Investmentidee Japan - durch neue Corporate Governance zurück in die Portfolios?

Prof. Dr. Alexander Bönner, Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Finanzmanagement, Finance & Accounting; FOM Stuttgart, Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen, und Pasquale Afflisio, Investment Officer, Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG, Frankfurt am Main

Prof. Dr. Alexander Bönner, Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzmanagement, Finance & Accounting; FOM Stuttgart, Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen, und Pasquale Afflisio, Investment Officer, Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG, Frankfurt am Main - Lohnt sich für Investoren ein näherer Blick auf Japan? Die Autoren nähern sich der Antwort auf diese Frage mit einer Darstellung der aktuellen Situation in Japan sowie der Kernpunkte der neuen Corporate Governance and Stewardship Codes seit Antritt des amtierenden Premierministers Abe. Anhand empirischer Untersuchungen zu den Kriterien Steigerung der Kapitaleffizienz, Vermögensallokation und Überkreisbeteiligungen analysieren sie dann, inwiefern bereits positive Entwicklungen zu erkennen sind. Ihr Fazit: Mit Umsetzung der neuen Rahmenwerke können Veränderungen in die gewünschte Richtung gemessen werden, die die Attraktivität des japanischen Aktienmarktes erhöhen. Wichtige Voraussetzungen sehen sie aber nach wie vor in der Entwicklung des volkswirtschaftlichen Umfeldes und dem Voranschreiten der strukturellen Änderungen in Japan. (Red.)

Das Jahr 2016 war spannend und nervenaufreibend. Große und wichtige Ereignisse wie das Brexit-Referendum oder die US-Wahl warfen ihre Schatten voraus und sorgten für merkliche Schwankung an den internationalen Kapitalmärkten. Für das Jahr 2017 bleiben weiterhin ein schwaches Weltwirtschaftswachstum, ein sehr niedriges Zinsniveau und viele geopolitische Risiken wegweisend. Investoren verharren weiter auf der Suche nach interessanten Anlagemöglichkeiten - vielleicht in Japan? Das Land der aufgehenden Sonne ist gemessen an der Fläche seiner 6 852 Inseln der viertgrößte Inselstaat der Welt und seit dem 19. Jahrhundert eine wirtschaftliche Großmacht. Globale Marken wie Toyota, Mitsubishi, Honda, Sony und viele mehr sind den meisten ein Begriff.

Große Konzerne mit komplexen Hierarchien

Mit einer langen Tradition und milliardenschweren Marktkapitalisierungen an den Börsen stehen Japans große Konzerne für Wohlstand und gesellschaftlichen Einfluss. Da bekanntlich jede Medaille zwei Seiten hat, stehen beispielhaft gerade diese Konzerne auch für komplexe Hierarchien, hohe Überkreuzbeteiligungen, ein ineffizientes Kapitalmanagement und eine häufig zu hohe Liquiditätsquote. Für internationale Investoren war bisher die zweite Seite der Medaille abschreckend - von der weiterhin fragilen wirtschaftlichen Lage Japans ganz abgesehen -, sodass Japan als Anlageregion bisher nur als "riskante Beimischung" den Weg in die Portfolios fand.

Mit dem Amtseintritt von Premierminister Shinzo Abe 2013 startete ein breit angelegtes Programm namens "Abenomics"1), mit dem Ziel, die japanische Wirtschaft wiederzubeleben. Neben finanzpolitischen Maßnahmen legte Abe vor allem großen Wert auf eine Deregulierung von Strukturen und die Optimierung der Kapitaleffizienz bei Unternehmen. Eine wichtige Rolle haben dabei die Überarbeitung der Rahmenwerke zur Unternehmensführung und zur Verwaltung von großen Vermögen - Corporate Governance & Stewardship. Diese stellen zum einen eine effizientere Verwendung des Eigenkapitals und zum anderen mehr Transparenz gegenüber Aktionären in den Mittelpunkt. Es stellt sich die Frage, ob diese Veränderungen einen positiven Beitrag zur Entwicklung des japanischen Aktienmarktes leisten können.

