Im Gespräch

"Diners Club hat einen Dornröschenschlaf geschlafen"

1958 war die Diners Club Card die erste Kreditkarte am deutschen Markt. Wie ist die Marke heute positioniert?

Bis etwa Mitte der sechziger Jahre waren wir die einzige Kreditkarte am deutschen Markt. In den achtziger und neunziger Jahren hat Diners Club dann den Anschluss ein bisschen verpasst, weil Kundenbedürfnisse und das Marktverhalten sich verändert haben.

Bis dahin war klar: Wer eine Kreditkarte hat, verfügt über viel Geld, reist immer First oder Business Class und wohnt in einem Steigenberger Hotel. Dann kamen immer mehr Mastercard- und Visa-Karten auf den Markt, und das mittlere Kundensegment hat das Kaufverhalten verändert. Das hat Diners Club zu spät erkannt und dadurch zwar die Qualität für die anspruchsvolle Kundschaft gehalten, aber Marktanteile verloren.

Wie viele Karten sind derzeit in Deutschland am Markt?

Etwa 70000 Karten. In fünf Jahren wollen wir diese Zahl auf über 200000 steigern. Vor acht bis neun Jahren hatte das Portfolio bereits diese Größenordnung. Die Citibank hat es zwar abschmelzen lassen. In einem Markt von 80 Millionen Einwohnern scheint es aber realistisch, wieder 200000 Karten auf den Markt zu bringen.

War es die etwas unstete Strategie der Citibank, die der Marke geschadet hat?

Nicht unbedingt der Marke. Diese ist immer noch stark. Was geschadet hat, war vor allem die mangelnde Kongruenz der Zielgruppen. Die Targobank (ehemals Citibank Privatkunden AG) hatte in Deutschland als Retailbank mit einem Schwer punkt auf Konsumentenkrediten nie das Ziel, sich auf ein anspruchsvolles Segment zu konzentrieren. Die Diners Club Card hingegen ist kein Massenprodukt, sondern etwas für Individualisten.

Wie sieht Ihr Vertriebskonzept aus?

Auch in Zukunft wollen wir nicht flächendeckend werben, indem wir beispielsweise Mailing-Kampagnen durchführen. Stattdessen versuchen wir, uns gezielt mit Marketingaktionen in dem Segment der anspruchsvollen Kunden zu positionieren, beispielsweise in Kooperation mit dem Eagles Club, Automarken oder durch unser Magazin.

Gibt es auch Vertriebspartnerschaften mit Banken?

Solche Partnerschaften sind in Planung. Unter anderem sind wir mit der Helaba und der HVB im Gespräch. Bei der Helaba geht es um Firmenkarten, wo wir eine Alternative zu Airplus anbieten können.

Welcher Anteil der Diners-Club-Karten entfällt aufs Firmengeschäft?

Den größeren Anteil an der Zahl der Karten haben natürlich die Privatkarten. Nur rund 30 Prozent der Karten sind Firmenkarten. Vom Volumen her wächst allerdings das Segment der Firmenkarten schneller. Unser Vorteil ist: Während Airplus eine Lufthansa-Tochter ist, sind wir neutral. Viele Unternehmen suchen immer wieder nach neutralen Alternativen.

Ist Diners Club eigentlich noch eine klassische Travel & Entertainment Karte?

Die Diners Club Card ist sicher noch eine klassische T&E-Karte. Zum Beispiel bieten wir seit jeher kostenlosen Eintritt in Flughafen-Lounges (in Deutschland sind es zwölf). Dennoch müssen wir versuchen, die neuen Bedürfnisse unserer Kunden abzudecken, zu denen eine über Vier- und Fünf-Sterne-Hotels und gute Restaurants hinausgehende Akzeptanz gehört.

Und: Mit Co-Brandings spezialisieren wir uns stärker auf eng umrissene Zielgruppen mit speziellen Bedürfnissen. Ein Beispiel sind die Jaguar-Fahrer. Derzeit kooperieren wir mit Jaguar Schweiz. In Deutschland, wo es über 15000 Jaguar-Fahrer sind, wird eine entsprechende Karte vermutlich im Frühjahr 2012 auf den Markt kommen.

Ein weiteres Beispiel ist eine spezielle Ärzte-Karte im Hippokrates-Design, auf der neben dem Namen möglicherweise auch die medizinische Fachrichtung angegeben werden kann. Dieses Produkt soll bereits Ende 2011 auf den Markt kommen.

Sind Diners-Club-Karten hierzulande Charge-Karten oder Re-volving-Credit-Karten?

Es sind hauptsächlich Charge-Karten. Das hängt mit den deutschen Gewohnheiten zusammen. Überdies wollen wir mit Leuten zu tun haben, die das Geld haben, hinter ihren Ausgaben zu stehen.

Wie wollen Sie die Akzeptanzlücke zum Wettbewerb schließen?

In den USA ist Diners Club durch das Zusammengehen mit Discover die Nummer eins geworden. Weltweit gibt es dank der Integration in das Discover-Netzwerk rund 17 bis 18 Millionen Akzeptanzstellen.

In Deutschland sind es rund 82000 Akzeptanzstellen, von denen etwa 20 Prozent mindestens zwölf Monate lang keine Transaktion mehr gesehen haben.

