Was wird aus Paydirekt?

Swantje Benkelberg, Chefredakteurin, Foto: Fritz Knapp Verlag GmbH

"Die Banken müssen lernen, mehr zusammen zu machen". Das sagte DZ-Bank-Vorstand Thomas Ullrich im vergangen Jahr fast beschwörend mit Blick auf die Entwicklungen im Payment, wohl wissend, dass entsprechende Bemühungen der Vergangenheit - Paradebeispiel ist die GZS - längst beendet wurden. Auch bei Paydirekt sieht es derzeit nicht nach verstärkter Zusammenarbeit aus. Zum Jahresende haben die in der "Paydirekt Beteiligungsgesellschaft privater Banken mbH" gebündelten 12 "Poolbanken" ihre Gesellschafteranteile von zusammen 11,1 Prozent an Paydirekt gekündigt. Sechs davon (Südwestbank, Flessabank, MP, Volkswagen Bank, Consorsbank und Santander) bieten ihren Kunden das Bezahlverfahren ohnehin noch nicht an, die übrigen (ING, HVB, Targobank, OLB, Degussa Bank, Nationalbank) tun dies bisher. Die offizielle Begründung für die Rückgabe der Gesellschafteranteile lautet, dies könne zur "Vereinfachung der Gesellschafterstruktur" beitragen, damit Entscheidungen künftig schneller getroffen werden können und die Weiterentwicklung von Paydirekt damit schneller und effizienter werden kann. Daran mag etwas Wahres sein - es muss aber nicht der einzige Grund sein.

Denn es ist nun einmal so, dass Paydirekt bisher alles andere als eine "Cash-Cow" für die Kreditwirtschaft ist und dies zumindest bis auf Weiteres auch nicht werden dürfte. Der Geburtsfehler der komplizierten Verhandlungslösung, der Akzeptanten anfangs abschreckte, ist zwar mittlerweile durch das Konzentratormodell gemildert, was auch durchaus Erfolge zeigt. Der riesige Vorsprung von Paypal ist aber auch so kaum aufzuholen - obwohl Paydirekt mittlerweile auch bei einigen Großen des deutschen Online-Handels präsent ist. Wie schwierig das ist, zeigt das Beispiel Otto: Die Nummer zwei im deutschen Online-Handel nach Amazon ist für Paydirekt der Paradekunde, wenn es um Händlerreichweite, verstanden als den umsatzmäßigen Anteil der Paydirekt-Händler am deutschen E-Commerce geht. Das hat den Versandhändler freilich nicht daran gehindert, als erster deutscher Händler seinen Kunden jetzt auch Instant Payments anzubieten. Das Potenzial für Paydirekt-Zahlungen wird dadurch zumindest nicht größer.

Das Beispiel zeigt: Das derzeitige Wettbewerbsumfeld macht es nicht leichter, Paydirekt als nennenswerte Größe im Markt zu etablieren. Jetzt zeigt sich der Fluch der späten Geburt. Denn natürlich ist Paypal immer noch der dominante Wettbewerber, dem Paroli zu bieten Paydirekt ursprünglich angetreten war. Es kommen aber immer neue Wettbewerber hinzu. Der Markt ist komplizierter geworden, als vermutlich bei der Paydirekt-Gründung geahnt. Das wiederum heißt: Wenn das Online-Bezahlverfahren der deutschen Kreditwirtschaft überhaupt eine Chance haben soll, dann muss das Produkt permanent weiterentwickelt werden (aus dem Jahr 2018 ist hier zum Beispiel die Funktion "One Klick" für den Express-Checkout zu nennen) und es muss in den Markt investiert werden. Und hier gilt es eher zu klotzen als zu kleckern - der Wettbewerb tut das schließlich auch. Doch nicht jeder in der Bankenwelt mag davon überzeugt sein, ob dieses Geld wirklich gut angelegt ist. An Erfahrungen mit Payment-Projekten, für die viel Geld verbrannt wurde, mangelt es der Branche ja nicht. Im Grunde gilt es hier, eine Grundsatzentscheidung zu treffen: Glaubt man an den Erfolg von Paydirekt, dann braucht es einen langen Atem und die Bereitschaft, in das Produkt zu investieren. Glaubt man nicht daran, dann kann man ebenso gut jetzt die Reißleine ziehen wie später. Es spricht somit manches dafür, dass die Poolbanken den langen Atem nicht haben. Sicher ist es nicht verkehrt, wenn einfachere Governance-Strukturen Entscheidungsprozesse beschleunigen. Das bedeutet aber zugleich, dass die nicht kleiner werdenden finanziellen Lasten auf weniger Schultern verteilt werden. Bisher ist die Nutzung des Bezahlverfahrens, ohne gleichzeitig auch Gesellschafter zu sein, in der Konstruktion gar nicht vorgesehen. Hier wäre zum Beispiel eine Art Lizenzmodell denkbar. Paydirekt würde dann gewissermaßen als Art Payment-Dienstleister fungieren. Das muss nicht zwingend verkehrt sein. Trotzdem geben die ausziehenden Institute mit ihren Beteuerungen, ihren Kunden auch weiterhin beziehungsweise im Fall von Santander erst in Zukunft Paydirekt anbieten wollen, ein eher halbherziges Bild ab, nach dem Motto: Wenn es gut läuft - schön, wenn es nicht läuft - auch gut. Ob das Händler und Kunden überzeugt?

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