenheit für die neuen Verfahren sowie auch einen Bedarf macht die Studie - wenig überraschend - vor allem bei den jüngeren Verbrauchern aus. Allerdings fehlt es ihnen an flächendeckenden Einsatzmöglichkeiten.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag

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