Finanzierung von Unternehmen und Start-ups in einem nachhaltigen Finanzwesen

Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Foto: Lisa Beller

Das Finanzwesen steht nach Meinung der Autoren vor einem Paradigmenwechsel in Richtung Nachhaltigkeit. Angetrieben werden soll diese Entwicklung auch von einem Aktionsplan der EU-Kommission. Eine erste und wichtige Zielsetzung ist die Allokation von Kapital in nachhaltige Investitionsprojekte. Als hilfreich sehen die Autoren dabei eine einheitliche Klassifikation nachhaltiger Projekte an. Zwar seien noch nicht alle Maßnahmen des Aktionsplans umgesetzt, doch zeigen sich laut den Autoren schon erste Entwicklungen in die gewünschte Richtung. Zur Finanzierung werden dabei sowohl Kredite, aber vor allem auch sogenannte Green Bonds genutzt. Bei nachhaltigen Startups hingegen werden auch andere Finanzierungsformen wie Crowdfunding angewendet, da sie teilweise einer eingeschränkten Kapitalverfügbarkeit unterstehen. Die Autoren rechnen damit, dass nachhaltige Finanzierungsprodukte in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen werden. (Red.)

Mit Unterzeichnung des Pariser Abkommens am 12. Dezember 2015 verpflichteten sich 195 Länder weltweit dem Klimaschutz. Seither stehen auch die Folgen des Klimawandels verstärkt im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Hurrikans oder Überschwemmungen verursachen nicht nur erhebliche gesamtwirtschaftliche Kosten, sondern können auch die Finanzsystemstabilität gefährden.1) Um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig sicherzustellen, ist der Übergang in eine ressourcenschonende, emissionsarme Kreislaufwirtschaft unausweichlich. Schon heute ist abzusehen, dass der angestoßene Transformationsprozess ganze Wirtschaftszweige verändern wird. Auch das Finanzwesen steht vor einem Paradigmenwechsel in Richtung Nachhaltigkeit.

Ein nachhaltiges Finanzwesen für Europa

Auf Grundlage des Abschlussberichts der High-Level Expert Group on Sustainable Finance veröffentlichte die EU-Kommission im März 2018 den Aktionsplan "Financing Sustainable Growth". Erklärte Zielsetzung ist die Etablierung eines nachhaltigen Finanzwesens in Europa. Um den Übergang in ein grünes Finanzwesen erfolgreich zu gestalten, werden zehn konkrete Einzelmaßnahmen in drei Schlüsselbereichen formuliert:2)

Die erste Zielsetzung ist eine verstärkte Kapitalallokation in nachhaltige Investitionsprojekte. Die damit beabsichtigte Steigerung des Investitionsniveaus ist notwendig, um die verabschiedeten EU-Klima- und Energieziele bis 2030 zu erreichen. In diesem Zusammenhang ist vor allem ein europaweit einheitliches Klassifikationssystem für nachhaltige Projekte von grundlegender Bedeutung (EU-Taxonomie). Über einen entsprechenden Verordnungsvorschlag verhandeln die EU-Institutionen derweil. Darüber hinaus sollen Gütesiegel zur Zertifizierung nachhaltiger Finanzprodukte entwickelt werden, um auch private Anlegergruppen mit einzubeziehen. Zudem wird eine explizite Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsindikatoren in der Anlageberatung sowie die Entwicklung transparenter Nachhaltigkeitsindizes angestrebt.

Zweitens sieht der Aktionsplan eine spezifische Verankerung von Nachhaltigkeitsindikatoren im Risikomanagement finanz- und realwirtschaftlicher Unternehmen vor. Nach Auffassung der EU-Kommission bilden vor allem Banken die Rückkopplungseffekte der globalen Erderwärmung gegenwärtig nicht adäquat in ihrer Geschäftspolitik ab. Deshalb sollen beispielsweise ESG-Kriterien verstärkt in Marktanalysen und Ratings integriert werden. Darüber hinaus werden auch institutionelle Anleger und Vermögensverwalter in die Pflicht genommen. Konkret wird über eine Aufnahme der Nachhaltigkeitspflichten in die Rechtsvorschriften nachgedacht. Ferner ist eine bankregulatorische Privilegierung von nachhaltigen Investitionsprojekten im Gespräch. Das jüngst gebilligte Bankenpaket CRR II/CRD V sieht die Einführung eines Green Supporting Factor allerdings nicht vor.3)

Drittens sollen Nachhaltigkeitsinformationen von Unternehmen transparent offengelegt werden. Dadurch ist es Stakeholdern möglich, (Nachhaltigkeits-)Risiken besser zu antizipieren und etwaige Auswirkungen für die langfristige unternehmerische Wertschöpfungsfähigkeit zu prognostizieren. Zudem soll eine nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensführungsphilosophie gefördert und die Kurzfristorientierung an Kapitalmärkten verringert werden.

