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Ringen mit den Regulatoren: Wie viel Eigenständigkei tbraucht Europa?

sb - Peter Ehmke, der neue General Manager Deutschland bei Mastercard, ist ein Paradebeispiel für das neue Selbstver ständnis des Kartenunternehmens. Als Neuling bei Mastercard kann er unbelastet von früheren Traditionen die Positionierung eines börsennotierten Unternehmens vertreten, das Banken und Akzeptanten gleichermaßen als Kunden ansieht, die es zufriedenzustellen geht. Und durch seine Tätigkeit vor allem bei ausländischen Banken, ist seine Perspektive noch einmal eine andere, als sie es etwa bei einem ehemaligen Sparkässler wäre.

Mastercard fühlt sich missverstanden

Die an Ehmke so augenfällige Neuausrichtung seit dem Börsengang im Mai 2006 hat Mastercard zumindest in Europa bekanntlich wenig genutzt. Mit dem Wandel zu einer börsennotierten Gesellschaft haben die Banken ihren Einfluss verloren. Doch das davon erhoffte größere Verständnis seitens der Regulatoren ist wenigstens in Europa ausgeblieben, wie die Interchan-ge-Entscheidung der EU-Kommission vom 19. Dezember 2007 nicht deutlicher hätte zeigen können. Damals hatte die Kommission das Unternehmen aufgefordert, die Intra EEA Fallback Interchange Gebühren, die sich auf 27 der 51 zu Mas tercard Europe zählenden Länder beziehen, bis zum 21. Juni dieses Jahres aufzuheben.

Wie angekündigt hat Mastercard Europe dagegen nun Anfang März in erster Instanz Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Die Überzeugung, in der gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgreich zu sein, gründet sich vor allem auf drei Punkte:

Zum einen habe die Kommission nicht anerkannt, dass ein Vier-Parteien-System nicht ohne eine Interchange-Regelung auskommt, die bilaterale Vereinbarungen zwischen Kartenemittenten und Händlerbanken ersetzt.

Ferner sei das Anerkennen der Leistungsfähigkeit des Vier-Parteien-Systems und die Angemessenheit der beanstandeten Sätze verweigert worden.

Und schließlich sei Mastercard ungeachtet des Börsengangs als Vereinigung von Unternehmen bewertet und damit unzutreffend charakterisiert worden. Gleiches gelte folglich auch für die Bewertung der Interchange als von einer Vereinigung getroffenen Entscheidung.

Gerade der letztgenannte Punkt muss die Verantwortlichen in Waterloo besonders erbittern, zeigt er doch, wie schwer es ist, die Position in der Auseinandersetzung zumindest mit den Regulatoren zu verbessern. Die Pressemitteilung anlässlich der Klage beim Europäischen Gerichtshof spricht denn auch eine deutliche Sprache: Die Formulierungen lassen durchblicken, dass man die Kommission der unverbesserlichen Sturheit verdächtig. Zu tief sitzt bei den Kommissaren vermutlich das Misstrauen gegen den "amerikanischen Gorilla" und die Branche insgesamt. Ob es einer Europay besser gelungen wäre, sich mit der Kommission zu einigen, sei dahingestellt und ist ohnehin müßige Spekulation.

Auch der weitere Fortgang der Verhandlungen von Visa mit der EU-Kommission über eine neuerliche Freistellung der Inter -change-Sätze wird - mit welchem Ergebnis auch immer die Gespräche letztlich enden - schwerlich als Indiz dafür herhalten können, ob der Charakter als eigenständiges europäisches Unternehmen das Wohlwollen der europäischen Wettbewerbshüter erhöht. Allzu viele verschiedene Faktoren dürften hier hineinspielen.

Und dennoch: Nach dem vor Ostern erfolgreich vollzogenen Börsengang von Visa Inc. hat Visa Europe die Gelegenheit nicht ausgelassen, erneut auf den weiter fortbestehenden Status einer Mitgliederorganisation hinzuweisen, bei der die 4 600 europäischen Mitgliedsbanken das Sagen haben. Begründet wird diese Entscheidung mit Sepa: Der Zahlungsverkehr in Europa befinde sich an einem kritischen Punkt seiner Entwicklung. Eine eigenständige Organisation Visa Europe wird dabei als Antwort auf die spezifisch europäischen Herausforderungen hervorgehoben.

Neue Dezentralisierung bei Mastercard?

Auch Mastercard hat darauf mittlerweile eine neue Antwort gegeben: Für europäische Projekte wie das kontaktlose Zahlen wurde der Geschäftsbereich "European Business Development" neu geschaffen. Die Kehrtwende hin zu einer neuen Dezentralisierung als indirektes Eingeständnis, dass die "Eingemeindung" der früheren Europay in Mastercard vielleicht doch nicht der richtige Weg war, soll dies jedoch ausdrücklich nicht sein. Vielmehr ist der neue Geschäftsbereich zwar dazu da, europaweite Projekte zu koordinieren. Dabei soll er aber gerade besseren Zugriff auf die weltweiten Ressourcen des Unternehmens haben als dies aus den einzelnen Märkten heraus möglich wäre.

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