Situation in Japan und neue Corporate Governance & Stewardship Codes: Nach langen Jahren der Rezession scheint die japanische Wirtschaft nun unter Premierminister Shinzo Abe wieder an Schwung zu gewinnen.2) Betrachtet man die sogenannten Abenomics genauer, so basiert das Programm auf folgenden drei Pfeilern:3)

Geldpolitik: anhaltende Geldschwemme durch Quantitative Easing (QE) - das Ziel ist hierbei die Etablierung der Inflationsrate oberhalb der 2-Prozent-Marke.

Fiskalpolitik: Kreditfinanzierte Konjunkturprogramme, Senkung der direkten Besteuerung und Erhöhung der indirekten Steuern (Fokus auf die Mehrwertsteuer).

Reformen und Deregulierung: Reformierung von Rechtssystem, Arbeitsmarkt, Unternehmensführung (Corporate Governance Code) und Investorenverhalten (Stewardship Code) in Sinne von Wirtschaftswachstum.

Ankündigungseffekt

An den Aktienmärkten löste allein die Ankündigung des Vorhabens im Jahre 2013 kurzfristig Begeisterung und deutlich steigende Kurse aus. Investoren nahmen dabei vor allem Änderungen in Corporate Governance und Stewardship Code mit Freude zur Kenntnis. Dabei stehen folgende neue Regelungen im Mittelpunkt:4) Erstens die nachhaltige Wertschaffung durch die Zusammenarbeit von Unternehmen und Investoren; zweitens die Erhöhung des Shareholder-Values und eine signifikante Verbesserung der Kapitaleffizienz von Unternehmen; drittens die Verbesserung und Optimierung der Investitionskette; viertens die Erhöhung von Qualität und Häufigkeit der Dialoge zwischen Unternehmen und Investoren sowie fünftens die Etablierung eines Management-Investoren-Forums, zur Förderung eines andauernden und qualitativ hochwertigen Dialogs zwischen Unternehmen und Investoren.

Das übergeordnete Ziel dieser neuen Regelungen ist es, alle japanischen börsennotierten Unternehmen durch den CG-Code obligatorisch an die internationalen Standards heranzuführen und so auch global mehr Investoren von einem Investment in Japan zu überzeugen.5) Dazu soll vor allem die Kapitaleffizienz (gemessen am Return on Equity) gesteigert werden - das ausgerufene Ziel liegt bei 8 Prozent ROE. Zur Zielerreichung beitragen soll insbesondere ein Abbau der vergleichsweise hohen Liquidität durch Dividenden- und Aktienrückkaufprogramme. Während der S&P 500 eine Cash/Market Cap-Quote von rund 7,3 Prozent aufweist, liegt diese beim Topix bei rund 34,5 Prozent und damit deutlich über dem amerikanischen Markt, der als Maßstab für die Aktienmärkte der Industrieländer herangezogen werden kann.6) Des Weiteren und ebenso das ROE-Ziel unterstützend wird eine Entflechtung der japanischen Unternehmen angestrebt, welche durch den Abbau von Überkreuzbeteiligungen vorangetrieben werden soll.

Für Investoren ebenso interessant ist der Versuch, durch gezielte Maßnahmen die japanischen Pensionsfonds zu mehr Aktieninvestments zu animieren. Denn diese haben mit einem Anlagevolumen von 159,8 Billionen Yen per April 20167) ein großes Gewicht. Zur Änderung der historisch eher passiven Investorenhaltung wurden am 27. Februar 2014 vom "Council of Experts Concerning the Japanese Version of the Stewardship Code" neue Prinzipien erlassen.8) Dieses Rahmenwerk der Prinzipien soll für offene Dialoge zwischen Investoren und Unternehmen sorgen und so die Vertrauensbasis stärken. Zum Stand vom 2. September 2016 lag der japanischen Financial Services Agency (FSA) eine Liste vor, in welcher sich schon 213 Institutionen in Japan bereit erklärt haben, den Stewardship Code in ihrer Institution umzusetzen.9)

Abhängigkeit von der Weltwirtschaft

Trotz all dieser Anreize und Entwicklungen bleibt die Frage, wie sich einschätzen lässt, ob ein Investment in Japan "lohnenswert" ist. Versucht man diese Frage in erster Linie für institutionelle Investoren zu beantworten, die einen mittel- bis langfristigen Investitionshorizont haben, so können vier wichtige Treiber hervorgehoben werden: 1. Stabiles Gewinnwachstum gepaart mit nachhaltiger Preissteigerung (Kerninflation) in Japan, 2. Wachsende Kapitalzuflüsse in den Aktienmarkt, 3. Steigerung der Kapitaleffizienz der Unternehmen, 4. Rückgang von Überkreuzbeteiligungen.

