Mobile Payment: Mastercard und Visa mit neuem Anlauf

sb - Zwei ganz unterschiedliche Strategien für das mobile Bezahlen haben Mastercard und Visa im Juli dieses Jahres vorgestellt. Mastercard setzt dabei stark auf die Weiterentwicklung der eigenen Wallet Masterpass, während Visa mit Paypal kooperiert. Bei der Neuauflage von Mastercard geht es darum, die ursprünglich nur für den E-Commerce entwickelte digitale Brief tasche zu einem komplett digitalen Zahlungsservice mir Omnikanal-Unterstützung zu machen. Sobald der Service weltweit eingeführt ist, sollen Karteninhaber damit ebenso in Online-Shops einkaufen wie auch (mit NFC-fähigen Endgeräten) am stationären PoS bezahlen können. So sollen das per Smartphone erworbene Zugticket, die Restaurantrechnung, die online erworbenen Bücher oder der Lebensmittelkauf vor Ort auf die gleiche Art mit einem Klick bezahlt werden können. Bezahl-Apps oder Funktionen wie das Bezahlen mit Bonuspunkten sollen sich integrieren lassen - alles so, dass der Emittent immer schön sichtbar bleibt.

Visa hingegen hat sich - gerade mit Blick auf den stationären PoS - für die Kooperation mit Paypal entschieden. Der Vorteil für Paypal liegt dabei klar auf der Hand: Der Zahlungsdienst nimmt an dem im Mai dieses Jahres gestarteten Visa Digital Enablement Program (VDEP) für Wallets teil. So kann der Zahlungsdienst endlich an den stationären Point of Sale vorstoßen. Überall dort, wo kontaktlos mit Visa bezahlt werden kann, wird dann auch die Bezahlung mittels Paypal möglich. Im Gegenzug soll Paypal Visa im Bezahlprozess als Bezahloption "klar und gleichberechtigt" präsentieren und es Karteninhabern erleichtern, ihre Visa-Karte als bevorzugtes Bezahlverfahren zu hinterlegen, anstatt sie zur Verknüpfung des Paypal-Kontos mit einem Bankkonto aufzufordern. Hier geht es also - wie im realen Geldbeutel - um die Positionierung, die letztlich über die Sichtbarkeit und damit die Nutzungshäufigkeit entscheidet. Kartenemittenten sollen auf diesem Wege in Form höherer Kartenumsätze profitieren.

Starten sollen sowohl die erweiterte Masterpass-Version als auch die Kooperation von Visa und Paypal zunächst in den USA. Mastercard will jedoch noch bis Ende 2016 auch in Europa, im Nahen Osten und in Afrika starten. Und auch Visa und Paypal werden sicher bald auf andere Märkte schauen - schließlich versucht Paypal schon länger, endlich an den PoS vorzudringen. In Deutschland wurde ein entsprechender Vorstoß bereits 2013 gestartet. Über Berlin kam er jedoch nicht hinaus.

Charme für Emittenten

Für Emittenten dürften beide Lösungen Charme haben: Die Zusammenarbeit mit Visa und Paypal könnte gerade in Deutschland Umsätze, die bisher per Lastschrift abgewickelt werden, auf die Karte bringen. Und Masterpass hat vielleicht das Zeug dazu, Samsung Pay oder Apple Pay die Stirn zu bieten und die meist auf Lastschrift basierenden Bezahl-Apps des Handels zurückzudrängen.

Der Erfolg steht und fällt freilich mit der Bereitschaft der Konsumenten, beim Bezahlen im stationären Einzelhandel überhaupt ihr Mobiltelefon zum Bezahlen zu nutzen. Und hier sind die Deutschen einer Ende Juli veröffentlichten Studie im Auftrag der ING-Diba zufolge nach wie vor eher zögerlich. Insgesamt hat Ipsos im März und April dieses Jahres 14 578 finanzielle Entscheider in privaten Haushalten ab 18 Jahren befragt, davon 1004 in Deutschland. Dabei gaben 68 Prozent der Deutschen an, Sicherheitsbedenken gegen die Nutzung kontaktloser Zahlungen zu haben, europaweit waren es "nur" 54 Prozent.

Girocard muss den Weg bereiten

Während europaweit dennoch mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Probanden zu Protokoll gaben, künftig verstärkt ihr Smartphone für Zahlungen verwenden zu wollen, waren das in Deutschland nur 34 Prozent. Offenbar ziehen die Deutschen aus ihren Sicherheitsbedenken also andere Konsequenzen als die Verbraucher im restlichen Europa.

Wo aber die Verbraucher an der Ladenkasse gar nicht erst ihr Smartphone zücken, da hilft auch die beste Wallet nicht. Dass Deutschland wieder einmal nicht zu den Zielmärkten für eine schnelle Einführung der neuen Konzepte zählt, ist deshalb leicht zu verschmerzen. Die wenigsten Kunden werden es vermissen. Für Deutschland bleibt es somit dabei, dass der Weg zum mobilen Bezahlen erst einmal über die kontaktlose Bezahlung per Karte führt. Hier kann vermutlich die kontaktlose Girocard, die eben erst in den Startlöchern steht, den Weg bereiten. Schließlich ist die Girocard dasjenige bargeldlose Bezahlinstrumtent, das den Verbrauchern in Deutschland (wenn auch unter dem längst überholten Namen "ec-Karte") am vertrautesten ist. Wenn sich hier das kontaktlose Bezahlen durchgesetzt hat, wird man weitersehen.

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