Der neue Standardansatz zur Quantifizierung der Eigenmittelunterlegung operationeller Risiken - Beseitigung bisheriger Schwächen?

Gerd Waschbusch

Prof. Dr. Gerd Waschbusch, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bank betriebslehre, Robin Blaß, wissenschaftlicher Mitarbeiter, beide Universität des Saarlandes, Saarbrücken, und Sabrina Kiszka, Kleinblittersdorf - Im Kern des operationellen Risikomanagements von globalen Banken sehen die Autoren den Risikofaktor Mensch. Auf dieser Erkenntnis beruhend lenken sie den Blick auf zwei alternative Modelle zu den bisherigen Messansätzen für operationelle Risiken. Der erste Ansatz betont stärker die besondere Rolle der Qualität des eingesetzten Humankapitals als die bisher gebräuchlichen Ansätze. Dabei legen sie den Fokus auf die Fach-, Methoden-, Persönlichkeits- und Sozialkompetenz der Mitarbeiter. In einem weiteren vorgestellten Modell wird die Möglichkeit zur Erstellung eines Risikoprofils von potenziellen Mitarbeitern beschrieben, das auch unmittelbar bei einer der Hauptursachen der operationellen Risiken ansetzt und mit dem sich mögliche Verbesserungen des neuen Standardansatzes (SMA) des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht ableiten lassen. (Red.)

Operationelle Risiken beschreiben die Gefahr von Verlusten, die infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder aufgrund von externen Ereignissen eintreten. Weiterhin zählen auch Rechtsrisiken in Form einer fehlerhaften rechtlichen Gestaltung von Verträgen, Geschäften oder Transaktionen zu den operationellen Risiken; auch sie können negative Auswirkungen auf den Erfolg eines Instituts haben. Wie bereits mit der Einführung von Basel II vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision; BCBS) angekündigt, wird derzeit die Adäquanz der aktuellen Messansätze zur Ermittlung der Eigenmittelunterlegung für operationelle Risiken unter Zugrundelegung der in den letzten Jahren gesammelten Daten überprüft.

Einführung eines neuen Standardansatzes

Ebenso geben die insbesondere während der Finanzkrise sichtbar gewordenen Schwachstellen der Messansätze - wie der bis heute nicht nachweisbare Zusammenhang zwischen Bruttoertrag und operationellem Risikoprofil eines Instituts - Anlass für Nachbesserungen. Banken, die einen hohen Ertrag - sicherlich zum Teil auch bedingt durch eine gekonnte Handhabung der operationellen Risiken - erzielen, werden bislang benachteiligt, was im Widerspruch zu den geschäftspolitischen Zielen der Institute steht.

Gänzlich im Widerspruch zur aufsichtsrechtlichen Zielsetzung der Vorhaltung ausreichender Eigenmittel steht zudem, dass schlagend gewordene und somit erfolgsmindernde operationelle Risiken die für diese Risiken vorzuhaltenden Eigenmittel zu vermindern vermögen. Anders ausgedrückt: Je gravierender die operationellen Risiken in einem Institut zu Buche schlagen, desto weniger Eigenmittel muss es für diese Risiken hinterlegen.

Grundsätzlich ist die Überarbeitung der bisher angewandten einfachen Messansätze folgerichtig, da die aktuelle Eigenmittelunterlegung die operationellen Risiken unterschätzt. Bei der Gestaltung des überarbeiteten Standardansatzes liegt der Fokus der Aufsicht darauf, eine angemessene Balance zwischen hoher Risikosensitivität, Vergleichbarkeit und der Einfachheit des Messansatzes herzustellen. Zu diesem Zweck haben die Aufseher im Oktober 2014 ein erstes Konsultationspapier (BCBS 291)1) veröffentlicht und den Marktteilnehmern die Möglichkeit eröffnet, die geplanten Änderungen bis Anfang Januar 2015 zu kommentieren. Hieran anschließend veröffentlichte der BCBS am 4. März 2016 ein zweites (finales) Konsultationspapier (BCBS 355),2) in dem er die wesentlichen Kritikpunkte der von den neuen Regeln betroffenen Wirtschaftssubjekte aufgriff und zu dem die Institute bis zum 3. Juni 2016 Stellung beziehen durften.