Im Folgenden wird versucht, anhand einer empirischen Untersuchung aufzuzeigen, inwieweit sich bereits positive Veränderungen nachweisen lassen beziehungsweise inwieweit Indikatoren für eine mittelfristige positive Entwicklung sprechen.

Kapitalmarktanalyse - Allgemeine Wachstums- und Gewinnaussichten: Der japanische Kapitalmarkt ist durch seine globale Vernetzung stark von der weltwirtschaftlichen Entwicklung abhängig. So wird auch für die nächsten Jahre das eher fragile volkswirtschaftliche Umfeld für die Unternehmensentwicklung ein Risiko darstellen. Grund hierfür sind beispielsweise auch die rückläufigen Erwartungen bezüglich des globalen Wirtschaftswachstums - lediglich 3,0 Prozent für 2017 und 3,4 Prozent für 201810) - und eine weiter divergierende Notenbankpolitik zwischen Leitzinsanhebungen in den USA und weiterhin extrem niedrigen Zinsen in Europa und Japan selbst. Auch die Entwicklung an den Rohstoffmärkten und deutliche Kapitalzuflüsse in die Währung Yen stellen Risiken für die Volkswirtschaft Japans dar.

Betrachtet man die Bewertung des japanischen Aktienmarktes, so scheint diese im Vergleich zu anderen Märkten wie in den USA oder der Eurozone weiterhin günstig zu sein. Mit einem prognostizierten KGV beim Topix von 13,6 für die nächsten zwölf Monate vergünstigt sich die Bewertung nochmals im Vergleich zum Vorjahr (KGV 14,5).11) Hintergründe sind, wie in Abbildung 1 dargestellt, die zunächst zurückgegangenen Gewinnerwartungen aufgrund der in den letzten Monaten unerwarteten Aufwertung des Yens - unerwartet deshalb, weil Unternehmen und Regierung glaubten, durch die stark expansive Geldpolitik der Bank of Japan den Yen weiterhin schwächen zu können, um Export und Wirtschaft zu stützen. Erste Prognosen der japanischen Kapitalmarktexperten Nomura deuten jedoch auf eine deutliche Erholung für das Jahr 2017 hin. So wird für das verarbeitende Gewerbe ein Gewinnwachstum von 14 Prozent und für den Gesamtmarkt von 9,1 Prozent prognostiziert (2016: minus 3,6 Prozent und 0,1 Prozent).12)

Investitionen in langlebige Wirtschaftsgüter als Frühindikator

Als Frühindikator für die wirtschaftliche Verfassung sind auch die Investitionen in langlebige Wirtschaftsgüter (Capex) von Bedeutung. Die Korrelation des Konjunkturbarometers Tankan mit der Auftragslage im Maschinenbau verdeutlicht dies. Japanische Unternehmen schätzen laut dem jüngsten Tankan-Bericht - Stand 3. Quartal 2016 - die wirtschaftliche Lage etwas schwächer ein. So gab der Tankan-Index von 12 Punkten in Q4 2015 auf 6 Indexpunkte in Q1 2016 nach und verharrt nun auf dieser Linie. Gründe hierfür waren in erster Linie der erstarkte Yen und die weiter niedrigen Ölpreise.

Eine Analyse auf Gesamtmarktebene anhand des Leitindex Topix zeigt auf, dass Unternehmen in Japan über Jahre hinweg Capex-Investitionen auf das Mindeste reduziert haben. Seit der Einführung des CG-Codes ist jedoch am 12-Monats-Trailing-Capex des Topix eine leichte Verbesserung festzustellen. Dennoch bleiben die Investitionsausgaben hinter den Erwartungen zurück. So sorgen höhere Abschreibungen auf Sachanlagen als neue Investitionen dafür, dass der Capex-Wert im Topix weiterhin negativ bleibt.

