Senior Loans - eine Anlagealternative für institutionelle Investoren auch nach der Finanzkrise?

Abbildung 1: Marktvolumen von Senior Loans in den USA im Zeitverlauf Datenquellen: Peritus Asset Management: Certainty, Rates and the Year Ahead, 5.6.2013, http://www.advisorperspectives. com/commentaries/advisorshares_060513.php, Abruf: 10.7.2015 und http://www.cvc.com/Credit-Partners/About-Us/ Our-Industry.htmx, Abruf 17.7.2015

Anton Husterer, Teamleiter Fondsbuchhaltung, BayernInvest KVG, München, und Prof. Dr. Stephan Schöning, Inhaber der Professur für ABWL und Finance, SRH Hochschule für Wirtschaft und Medien, Calw - Auf der Suche nach Rendite geraten neue Anlageformen in den Fokus von institutionellen Investoren. Zugleich besteht für Banken aufgrund strengerer Regulierungen ein verstärkter Anreiz, nicht nur Kreditportfolios, sondern auch vorrangig besicherte Einzelkredite an Investoren weiterzureichen. Derartige Senior Loans haben sich im Zuge der Finanzmarktkrise auch in Europa etabliert. Die Autoren stellen die Anlageform zunächst dar und gehen anschließend der Frage nach, ob sie sich auch in einem angespannten Kapitalmarktumfeld wird behaupten können. Ihr Tenor: Im hiesigen rechtlichen Umfeld erfordert das Handling von Senior Loans zwar eine sorgsame Prüfung ihrer Chancen und Risiken, der Tendenz nach ist aber ein wachsender Anteil in den Portfolios institutioneller Investoren zu erwarten. (Red.)

Ein wesentlicher Bestandteil des Anlageprozesses ist das Finden der optimalen Portfoliozusammensetzung. Selten dürfte dies für die handelnden Akteure jedoch so herausfordernd gewesen sein wie in den letzten Jahren. Auch nach dem Ende der akuten Phase der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise sind die Unsicherheiten an den internationalen Kapitalmärkten immens, was sich auch in den starken Schwankungen vieler Wertpapierkurse zeigt. Selbst Staatsanleihen von Industrieländern gelten im Gegensatz zu früher nicht mehr als sicher. Gleichzeitig herrscht ein allgemein sehr niedriges Zinsniveau, da die Zentralbanken durch eine expansive Geldpolitik die Renditen verzinslicher Anlagen auf historische Tiefststände gedrückt haben und dies auch in der näheren Zukunft beibehalten wollen.

Charakterisierung des Begriffs Senior Loan

Auf der Suche nach angemessenen Renditen sind Vermögensverwalter in letzter Zeit verstärkt auf High-Yield-Anleihen ausgewichen, obwohl diese Anlageform mit erheblichen Nachteilen verbunden ist. Eine Alternative zur Streuung des Vermögens kann in der Investition in vorrangig besicherte Kredite, sogenannte Senior Loans, bestehen. Diese aus den USA stammende Finanzinnovation ist dort schon recht weit verbreitet, in Europa dagegen erst in den letzten Jahren aufgekommen.1)

Im Rahmen dieses Beitrags wird die Anlageklasse Senior Loans mit ihren Eigenschaften und Besonderheiten vorgestellt. Danach erfolgt eine Betrachtung von Ausfallrisiko und Korrelation zu anderen Assets. Im nächsten Schritt soll ein Vergleich mit ausgewählten Alternativen vorgenommen werden, um dann abschließend zu analysieren, ob sich Senior Loans für institutionelle Anleger eignen.

Teilweise große Volumina

Unter Senior Loans (synonym werden weitere Bezeichnungen verwendet) werden gewöhnlich erstrangig besicherte Darlehen von Banken an Unternehmen verstanden. Die Vorrangigkeit im Verwertungsfall gegenüber anderen Schuldnern spiegelt sich im Wort "Senior" wider - demgegenüber stehen sogenannte Junior Loans an zweiter (nachrangiger) Stelle. Aufgrund der besonderen Besicherung wird deshalb oft von Senior Secured Loans gesprochen. Die in der Regel variable Verzinsung führte zu der verwendeten Bezeichnung Senior Floating Rate Loans.