Zunächst wurde die bereits im ersten Konsultationspapier angedachte Abschaffung der fortgeschrittenen Messansätze (Advanced Measurement Approaches; AMA) angekündigt, welche in der Vergangenheit aufgrund der ihnen innewohnenden Komplexität und des Mangels an Vergleichbarkeit auf Interbankenebene zu hohen Schwankungen der Eigenmittelanforderung an operationelle Risiken geführt haben und damit zunehmend in Misskredit geraten sind. Die Erwartung der Aufsicht, dass sich bei den fortgeschrittenen Messansätzen im Laufe der Zeit ein Branchenstandard herauskristallisieren würde, hat sich nicht erfüllt.3) Damit ersetzt der neu einzuführende Standardansatz (Standardised Measurement Approach; SMA) alle bisherigen Messansätze für die operationellen Risiken und ist von jedem Institut zukünftig verpflichtend anzuwenden.

Einführung einer Geschäftsindikatorkomponente

An der bereits im ersten Konsultationspapier angekündigten Einführung des sogenannten Geschäftsindikators als Ersatz für den bisherigen maßgeblichen Indikator hält der Baseler Ausschuss weiterhin fest. Dieser besteht aus einer "Zins-, Leasing- und Dividendenkomponente", einer "Servicekomponente" und einer "Finanzkomponente", die jeweils aus wesentlichen GuV-Komponenten zusammengesetzt sind (Tabelle 1) und eine Einschätzung zur Höhe der operationellen Risiken liefern sollen.

Wesentliche Änderungen in den Bestandteilen des Geschäftsindikators gibt es im Vergleich zum ersten Konsultationspapier nicht. Vielmehr erfolgen Anpassungen der Verknüpfungen der einzelnen Bestandteile. So soll innerhalb der Servicekomponente künftig der Maximalbetrag aus Provisionserträgen beziehungsweise -aufwendungen zuzüglich des Maximalbetrages der sonstigen betrieblichen Erträge oder sonstigen betrieblichen Aufwendungen betrachtet werden. Zusätzlich soll es eine Anpassung des Geschäftsindikators für sehr provisionslastige Geschäftsmodelle geben, falls die Servicekomponente mehr als 50 Prozent des noch nicht angepassten Geschäftsindikators übersteigt. Der diese Schwelle überschreitende Teil wird nur zu zehn Prozent mit in die Berechnung einfließen.

Damit nimmt der BCBS Abstand von der in der ersten Konsultationsphase vorgeschlagenen Betrachtung des kumulierten Absolutbetrages der genannten Größen, was nach Meinung der Marktteilnehmer zur systematischen Benachteiligung einiger Geschäftsmodelle geführt hätte. Die Leasingerträge und -aufwendungen finden künftig eine separate Berücksichtigung als Absolutbetrag ihres Nettowertes innerhalb der Zinskomponente. Im Vergleich zum ersten Konsultationspapier stellen die genannten Anpassungen des Geschäftsindikators eine Entlastung für die Institute dar. Gleichzeitig ist die Berechnungsmethodik immer noch deutlich konservativer als in den derzeitigen Ansätzen.4)

In dem neuen SMA werden die Institute anhand der Höhe des Geschäftsindikators in eine von fünf Größenklassen eingeordnet, die den Geschäftsindikator (GI) in die so genannte Geschäftsindikatorkomponente (GI-Komponente) überführen (Tabelle 2).

Innerhalb einer Größenklasse wächst die GI-Komponente linear an. Über die Größenklassen hinweg steigt zudem die GI-Komponente im Vergleich zum Geschäftsindikator über die Koeffizienten überproportional an. Ein solcher Verlauf wurde durch Analysen des BCBS nachgewiesen. Die Addition der Konstanten - welche den Wert darstellen, den die jeweils niedrigere Größenklasse annimmt, wenn die obere Intervallgrenze erreicht wird - ist notwendig, um die Kontinuität der GI-Komponente sicherzustellen.