Früher haben wir das Acquiring selbst gemacht, seit Herbst 2009 in Kooperation mit Elavon. Seit dem 1. Oktober 2011 bietet auch Concardis den Akzeptanzpartnern Diners-Club-Akzeptanzverträge an. Dadurch werden wir das Vertragspartnernetz auf 160000 bis 200000 Akzeptanzstellen steigern und damit etwa 70 bis 80 Prozent des Marktes abdecken können.

Das wird dem heutigen Kaufverhalten von Karteninhabern gerecht, das sich auch bei anspruchsvollen Kunden nicht länger allein auf das Hochpreissegment kon zentriert.

Mit weiteren Acquirern sind wir im Gespräch. Ziel muss es sein, die Akzeptanzlücke zum Wettbewerb ganz zu schließen. Denn nur so lässt sich die Wahrnehmung, dass die Diners Club Card nicht akzeptiert wird, mit der Zeit beseitigen.

Bei der Ausweitung des Akzeptanznetzes beziehungsweise dem Kartenvertrieb stellt sich die klassischen Henne-Ei-Problematik. Wie wollen Sie das lösen?

Die Zusammenarbeit mit Concardis ist dafür ein guter Ansatzpunkt. Denn das Unternehmen bietet den Händlern eine Systemlösung mit der gleichen Schnittstelle für Visa, Mastercard oder Diners Club Card an. Das heißt für den Händler macht es keinen Unterschied, wie oft Transaktionen über eine bestimmte Kartenmarke laufen.

Ein weiterer Aspekt: Durch die Integration ins Discover-Netz erschließen sich die Akzeptanten auch 40 Millionen Inhaber von Discover-Karten als potenzielle Kunden.

Bei Karteninhabern wollen wir mit der guten Marke punkten. Und wir bieten grundsätzlich Inklusivpreise an, die alle Leistungen umfassen. Bei uns kostet beispielsweise die Zusendung gedruckter Rechnungen keine Extragebühr.

Was ist die Hauptursache für die große Akzeptanzlücke zum Wettbewerb?

Der Preis ist immer ein Thema. Diners Club hat immer noch das Image, teuer zu sein. Dafür sind unsere durchschnittlichen Transaktionsbeträge doppelt, wenn nicht dreimal so hoch wie bei Visa und Mastercard-Transaktionen. Zudem ist das Disagio bei Visa und Mastercard zwar etwas niedriger, aber dafür kommen noch andere Gebühren hinzu. Unser Nachteil ist: Wir bieten dem Händler mit einer Disagio-Gebühr eine vollumfängliche Transparenz.

Dennoch glaube ich, der Preis spielt nicht die entscheidende Rolle, zumal unser Marktanteil an den gesamten Umsätzen eines Händlers überschaubar ist. In erster Linie wurde in Sachen Akzeptanz in den vergangenen Jahren schlicht zu wenig getan.

Hat sich das klassische Konzept der Travel- & Entertainment-Karten überlebt?

Ja. Das hat sich wirklich überlebt. Mastercard und Visa haben von vornherein auf das mittlere Segment gesetzt und dadurch den einfacheren Einstieg gehabt als Diners Club und American Express. Die Eigentümer von Diners Club dagegen waren ein bisschen wie alte Prinzen, die noch auf ihrem Schloss sitzen und nicht wahrnehmen, dass sich die ganze Welt gewandelt hat.

Diners Club hat in Deutschland und Westeuropa einen Dornröschenschlaf geschlafen. Mit Discover und uns sind Prinzen gekommen, die jetzt versuchen, Dornröschen nicht nur wachzuküssen, sondern wieder in die aktuelle Zeit zurückzubringen.

Heißt das auch Chipmigration und kontaktloses beziehungsweise mobiles Zahlen?

Im kommenden Jahr werden wir als einer der letzten Anbieter den Chip einführen. Wir arbeiten auch am kontaktlosen Zahlen. In den USA laufen Tests zum kontaktlosen Erwerb von Konzertkarten. In Bayern gibt es entsprechende Pilotprojekte an Skiliften. Wir sehen das als zusätzliche Dienstleistung.

Trotzdem glaube ich, dass ein Diners-Club-Kunde stolz ist auf seine Karte und sie auch gerne zeigt. Mobiltelefone und andere mobile Datenträger sind emotionslose Alternativen und erweitern die Zahlungsfunktionalität.

Spielt die Funktion der Karte als Statussymbol bei Diners Club also noch eine Rolle?

Ich bin überzeugt, dass ein Diners-Club-Karteninhaber stolzer Besitzer ist und er gegenüber dem Vertragsunternehmen eine Identifikation als kreditwürdige Geschäftsperson anerkannt wird.

Gibt es Mindesteinkommensgrenzen für den Erwerb einer Diners Club Card?

Ja. Diese Schwelle liegt mit 35 000 Euro im Jahr aber nicht allzu hoch. Wenn Kartenanträge abgelehnt werden müssen, ist in der Regel nicht das Einkommen das Problem, sondern die Schufa-Auskunft. Die Ablehnungsrate liegt etwa bei fünf bis zehn Prozent.

Wie unterscheidet sich das Geschäft von Diners Club in Deutschland und der Schweiz?

Der große Unterschied liegt darin, dass die Gewohnheit mit der Kreditkarte zu bezahlen in der Schweiz viel alltäglicher ist.

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