Häufig ist auch der Begriff Leveraged Loan zu finden, da die Unternehmen stärker verschuldet sind und kein Rating mit Investment-Grade-Status aufweisen.2) Weiterhin weist dieser Begriff auch auf den Verwendungszweck der Darlehen hin, die auch für Leveraged Buy Outs sowie Mergers and Acquisitions (M&A) genutzt werden, bei denen eine hohe Fremdkapitalfinanzierung üblich ist.3) Dies erklärt auch die großen Volumina, die meist ab 50 Millionen bis zu über 10 Milliarden Dollar umfassen.4) Beispiele für derart große Emissionen sind First Data 2007 (12 Milliarden US-Dollar und Heinz 2013 (9,5 Milliarden US-Dollar).

Verwechslungsgefahr bietet die Bezeichnung als Bank Loans. Hierbei handelt es sich nicht um von Banken emittierte eigene Anleihen.5) Vielmehr sind die Banken bei Senior Loans beratend tätig und am Weiterverkauf beteiligt. Zur Vermeidung von begrifflichen Unklarheiten wird in diesem Beitrag stets die Bezeichnung Senior Loans gewählt.

Überblick über Angebot und Nachfrage

Wie erwähnt sind Senior Loans in den USA entstanden und dort am meisten verbreitet. Mit der Zunahme von M&A und LBOs zu Beginn der 1990er Jahre wuchsen auch die Volumen von Senior Loans.6) Wie Abbildung 1 zeigt, ist das Marktvolumen (blaue Balken) des repräsentativen US-Marktes bis zum Ausbruch der Finanzkrise stetig gewachsen und nähert sich nach einem Einbruch der 2000-Milliarden-US-Dollar-Marke. Der europäische Markt ist noch vergleichsweise klein, hat aber in den letzten Jahren aufgeholt.7)

Anfänglich waren Senior Loans nur in den Portfolios von Banken zu finden, bevor diese begannen, die Loans zum Teil an ausgewählte institutionelle Investoren weiterzuverkaufen. Rechtlich gesehen sind Senior Loans keine Wertpapiere; sie werden auch nicht an Börsen, sondern lediglich zwischen den Investoren im außerbörslichen OTC-Handel gehandelt. Vor zirka 25 Jahren bauten Banken, unter anderem Bear Stearns, die Citibank und Goldman Sachs, ein Netzwerk zum Handel untereinander auf, zu dem auch Investoren Zugang bekamen.8) Der außerbörsliche Handel von Senior Loans ist mit Vorteilen für die Teilnehmer verbunden, denn dadurch können viele Vorschriften der regulierten Märkte umgangen und individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Auch außerhalb der USA verbreitert sich inzwischen das Angebot für Investoren. So haben mittlerweile zum Beispiel Credit Suisse, Blackrock und BNP Paribas Fonds aufgelegt, die in Senior Loans investieren.9)

Starke Abhängigkeit von Institutionellen

Schuldner von Senior Loans sind meist Unternehmen mit Non-Investment-Grade-Status (vergleiche Abbildung 2), die aufgrund der zurückhaltenden Kreditvergabe zunehmend Schwierigkeiten haben, sich auf traditionellem Wege über herkömmliche Bankdarlehen oder Anleihen zu finanzieren, und daher oft alternative Finan zierungswege eingehen. In Deutschland bekannte Unternehmen sind zum Beispiel Kabel Deutschland und Schaeffler.

Auf der Nachfrageseite stehen in erster Linie professionelle Investoren wie Versicherungen, Publikums-, Pensions- und Hedgefonds.10) Diese starke Abhängigkeit von Institutionellen wirkte sich in der Finanzkrise besonders stark aus, da bei diesen Marktteilnehmern die Verunsicherung und der Verkaufsdruck besonders groß waren. Dementsprechend waren nicht nur Einbrüche beim Neuemissionsvolumen, sondern auch im Kursverlauf eines repräsentativen Loans-Index zu verzeichnen (Abbildung 3). Im zweiten Halbjahr 2015 gab es im Zug der zunehmenden Schwankungen an den High-Yield-Märkten auch einen Kursrückgang bei den Loans und die Kurse fielen auf ein Mehrjahrestief.