Finanzierung nachhaltig agierender Unternehmen

Auch wenn die Einzelmaßnahmen des EU-Aktionsplans noch nicht vollständig umgesetzt sind, zeigen sich im Bereich der Unternehmensfinanzierung bereits erste nennenswerte Entwicklungen in die intendierte Richtung.

Gemeinhin stellen im bankorientierten kontinentaleuropäischen Finanzsystem bankbasierte Finanzierungslösungen eine wichtige Finanzierungsform für Unternehmen dar.4) Aus deren Perspektive sind deshalb sowohl aufsichtsrechtliche Veränderungen als auch von Banken freiwillig implementierte Umwelt- und Sozialstandards von Bedeutung. In diesem Zusammenhang liegen die Zielsetzungen der bereits beschriebenen Schlüsselbereiche zwei und drei des EU-Aktionsplans auf der Hand: eine qualitativ bessere Offenlegung der unternehmensspezifischen Nachhaltigkeitsindikatoren bei gleichzeitiger Implementierung solcher Parameter im Risikomanagement von Banken kann zu einer adäquateren Risikobewertung nachhaltig agierender Unternehmen führen. In China wurde eine Kreditpolitik der transparenten Informationsoffenlegung bereits vor etwa zehn Jahren eingeführt. Es zeigt sich allerdings, dass die Offenlegung allein keinen signifikanten Effekt auf die Finanzierungskonditionen nachhaltiger Unternehmen hat. Obwohl entsprechende Informationen in einer guten Qualität den Banken zur Verfügung gestellt werden, finden diese oftmals keine Berücksichtigung im bankspezifischen Risikomanagementprozess.5) Aus diesem Grund erscheint in erster Linie eine verpflichtende Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsinformationen in den Risikobewertungsprozessen von Banken sinnvoll.

Darüber hinaus haben sich einige europäische Kreditinstitute weitreichenden freiwilligen Initiativen zur Berücksichtigung von Klimarisiken verpflichtet. Beispielsweise haben 97 Finanzinstitute weltweit die Äquator-Prinzipien verabschiedet. Damit verpflichten sich Banken auf freiwilliger Basis, Umwelt- und Sozialaspekte bei der Projektfinanzierung besonders zu berücksichtigen.6) Erst kürzlich haben Großbanken wie die Crédit Agricole, HSBC und Société Générale entschieden, die Finanzierung von Kohlekraftwerken und Kohleminen zurückzufahren.7) Auch die Deutsche Bank hat ein Ende der Direktfinanzierung von neuen Kohlekraftwerken sowie eine Reduzierung der Risikopositionen gegenüber Kohlebergbauunternehmen bekannt gegeben.8) Nichtsdestoweniger mangelt es in diesem Bereich noch immer an kongruenten Richtlinien. Mit flächendeckenden, einheitlichen Nachhaltigkeitsstandards (beispielsweise im Bereich der Kreditvergabe), könnte der Finanzsektor Klimarisiken angemessener Rechnung tragen.

Darüber hinaus entstehen gänzlich neue Finanzprodukte für sozial und/oder ökologisch nachhaltig agierende Unternehmen. Einige Banken vergeben beispielsweise sogenannte Green Loans. Jedoch existiert bislang keine rechtsbindende Definition dieser Kreditform. Daher gelten selbstverpflichtende Leitlinien wie zum Beispiel die Green Loan Principles der Loan Market Association als Klassifizierungsstandard von Green Loans.9) Halten sich Banken bei der Vergabe von Green Loans an die genannte Leitlinie, ist dies als Glaubwürdigkeitssignal anzusehen. Solche Darlehen sind nach der Leitlinie exklusiv der Finanzierung oder Refinanzierung von neuen oder bestehen den Umweltprojekten vorbehalten.

