Marktstrategien

Zahlungsverkehr der Zukunft: Mobiltelefon statt Bargeld

Nicht nur die Einführung des einheitlichen Zahlungsmarktes (Sepa), der zunehmende Wettbewerb unter den Anbietern, die Einführung neuer technischer Standards, sondern auch die zu nehmende Verdrängung des Bargeldes durch innovative Zahlverfahren zeigen, dass nahezu alle Bereiche des Kartenmarktes in Bewegung sind.

Eigentlich sollte es den violetten Schein mit dem Konterfei von Inche Yusuf bin Ishaq schon gar nicht mehr geben. Als einziges Land der Welt gab Singapur Anfang des Jahrtausends bekannt, bis zum Jahr 2008 das Bargeld abzuschaffen. Doch bis heute klingen auch an der Straße von Malakka die Münzen.

Fingerabdruck auf dem Vormarsch

Statt in der Weltstadt Singapur hat die bar geldlose Zukunft im pfälzischen Rülzheim begonnen. Wer bei einer dort ansässigen Lebensmitteleinzelhandelskette einkauft, braucht schon seit 2004 weder Geldbeutel noch Karten-Etui. Die Fingerspitze des rechten Zeigefingers zahlt bei allen angemeldeten Kunden die Rechnung.

Kein Kleingeld, keine Karten, keine Geheimnummern - das sogenannte Digi-proof-System, das von der Firma It-Werke entwickelt wurde, identifiziert den Kunden anhand seines unverwechselbaren Fingerabdrucks und autorisiert die Zah lung. Anschließend wird das Geld vom Girokonto des Kunden eingezogen.

150 Händler vor allem in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen setzen das Verfahren mittlerweile ein. Die Kunden lieben es, mit ihrem Fingerabdruck zu bezahlen. In den Märkten mit biometrischer Kasse nutzt bereits ein Viertel der Kunden die neue Zahlungsmöglichkeit. Hier hat man geschafft, wovon viele Lebensmittelhändler träumen: Der Anteil bargeldloser Zahlungen ist in einigen Märkten auf 30 Prozent gestiegen. Etwa die Hälfte wird der Einführung von Digiproof zugerechnet.

Bei älteren Kunden beliebt

Und es sind nicht einmal die jungen, technikbegeisterten Konsumenten, die per Fingerzeig bezahlen. Zwei Drittel aller er fassten Kunden sind 40 Jahre und älter, einige weit über 70 Jahre. Gerade für ältere Kunden ist es eine Erleichterung, wenn sie sich keine PIN merken und beim Bezahlen die Lesebrille stecken lassen können. Der Rentner von heute kramt nicht mehr nach der Cent-Münze, sondern streckt lässig den Finger ins High-Tech-Terminal. Und auch für die Jüngeren geht es an der Kasse kaum schneller, bequemer und vor allem sicherer als mit Digiproof. Denn fälschungssicher sind die eigenen Finger sowieso.

Kein Wunder, dass es bereits Überlegungen gibt, das Verfahren als flächendeckendes Zahlungsmittel zu etablieren. Dank der heutigen Datenbanktechnik könnten Millionen von Fingerabdrücken verwaltet und innerhalb weniger Sekunden am PoS abgeglichen werden.

Keine internationale Standards

In Bankkreisen ist man da skeptischer. Denn dem System fehlen bisher die Abwicklungsstandards, die im internationalen Geldverkehr unab dingbar sind, damit bargeldlose Transaktionen schnell und zuverlässig auch über die Grenzen hinweg ausgeführt werden können. Bei Debit- und Kreditkarten gelten diese Standards seit langem. Doch bei Systemen, die biometrische Daten nutzen, müssen sie erst noch entwickelt und eingeführt werden.

Bis Digiproof genauso selbstverständlich eingesetzt werden kann wie die heute üblichen Karten, sind daher Millioneninvestitionen nötig. Und es wird sicherlich noch einige Zeit vergehen, ehe der Zeigefinger zum vollwertigen Zahlungsmittel wird. Näher an der Realität sind da sogenannte kontaktlose Bezahlverfahren. Sowohl Mastercard als auch Visa haben mit Paypass und Paywave im vergangenen Jahr funktionsfähige Lösungen präsentiert.