Erweiterung um risikosensitive Verlustkomponente

Der Baseler Ausschuss erkennt an, dass das Geschäftsvolumen einer Bank ein für die Quantifizierung ihres Risikopotenzials notwendiger Faktor ist, der jedoch das Risikopotenzial nicht alleine beeinflusst.5) Abschlussbasierte Kennzahlen erklären Unterschiede im Risikoprofil verschiedener Banken nur unzureichend, weswegen weitere Daten herangezogen werden müssen, um die Risikosensitivität des Messansatzes zu erhöhen. Aus diesem Grund wird künftig eine Verlustkomponente zur Anwendung kommen, die auf institutsinternen (historischen) Verlustdaten beruht. Mit diesem neuen Element des SMA werden Anreize für ein besseres Risikomanagement geschaffen, da geringe operationelle Verluste in der Vergangenheit mit einer vergleichsweise niedrigeren Eigenmittelanforderung in der Gegenwart einhergehen.

Damit Banken, die aktuell noch den Basisindikatoransatz (Basic Indicator Approach; BIA) anwenden und im Zuge dessen keine historischen Verlustdaten sammeln müssen, nicht überfordert werden, entfällt die Berechnung der Verlustkomponente für Institute der ersten Größenklasse.6) Die Einbindung der Verlustkomponente in den neuen Standardansatz erfolgt über den internen Verlustmultiplikator, der die gemäß der Geschäftsindikatorkomponente ermittelte Eigenmittelanforderung nach oben oder nach unten skalieren kann.

Potenzielle Auswirkungen des neuen Standardansatzes

Der BCBS strebt mit dem neuen Standardansatz ein alleiniges einfaches Messverfahren an, das nicht auf internen Modellen basiert. Durch die Einbeziehung interner Verlustdaten kommt aber auch weiterhin ein Schlüsselelement der AMA zur Anwendung. Dieses soll neben der Sicherstellung einer ausreichenden Risikosensitivität und Vergleichbarkeit der Eigenmittelanforderungen auch die Modellkomplexität verringern. Eine umfassende Beurteilung der Auswirkungen des neuen Standardansatzes ist derzeit allerdings noch nicht möglich. Die Verlustkomponente ist ein konzeptionelles Novum und in ihrer Ausgestaltung nicht mit den AMA komparabel. Ein Vergleich der Eigenmittelanforderungen kann deshalb nur institutsindividuell erfolgen. Für Banken, die momentan die einfachen Messansätze verwenden und unter dem neuen Standardansatz in höhere Größenklassen fallen, werden komplexere Berechnungen sowie umfangreiche Datenerhebungen und -analysen im Zuge der Ermittlung der Verlustkomponente notwendig sein.

Beachtet man, dass in Deutschland Ende des Jahres 2015 von mehr als 1 700 Instituten und Institutsgruppen etwa 1 660 den BIA anwendeten7) und laut Untersuchungen des BCBS etwa 20 Prozent dieser Institute in Zukunft nicht in die Größenklasse 1 fallen,8) wird für viele der Institute ein beträchtlicher Aufwand entstehen. Positiv zu beurteilen ist jedoch, dass sich für diese Institute ein effektives Management der operationellen Risiken künftig erstmalig vorteilhaft auf die Eigenmittelanforderung auswirkt.

