PAYMENT-TRENDS

Buy Now Pay Later - die Rückkehr des Ratenkaufs

Matthias Trusheim, Foto: Scalapay

Buy Now Pay Later, kurz BNPL, entspricht ganz dem Zeitgeist. Da ist sich Matthias Trusheim sicher. Kunden profitieren von einer ganz neuen Flexibilität und Bequemlichkeit. Das wiederum verhilft Händlern zu höheren Warenkörben, aber auch dabei, neue Kunden zu gewinnen und sie zu Wiederkäufern zu machen. Deshalb ist der digitale Ratenkauf auch im stationären Einzelhandel auf dem Vormarsch. Deutschland, so Trusheim, ist für BNPL, wie für andere Innovationen auch, kein ganz einfacher Markt. Das Potenzial ist dennoch groß. ed.

In einer aktuellen Händlerbefragung, die das Forschungs- und Beratungsinstitut Ibi Research an der Universität Regensburg im Auftrag der Teambank durchgeführt hat, wurden über 270 Händler zu ihren Anforderungen an ein Ratenkauf-Produkt, den bisherigen Anbietern und ihre Erfahrungen befragt. Händler bestätigten darin, dass mit Einführung der Ratenzahlung sowohl der Umsatz als auch die Kundenzufriedenheit gestiegen sei. Vor allem der Kauf höherpreisiger Waren ist einfacher zu realisieren, da die Ratenzahlung eine flexiblere Zahlungsmöglichkeit bietet. Dies zeigt, dass der "alte" Ratenkauf wieder äußerst beliebt ist.

Neue Algorithmen und neue Zielgruppen

Die Art und Weise, wie Händler Zahlungen und Überweisungen akzeptieren, verarbeiten, abgleichen und verwalten, hat direkt Einfluss auf Konversionsraten und Umsatz. Eine Zahlungsmethode, die aktuell ein enormes Wachstum in der Kundenakzeptanz erfährt, ist das sogenannte "Buy Now Pay Later", also die Option, Waren und Dienstleistungen in Raten über einen längeren Zeitraum zu bezahlen, oft ohne zusätzliche Zinsen. Auch in Deutschland ist BPNL im Kommen: Anbieter wie Scalapay und Klarna haben in diesem Bereich hierzulande längst Fuß gefasst.

Die Idee der Ratenzahlung an sich ist nicht neu. Allerdings haben erst die jüngsten Fortschritte im Fintech-Bereich Algorithmen hervorgebracht, die Händlern eine bessere Risikoeinschätzung ermöglichen und diese Methode für sie profitabler macht. Gleichzeitig verlangen jüngere Geburtenjahrgänge beim Payment nach Wahlmöglichkeiten und zahlen nur selten mit Kreditkarten. Auch erweitert sich durch das aktuelle Wirtschaftsklima das Publikum für Ratenzahlungen auf ältere Generationen, die sich mit der Idee zuvor vielleicht noch nicht recht anfreunden konnten.

Eine weitere Studie der Teambank mit dem IFH Köln "Shopping 2020 - Entwicklungen des Konsumentenverhaltens und die Relevanz des Ratenkaufs" stellt fest, dass Ratenkäufe als Payment-Alternative immer wichtiger werden: Das Zahlungsverfahren gehört bei Warenkörben über 500 Euro inzwischen zu den präferierten Zahlungsverfahren deutscher Konsumenten. Vor allem diejenigen Konsumenten, die nicht auf ein neues, bestimmtes Produkt sparen wollen, sondern gerne spontan kaufen, interessieren sich vermehrt für eine Bezahlung auf Raten. Insgesamt sind deutsche Konsumenten dem Ratenkauf gegenüber zwar vorsichtig, aber nicht abgeneigt.

Weit über den Kauf auf Rechnung hinaus

Viele junge Leute kennen die früher übliche Bestellungen aus dem Katalog und die anschließende Bezahlung per Rechnung gar nicht mehr aus eigener Erfahrung. Sie kaufen also nicht aus Gewohnheit auf Rechnung, sondern weil es bequem ist. Insbesondere im Modesegment, in welchem die Retourenquote hoch ist, nutzen gerade jüngere Kunden gerne die Möglichkeit, sich zu Hause von der Ware zu überzeugen, noch ehe eine Zahlung fällig wird.

