Acquiring

Acquirer im neuen Payment- Zeitalter

Viele Jahre veränderte sich der Status quo im Payment-Markt kaum. Doch an der Ausgangslage hat sich während des letzten Jahrzehnts viel getan: Neue Regulierungen wie Sepa oder andere Vorgaben der EU und neue Technologien stellen klassische Geschäftsmodelle auf den Kopf, setzen Payment-Anbieter und vor allem Karten-Issuer und Acquirer von allen Seiten unter Druck. Einerseits wird von ihnen gefordert, neue Bezahlmethoden anzubieten und neue Regeln zu beachten, andererseits sind Händler immer weniger bereit, für diese Dienste zu bezahlen. Wie können die Anbieter in diesem veränderten Umfeld bestehen?

Ein aktueller Beleg für die neuen Rahmenbedingungen auf dem Kartenmarkt ist das von der EU-Kommission erreichte Zugeständnis, das Niveau für grenzüberschreitende Kredit- und Debitkartenzahlungen ab 2015 zu senken. Für Juli hatte die EU-Kommission einen Gesetzentwurf zur Richtlinie über Zahlungsdienste (PSD) sowie einen Bericht zu dessen Folgenabschätzung angekündigt.

Händler geben Druck weiter

Ziel dieser Gesetzesinitiative ist ein integrierter europäischer Markt für Karten-, Internet- und mobile Zahlungen und die Stärkung des Wettbewerbs, somit eine Win-Win-Situation für Kunden als auch Anbieter. Die Herausforderungen für den Handel - eine Flut neuer Payment-Optionen sowie die andauernde latente Unsicherheit aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa - sorgen auch für Anpassungsdruck bei Dienstleistern wie den Acquirern.

Der Trend im Handel geht immer mehr zum Online-Shopping und zu mobilen Geräten. Ende 2012 nutzten beispielsweise bereits 31 Millionen Deutsche ein Smartphone1) . Dieses verwenden Konsumenten auch zunehmend für Einkäufe, was unter anderem auch zu einer veränderten Erwartungshaltung an die Händler führt. Flexibilität ist gefragt, Händler müssen sich auf eine Reihe neuer Zahlmethoden einstellen.

Je mehr Verfahren ein Händler jedoch anbieten will, desto komplexer gestaltet sich die entsprechende Infrastruktur. Der Erwartungsdruck und die zunehmende Komplexität sorgen für Stress - den Acquiring-Partner lindern können, wenn sie denn selbst gut für die neuen Herausforderungen aufgestellt sind.

Neue Technologien, neue Konkurrenz

Noch bis etwa 2008 konnten sich Acquirer auf ihren Lorbeeren ausruhen, die Konkurrenz am Bezahlmarkt war überschaubar. Online und Mobile begannen dann aber, die Rahmenbedingungen zu verändern. Near Field Communication (NFC)-Chips, Mobile-E-Commerce und Virtual-Wallet-Anbieter traten in den Markt ein. Noch war das kein Grund, sich Sorgen zu machen. Welcher Händler würde schon seine "Kasse" einem unbekannten oder neuen Dienstleister anvertrauen? Inzwischen haben sich jedoch starke neue Player in diesen Segmenten positioniert und ringen um Marktanteile.

Nennen kann man hier beispielsweise Anbieter wie Paypal, Amazon Payments und auch den Telekom-Dienst Clickandbuy als Vertreter der Internet-optimierten Lösungen, sowie das mobile Bezahlverfahren m-Pass, das ebenfalls von der Telekom sowie Telefónica/O2 und Vodafone unterstützt wird. Innovative Aufstecklösungen für Smartphones wie Payleven, Sumup oder i-Zettle (siehe Kasten auf Seite 7, Anmerkung der Reaktion) und neue Verfahren wie der kürzlich angekündigte "Bezahlen per E-Mail"-Dienst von Google kommen hinzu. Überweisung, Lastschrift und Kreditkarte haben Gesellschaft bekommen und die Acquirer ernstzunehmende Konkurrenz.

Zukunftsfähig aufstellen

Acquirer sind in vielen Fällen Banken, die aufgrund ihrer Größe oftmals zu komplexe Prozesse haben, um an der Spitze der technischen Innovationen zu sein. Diese sowie die klassischen Acquirer, die ihr Angebot bis heute noch nicht angepasst haben, können sich auch heute noch eine gute Ausgangsposition für den Wettbewerb verschaffen. Über Partnerschaften mit Processing-Anbietern können sie sich die notwendige Technologiebasis sowie das Know-how rund um die neuen Payment-Angebote an Bord holen. So müssen Acquirer nicht selbst Produkte entwickeln, deren Kosten sie dem von der Wirtschaftskrise verunsicherten Handel im Zweifelsfall nicht oder nur zum kleinen Teil weitergeben können.

Eine starke Positionierung hinsichtlich der Technik ist umso wichtiger als die neuen Wettbewerber Acquirern wie Banken auch noch ein weiteres Verkaufsargument streitig machen: Traditionsreiche Konkurrenten wie die Telekom rauben den Banken den Vertrauensvorsprung. Während Händler sich vielleicht noch nicht auf Newcomer aus den USA einlassen, wissen sie, dass sie beispielsweise in den Telefonunternehmen verlässliche Partner haben. Auch Samsung holte sich über eine Partnerschaft mit Visa nicht nur prozessuales Know-how, sondern auch eine öffentlichkeitswirksame Finanzexpertise ins Unternehmen2) .

