Geldkarte

Tabakautomaten: Ein Zukunftsrisikobleibt

Jährlich werden in Deutschland über eine Milliarde Zigarettenpackungen über Automaten verkauft, dies entspricht einem stabilen Marktanteil von etwa 23 Prozent am Gesamtmarkt Fabrikzigarette. Obwohl bereits an 430 000 Geräten bargeldlos mit der Geldkarte gezahlt werden kann, nutzen die Endverbraucher derzeit noch fast ausschließlich Münzen oder Scheine, um ihre Lieblingsmarke zu bezahlen. Dieses Zahlverhalten kann sich schon bald zugunsten der Geldkarte verändern, denn ab dem 1. Januar 2007 wird sich kein Zigarettenautomat mehr damit zufrieden geben, dass man ihn nur noch mit dem fälligen Geldbetrag füttert.

Karte rein, Packung raus! gilt dann an allen 500 000 Zigarettenautomaten und bedeutet konkret: Bevor das Gerät die Lieblingsmarke auswirft, müssen Käufer zuerst mittels ihrer Kontokarte mit Chip und integriertem Jugendschutzmerkmal nachweisen, dass sie über 16 Jahre alt sind. Diese Karte gilt es in den passenden Kartenschlitz zu schieben. Nur wenn die Prüfung des Jugendschutzmerkmals ergibt, dass der Kunde das für den Tabakkauf notwendige Alter erreicht hat, ist der Automat verkaufsbereit. Bezahlen kann der Kunde anschließend dann entweder über die geladene Geldkarte oder auch weiterhin mit Bargeld.

Chance für die Geldkarte

Die Pflichtnutzung der Bankkarte an Zigarettenautomaten zum Nachweis der Altersberechtigung wird zur Chance für die Geldkarte-Funktion, sich als Zahlalternative bei 17 Millionen Rauchern durchzusetzen. Denn das Verfahren Legitimieren und Zahlen über die Karte ist von der Handhabung her schnell und einfach, und es entfällt dadurch für die Verbraucher die tägliche Suche nach und Versorgung mit den passenden Münzen.

Hintergrund dieser technischen Umrüstung aller Zigarettenautomaten ist das novellierte Jugendschutzgesetz in der Fassung vom Juli 2002, welches den Automatenbetreibern vorschreibt, dass nur noch dann Tabakwaren über öffentlich zugängliche Automaten (auch in der Gastronomie) vertrieben werden dürfen, wenn durch

eine technische Vorrichtung

oder ständige Beaufsichtigung

sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche unter 16 Jahre sich dort nicht mehr bedienen können. Diese Vorgabe für Zigarettenautomaten tritt am 1. Januar 2007 in Kraft.

Der Bundesverband Deutscher Tabakwa-ren-Großhändler und Automatenaufsteller e.V.(BDTA) hat sich bereits Ende der neunziger Jahre intensiv mit den technischen Möglichkeiten einer sicheren Altersprüfung an Zigarettenautomaten beschäftigt. Unterstützt wurde der BDTA dabei von den Beratungsdienstleistern TÜV-Rheinland und Roland Berger Strategy Consultants. Anhand verschiedener Bewertungskriterien kamen beide Beratungsgesellschaften letztendlich zu dem Schluss, dass die Bankkarte mit Chip von Banken und Sparkassen das ideale Medium sei, um zukünftig die Berechtigungsprüfung von Käufern an Zigarettenautomaten zu ermöglichen. Voraussetzung sei allerdings, dass auf möglichst allen kontogebundenen Karten ein Altersmerkmal des Karteninhabers hinterlegt wird.

Grundvoraussetzung Datenschutz

In ihren Gutachten begründeten beide Beratungsunternehmen unabhängig voneinander ihre Empfehlung mit dem sehr hohen Verbreitungsgrad von Kontokarten in der Bevölkerung, der Werthaltigkeit dieses Mediums - Weitergabe der Bankkarte an Dritte ist faktisch auszuschließen -, der technischen Adaption dieser Kartenlösung auf alle Automatengenerationen sowie mit der Kombination von Legitimations- und Zahlfunktion in einem Medium. Auch Teile der deutschen Kreditwirtschaft haben frühzeitig die Ansicht vertreten, dass über die Implementierung einer Zusatzanwendung Jugendschutzmerkmal auf dem Geldkarte-Chip neue Anwendungsbereiche und somit Kundenpotentiale für die bis dato unterdurchschnittlich akzeptierte Geldkarte-Funktion erschlossen werden könnten und das Kartengeschäft insgesamt dadurch profitabler gestaltet werden kann.