Dabei geht Buy Now Pay Later inzwischen weit über den reinen Kauf auf Rechnung aus dem Katalogzeitalter hinaus. Kunden, die BNPL nutzen, können sich ihre Zahlmethode aussuchen, Raten flexibel wählen oder auch einmal pausieren. Hinzu kommt, dass die Käufer immer ganz genau wissen, wo sich ihre Lieferung gerade befindet und welche Beträge fällig sind. Zu den Vorteilen gehört darüber hinaus, dass die Customer Journey nicht unterbrochen wird. Der Nutzer merkt also gar nicht, dass die Bezahlmethode beziehungsweise der Checkout von einem anderen Anbieter zur Verfügung gestellt wurde.

Ein echter Hype

In den letzten Monaten gab es einen echten Hype in der "Kauf jetzt, bezahle später"-Branche.

  • So hat das Fintech-Unternehmen Square den BNPL-Spezialisten Afterpay für 29 Milliarden US-Dollar übernommen - eine große Wette auf die wachsende BNPL-Branche.
  • Andere Player wie zum Beispiel Scalapay bekommen weitere Finanzierungsrunden in signifikanter Höhe zugeschrieben. Laut dem aktuellen Global Payments Report 2021 von FIS wird der globale BNPL-Markt bis 2024 von aktuell 78 Prozent auf mehr als 181 Prozent steigen.

Ein gigantisches Potenzial

Dieser deutliche Wachstumskurs lässt die etablierte Kreditwirtschaft sowie die Einzelhändler aufhorchen und ihre Anstrengungen zur Verbesserung des digitalen Nutzererlebnisses verstärken. Dazu tragen auch die durch die Corona-Pandemie bedingten Schließungen des Einzelhandels mit einem bis heute anhaltenden, veränderten Verbraucherverhalten bei, welche zu einem Anstieg des Online-Shoppings und der Akzeptanz neuer digitaler Zahlungsmethoden wie Buy Now Pay Later geführt haben.

Für die einen ist BNPL nur eine digitalisierte Version des Ratenkaufs - für andere ist es viel mehr: Nämlich die digitale Konsequenz der Wünsche der Käufer, direkt und am Point of Sale den Kauf einer Ware von der anschließenden Bezahlung zu entkoppeln. Flexibel, einfach und schnell - das erwarten die Kunden.

Somit ist es nur konsequent, dem Kunden in einem einfachen digitalen Prozess die Möglichkeit der Ratenzahlung anzubieten. Und damit sicherlich ein besseres Verfahren als die analog anmutende Überziehung des traditionellen Girokontos mir entsprechend hohen Zinsen, welche man viel später erst auf dem Kontoauszug sieht.

Das erwartete Buy-Now-Pay-Later-Potenzial ist daher gigantisch, denn bis 2026 sollen 24 Prozent aller weltweiten E-Commerce-Transaktionen via Buy Now Pay Later abgewickelt werden. Aktuell liegt diese Zahl noch bei 9 Prozent

Vorteile für Kunden und Händler

Kunden profitieren in vielerlei Hinsicht vom Rechnungskauf 2.0. Sie können sich die Ware in Ruhe ansehen, bevor sie diese bezahlen müssen. Zudem gilt die Bezahlung per Rechnung als sehr sicher, da keine persönlichen Daten wie Kontonummer oder Kreditkartennummer angegeben werden müssen.

Vor allem erlaubt BNPL den Kunden, Waren in Raten über einen bestimmten Zeitraum zu bezahlen, oft ohne zusätzliche Zinsen. Das geht online oder auch direkt beim Einkaufen im Shop, statt zunächst mit der Bank sprechen zu müssen. Aber nicht nur der Shopper profitiert, sondern auch der Händler. Zum einen kann er die Rechnungsabwicklung komplett an einen Dienstleister outsourcen. Besonders interessant ist jedoch der direkte Einfluss auf den Umsatz sowie die Loyalität der Kunden. Der Shopper nutzt diese Möglichkeit für höhere Warenkörbe und aufgrund der einfachen Ratenkaufoption kommt er immer wieder gern zum Shop zurück - sprich der Customer Lifetime Value erhöht sich.

