Biometrie senkt Vertriebshürden von E-Geld

Emittenten von E-Geld erfahren viel Gegenwind, wenn sie ihre Produkte auf Finanzmärkten mit einem dichten Netz von Banken einführen, die eine große Fülle an Dienstleistungen bieten. Wie bei allen Finanzprodukten müssen auch beim E-Geld bestimmte Sorgfaltspflichten erfüllt werden. So sind Institute gesetzlich verpflichtet, neue Kunden einer Legitimationsprüfung zu unterziehen: Die sogenannte Know-your-customer-Prüfung (KYC) stellt eine besondere Hürde dar, wenn es um die Vermarktung geht. Wenn sich aber bei E-Geld-Produkten, die ja für die Zahlung von Kleinbeträgen bestimmt sind, Kunden ausweisen oder einen Nachweis ihrer Adresse vorlegen müssen, verlangsamt das nicht nur den Verkaufsprozess, sondern beeinträchtigt auch die Nutzererfahrung. Wer beispielsweise einen Online-Geschenkgutschein an einen Freund verschickt oder mittels E-Geld sein Handyguthaben auflädt, möchte im Vorfeld keinen aufwendigen Identifikationsprozess durchlaufen.

Neue Geldwäscherichtinie erschwert den Vertrieb

Aus diesem Grund beinhaltete die dritte EU-Geldwäscherichtlinie (3MLD) für E-Geld-Produkte gewisse Ausnahmen, bei denen Institute von einem vereinfachten Verfahren zur Kundenüberprüfung - Simplified Due Diligence (SDD) - profitiert haben. Allerdings sind mit der im März 2014 verabschiedeten vierten Geldwäscherichtlinie (4MLD) Regelungen eingeführt worden, die eine derartige Anwendung des SDD-Konzepts einschränken: Unter 4MLD gilt SDD für E-Geld-Produkte nur in denjenigen Mitgliedsstaaten der EU, die sich gemäß ihrer eigenen Risikobewertung der E-Geld-Branche individuell dafür entscheiden. Doch selbst dann sind die Ausnahmen auf Zahlverfahren ohne Aufladefunktion und mit einer Höchstgrenze von 250 Euro beschränkt, die ausschließlich für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen genutzt werden. Beispiele sind Prepaid-Tankkarten, Gutscheinkarten für Einkaufszentren, Prepaid-Kreditkarten zum Verschenken und Prepaid-Guthaben für den Online-Kauf wie etwa bei der Paysafecard. Nicht gültig sind die Ausnahmen dagegen bei Peer-to-Peer-Zahlung, bei der E-Geld von einem zum anderen User übertragen wird, und bei der Bareinlösung von E-Geld.

Die SDD-Änderungen unter 4MLD sind teilweise darauf zurückzuführen, dass bestimmte EU-Mitgliedsstaaten und Regulierungsbehörden im Zusammenhang mit E-Geld weniger tolerant sind als andere. Werden aber anstatt eines einheitlichen SDD-Ansatzes abweichende Vorgehensweisen der einzelnen Staaten gefördert, entstehen für E-Geld-Institute Markteintrittsbarrieren. Das trifft besonders auf diejenigen Institute zu, die innerhalb des europäischen Binnenmarktes grenzüberschreitend tätig sind. Abhilfe schaffen könnten Identifikationsprozesse auf Basis von biometrischen Daten. In den meisten EU-Staaten werden inzwischen elektronische Personalausweise, biometrische Reisepässe (E-Pässe) oder Fingerabdruckscans verwendet.

Um diejenigen Kunden zu erfassen, die noch keinen neuen biometrischen Ausweis besitzen, könnten Händler am PoS beispielsweise Fingerabdruckscanner einsetzen. Viel effizienter wäre jedoch eine Scanand-Pay-Technologie, bei der der Kunde sich über sein mobiles Gerät identifiziert. Scan-Technologien werden heute bereits in vielen Bereichen angewendet: Smartphone- und Computernutzer können ihr Gerät mittels Fingerabdruck entsperren und Flugpassagiere mittels Netzhautscan ihre Identität überprüfen lassen.

Mit der biometrischen Identifikation wäre der Identifikationsprozess allerdings noch nicht abgeschlossen. E-Geld-Institute müssten immer noch sämtliche Kundenkonten laufend überwachen, um ungewöhnliche oder verdächtige Aktivitäten zu erkennen. Beim Aktivieren und Nutzen eines elektronischen Bezahlverfahrens lassen sich aber auch Informationen wie IP-Adresse, E-Mail-Adresse und Mobiltelefonnummer abfragen - erst aus der Kombination von diesen und den biometrischen Daten ließe sich ein Kundenprofil erstellen, das die gesetzlichen Identifikationsvorschriften erfüllt. Gleichzeitig würden alle diese Daten dazu beitragen, die PoS-Prozesse zu vereinfachen.

Compliance-Anforderungen und Nutzerfreundlichkeit vereinbaren

Dabei gelten für E-Geld-Institute genau wie für alle anderen Finanzinstitute strenge Datenschutzbestimmungen. Bei bestimmten E-Geld-Produkten sind Kunden es bereits gewohnt, vor dem Kauf persönliche Daten preisgeben zu müssen, etwa durch eine Personalausweiskopie oder einen Adressnachweis. Wenn es um E-Geld-Zahlungsmittel für Kleinbeträge geht, ist diese Vorgehensweise jedoch alles andere als elegant. Demgegenüber bietet die Überprüfung des Fingerabdrucks oder des E-Ausweises eine einfache, schnelle und automatisierte Lösung. Sie erfüllt die KYC-Vorschriften, ohne den Verkaufsprozess zu beeinträchtigen oder das Vertriebspersonal mit der Überprüfung von Ausweispapieren zu belasten. Aufwendige Compliance- und Dokumentationsprozesse an den Verkaufsstellen werden dadurch ebenso ersetzt wie die Schulung des Personals zur Überprüfung von Ausweisdokumenten.

John Fernandez, Rechtsberater, PPRO Financial Ltd, London

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