Unter dem neuen Standardansatz wird ein Risikomanagement belohnt, das es sich zum Ziel gesetzt hat, die Verluste aus operationellen Risiken tatsächlich zu begrenzen. Die Anreizstrukturen verlagern sich somit weg von einer Optimierung der internen Modelle zwecks Eigenmittelersparnis hin zu der Ermittlung eines stabilen Eigenmittelbedarfs, bei dessen Berechnung die tatsächlichen internen Ausfälle nicht weiter unberücksichtigt bleiben. Die Möglichkeit der Verhängung von Kapitalaufschlägen innerhalb des Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) nach Säule II bleibt den Aufsehern überdies unbenommen. Provisionsorientierte Institute werden zudem unter dem neuen Standardansatz potenziell stärker von Erhöhungen der Eigenmittelunterlegung betroffen sein als zinsorientierte Banken. Dieser Aspekt verstärkt sich in der durch das aktuelle Niedrigzinsumfeld getriebenen Phase der anteiligen Erhöhung des Provisionsergebnisses in vielen Instituten. Aufgrund der stärkeren Gewichtung schwerwiegender Verluste wird die Eigenmittelunterlegung tendenziell insbesondere für Großbanken ansteigen. Jener Anstieg wird sich insbesondere bei Instituten bemerkbar machen, die aktuell einen AMA verwenden.

Verbesserungspotenziale des neuen Standardansatzes

Bedenkt man die Ursachen für das Auftreten operationeller Risiken und gleicht diese mit den grundlegenden Ansätzen der vorgenannten Messverfahren ab, wird offensichtlich, dass bei diesen Verfahren nicht bei den eigentlichen Risikotreibern angesetzt wird. Im Kern des operationellen Risikomanagements steht der Risikofaktor Mensch. So sind 88 Prozent aller operationellen Verluste auf Schäden zurückzuführen, die auf menschlichem Handeln basieren. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das Versagen von Einzelpersonen oder Teams nicht nur den Jahresgewinn einer globalen Bank verzehren, sondern auch die Existenz des ganzen Instituts gefährden kann. Nach Waschbusch/Lesch9) werden durch die personellen Risiken "alle anderen operationellen Risiken sowie letztendlich auch die Erfolgs- und Liquiditätsrisiken einer Bank gesteuert".

Auf dieser Erkenntnis beruhend soll im Folgenden ein alternatives Modell vorgestellt werden, das die besondere Rolle der Qualität des eingesetzten Humankapitals berücksichtigt. In den Fokus dieser Betrachtung rücken die Fach-, Methoden-, Persönlichkeits- und Sozialkompetenz der Mitarbeiter einer Bank. Während die Fachkompetenz ein selbstständiges, eigenverantwortliches und fehlerfreies Ausführen der zugeteilten Aufgaben ermöglicht, behandelt die Methodenkompetenz die Art und Weise, wie die Aufgabe erledigt wird. Die innere Einstellung und die personellen Eigenschaften wie Aufgeschlossenheit, Neugierde, Ehrlichkeit, Optimismus, Leistungsbereitschaft, Selbstbewusstsein und Verantwortungsbewusstsein stellen die Elementarqualifikationen dar und bilden die persönliche Kompetenz ab. Die Sozialkompetenz beschreibt schließlich die Fähigkeit, verständigungsorientiert Aufgaben und Probleme im sozial-kommunikativen Handeln mit anderen Personen zu bewältigen. Das dabei anzuwendende Messverfahren basiert auf einem Scoring-System.

Für jede Stelle innerhalb des Instituts wird ein Anforderungsprofil erstellt, das im Nachgang mit dem individuellen Stärken-Schwächen-Profil der Mitarbeiter abgeglichen wird. Je größer die Differenz zwischen dem Soll- und dem Ist-Wert ist, umso höher fällt die Punktzahl aus, die wiederum die Höhe der Eigenmittelanforderung beeinflusst. Eine Einteilung in drei Kategorien erfolgt auf Grundlage der Summe aller bewerteten Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Profilen. Instituten der ersten Kategorie mit dem geringsten Ergebnis, das heißt der besten Mitarbeiterqualität, wird es gestattet, den niedrigsten Prozentsatz für die Berechnung der Eigenmittelunterlegung anzuwenden, wohingegen die Prozentsätze für die anderen Klassen sukzessiv ansteigen. Als Bezugsgröße wird hier der Unternehmenswert herangezogen.