Vermögensallokation: Die Vermögensallokation spielt aufgrund deutlich alternder Gesellschaften in den Industrieländern eine bedeutende Rolle. So beeinflussen die Stabilität des Arbeitsmarktes, die Gesundheitsversorgung, die Altersstruktur der Gesellschaft und die Verwendung von Kapital im Alter (Rentenversicherung) die Vermögensallokation im privaten wie im institutionellen Bereich. Die Aufteilung in die verschiedenen Anlageklassen ist in Japan (ähnlich wie in Deutschland) äußerst konservativ ausgelegt, sodass der größte Teil auf liquide Mittel und Lebensversicherungen zurückfällt. Bei den japanischen Renten- und Pensionsfonds lag der Anteil an Aktieninvestments 1980 noch unter 2 Prozent und steigerte sich bis 2012 auf zirka 10 Prozent.

Die japanische Regierung hat unter Abe als Anreiz zur Aktienquotenerhöhung in einem ersten Schritt die Investitionskriterien für den staatlichen Pensionsfonds Government Pension Investment Fund (GPIF) gelockert. Dieser kann nun die maximale Aktienquote für inländische Investments von 18 Prozent auf 34 Prozent erhöhen. Allein die Erhöhung auf die maximale Quote hätte Kapitalzuflüsse von zirka 180 Milliarden US-Dollar in den japanischen Aktienmarkt zur Folge. Durch seine Vorbildfunktion für private Pensionsfonds könnten weitere 290 Milliarden US-Dollar an Investitionen folgen. Mit rund 470 Milliarden US-Dollar13) könnten allein Pensionsfonds den Aktienmarkt deutlich stabilisieren und ihre starke Position als Investoren nutzen, um die neuen CG-Strukturen schneller umzusetzen.

Kapitalmanagement durch Aktienrückkäufe: Japanische Unternehmen haben traditionell sehr hohe Liquiditätsreserven (Cash) und eine geringe Verschuldung. Durch die Implementierung des CG-Codes muss jedoch das Kapital effizienter agieren, was zu einer Reduktion der Liquiditätsreserven führen sollte. Derzeit liegt das Verhältnis von liquiden Mitteln (Cash) zur Marktkapitalisierung (gemessen am Leitindex Topix, ex Finanzinstitute) bei 34,5 Prozent. Das Verhältnis am amerikanischen Aktienmarkt (gemessen am S& P 500) liegt im Vergleich bei 7,3 Prozent. Auch der Vergleich des ROE von japanischen Indizes - 2016: Topix 7,56 Prozent, Nikkei 400 7,70 Prozent - bleibt noch deutlich hinter dem des US-amerikanischen S& P 500 mit 12,60 Prozent für 2016 und des MSCI World mit 9,63 Prozent14) (Abbildung 2).

Zunahme von Buybacks

Finanzexperten erwarten durch den fortschreitenden Abbau der Liquiditätsbestände einen regelrechten Schub für japanische Aktien analog zum Kapitalmanagement-Boom in den USA. Grund hierfür ist, dass sich Veränderungen der Liquidität am effektivsten durch Dividendenausschüttungen und oder Aktienrückkäufe erreichen lassen - diese steigern die Rentabilität und so auch die Nachfrage von Investoren. Die Entwicklung von Aktienrückkäufen - siehe Abbildung 3 - zeigt einen deutlichen Trend in Richtung Zunahme von Buybacks, sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch hinsichtlich des Volumens. In Zahlen bedeutet dies: Während im Fiskaljahr 2012 Buyback-Ankündigungen (im Vergleich zum vorherigen Fiskaljahr) lediglich um 8,2 Prozent wuchsen, legten die Jahre 2013, 2014, 2015 um 31,8 Prozent, 35,8 Prozent und 44,8 Prozent zu.