Entscheidend für die Fortentwicklung dieser Projektidee und das Aufsetzen möglicher Kooperationsvereinbarungen mit den im Zentralen Kreditausschuss vertretenen Verbänden der Kreditwirtschaft war, ein technisches Konzept zur "Personalisierung" von Bankkarten zu entwickeln, gegen das keine datenschutzrechtlichen Bedenken bestehen.

Der von den Landesbeauftragten für Datenschutz geprüfte und für einwandfrei befundene Verfahrensweg sieht nunmehr vor, dass einen Altersvermerk diejenigen Karteninhaber auf ihre Chipkarte erhalten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Dieser Vermerk ist ohne jegliches Datum, so dass eine Personenbeziehbarkeit nicht vorhanden ist und es einer Einwilligung des Karteninhabers zur Aufbringung auf die Chipkarte nicht bedarf.

Lediglich bei minderjährigen Karteninhabern erhält der Vermerk das verschlüsselte Geburtsdatum. Von diesem Datum aus kann das Lesegerät überprüfen, ob der Inhaber der Karte bereits 16 Jahre alt ist und dementsprechend den Zugang zu dem Automaten eröffnen oder verweigern. Die Einholung der datenschutzrechtlich erforderlichen Einwilligung zu der Aufbringung des Datums auf dem Geldkarte-Chip bei minderjährigen Kunden erfolgt mit dem Antragsformular bei der Kontoeröffnung in den Instituten.

Zukunftsrisiken bleiben

Bereits im Jahre 2003 haben Institute der Sparkassen-Finanzgruppe und von Volks- und Raiffeisenbanken damit begonnen, Karten nach dem oben genannten Verfahren mit Jugendschutzmerkmalen auszustatten und haben diesen Weg bei den jährlichen Kartenaustauschmengen auch kontinuierlich fortgeführt.

Zum jetzigen Zeitpunkt nicht ermitteln lässt sich allerdings eine verlässliche Größenordnung, wie viele kontogebundene Bankkarten mit Chip ab 2007 am Markt tatsächlich verfügbar sind und wie viele davon bereits das Jugendschutzmerkmal enthalten. Aufgrund der fehlenden Einheitlichkeit bei der Kartenausstattungsstrategie von allen Banken und Sparkassen ist allerdings sicher davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt nicht automatisch jeder Bankkunde eine Kontokarte mit Chip erhält, und ebenso sicher ist auch, dass nicht jede ausgegebene Chipkarte schon ein Jugendschutzmerkmal enthalten wird.

Daher verbleiben für den Automaten aufstellenden Handel auch immense Zukunftsrisiken. Ein jährliches Umsatzniveau von 4,5 Milliarden Euro, das über Zigarettenautomaten erwirtschaftet wird, steht auf dem Spiel.

Aufklärung als Schlüssel zum Erfolg

Der Schlüssel zum Erfolg liegt daher in der lückenlosen Aufklärung aller berechtigten Raucher über das Umstellungsdatum, die Pflichtnutzung ihrer Kontokarte ab 1. Januar 2007 und über die notwendige Ausstattung seiner Karte mit einem Chip und Jugendschutzmerkmal, die er schon vor diesem Datum überprüfen sollte.

Der Sachverhalt, den die Automatenbetreiber kommunizieren müssen, ist sehr komplex, die Information unter den Rauchern über die stichtagsbezogene Änderung am Automaten bisher nur spärlich vorhanden, und sie korreliert zudem vom Umsetzungszeitpunkt her betrachtet mit anderen wesentlichen Änderungen wie beispielsweise der Mehrwertsteuererhöhung. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kenntnisstand in der Bevölkerung, ob die Karte im Portemonnaie über einen Chip verfügt und dieser auch noch das Jugendschutzmerkmal trägt, faktisch nicht gegeben ist.

