Kartenzahlungsverkehr - Profitcenter oder Zuschussgeschäft?

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Noch ist der Zahlungsverkehr ein stabiler Erlösträger für Kreditinstitute. Diese Rolle sieht Donat Asbach jedoch in Gefahr, wenn durch die Regulierung Erträge wegbrechen, die für die Pflege der Infrastruktur notwendig sind. Für die Kreditwirtschaft heißt das: Sie muss sich weiter bemühen, bei den politischen Entscheidungsträgern ein Bewusstsein für die Kosten des Kartenzahlungsverkehrs zu schaffen und auch dafür, dass die Zahlungsverkehrsinfrastruktur keine öffentliche ist. Gleichzeitig müssen neue Ertragsmöglichkeiten aufgetan werden. Und hier heißt das Stichwort: Mehrwerte, die bepreist werden. Red.

Den Zahlungsverkehr könnte man als Blutkreislauf der Volkswirtschaften bezeichnen. Und seine Bedeutung steigt stetig. Denn je mehr sich das Kaufverhalten verändert desto wichtiger ist eine leistungsfähige Infrastruktur. Die Regulierung kommt deshalb zur Unzeit. Noch läuft in Deutschland etwa die Hälfte des Zahlungsverkehrs mit Bargeld. Unter den neuen Rahmenbedingungen kann der "war on cash" jedoch nicht gelingen. Eher geht es anders herum - es könnte eine Rückkehr zu mehr Bargeld geben. Will das die Politik?

Was wird also passieren? Die bestehende Infrastruktur kann unter den neuen Rahmenbedingungen bei Weitem nicht mehr so gepflegt und sicher gehalten werden. Vielleicht beteiligen sich die neuen Player oder die Nutznießer an der Infrastruktur?

Auch Banken müssen mit dem Zahlungsverkehr Geld verdienen. Und es kann nicht sein, dass allein die Volks- und Raiffeisenbanken jedes Jahr einen mittleren zweistelligen Millionen Betrag drauflegen müssen. Noch ist der Zahlungsverkehr ein bedeutender Erlösträger in den Bilanzen. Vor allem ist er ein sehr stabiler Faktor. Das muss er aber auch sein, denn die Infrastruktur erfordert sehr hohe Investitionen. Diese Kosten für die Infrastruktur des Zahlungsverkehrs werden jedoch insbesondere in Brüssel völlig unterschätzt. Immer wieder übersehen: Die Zahlungsverkehrsinfrastruktur ist keine öffentliche Infrastruktur, sondern wurde komplett von der Kreditwirtschaft bezahlt. Obwohl sie immer wieder kostenlos missbraucht wird.

Preisregulierung ist innovationsfeindlich

Die Interchange-Regulierung wird die Erträge signifikant beschränken: 0,2 Prozent Interchange, maximal 7 Cent für Debit- und 0,3 Prozent für Kreditkarten. Regelmäßige Überprüfung dieser Sätze ist vorgesehen. Daher sind weitere Reduktionen möglich. Wenn ein Acquirer im Ausland sitzt, gilt zudem die Interchange des Auslands. Entgegen dem ersten Vorschlag sollen Commercial Cards ebenfalls in die Regulierung einbezogen werden.

Aus all dem ergibt sich ein starker Druck auf die Erträge aus dem karten basierten Zahlungsverkehr, unabhängig von Art des Kanals (physisch, E- oder M-Payments). Hier entsteht kein wettbewerbsneutrales Spielfeld, sondern eine sehr verzerrte Wettbewerbslandschaft. Damit ist die vorgesehene Preisregulierung innovationsfeindlich, da sich Innovationen nur noch sehr bedingt finanzieren lassen.

Kartenzahlungsverkehr ist eine Netzwerkindustrie, die nur dann gut funktionieren kann, wenn für alle Beteiligten - Kartenemittenten, Netzbetreiber und Händler - ein adäquates Preis-/Leistungsverhältnis besteht. In Deutschland war dies bislang gut austariert (siehe den bisherige Markterfolg des Girocard-Systems über die letzten 10 bis 15 Jahre). So teuer, wie der Handel meinte, war es gar nicht. Denn wenn es hier so viel zu verdienen gegeben hätte, hätte es viel mehr Wettbewerber gegeben. Ein neues Preisgleichgewicht muss sich sicherlich noch finden. Von mittelfristig wieder steigenden Händlerentgelten beim Karteneinsatz gehe ich leider nicht aus.

Ein Punkt bei der anstehenden Regulierung ist die Anwenderauswahl. Hier darf man am Sinn zweifeln. Ein großer französischer Discounter spricht von einer Million Euro mehr in der Kasse für jede gesparte Sekunde beim Check-Out. Die Anwenderauswahl kann hier die Prozesse nur verlangsamen. Und sie frisst den Spread zwischen den Anbietern komplett auf.

Ein weiteres Phänomen ist die zunehmende Komplexität. Schon heute ist das Sammelsurium an Leistungen auf den Karten enorm. Aber es steigt weiter. Neu sind zum Beispiel das kontaktlose Zahlen oder eventuell ein weiterer Formfaktor für Mobile Payment. Damit steigen die Kosten weiter. Das verträgt sich jedoch schlecht mit dem zu erwartenden Erlösrückgang. Um Kosteneffizienzen zu heben, bleibt somit nur der Rückbau von Funktionalitäten! So haben sich die Genossenschaftsbanken entschieden, die Geldkarte, die von den Kunden nicht angenommen wurde und hoch defizitär blieb, von ihren Karten zu nehmen.

