Prepaid-Karte

Ausland - Italiens Markt für Prepaid-Karten wächst

Dass sich die Erfahrungen im amerikanischen Kreditkartenmarkt auf Deutschland nicht übertragen lassen, ist eine Binsenweisheit (geworden). Bis sich diese Erkenntnis durchgesetzt hat, zahlte aber so manches Unternehmen sein Lehrgeld ein- oder mehrfach. Mit Berichten vom italienischen Markt für Prepaid-Kreditkarten dort ist das Produkt ungleich erfolgreicher als hierzulande - muss man mithin in Anbetracht der enormen nationalen Besonderheiten vorsichtig umgehen. Und dennoch lohnt sich der Blick auf eine Erfolgsgeschichte.

Postepay besonders für Jugendliche und Reisende

Zunächst die nüchternen Zahlen: Im Jahr 2009 machten die italienischen Produkte knapp die Hälfte der 20 Millionen europäischen Prepaid-Karten aus. In Italien waren zu diesem Zeitpunkt etwa neun Millionen Karten im Markt, deren Anzahl ist von 2007 bis 2009 um 60 Prozent gestiegen, der Wert der Transaktionen von 5,0 Milliarden Euro auf 8,5 Milliarden Euro um 70 Prozent. 2010 hat sich der europäische Gesamtmarkt auf 30 Millionen Karten vergrößert, auch dank der Italiener. Zum Vergleich: In Deutschland sind - nach großzügigen Schätzungen - rund eine Million solcher Karten am Markt.

Für die enormen Steigerungsraten in Italien ist vor allem ein Marktteilnehmer verantwortlich: Über die 14 000 Filialen der Post wurden innerhalb von sechs Jahren etwa 5,5 Millionen Prepaid-Karten namens Postepay vertrieben. Das im Jahr 2003 eingeführte Produkt hat einen Anteil von 65 Prozent am italienischen Markt für Prepaid-Karten. Dabei stehen Kunden unter 30 Jahren für gut 55 Prozent der Transaktionen, und rund 30 Prozent der Transaktionen finden im Ausland statt.

Nach Wahrnehmung des italienischen Consultant Renato Giacobbo Scavo bei einer Paysys-Veranstaltung resultiert der zurückhaltende Einsatz in Deutschland vor allem daraus, dass das Produkt hierzulande falsch positioniert wurde: in den meisten Fällen als Karte für die "unbanked". In Italien hingegen sei Prepaid strategisch in den Zielgruppen Internetsurfer, Familien, junge Leute, Immigranten und Reisende eingeführt wor den. Doch zumindest im Hinblick auf die etablierten deutschen Institute stimmt das so nicht. Hier wurde Prepaid bisher primär als "Taschengeldkarte" beziehungsweise für ängstliche Internetnutzer angeboten.

Italienische Besonderheiten spielen eine große Rolle

Für den Erfolg des Produktes in Italien würden aber, so räumt Scavo ein, auch soziale und ökonomische Faktoren eine große Rolle spielen. Einerseits sei der Wille der Italiener zur Selbstbudgetierung vorherrschend, andererseits sei ein ordentliches Misstrauen in das Internet bei vielen Privatleuten äußerst lebendig. Dazu komme ein enormes Misstrauen in Banken, geschürt durch hohe Preise bei Finanzdienstleistungen und die Popularität des Prepaid-Konzeptes, beispielsweise im Bereich der Mobiltelefone.

Viele deutsche Verbraucher sehen hingegen offenbar keinen Nutzen in einer (weiteren) Karte für ihr Portmonnaie. Dass das Argument der absoluten Ausgabenkontrolle bei den als äußerst sicherheitsbewusst bekannten Deutschen so wenig Beachtung findet, verwundert nur auf den ersten Blick. Denn hier gilt: Wollen die Deutschen ihre Ausgaben im Blick behalten, so greifen sie am liebsten zur Debitkarte. Und auch die Dominanz der Char-ge-Cards im Kreditkartenbereich nimmt dem Argument hierzulande einiges an Kraft.

Deutschland: Prepaid gilt als teuer

Wo das Zahlen mit Debitkarte nicht möglich oder unpraktikabel und teuer ist, beispielsweise beim Buchen eines günstigen Fluges im Internet, dort könnte die Pre-paid-Karte zukünftig doch noch ihre Vorteile ausspielen. Dafür sollten die Emittenten noch stärker kommunizieren, dass eine Ausgabenkontrolle durch Prepaid mit einem begrenzten Risiko bei Betrugsfällen im Internet einhergeht.

Dem Produkt Prepaid-Kreditkarte zum Durchbruch zu verhelfen, ist in Deutschland ohne Frage ein wesentlich schwierigeres Unterfangen als in Italien. Denn ganz im Gegensatz zum italienischen Markt, wo das Produkt Prepaid als preiswert gilt, ist es für deutsche Kunden im Vergleich zu anderen Bankdienstleistungen eher teuer. Diese Verbraucher sind mit den wichtigsten Bankdienstleistungen zu günstigen Preisen bereits ausreichend versorgt. Ein zusätzliches Bankprodukt und zudem eines, bei dem die Gebührenstruktur als so unklar empfunden wird, wie es laut einer Untersuchung von First Data bei der Prepaid-Karte der Fall ist, hat daher auf dem deutschen Markt nur begrenzte Chancen. hm

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