Marketing- und Vertriebs-Tool für den Handel

Für den Händler ist zudem die Nutzung von BNPL eine Alternative zu hohen Mediainvestments in digitale Lead-Kampagnen. Denn durch den elektronischen Ratenkauf gewinnt der Händler neue Kunden. Online-Händler, die einen Kauf auf Rechnung anbieten, wirken zudem seriös. Aus Gastbestellern können so Stammkunden werden. Zudem ist die Abbruchquote während des Bestellvorgangs deutlich geringer als bei Shops, die keinen Kauf auf Rechnung anbieten.

BNPL wird so für Verkäufer zum Marketing- und Vertriebs-Tool und dient sehr skalierbar der direkten Steigerung des Geschäfts. Der Händler hat also die direkt messbare Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen, die bestehende Kundenbasis auszubauen und deren Frequenz zu steigern. Es entstehen weitere Touch Points, eine größere Dialog-Plattform und die Möglichkeit einer langfristigen Kundenbindung. Die einfache Handhabung und das sofortige Verständnis für den Mehrwert ist für den Shop-Inhaber ideal.

Mit Omni-Channel-Ansatz auch im stationären Handel

Bisher war der digitale Ratenkauf bei den aktuellen Marktteilnehmern nur online möglich und Käufer mussten sich einer Bonitätsprüfung unterziehen oder AGBs prüfen. Das ist für den Shopper lästig, zeitraubend und kostet sogar Zinsen. Mittlerweile gibt es jedoch BN-PL-Lösungen wie zum Beispiel von Scalapay, die einfach anwendbar funktionieren - sowohl im E-Commerce als auch im stationären Handel. Der Kunde kann seine Einkäufe im Laden genauso mit Ratenzahlungen durchführen, wie er es online gewohnt ist. Beim Checkout-Prozess wählt er, ob er seinen Kaufbetrag einfach in drei Monatsraten begleichen will - ohne Medienbruch und lästiges Beantworten weiterer Fragen. Im Geschäft zahlt er mit einer App oder er geht auf die Website. Nach dem Öffnen erfolgen eine kurze, einmalige Registrierung und die Auswahl eines Zahlungsmediums, zum Beispiel der Kreditkarte. Anschließend aktiviert der Kunde nur noch den dreimonatigen Zahlungsablauf. Der gesamte Set up-Prozess dauert dabei nicht länger als zwei Minuten.

Drei Viertel der Händler erwarten höhere Warenkörbe durch Ratenkauf Quelle: Teambank/Ibi Research, Ratenkauf im deutschen Einzelhandel - Status quo und Ausblick aus Händlersicht (2018)

Der Händler seinerseits braucht keine zusätzlichen Geräte oder Softwarelösungen. Hat er alle gewählten Artikel des Kunden im Kassensystem registriert, trägt der Kunde den Endbetrag auf der Kassenanzeige in der App ein. Anschließend werden ihm die Höhe seiner monatlichen Raten angezeigt sowie ein Barcode, welchen dann der Kassierer scannt und im Kassensystem die Zahlungsbestätigung einholt.

Die Angebotsvielfalt, die Informationsgeschwindigkeit, die gestiegene Mobilität und nicht zuletzt die Digitalisierung haben dafür gesorgt, dass der Kunde mittlerweile Vielfalt und Freiheit genießt und auch voraussetzt. Ein Händler wird dann erfolgreich sein, wenn er ganz nah am Kunden ist - in allen Belangen, denn je besser er die Gewohnheiten seiner Käufer kennt umso mehr kann er sein Angebot entsprechend adaptieren. Ein wichtiger Anreiz ist dabei ein bequemer Checkout-Prozess.