Zehn Millionen Euro Werbeaufwand

Simplifizieren und nicht verkomplizieren und dramatisieren ist daher die Aufgabe der bundesweiten, über zehn Millionen Euro teuren Werbekampagne der Aufstellerbranche. Bezieht man die betrieblichen Bordmittel (500 000 Automatenflächen und 4 000 Betriebsfahrzeuge) in die Bewertung mit ein, liegt der Werbewert gar bei etwa 20 Millionen Euro.

Damit bis Ende 2006 auch jeder Endverbraucher weiß, dass er sich bei jedem Kauf am Automaten mit seiner Bankkarte mit Chip und Jugendschutzmerkmal legitimieren muss, entwickelten die renommierten Medienagenturen fischer Appelt, Zum goldenen Hirschen/Ad Publica und Pilot-Mediaplanung im Auftrag des BDTA eine umfassende Kommunikationsstrategie. Angesprochen werden die Kunden über verschiedene Kanäle wie Werbung und PR-Arbeit.

Es ist das übergeordnete Ziel der Werbekampagne zum Jugendschutz, die veränderte Handhabung am Automaten rechtzeitig vor der Umstellung zu kommunizieren. Fest steht, der Raucher wird sich schon in der Silvesternacht umgewöhnen müssen, und ist seine Bankkarte nicht mit einem Jugendschutzmerkmal ausgestattet oder hat er seine Bankkarte nicht bei sich, bleibt für ihn der Weg zu Zigaretten verwehrt, auch dann wenn er längst das für den Kauf von Tabakwaren notwendige Alter erreicht hat. Einer solchen Situation soll die Kampagne vorbeugen.

Es dürfen bei den Kunden ab 2007 keine "Miss-Stimmungen" vor den Automaten entstehen, die Abwanderungen in Richtung Tankstelle, Facheinzelhandel oder Lebensmittelhandel zur Folge haben.

"Karte rein, Packung raus!"

"Karte rein, Packung raus!" so lautet der Slogan mit dem die Medien-Profis ab sofort für die Umstellung am Automaten werben. Unterstützt wird die Kernbotschaft auf allen Werbeträgern durch ein Bildmotiv, auf dem eine Bankkarte mit einer Zigarettenschachtel abgebildet ist. In einer Textzeile wird zudem auf die Notwendigkeit der Legitimation mit der ec-Karte mit Chip zum 1. Januar 2007 hingewiesen, und es werden auch die Zahlungsalternativen mit Bargeld oder Geldkarte dargestellt.

Mit dieser Botschaft wendet sich der BDTA an die 18 Millionen Raucher in Deutschland, um damit zu zeigen: Für den Kunden bleibt eigentlich alles beim Alten - bis auf die Kleinigkeit, dass man vor der Wahl seiner Lieblingsmarke nun zuerst die ec-Karte mit Chip in den Automaten schieben muss.

Begrifflichkeit "ec-Karte" soll Verständnis fördern

Um das Legitimationsinstrument beim Namen zu nennen, wurde bewusst die Begrifflichkeit ec-Karte mit Chip für die Kampagnenaussagen gewählt.

Dem BDTA ist schon bewusst, dass mittlerweile dieser Begriff in der deutschen Kreditwirtschaft nicht mehr verwendet wird und Banken und Sparkassen ein Produkt ec-Karte nicht mehr anbieten, letztendlich kommt es aber auf das Wahrnehmungsbild der Konsumenten an, und diese wissen mit der Nennung der ec-Karte genau, dass es sich um ihre Bankkarte handelt.

Mehrstufige Kampagne

Um diese Neuerung breitflächig zu kommunizieren, werden neben den eigenen Werbeflächen der Aufsteller (Innen- und Außenautomaten, Fuhrpark) die Werbeträger Kino, Online, Zeitschriften und Plakat zum Einsatz kommen. Die Kampagne wird in aufeinander abgestimmten Schritten an die Öffentlichkeit gehen.

Den klassischen Kampagnenauftakt bildet das Medium Kino. Insgesamt werden zwei verschiedene Kinospots ab dem 26. Oktober zehn Wochen in allen relevanten Kinos (Orte ab 20 000 Einwohner) zu sehen sein.