Förderung der Inflationsrate

Für Investoren spiegeln sich Aktienrückkäufe durch die Verknappung der freien Anteile am Markt zumindest kurzfristig im Aktienkurs wider. So können Investoren mit Zusatzrenditen neben der Dividende rechnen. Betrachtet man Dividenden und Buybacks als Gesamtrendite, so machten Buybacks 2012 zirka 20 Prozent aus, 2016 lag der Anteil an der Gesamtrendite schon bei 39 Prozent, die Tendenz ist steigend. Neben der Verbesserung der Kapitaleffizienz und der Steigerung der Eigenkapitalrendite für Aktionäre können Buybacks in Japan auch bei der Förderung der Inflationsrate helfen. Seit mehreren Jahren lässt sich ein Zusammenhang zwischen Inflation und Aktienrückkäufen herstellen. Rückkäufe sind eine wirksame Weise, um Kapital in Umlauf zu bringen, weil sie eine hohe Flexibilität aus Managersicht aufweisen: Sie haben eine starke Signalwirkung, ähnlich wie Dividendenzunahmen, aber verlangen nicht dasselbe andauernde Engagement, das Dividenden zur Folge haben. Grund hierfür ist, dass Dividenden meist als "relativ" feste Ertragsquelle von Investoren gesehen werden.

Überkreuzbeteiligungen: Der Corporate-Governance-Kodex definiert Überkreuzbeteiligungen als Fälle, bei denen börsengelistete Unternehmen Beteiligungen an anderen börsengelisteten Unternehmen halten, die nicht den Zweck einer Investition im Sinne des Profites (Anlage), sondern beispielsweise die Stärkung von Geschäftsbeziehungen oder gemeinsame Forschung als Ziel haben.15) Strategische Allianzen und Beteiligungen an anderen Unternehmen sind an sich nicht negativ zu sehen. Im Fall Japans haben Überkreuzbeteiligungen jedoch ein sehr hohes Ausmaß. Eine Analyse der Überkreuzbeteiligungen von japanischen Unternehmen (gemessen am Topix) ab 1 Milliarde US-Dollar Marktkapitalisierung zeigt mit über 18 Prozent eine starke Verflechtung der größten japanischen Unternehmen. Ein Abbau der Beteiligungen und ein Einsatz der freigesetzten Liquidität könnten helfen, die durchschnittliche Dividendenzahlung von rund 2 Prozent und Eigenkapitalrendite von zirka 7,1 Prozent zu verbessern.16)

Vergleicht man Unternehmen mit verschiedenen Graden an Überkreuzbeteiligungen - 5 Prozent, 7,5 Prozent, 10 Prozent - so lässt sich belegen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Höhe der Quote an Überkreuzbeteiligungen und Rentabilität besteht. Misst man im Topix die einhundert Unternehmen mit dem höchsten Wert an Beteiligungen (gemessen an der Marktkapitalisierung), so erreichten diese 2015 lediglich ein ROE von 6,4 Prozent. Die einhundert Unternehmen mit dem niedrigsten Wert hingegen erreichten im Vergleich ein ROE von 8,4 Prozent. Dies ist a) um 2 Prozent höher und b) auch die Zielrichtung, in der die Regierung versucht die Kapitalrentabilität langfristig zu heben.17) Um Änderungen seit der Einführung des CG-Codes zu sehen, ist es noch zu früh, da solche strategischen Allianzen nur langsam zurückgefahren werden können.