Die elektronische Ratenzahlung entspricht dem Zeitgeist

Der elektronische Ratenkauf stellt daher eine echte Option dar und entspricht dem Zeitgeist. Er wird dem Anspruch an modernstes Shopping vollumfänglich gerecht. Der Shopper erhält genau das, was er schlussendlich will: keine weiteren Formulare ausfüllen oder das Kleingedruckte lesen und auch nicht mit den Folgen verspäteter Zahlungen konfrontiert sein. Daher ist es nur konsequent, dem Kunden in einem einfachen Prozess die Möglichkeit der Ratenzahlung in dem Moment anzubieten, in dem er sie sich wünscht. Dies bringt das Shopping-Erlebnis auf eine andere Stufe und Shopping bleibt genau das, was es auch sein soll: Spaß, Erlebnis oder Belohnung.

Doch einfach hat es BNPL in Deutschland nicht. So wie mit allem Neuen! Bedenkenträgertum schlägt Begeisterungsfähigkeit. Statt sich über neue Technologien zu freuen braucht es erfahrungsgemäß auf deutschem Terrain etwas länger, bis sich die Leute dafür begeistern. Wo Länder wie Schweden fast schon bargeldlos sind und die Verbraucher das Smartphone zum Bezahlen nutzen, ist es in Deutschland noch undenkbar, auf Bargeld zu verzichten.

Die Innovation im digitalen Payment ist jedoch in vollem Gange. Die Vorteile von Buy Now Pay Later liegen auf der Hand. Die richtige Zahlungsmethode und der verantwortungsvolle Umgang damit ermöglichen es Händlern, ihre Konversionsraten zu optimieren und ein nahtloses Zahlungssystem zu schaffen. Die nächsten Jahre werden extrem innovativ sein und es werden weitere Player auf den Markt kommen. Künftig werden digitale, faire, flexible und transparente Zahlungen eine immer wichtigere Rolle bei der End-to-End-Erzeugung einer "best in class" Customer Experience sowie bei der Förderung und Steigerung der Conversions im Handel spielen.

Ergebnisse der Ibi-Research-Studie zum Ratenkauf Neukunden, mehr Umsatz und eine höhere Kundenzufriedenheit - alle diese Effekte bestätigen Händler bei der Einführung der Zahlart Ratenkauf:Immer mehr Online-Händler bieten ihren Kunden die Möglichkeit an, den Kaufbetrag in Raten zu bezahlen. Bereits jeder vierte Händler bietet seinen Kunden diese Zahlungsoption an.Einig sind sich die Händler auch darüber, wie ein Ratenkauf-/Ratenkreditprodukt ausgestaltet sein sollte und welche Merkmale wichtig sind. Über 77 Prozent sehen die volle Transparenz aller Gebühren gegenüber dem Kunden und 75 Prozent die garantierte Risikoübernahme durch den Anbieter als wichtig beziehungsweise sehr wichtig an.Blickt man auf die Anbieter eines Ratenkaufprodukts, ist es den Händlern sehr wichtig, dass der Anbieter einen medienbruchfreien Ablauf anbietet. Jeder zweite Händler erachtet einen reinen Online-Prozess ohne Medienbrüche mit einer sofortigen Zusage im Checkout als sehr wichtig, 28 Prozent erachten es als wichtig.Nach den Effekten der Einführung eines Ratenkaufprodukts gefragt, bestätigen die Händler höhere Warenkörbe, eine Flexibilisierung der Zahlungsmöglichkeiten aufseiten des Kunden, eine höhere Konversionsrate sowie eine erhöhte Kundenzufriedenheit. 74 Prozent der Händler stimmen der Aussage zu, dass sich durch die Einführung einer Ratenkauflösung höhere Warenkörbe realisieren lassen. Bei einer höheren Konversionsrate liegt der Wert bei 69 Prozent, bei einer gestiegenen Kundenzufriedenheit bei 64 Prozent.Wirft man einen Blick auf die Händler, die aktuell noch keinen Ratenkauf einsetzen, können sich 53 Prozent prinzipiell vorstellen, dies zu tun, 14 Prozent davon haben auch schon aktuelle Planungen zur Einführung eines Ratenkaufangebots.

Matthias Trusheim , General Manager DACH , Scalapay Ltd., München

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