Betrachtung einer neuen qualitativen Mitarbeiterkomponente

Betrachtet man dieses Konzept, das unmittelbar bei einer der Hauptursachen der operationellen Risiken ansetzt, so lässt sich eine Verbesserung des neuen Standardansatzes ableiten, die darin besteht, eine solche Komponente in die Berechnung einzubeziehen. Möglich wäre die Betrachtung einer neuen qualitativen Mitarbeiterkomponente als zusätzlichem Faktor, der zusammen mit der Verlustkomponente die Eigenmittelanforderung nach unten oder oben skaliert. Im Gegensatz zum Geschäftsindikator und zur Verlustkomponente ist die Beziehung zu den Ursachen der operationellen Risiken bei der Mitarbeiterkomponente intuitiv verständlich, was ihre Akzeptanz und auch das Verständnis der Mitarbeiter für die operationellen Risiken potenziell erhöhen kann.

Eine einheitliche Systematik bezüglich der Beurteilung der Mitarbeiter wäre durch die Aufsichtsbehörden zugrunde zu legen, um eine geschlossene Berechnungsbasis zu schaffen. Bedacht werden muss der (einmalige) Mehraufwand, der mit der Implementierung noch nicht vorhandener Anforderungsprofile einhergehen würde sowie der (laufende) Aufwand für den Abgleich der Soll- und Ist-Werte. Eine Einbindung der Mitarbeiter der Personalabteilung wäre unter Umständen denkbar. Zudem sollten institutsinterne Richtlinien geschaffen werden, nach denen ungünstige Ist-Profile nicht die Ängste der betroffenen Mitarbeiter vor Sanktionen schüren, sondern vielmehr als Chance für eine adäquate Weiterentwicklung wahrgenommen werden.

Ein weiteres Instrument, das ergänzend zur Steuerung des Risikofaktors Mensch bei zutragen imstande sein könnte, ist ein von Dohne/Fritz-Morgenthal10) vorgestelltes Modell zur Erstellung eines Risikoprofils von (potenziellen) Mitarbeitern. Beide postulieren plausibel, dass Risiken aus einer Kombination aus der persönlichen Neigung zum Risiko und einem riskantes Verhalten fördernden Umfeld entstehen. An diesem Gedanken ansetzend untersucht die Profiling-Methode insbesondere die Metakompetenzen des Mitarbeiters - wie beispielsweise Impulskontrolle, Flexibilität oder auch Frustrationstoleranz -, die es ihm erlauben, das eigene Verhalten unter Stress und in riskanten Situationen anzupassen. Dabei soll der Test wesentlich dazu beitragen, Fehleinschätzungen zu vermeiden, die beispielsweise durch eine besonders charmante Art der Kommunikation oder auch aufgrund subjektiver Sympa thien des interviewenden Mitarbeiters der Personalabteilung für den Bewerber entstehen können und somit die Ist-Profile der (potenziellen) Mitarbeiter verfälschen.

Einblick in die Risikoprofile von Mitarbeitern

Die Kandidaten des Tests werden gebeten, durch Mausklicke den optimalen Weg durch mehrere virtuelle Labyrinthe zu finden, deren Schwierigkeitsgrade variieren. Dabei muss sich der Getestete auch zwischen Quantität (der Anzahl der gelösten Rätsel insgesamt) und Qualität (der Anteil der richtig gelösten Rätsel an den insgesamt gelösten Rätseln) entscheiden, da in der vorgegebenen Zeit nicht alle Labyrinthe zu lösen sind. Auf Basis der angewandten Strategie zur Lösung der Rätsel kann ein Gutachter die Neigung des Befragten zu problematischem Risikoverhalten bestimmen. Eine Manipulation der Ergebnisse zu eigenen Gunsten ist nur schwer möglich. Die Teilnehmer können sich nur bewusst verschlechtern, jedoch nicht verbessern. Die Zuverlässigkeit und die Validität wurden empirisch überprüft.