Nutzung der Zahlungsinfrastruktur durch Dritte ist eine Enteignung

Die PSD II erhöht potenziell die Kosten für alle klassischen Zahlungsinstrumente durch zusätzliche intensive Nutzung der Bankeninfrastruktur durch Dritte. Faktisch ist dieses Gesetz eine Enteignung. Banken müssen ihre Infrastruktur kostenlos Dritten zur Verfügung stellen, gleichzeitig haften sie de facto für Fehler. Eine vertragliche Grundlage zwischen kontoführenden Instituten und TPP's gibt es nicht.

Im Ergebnis bedeuten diese Pläne für kontoführende Institute: potenziell höhere Kosten für Technik und Haftung und administrativen Aufwand sowie potenziell weit reichender Zugriff auf sensible Kundendaten. Durch Kontostandsanzeige in Echtzeit wird die Zahlungsgarantie de facto wertlos. Das bedeutet für die Banken eine Enteignung. Und es ist ein Eingriff in die geschäftspolitische Kontrolle der Kreditinstitute.

Ertragssicherung durch Mehrwerte

Was können Banken in diesem Szenario tun? Zum einen müssen sie versuchen, Mehrwerte zu schaffen, um Erträge zu sichern und die Kundenbindung zu erhöhen. Das muss begleitet werden durch ein aktives und konsequentes Kostenmanagement. Die Branche muss ein größeres Bewusstsein dafür schaffen, dass Kredit- und Debitkarten ein komfortables Zahlinstrument sind - das auch bepreist werden muss. Dabei besteht jedoch das Risiko, dass die Barzahlungen wieder zunehmen.

Alle Kunden- und Bankbedürfnisse müssen durch zielgruppenorientierte Produkte abgedeckt werden. Wichtig ist es dabei, gehobene Kundenansprüche zu bedienen, zum Beispiel durch Premiumkarten. Auch Angebote im E- und M-Commerce müssen ausgebaut werden. Dazu gehören Lösungen zur Nutzung der Karte beim Bezahlen im Internet, kartenbasierte Händlerlösungen für kleine und mittlere Unternehmen, das mobile Bezahlen auf Kartenbasis (zum Beispiel kontaktlos) oder Apps, die kartenbasierte Bezahlfunktionen mit Sicherheit und Kontrolle kombinieren.

Bewusstsein für die Kosten von Kartentransaktionen schaffen

Auch weiterhin muss die Branche versuchen, die Regulatorik zu beeinflussen, um die Profitabilität zu sichern. Vor allem geht es darum, das Bewusstsein für die inhärenten Kosten für kartenbasierte Transaktionen bei nationalen Vertretern in europäischen Gremien zu steigern. Auch die Wahrnehmung der Existenz erfolgreicher nationaler Modelle mit kostenadäquateren Entgeltmodellen muss erhöht werden. Hinzu kommt das Lobbying für die Ausnahme der Commercial Cards aus der Regulierung, da ein anderes Geschäftsmodell auf Verbraucherseite dahintersteht.

Als Fazit lässt sich festhalten: Kartengestützter Zahlungsverkehr als Profitcenter erfordert eine Balance zwischen Regulatorik und Ertragschancen. Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs ist in den vergangenen Jahren um ein Vielfaches schneller, sicherer und bequemer geworden. Es gibt sehr hohe Sicherheitsstandards, Vorschriften zu Datenschutz und Revision. Und vor allem: Es funktioniert hoch performant, extrem sicher, wie der Blutkreislauf im Menschen.

Kostensenkung stößt an Grenzen

Sollen Banken als Infrastrukturbetreiber für den kompletten Zahlungsverkehr dies auch in Zukunft leisten, dann müssen Erlösmodelle kommen, die dies auch finanzieren. Wenn auf der Interchangeseite eine Kostendeckung nicht erreicht werden kann, dann wird es tendenziell für den Verbraucher eher teurer werden, mit seiner Karte zu bezahlen, denn die Kosten des Kartenzahlungsverkehrs, die den Banken nun einmal entstehen, müssen auch getragen werden und daher gegebenenfalls in Form von erhöhten Karteninhaberentgelten beziehungsweise Transaktionsentgelten beim Karteneinsatz auf den Karteninhaber umgelegt werden. Kein Unternehmen, das sich im Markt behaupten muss, kann auf Dauer defizitäre Produkte anbieten.

Natürlich kann und wird man versuchen, die Effizienz bei der Abwicklung von Kartenzahlungen weiter zu steigern. Dabei kommt man jedoch schnell an natürliche Grenzen, sodass dann zur weiteren Kompensation für die Banken nur noch die Möglichkeit zur Anpassung ihrer Entgelte für die von ihnen angebotenen Dienstleistungen bleibt. Ob dies dann gegenüber dem Verbraucher oder dem Handel erfolgt, ist im derzeitigen Stadium sicherlich noch zu früh zu prognostizieren.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors auf dem Bankkarten-Forum 2014.

Zum Autor

Donat Asbach, Mitglied des Vorstands, Allgäuer Volksbank eG, Kempten.

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