Als förderfähige Projekte gelten etwa Vorhaben zu erneuerbaren Energien, Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung, nachhaltiges Wasser- und Schmutzwasser-Management oder umweltfreundlicher Logistik. Green Loans eröffnen Unternehmen in diesen Geschäftsfeldern also ein dediziertes Angebot an Krediten, durch welche sie sich finanzieren können. Aufgrund der Berücksichtigung ökologischer Renditen verlangen Kreditgeber einen geringeren Zinssatz und schaffen damit einen Preisvorteil für die Kreditnehmer. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinspolitik erscheint es jedoch zweifelhaft, inwieweit "subventionierte" Green Loans für Banken überhaupt langfristig refinanzierbar sind.

Dreistellige Wachstumsraten bei Sustainable Assets

Für den Großteil der Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit nicht unter die Green Loan Principles fällt, stellen Kreditinstitute zur Finanzierung neuerdings sogenannte Sustainability-Linked Loans (auch Positive Incentive Loans) zur Verfügung. Dabei ist die Kreditvergabe nicht an eine bestimmte Mittelverwendung gebunden. Vielmehr werden vor der Kreditvergabe bestimmte Kriterien vereinbart, an denen sich bemessen lässt, wie nachhaltig ein Unternehmen agiert. Das Erreichen der Kennzahlen wird mit den Kosten des Kredits verknüpft und von einer unabhängigen Drittpartei überprüft.10) Dies schafft Anreize für nachhaltige Geschäftsstrategien.

Das weltweite Kreditvolumen von Green Loans sowie Sustainability-Linked Loans konnte in den letzten Jahren ein beachtliches Wachstum verzeichnen und betrug 2018 bereits knapp 56 Milliarden US-Dollar. Den Löwenanteil davon stellen Sustainability-Linked Loans dar.11) Aufgrund der fehlenden Zweckbindung, aber gleichzeitiger Prüfung durch eine unabhängige Drittpartei, die die Sicherstellung der Einhaltung ökologischer Prinzipien gewährleistet, erscheinen diese als Finanzierungsform für eine breitere Masse von Unternehmen geeignet und werden zukünftig noch an Bedeutung gewinnen.

Stärker noch als im Kreditmarkt ist vor allem an den internationalen Anleihemärkten die Entstehung eines grünen Segments zu beobachten. Sogenannte Green Bonds, Social Bonds und Sustainability Bonds, wobei letztere Aspekte der zuvor genannten Green Bonds und Social Bonds in sich vereinen, werden verstärkt von Unternehmen zur Finanzierung verwendet. Ähnlich wie bereits bei Green Loans gesehen, basieren Green, Social und Sustainability Bonds auf international verbreiteten freiwilligen, von der International Capital Market Association definierten Leitlinien. 12) Konkret handelt es sich um Anleihen, bei denen die Erlöse ausschließlich zur Finanzierung oder Refinanzierung von grünen und/oder sozialen Projekten genutzt werden. Projektkategorien, die unter die Förderfähigkeit der Green Bonds fallen, sind dabei deckungsgleich mit den beschriebenen Projektauflagen für Green Loans. Soziale Projektkategorien beziehen sich vor allem auf den Zugang zu Basisinfrastruktur wie beispielsweise sauberem Trinkwasser oder Elektrizität, grundlegenden Dienstleistungen in der Bildung und Gesundheitssystem, der Schaffung von Arbeitsplätzen oder aber der Ernährungssicherheit. Emittenten solcher Anleihen erhoffen sich nicht nur einen unmittelbaren Mittelzufluss, sondern auch einen Preisvorteil im Vergleich zu herkömmlichen Finanzierungsmöglichkeiten. In einer kürzlich veröffentlichten Studie zu Green Bonds zeigt sich, dass Investoren mit nachhaltigkeitsorientierten Präferenzen tatsächlich dazu bereit sind, eine geringe negative Prämie zu zahlen. Die durchschnittliche Rendite grüner Anleihen lag dabei zwei Basispunkte unter der von vergleichbaren konventionellen Anleihen.13) Solche Finanzprodukte sind somit auch unter finanziellen Gesichtspunkten für Investoren interessant. Über die akzeptable Rendite hinaus versprechen solche Projekte einen vertraglich festgelegten, stetigen und planbaren Cashflow. Daher verwundert die Entwicklung der letzten vier Jahre nicht, in denen sich der Markt für derlei Anleihen mehr als vervierfacht hat. 2018 belief sich der Wert der emittierten Anleihen auf über 200 Milliarden US-Dollar.14)