Durch diesen Test können Risikomanager einen Einblick in die individuellen Risikoprofile von Mitarbeitern und auch bestehenden Teams erhalten. So kann es beispielsweise von Vorteil sein, einen risikoscheuen Mitarbeiter in ein risikoaffines Team zu integrieren und umgekehrt. Besonders im Rahmen von Neueinstellungen können geeignete Mitarbeiter in Abhängigkeit von der geforderten Risikoeinstellung der zu besetzenden Stelle gezielt identifiziert werden. Bei den aufgezählten Metakompetenzen zeigen sich zudem Überschneidungen zu den vorgenannten Kompetenzkategorien, weshalb eine Einbeziehung der über den Profiling-Test ermittelten individuellen Risikoprofile in das zuvor erläuterte Scoring-System eine Steigerung der Risikosensitivität des Ansatzes ermöglichen würde. Weitergehend würde das operationelle Risikomanagement durch erweiterte Steuerungsimpulse bezüglich der Strategien zur Risikominderung verbessert.

Die vorgestellten Maßnahmen mögen einen Mehraufwand für die entsprechenden Banken darstellen. Sie orientieren sich jedoch stark am Grundgedanken des "Prudent Banking", einem vorausschauenden klugen und vorsichtigen Betreiben von Bankgeschäften mit dem Ziel, gesetzliche oder allgemeine hoheitliche Regulierungen überflüssig zu machen. Hierzu gehört zweifelsohne die eigene Motivation, die eingegangenen operationellen Risiken zu beherrschen und davon abzusehen, permanent nach Lücken oder Schwächen in gesetzlichen Regulierungsvorschriften zu suchen, um hieraus einzelbetriebliche Vorteile zu erlangen. Letztendlich birgt das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns mit Werten wie Redlichkeit, Weitblick, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Mäßigung für Banken die reelle Chance, personell bedingte operationelle Verluste zu vermeiden und letztlich das wichtigste Gut der Bankenlandschaft zu gewinnen und festzuhalten: das Vertrauen der Kunden.

Fußnoten

1) Vgl. Basel Committee on Banking Supervision: Consultative Document - Operational risk - Revisions to the simpler approaches - BCBS 291.

2) Vgl. Basel Committee on Banking Supervision: Consultative Document - Standardised Measurement Approach for operational risk - BCBS 355.

3) Vgl. BCBS 355, Seite 1.

4) Vgl. PwC: Operationelles Risiko - Wegfall des AMA und ein neuer Standardansatz für alle Banken, abrufbar unter: http://blogs.pwc.de/regulatory/aktuelles/operationelles-risiko-wegfall-des-ama-und-ein-neuer-standardansatz-fuer-alle-banken/1741/, Stand: 16. Februar 2017

5) Vgl. hierzu und zu den folgenden drei Sätzen BCBS 355, Seite 3.

6) Vgl. BCBS 355, Seite 6.

7) Vgl. BaFin: Jahresbericht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 2015, Seite 155.

8) Vgl. BCBS 355, Seite 6.

9) Vgl. ausführlich Waschbusch, Gerd; Lesch, Stefanie: Operationelle Risiken und Mitarbeiterkompetenzen - Personalmanagement als Schlüssel zur Quantifizierung und Steuerung, Wiesbaden 2004.

10) Vgl. zu den nachfolgenden Ausführungen ausführlich Dohne, Klaus-Dieter; Fritz-Morgenthal, Sebastian: Risikofaktor Mensch, in: Die Bank, 2015, Heft 8, Seite 65-69 sowie weiterführend Dohne, Klaus-Dieter: Ein Verfahren zur Messung Exekutiver Metakompetenzen - der Frontalhirn-Funktionstest - FFT (Diss.), Kassel 2012.

Univ.-Prof. Dr. Gerd Waschbusch , Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bankbetriebslehre , Universität des Saarlandes
Dr. Sabrina Kiszka , Wissenschaftliche Mitarbeiterin , Lehrstuhl für Bankbetriebslehre, Universität des Saarlandes, Saarbrücken

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