Fremdwährungsmanagement - im Spannungsfeld zwischen Risiko und Return

Volker Kurr, Foto: LGIM

Eine empirisch klar belegbare und damit allgemein konsensfähige Meinung, ob institutionelle Anleger Aktienanlagen mit Blick auf Währungsschwankungen absichern sollten, registrieren die Autoren in den vergangenen Jahrzehnten nicht, verweisen aber darauf, dass die Bedeutung des Währungsrisikos von der Korrelation mit dem zugrunde liegenden Portfolio abhängt. Anhand eines Charts zeigen sie auf, dass sich einige Währungen eher wie riskante und andere sich wie festverzinsliche Anlagen verhalten. Aus Risikosicht sehen sie gleichwohl gute Gründe für ein gezieltes Exposure zu Fremdwährungen. Unter anderem verweisen sie darauf, dass eine Allokation zu Fremdwährungen und insbesondere zu sicheren Häfen dem Schutz gegen Strukturrisiken des Heimatmarktes dienen kann. (Red.)

Die meisten professionellen Marktteilnehmer stimmen der These zu, dass Diversifikation das einzige Free-Lunch im Asset Management ist. Dennoch sind viele Anleger der Ansicht, dass sich eine Diversifikation über verschiedene Währungsräume insbesondere im festverzinslichen Bereich nicht lohnt, weil die Zinsdifferenzen durch die Absicherung der Währungen neutralisiert werden. Daher stellt sich die Frage: Inwieweit ist die Anlage in verschiedenen Währungen zum Zwecke der Diversifikation auch aus der Sicht eines Anlegers in der Euro-Währung sinnvoll?

Gegenläufige Entwicklung der Zinslandschaft

Insbesondere die Zinslandschaft in den USA und Europa hat sich in den letzten Jahren gegenläufig entwickelt. Während zehnjährige Bundesanleihen Anfang Juli 2019 eine negative Rendite von minus 0,40 Prozent aufweisen, rentieren zehnjährige amerikanische Staatsanleihen mit 2,02 Prozent deutlich höher. Näherungsweise lassen sich die Absicherungskosten einer Währung als Differenz der Zinsen am kurzen Ende berechnen. Somit betrugen die Absicherungskosten zwischen dem Euro (Euro) und US-Dollar (USD) rund 2,8 Prozent pro Jahr (3-Monatszins Euro minus 0,39 Prozent, 3-Monatszins USD plus 2,331)). Damit ist eine Investition in amerikanische Staatsanleihen aus der Sicht eines Euroanlegers, der das Währungsrisiko komplett absichern möchte, nicht sinnvoll (Abbildung 1).

Auf lange Sicht kann man hingegen die These vertreten, dass sich die Schwankungen der großen, etablierten Währungsräume in einer globalisierten Welt ausgleichen.2) Am 1. Januar 1999 wurde der Euro aus der Taufe gehoben und startete den ersten Handelstag mit einem Kurs von 1,17 zum Dollar und steht nach ereignisreichen und volatilen 20 Jahren im Juli 2019 bei 1,13. Nichtsdestoweniger sind die Schwankungen auf Jahresbasis teilweise beachtlich und müssen in den Gesamtkontext des Risikobudgets des Anlegers eingebunden sein. Ein Euro-Investor hat also die Wahl, entweder das Währungsrisiko zu akzeptieren oder Absicherungskosten zu zahlen, die den Zinsunterschied eliminieren.

Dies wirft die Frage auf, wie hoch die Währungsabsicherung der europäischen Anleger sein sollte. Die Meinungen über die Währungsabsicherung gehen weit auseinander und betreffen sowohl das Risiko als auch den erwarteten Return eines Portfolios.

Keine Konsensmeinung zur Währungssicherung bei Aktienanlagen

Aus Sicht der Returngenerierung sind insbesondere Hochzinswährungen hervorzuheben und hier insbesondere die Währungen der Entwicklungsländer, in denen Nominal- und Realzins wesentlich höher liegen als in der Eurozone. Diese haben Anlegern bislang attraktive risikoadjustierte Renditen beschert. Allerdings kann die höhere Rendite nur erzielen, wer auch das Währungsrisiko akzeptiert. Eine Absicherung gleicht die Unterschiede des Zinsniveaus aus - der attraktive Zins in Fremdwährung wird durch zu erwartete Kosten der Absicherung eliminiert. 3) Zusätzlich zum Zinsdifferential haben Schwellenländerwährungen eine langfristige Tendenz, im Rahmen ihres größeren Wirtschaftswachstums aufzuwerten. 4)

Mit Blick auf das Risiko erscheint es recht offensichtlich, dass die Währungsrisiken der festverzinslichen Anlagen abzusichern sind, da die Währungsschwankungen gegenüber der Volatilität der Anlagen dominieren. Für Aktienanlagen gibt es hingegen keine Konsensmeinung institutioneller Anleger. In den siebziger und achtziger Jahren reduzierte die Währungssicherung klar das Risiko eines internationalen Aktienportfolios, allerdings sind die empirischen Ergebnisse seitdem nicht mehr eindeutig. Das gleiche gilt auch für eine Reihe anderer Basiswährungen und insbesondere für US-Dollar und Yen-basierte Anleger (Abbildung 2).