Auch im Fondsbereich sind Veränderungen zu erkennen. In den letzten vier Jahren verzeichneten Grüne Fonds beziehungsweise ESG-Fonds eine Steigerung des verwalteten Vermögens um mehr als das Vierfache und damit ebenfalls eine gesamte Wachstumsrate im mittleren dreistelligen Bereich. Aktuell beträgt das gesamte Fondsvolumen in diesem Segment 41,6 Milliarden US-Dollar. Zudem zeigt sich, dass Unternehmen mit einem aktiven Nachhaltigkeitsmanagement eine vergleichsweise bessere Aktienwertentwicklung verzeichnen.15)

Finanzierung nachhaltig agierender Start-ups

In dem Bereich der Unternehmensgründung ist die Entstehung von nachhaltigen Start-ups hervorzuheben. Deren Bestreben ist es, neben finanziellen Renditen, auch ökologische und/oder soziale Renditen zu erzielen und positive Externalitäten zu schaffen (Triple-Bottom Line).16) Neben klassischer Kredit- und Leasingfinanzierung, die entgegen häufiger Annahmen auch für Start-ups und KMU sehr wichtige Finanzierungsquellen darstellen17) , entwickeln sich darüber hinaus neue nachhaltige Finanzierungsformen. Diese erweitern das bestehende Finanzierungsspektrum und können bestehende Finanzierungslücken junger Unternehmen schließen (siehe Abbildung).

Crowdfunding ist eine Möglichkeit für Gründer nachhaltiger Start-ups, Kapital für ihr Vorhaben zu erhalten. Crowdfunding hat als innovative Finanzierungsform für junge Unternehmen in den letzten Jahren spürbar an Bedeutung gewonnen. Angebote nachhaltiger Start-ups unterscheiden sich dabei im Vergleich zu kommerziellen Initiativen nur durch die unterschiedliche Zielsetzung des zu finanzierenden Projekts. Ein Unterschied kann hingegen bei der Art der Investoren festgestellt werden. Nachhaltigkeitsorientierte Kampagnen ziehen eine deutlich höhere Zahl an Investoren aus der sogenannten Crowd an und werden von professionellen Investoren im Vergleich zu kommerziellen Angeboten weiterhin gemieden. Ob dies Kampagnen nachhaltiger Projekte langfristig erfolgreicher macht als kommerzielle Initiativen, konnte bisher noch nicht eindeutig untersucht werden.18)

Sollte für Start-ups eine bankbasierte Fremdkapitalfinanzierung infrage kommen beziehungsweise möglich sein, bieten sich soziale Banken als Kreditgeber an. Charakteristikum sozialer Banken ist die ausschließliche Fokussierung auf nachhaltigkeitsorientierte Unternehmen.19)

Im Umfeld der Start-up-Finanzierung ist zu beobachten, dass sich zunehmend auch bewährte Akteure auf nachhaltige Startups spezialisieren. So haben sich beispielsweise sogenannte Micro-Angels, als Teil der Finanzierungsform der Business Angels (BA), den Belangen nachhaltiger Start-ups zugewandt. Solche Micro-Angels weisen ähnliche Charakteristiken wie klassische BAs auf. Sie suchen ihre Investitionsobjekte sehr genau aus, überwachen und kontrollieren diese und steigen dann durch einen Exit aus dem jeweiligen Startup aus. Das Unterscheidungsmerkmal ist die Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Einflüssen, die neben ökonomischen Überlegungen bei dem Selektionsprozess von möglichen Beteiligungsunternehmen eine tragende Rolle spielen. Micro-Angels zeichnet dabei eine längerfristige Anlagementalität aus. Ein Exit wird erst dann in Erwägung gezogen, wenn ein sozialer oder ökologischer Mehrwert durch das Start-up generiert worden ist.20)

Ähnlich wie klassische Venture Capital (VC) Fonds stellen nachhaltige VC-Fonds neben Kapital weiterführende Dienstleistungen und Hilfen für Gründer zur Verfügung. Im Fokus stehen hierbei allerdings die Kompetenzen im Bereich Nachhaltigkeit, in Verbindung mit der Bereitstellung ihrer Netzwerke. Solche VC-Fonds fokussieren sich derzeit überwiegend auf Clean tech Start-ups.21) Die bisher investierten Summen in einzelne Unternehmen stellen jedoch nur einen Bruchteil derer von klassischen VC-Fonds dar.22)