Kontaktlos bezahlen: Schub durch EMV

Dabei sorgt ein RFID-Chip auf der Karte für die Kommunikation mit dem Kassenterminal. Statt die Karte wie bisher in das Gerät zu stecken oder durchzuziehen, genügt es, den Chip bis auf wenige Zentimeter an das Lesegerät heranzuführen. Bei kleineren Beträgen ist nicht einmal eine Autorisierung mit Geheimzahl oder Unterschrift erforderlich. Dadurch vereinfacht das System den Bezahlvorgang bei vielen Alltagseinkäufen erheblich. Um zu bezahlen, braucht der Karteninhaber seine Paypass- oder Paywave-Karte nur sehr kurz vor ein Radiofrequenz-Lesegerät an der Kasse zu halten. Alle erforderlichen Informationen werden dann drahtlos übertragen und die Zahlung wird wie gewohnt durchgeführt. Das Verfahren basiert auf der Kombination von RFID-Funktechnologie und EMV-Chip und sorgt so für einen durchgängig hohen Sicherheitsstandard. Mit der vollständigen Einfüh rung des EMV-Standards auf Seiten der Banken und Sparkassen wird dieses Verfahren einen zusätzlichen Schub in Sachen Akzeptanz erhalten.

Kontaktlose Zahlungsverfahren sind vor allem für Geschäfte geeignet, die viele Zahlungen abwickeln und für die ein schneller Zahlungsvorgang wünschenswert ist. Dazu gehören Fast-Food-Ketten genauso wie Cafés, Zeitungshändler, Parkhäuser oder Selbstbedienungsautomaten. Der Markt für das bargeldlose Bezahlen von Kleinstbeträgen ist enorm groß, wie Beispiele aus dem europäischen Ausland zeigen. So werden in Großbritannien jährlich bei Bargeldtransaktionen 250 Milliarden Pfund umgesetzt, 80 Prozent davon mit einem Wert unter zehn Pfund.

Und auch die Verbraucher stehen dem neuen System positiv gege nüber. In einer europaweiten Befragung hat Visa herausgefunden, dass ein großer Teil die schnelle und bequeme Zahlungsart nutzen wür de und darin eine echte Alternative zum Bargeld sieht. Das gilt besonders dann, wenn der RFID-Chip nicht mehr in eine Karte integriert ist, die erst aus dem Portemonnaie geholt werden muss. Die Kreditkartenunternehmen denken bereits über Schlüsselanhänger, Armbänder und Uhren nach, die den Chip tragen sollen und mit denen man praktisch "im Vorübergehen" bezahlen kann. In den USA ist dies bereits Wirklichkeit. In Europa ist das System seit dem vergangenen Jahr im Einsatz: Zusammen mit der Bayern-LB und deren Direktbanktochter Deutsche Kreditbank AG gibt die Lufthansa in Kooperation mit Mastercard seit Januar 2008 an alle bestehenden Kunden neue Kreditkarten aus, die Paypass unterstützen.

Mobiltelefon: Größte Konkurrenz für das Bargeld

Allerdings setzt Paypass auch eine entsprechende technische Ausstattung der Akzeptanzstellen voraus, sodass im ers ten Quartal 2008 zunächst nur an den Flughäfen Frankfurt und München per Paypass bezahlt werden kann. Bei Beträgen bis 25 Euro ohne PIN-Eingabe oder Unterschrift auf der Quittung. Bei Beträ gen über 25 Euro ist weiterhin eine PIN-Eingabe oder eine Unterschrift erforderlich. In der Schweiz hat Visa im Februar in Kooperation mit der Cornèr Bank die erste kontaktlose Karte eingeführt.