Bewegung in die richtige Richtung

Seit nun mehr als dreieinhalb Jahren ist Premierminister Shinzo Abe mit dem "Umbau" der japanischen Wirtschaft beschäftigt. Sein 2013 ins Leben gerufenes Konjunkturprogramm Abenomics hat seither einige Veränderungen herbeigeführt. So sind vor allem eine niedrigere Arbeitslosenquote, expansive Geldpolitik und ein höheres Gewicht von Corporate Governance Ergebnisse aus diesem. Die 2015 eingeführten Rahmenwerke Corporate Governance und Stewardship Code sind dabei wichtige Bestandteile der Abenomics. Das Kapitalmanagement der Unternehmen, die Verbesserung ihrer Kapitaleffizienz, die Reduzierung von Überkreuzbeteiligungen und die gelockerten Investitionsrichtlinien für Pensionsfonds sind als wesentliche Faktoren hervorzuheben. Die Betrachtung von Aktienrückkäufen und Dividendenzahlungen zeigen einen positiven Beitrag zur Verbesserung der Kapitaleffizienz. Beide stellen wirkungsvolle Maßnahmen dar, um den hohen Liquiditätsgrad zu reduzieren und die Eigenkapitalrendite zu erhöhen. Im Verlauf der Analyse zeigt sich zwar, dass das Ziel von 8 Prozent ROE noch nicht nachhaltig erreicht werden kann, eine Verbesserung des ROE jedoch in Aussicht ist. Helfen dabei könnten auch Investitionen (Capex). Eine Erhöhung kann zurzeit sicherlich auch wegen der aktuellen Wirtschaftsentwicklung und der damit verbundenen Unsicherheit noch nicht festgestellt werden. Eine Rückkehr zu höheren Wachstumsraten in Ländern, welche in starken Handelsbeziehungen mit Japan stehen - allen voran China -, könnte den Investitionsstau allerdings auflösen.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass seit der Einführung der neuen Rahmenwerke Veränderungen in die gewünschte Richtung gemessen werden können. Anzumerken ist jedoch, dass Investoren die Attraktivität des japanischen Aktienmarktes nicht nur an der Bewertung und Profitabilität des Aktienmarktes festmachen werden. Eine wichtige Rolle spielt weiterhin das volkswirtschaftliche Umfeld und das Voranschreiten der strukturellen Änderungen in Japan. Dabei können die neuen Rahmenwerke einen wichtigen Beitrag für eine weitere Verbesserung in Zukunft leisten.

Fußnoten

1) Kofferwort aus dem Namen "Abe" und dem englischen Wort "economics"

2) DB Forecasts BIP Wachstum: 2017 1,3%, Quelle: Deutsche Bank Global Markets Stand: November 2016.

3) Vgl. Statistics Bureau, Ministry of Internal Affairs and Communications Japan 2015, S. 28-29

4) Vgl. The Council of Experts Concerning the Corporate Governance Code 05.03.2015, S. 10-13; Ausführlicher Report vgl. Kunio Ito 2014, Hauptziele vgl. METI; http://www.meti.go.jp/ english/press/2014/0806_04.html; abgerufen am 25.5.2016, 02:10 Uhr.

5) Hinweis: der Corporate Governance Code, sowie der Stewardship Code sind keine Gesetze und rechtlich nicht bindend.

6) Vgl. Deutsche Bank Global Markets Research, Stand: 29. Juni 2016.

7) Vgl. Bank of Japan 2016, S. 5.

8) Vgl. Financial Services Agency (FSA) Japan; The Council of Experts Concerning the Japanese Version of the Stewardship Code 26.02.2014, S. 1; Vgl. Financial Services Agency (FSA) Japan 2016, Link: http://www.fsa.go.jp/en/refer/councils/stewardship/20160315.html

9) Vgl. Financial Services Agency Japan; http://www.fsa.go.jp/en/refer/councils/stewardship/20160315.html; Stand: 4. Dezember 2016.

10) Vgl. Deutsche Bank Ag, DB Research The House View Weekly update, Stand: 8. November 2016.

11) Vgl. Nomura Securities Co. Ltd , Global Markets Research, Outlook for Japanese equities in 2017, Stand: 11. November 2016, S. 38.

12) Vgl. Nomura Securities Co. Ltd , Global Markets Research, Outlook for Japanese equities in 2017, Stand: 11. November 2016, S. 40.

13) Vgl. Deutsche Bank AG, GPIF, Bloomberg Finance LP, Stand: Mai 2015.

14) Cashquoten vgl. Deutsche Bank Global Markets Research, Stand: 29.06.2016; ROE vgl. Bloomberg Finance LP, Stand: 28.11.2016.

15) Vgl. The Council of Experts Concerning the Corporate Governance Code 05.03.2015.

16) Vgl. Bloomberg Finance LP; Deutsche Bank Global Markets; Stand: 14.11.2016.

17) Datenquelle: Bloomberg Finance LP, Deutsche Bank AG, Stand: Mai 2015.

Prof. Dr. Alexander Bönner , Investition & Finanzierung , Hochschule Ruhr West, Mühlheim a. d. Ruhr

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