Social Venture Capital (SVC) Fonds, als eine neue Ausprägung der Eigenkapitalfinanzierung, berücksichtigen beispielsweise neben den finanziellen auch die sozialen Renditegesichtspunkte eines Start-ups. Zudem verlangen SVC-Fonds Renditen unterhalb der Marktrendite, erwarten allerdings als Kompensation eine effiziente Nutzung des eingesetzten Kapitals, das eine soziale Rendite verspricht. Die Sicherstellung der effizienten Nutzung aus sozialen Gesichtspunkten erfordert eine verstärkte Überwachung. Durch die Übereinstimmung der Präferenzen der Investoren und des Start-ups stellen SVC-Fonds eine attraktive Finanzierungsform für Social-Impact-getriebene Start-ups dar. Allerdings ist die Anzahl solch spezialisierter Fonds gegenwärtig sehr limitiert.23)

Der Anfang ist gemacht

Zusammenfassend wird deutlich, dass auch im Bereich der Unternehmensfinanzierung der Stein hin zu einem nachhaltigen Finanzwesen bereits ins Rollen gekommen ist. Allen voran mit der Umsetzung des EU-Aktionsplans ist davon auszugehen, dass nachhaltige Finanzierungsprodukte in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen werden. Von elementarer Bedeutung ist dabei die EU-Taxonomie. Diese gilt als Grundlage für transparente Standards zur Klassifizierung grüner und sozialer Finanzinstrumente. Nur so kann Rechtssicherheit für Unternehmen und Investoren gewährleistet und die intendierte Kapitalallokation in grüne Investitionsprojekte realisiert werden. Mit der zunehmenden Regulierung und Informationspflicht sowie der Einbeziehung dieser Informationen in das Risikomanagement ist allerdings ein Anstieg der Transaktionskosten zu erwarten. Darüber hinaus erscheinen die neuen Anforderungen an das Datenmanagement und die IT-Infrastruktur eine noch zu bewältigende Hürde darzustellen.24)

Wenngleich sich die Rahmenbedingungen für die Finanzierung nachhaltiger Unternehmen verbessern, so gilt dies nicht zwangsläufig auch für Start-ups. Angesichts ihrer Neuheit und damit einhergehenden Informationsundurchsichtigkeit sehen sich junge Unternehmen mit einer eingeschränkten Kapitalverfügbarkeit konfrontiert.25) Aufgrund der großen Unsicherheit verlangen Kapitalgeber vergleichsweise hohe Renditen. Für nachhaltige Start-ups, die nicht ausschließlich durch die Maximierung der finanziellen Rendite getrieben sind, ist es daher umso schwieriger, Investoren zu finden. Gegenwärtig nehmen nachhaltigkeitsorientierte Micro-Angels, VC-Fonds und Crowdfunding-Plattformen in diesem Gebiet die Vorreiterrolle ein und schließen bestehende Finanzierungslücken. Langfristig wird dies jedoch nicht ausreichen. Daher bedarf es attraktiverer Rahmenbedingungen für institutionelle Investoren, damit diese verstärkt in nachhaltige Start-ups investieren.26)

Fußnoten

1) Farid et al. (2016)

2) European Commission (2018); Hirschi/Mäder (2019)

3) Jäger/Quade (2019)

4) Kaserer (2015)

5) Wang et al. (2019)

6) Scholtens/Dam (2007)

7) Urban/Wójcik (2019)

8) Deutsche Bank (2017)

9) Loan Market Association (2018)

10) LBBW (2019); Loan Market Association (2019)

11) Landberg et al. (2019)

12) International Capital Market Association (2018a); International Capital Market Association (2018b); International Capital Market Association (2018c)

13) Zerbib (2019)

14) Landberg et al. (2019)

15) Giese (2017); Landberg et al. (2019).

16) Bocken (2015)

17) Doove et al. (2018)

18) Bergset (2018); Messeni Petruzzelli et al. (2019); Vismara (2019)

19) Bergset (2018)

20) Estapé-Dubreuil et al. (2016)

21) Als Cleantech Start-ups werden Start-ups in unterschiedlichen Branchen bezeichnet, die durch technische Innovationen Produkte, Prozesse und Dienstleistungen bereitstellen, die Ressourcen schonen, Schadstoffe minimieren oder eine Effizienzsteigerung zu geringen Kosten ermöglichen.

22) Bocken (2015)

23) Achleitner et al. (2014); Bergset (2018)

24) Pankiewicz/Bundschuh (2018)

25) Berger/Udell (2006); Cassar (2004)

26) Vismara (2019)

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Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels Direktor, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre, Universität zu Köln, Köln
Maximilian Klein Universität zu Köln, B. Sc.
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Florian Neitzert Wissenschaftlicher Mitarbeiter, M. Sc., Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre, Universität zu Köln, Köln
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