Zur größten Konkurrenz für das Bargeld dürften aber die Mobiltele fone werden. Ähnlich wie Hausschlüssel und Portemonnaie haben die meisten Menschen ihr Handy immer griffbereit. Seit Ende der neunziger Jahre existiert die Vision, dass Kredit- oder Debitkarte mit der SIM-Karte des Handys verschmelzen. Per Knopfdruck könnte der Kunde dann an der Kasse den Bezahlvorgang auslösen und er hält später eine Rechnung von seinem Mobilfunk-Provider oder Kreditkartenanbieter. Die Autorisierung erfolgt per SMS.

Naht der Durchbruch?

Seit rund acht Jahren arbeiten Telefonher steller, Mobilfunkbetreiber und Kartenanbieter an alltagstauglichen Systemen, mit denen das Handy zum Bezahlen eingesetzt werden kann. In nicht ferner Zukunft könnte hier der Durchbruch gelingen, denn eine gemeinsame Initiative von Vodafone und O2 führt nahezu 13 Millionen Vertragskunden zusammen.

Doch es ist nicht nur das große Potenzial von Kunden, das das Mobiltelefon zum Favoriten unter den Zahlungsmitteln der Zukunft macht. In Kombination mit kontaktlosen Systemen scheint das Telefon die Nase vorn zu haben, denn im Zusammenspiel mit dem Handy ergeben sich aus Sicht von Mastercard interessante Perspektiven.

Und auch Visa setzt auf die Kombination von kontaktlosen Zahlungssystemen und dem Mobiltelefon. Seit Herbst 2007 läuft im Rhein-Main-Gebiet ein Praxistest unter dem Titel "RMV2Go", an dem auch Nokia und T-Systems beteiligt sind. Dabei wer den Einzelhändler entlang der stark frequentierten S-Bahnlinien zwischen dem Frankfurter Flughafen und der Innenstadt mit speziellen Lesegeräten ausgestattet werden, bei denen dann ausgewählte Testkunden mit ihrem Handy bezahlen können, in die auch schon das Ticketing integriert ist. Verläuft der Test erfolgreich, soll die Zahl der Akzeptanzstellen erhöht werden und jedermann die Möglichkeit bekommen, rund um die S -Bahnhöfe des Rhein-Main-Verkehrsverbunds mit seinem Mobiltelefon zu bezahlen.

Bargeld auf dem Rückzug

Ganz gleich, ob Fingerabdruck, kontaktlose Medien oder Handys: Die Bedeutung des Bargelds wird weiter zurückgehen. Während laut Erhebungen des EHI Retail Institute 1994 der Baranteil bei 78,7 Prozent lag, so liegt er heute bei etwas mehr als 60 Prozent. Die Sparkassenorganisation geht davon aus, dass im Jahr 2010 nur noch etwa die Hälfte aller Einkäufe in bar beglichen wird. Selbst klassische Bar geschäfte werden mittlerweile ohne Münzen und Scheine abgewickelt, so wie in der Bürgersaalkirche in der Münchner Fußgängerzone. Neben dem traditionellen Opferstock steht dort ein Terminal der kirchlichen Liga-Bank, das alle gängigen Karten akzeptiert und nach der Spende sofort die dazugehörige Quittung ausdruckt.

Solche Beispiele - auch wenn sie noch nicht gängige Praxis sind - machen deutlich, dass Zahlungsverkehrsanbieter in einer immer komplexeren und sich immer schneller verändernden Welt zunehmend flexibler und schneller auf diese teilweise großen Herausforderungen reagieren müssen, um das im Markt der alltäglichen Zahlungsvorgänge erhebliche Umsatzpotenzial zu heben und die den Ertrag steigernden Produkte zu entwickeln.

Concardis hat die Zeichen der Zeit erkannt und wird sein Produktportfolio an die Zukunft des bargeldlosen Bezahlens anpassen. Denn eines bleibt sicher: Alle bar geldlosen Zahlungen werden letztlich dem Konto des Kunden belastet. Einem effizienten Zahlungsverkehrsdienstleister gehört deshalb die Zukunft!

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