Die Bedeutung des Währungsrisikos hängt natürlich von der Korrelation mit dem zugrunde liegenden Portfolio ab. Falls beide Faktoren zum Beispiel nicht korreliert wären, ist zu erwarten, dass Diversifizierung das Risiko reduziert.5) Im Falle des Euros ist hingegen davon auszugehen, dass Fremdwährungsrisiken leicht positiv mit dem Aktienrisiko korreliert sind, da der Euro als relative "Safe haven"-Währung in einer Krise, zum Beispiel Schwellenländerkrise, dazu tendiert, aufzuwerten.

Das bedeutet auch, dass der Risikofaktor Fremdwährung hier etwas schwerer wiegt, weil die Diversifizierung nicht so stark ist. Die Einteilung von Währungen in "sicher" und "riskant" lässt sich auch empirisch zeigen, wie in dem Korrelations-Chart (Abbildung 3) dargestellt. Darin zeigt sich, dass sich einige Währungen eher wie riskante und andere sich wie festverzinsliche Anlagen verhalten.

Gute Gründe für ein gezieltes Exposure zu Fremdwährungen

Trotzdem gibt es aus Risikosicht gute Gründe für ein gezieltes Exposure zu Fremdwährungen: Zunächst einmal erwartet LGIM, dass Währungen, die als besonders sichere Häfen gelten, wie der US-Dollar, Yen oder Schweizer Franken, in einer Krise gegenüber dem Euro noch aufwerten.

Zusätzlich dazu kann das gesamte Fremdwährungsexposure auch als unmittelbarer Schutz vor spezifischen Risiken des Heimmarktes gesehen werden. Regionale negative Schocks werden Anleger aufgrund des Homebias oft mehrfach belasten und sind oftmals schwierig abzusichern. Fremdwährungen bieten einen relativ einfachen, aber verlässlichen Schutz gegen eine Schwächung der heimischen Wirtschaft und Währung.

Für institutionelle Anleger spielen viele Punkte, wie die Regulierung, die Risikobereitschaft und der Überzeugungsgrad, eine Rolle. Wichtige Grundregeln sind:

- Anleger sollten ihr Fremdwährungsexposure und ihre Absicherungsentscheidungen im Kontext ihres Gesamtportfolios betrachten - und nicht nur auf Basis der jeweiligen Anlageklasse.

- In vielen Fällen ist es unklar, ob das Währungsexposure das Gesamtrisiko erhöht oder nicht. Dieser Aspekt ist insbesondere für langfristig orientierte Anleger von Bedeutung.

- Eine Allokation zu Fremdwährungen, insbesondere zu sicheren Häfen, kann dem Schutz gegen Strukturrisiken des Heimatmarktes dienen.

- Schwellenländer- und Hochzinswährungen können langfristig ertragreich sein und sollten in der Regel nicht abgesichert werden.

Generell sollten institutionelle Anleger versuchen, die zuvor gesammelten Argumente im Rahmen ihres Portfolios abzuwägen.

Fußnoten

1) Stand 1. Juli 2019

2) Die Kaufkraft-Parität (Purchasing power parity "PPP") kann als langfristiger Richtwert für den Wechselkurs gesehen werden, insbesondere bei vergleichbaren Inflationsraten.

3) Es handelt sich hierbei um eine Variante des "Carry Trade". Theoretisch sollten Wechselkurseffekte den Zinsunterschied negieren, empirisch ist allerdings festzustellen, dass das in der Regel nicht der Fall ist.

4) In der volkswirtschaftlichen Literatur ist dies als Balassa-Samuelson Effekt bekannt.

5) Falls die Volatilität der Aktien 15 Prozent und der Währung 8 Prozent ist, dann ist zu erwarten, dass die Summe der beiden Risiken (8%^2+15%^2)^0.5 = 17% beträgt. Drei Viertel des Währungsrisikos werden also wegdiversifiziert.

Volker Kurr Head of Institutional, Europe, Legal & General Investment Management (LGIM), Frankfurt am Main
Dr. Martin Dietz Fondsmanager, Head of Diversified Strategies, Legal & General Investment Management (LGIM), Frankfurt am Main
Volker Kurr , Head of Europe, Institutional , Legal & General Investment Management (LGIM), Frankfurt am Main
Dr. Martin Dietz , Fondsmanager, Head of Diversified Strategies, Legal & General Investment Management (LGIM), Frankfurt am Main

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