Beginnend ab November startet die Werbung im Internet. Hier werden vorwiegend die stark genutzten kostenlosen Mail-Portale (Free-Mailer), wie zum Beispiel AOL oder Freenet belegt.

Etwas später kommen die nationalen Printmedien zum Einsatz. Der Fokus wird dabei auf reichweitenstarke Publikums-Zeitschriften und Tageszeitungen, wie zum Beispiel Bild, Express, Bild am Sonntag, TV Spielfilm, Computer Bild oder Stern gelegt.

Um die Kampagne abzurunden und den Werbedruck noch weiter zu erhöhen, erscheint dann kurz vor Weihnachten das Kampagnen-Motiv auf den großflächigen Plakatmedien: City Light Poster, Ganzsäulen und Großflächen. Die Plakate werden eine Woche in den wichtigsten Landkreisstädten hängen.

Neben der Werbung im klassischen Sinn wird die Kampagne von einem umfassenden PR-Paket begleitet. Ziel ist es, den Konsumenten über Zeitungen, Funk und Fernsehen tiefer gehende Informationen zur geplanten Umstellung zu vermitteln und ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit und den Medien dafür zu schaffen, dass sich die Automatenbetreiber für den Jugendschutz engagieren.

Im Rahmen dieser Berichterstattung soll vor allem beim Endverbraucher verankert werden, dass er sich möglichst vor Ende des Jahres 2006 bei seiner Hausbank rückversichert, ob seine Bankkarte ab 2007 als Legitimations- und Zahlungsinstrument an Zigarettenautomaten eingesetzt werden kann.

Alles in allem erreicht die Kampagne über die klassischen Medien bundesweit über 80 Prozent der Zielgruppe (Personen im Alter von 18 bis 40 Jahren). Zusammen mit den eigenen Werbemitteln Automat und Fahrzeuge werden schätzungsweise 90 bis 95 Prozent der Kernzielgruppe angesprochen. In Verbindung mit den zahlreichen PR-Berichten dürfte keinem Endverbraucher die Botschaft "Karte rein, Packung raus" entgehen.

Grundlage für ein auch 2007 rentables Automatengeschäft

Eine Einschätzung darüber abzugeben, welche wirtschaftliche Bedeutung das Zigarettenautomatengeschäft in Deutschland nach der 300 Millionen Euro teuren Umstellung auf den Jugendschutz haben wird, fällt auch dem Autor schwer. Der Automaten aufstellende Handel hat zumindest alle notwendigen und möglichen Schritte eingeleitet, damit die Grundlage dafür gegeben ist, auch über 2007 hinaus das Automatengeschäft rentabel betreiben zu können. Die Automatennutzer entscheiden letztendlich durch ihr Kaufverhalten über Erfolg oder Misserfolg der Umrüstungsmaßnahme.

Der Autor stützt daher seine Einschätzung auf eine im Frühjahr dieses Jahres durchgeführte repräsentative Umfrage unter Automatennutzern und Nicht-Nutzern. Nachdem das ab 2007 notwendige Verfahren an Zigarettenautomaten den Befragten ausführlich erklärt wurde, gaben über 80 Prozent der derzeitigen Automatennutzer an, dass sie auch unter den neuen Voraussetzungen den Automaten als Einkaufsstätte für Tabakwaren nutzen wollen, und immerhin 25 Prozent der Befragten können sich zudem vorstellen, auch mit der Geldkarte bargeldlos zu bezahlen.

Die Milliarden-Packungsgrenze der Vorjahre wird im Geschäftsjahr 2007 an den 500 000 Geräten nicht erreicht werden, ein Absatzziel allerdings nahe dieser Schwellengrenze scheint durchaus realistisch.

Kreditwirtschaft am Zug

Auch der Einsatz der Geldkarte als Zahlsystem wird sich vervielfachen. Wurden 2005 noch weniger als 40 Millionen Transaktionen durch Endverbraucher getätigt, so ist alleine an Zigarettenautomaten das Potenzial für mehrere hundert Millionen Transaktionen jährlich gegeben.

Dieses Potenzial muss vor allem durch eine verstärkte Informationspolitik und die Bereitstellung einer entsprechenden Ladeinfrastruktur in den kreditwirtschaftlichen Instituten entwickelt und erschlossen werden.

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