Was Acquirer allen anderen voraus haben, ist die Nähe zum Händler, die diese über die Jahrzehnte lange Zusammenarbeit aufgebaut haben. Dieser Vorteil kann sich nun auszahlen, denn Händler sind froh, wenn sie sich in Bezug auf die Bezahlvorgänge nur mit einem Anbieter auseinandersetzen müssen. Integrierte Angebote, die allen Zahlungsverkehrsbedürfnissen entsprechen, unterscheiden deshalb zukunftsfähige Acquirer von denen, die sich schwer tun werden.

Kriterien bei der Wahl des Processing-Partners

Acquirer, die sich nach einem Processing-Partner umsehen, sollten bei ihrer Auswahl folgende Kriterien berücksichtigen:

Integrationsfähigkeit: Der richtige Processing-Partner muss eine flexible technische Plattform bieten, die die Neustrukturierung der Transaktionsabwicklung ohne große Mühe und in kurzer Zeit ermöglicht. Händler dürfen von einer Umstellung kaum etwas spüren, es darf nicht zu Behinderungen im Geschäftsverkehr kommen. Die Plattform muss in der Lage sein, vorhandene wie neue Zahlungsprozesse einzubinden beziehungsweise zu bedienen.

Skalierbare Plattform: Die Landschaft der Zahlungsangebote verändert sich immer schneller, aber weder Acquirer noch Händler wollen bei jedem neuen Angebot die Plattform wechseln. Deshalb muss diese in der Lage sein, neue Dienste reibungslos zu integrieren. Ein skalierbares System muss zudem eine hohe Leistungsfähigkeit, Stabilität und Sicherheit für alle aktuellen und neuen Dienste gewährleisten können. Hier ist an Themen wie Nutzer authentifikation zu denken, die gerade für Web- oder mobile Anwendungen gleichzeitig nutzerfreundlich und sicher sein müssen.

Sicherheit: Natürlich muss der Processing-Anbieter die hochsensiblen Zahlungsdaten vor Angriffen und Verlust schützen können. Ebenso wichtig ist es aber, dass ein möglicher Missbrauch durch gestohlene Karten oder Nutzerdaten für den Händler schnellstmöglich transparent wird, sodass dieser seine Kunden schützen kann. Dazu müssen Transaktionen in Echtzeit analysiert werden können und es müssen Algorithmen für Fraud Prevention implementiert werden.

Zusatzdienste: Ein Processing-Partner muss die herkömmlichen Geschäftsabläufe des Handels verstehen. Beispielsweise entsteht dort des Öfteren die Notwendigkeit zur Rückabwicklung von Zahlungen, etwa bei falschen Buchungen.

Chargeback-Verfahren, die den administrativen Aufwand minimieren helfen, sollten deshalb Bestandteil einer Lösung sein. Processing-Anbieter sollten ihre Kunden dahingehend beraten können, welche Services zudem Sinn für ihren Anwendungsfall machen.

(Internationale) Erfahrung: Zudem hat ein guter Processing-Partner Erfahrung mit nationalen wie internationalen Regularien und stellt die Vereinbarkeit mit diesen sicher. Mehrwährungsfähigkeit sowie Mehrsprachigkeit der Systeme müssen ebenfalls gegeben sein. Etablierte Beziehungen zu den beziehungsweise ein hervorragendes Verständnis der Anforderungen und Prozesse der relevanten Parteien im Zahlungsverkehr, wie beispielsweise den Kartenorganisationen und Banken, sind zudem eine Absicherung für jeden Acquirer.

Wohin führt der Weg?

Noch zögern viele Parteien mit der Auswahl neuer Partner, warten darauf, dass sich der Markt der neuen Anbieter etwas konsolidiert, sich Favoriten herauskristallisieren. Acquirer haben dann gute Karten bei diesen Parteien, wenn sie nachweisen können, dass sie gut aufgestellt sind egal wie dieser Wettbewerb ausgeht. Händler wollen sicher sein, dass ihre mehrkanaligen Transaktionen fehlerfrei ablaufen.

Nutzerfreundliche Lösungen für den Zahlungsverkehr, unterlegt von einer leistungsfähigen Technologie für die Abwicklung, versprechen Acquirern auch in Zukunft beste Aussichten. Bereits 2015 dürfte es für Marktteilnehmer, die nur Karten-Acquiring betreiben, schwierig sein zu bestehen. Indem sie aber beides, Handelsabwicklung und Multibezahlsystem-Acquiring anbieten, können traditionelle Marktteilnehmer ihre Ziele weiterhin erreichen.

Fußnoten

1) Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009 bis 2012 (in Millionen) http://de.statista.com/ statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschland-seit-2010/.

2) Visa und Samsung schließen weltweite Vereinbarung, um NFC-Zahlungen voranzutreiben http://www.visa.de/de/presse_news/pressemitteilungen/articles/2013/visa_und_ samsung_schlie%C3%9Fen.aspx.

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