Eine wesentliche Rolle für die Käuferseite spielten Collateralized Loan Obligations (CLO),11) bei denen die gekauften Senior Loans als Sicherheit für die eigenen emittierten Wertpapiere dienen.12) Der Anteil dieses Verwendungszwecks an der Gesamtnachfrage nach Senior Loans betrug vor Beginn der Finanzkrise bis zu 60 Prozent.13) Da keine neue CLOs mehr aufgelegt und viele bestehende abgewickelt wurden, kam es zu einem Ausverkauf der Senior Loans. Die Käuferseite, die zu Beginn noch von Banken dominiert wurde, hat sich seitdem deutlich hin zum Kreis der institutionellen Investoren verschoben, Diese Gruppe macht mittlerweile zirka 85 Prozent der Käufer aus.14)

Bewertung des Ausfallrisikos bei Senior Loans

Wie erwähnt bezieht sich der Begriff "Senior" auf die Position des Kredits in der Kapitalstruktur des Schuldners. Gerade bei Non-Investment-Grade-Anlageformen ist für einen jeden Investor das Emittentenrisiko ein wesentliches Entscheidungskriterium. Das durch die Finanzkrise ausgelöste Misstrauen unter anderem gegenüber bestens bewerteten ABS-Papieren hat dieses Sicherheitsdenken deutlich verstärkt. Während größere Unternehmen und Staaten traditionell von einer Ratingagentur eine Bonitätsnote erhalten, die Auskunft über ihre Zahlungsfähigkeit gibt, wurde bei Senior Loans in der Vergangenheit nur ein internes Rating des Investors oder des Verwalters erstellt, was eine Beurteilung der Bonität erschwert. Inzwischen ist - auch als Konsequenz der Finanzkrise - ein öffentliches Rating üblich. Diese Entwicklung zeigt sich daran, dass nur noch zwei Prozent der Senior Loans kein externes Rating aufweisen (Abbildung 2).

Bei der Betrachtung des Ratings ist gerade im High-Yield-Sektor zwischen Emissions- und Emittentenrating zu differenzieren, da beide durchaus unterschiedlich ausfallen können, denn die den Senior Loans zu grunde liegenden Kredite sind typischerweise mit Assets des Unternehmens besichert. Dafür kommen Aktiva wie Produktionsanlagen, Lagerbestände oder Immobilien sowie Bürgschaften der Mutter-/ Holdinggesellschaft und von Tochtergesellschaften infrage.15)

Wichtige Kennzahlen zur Beurteilung des Kreditrisikos sind die Ausfallrate (Default Rate) und im Insolvenzfall die Verwertungsrate (Recovery Rate). Verglichen mit klassischen Hochzinsanleihen weisen Senior Loans niedrigere Ausfallraten auf. Zudem ist aufgrund der erstrangigen Besicherung eine deutlich höhere Verwertungsrate erzielbar (vergleiche Abbildung 4).

Ausfallwahrscheinlichkeit beachten

Zu beachten bleibt indes, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit in Abschwungphasen stark ansteigt, wie um 2000 infolge der Asienkrise sowie der Internetblase und nach 2008, dem Höhepunkt der Finanzkrise.16)

Ein typisches Merkmal von Senior Loans sind vertragliche Vereinbarungen (sogenannte Covenants), die dem Kapitalgeber zusätzliche Rechte gewähren. Häufig werden dabei Beschränkungen und Verbote für das Geschäftsgebaren festgeschrieben, wie die Verpflichtung zur Einhaltung von Finanzkennzahlen wie etwa eines maximal geduldeten Verschuldungsgrades, erweiterte Informationsrechte des Gläubigers,17) bis hin zum Recht das Darlehen vorzeitig zu kündigen.18) Neben der vorrangigen Besicherung führen Covenants zu einer Besserstellung gegenüber anderen Gläubigern. Für bonitätsschwache Unternehmen bieten diese "Investorenschutzklauseln" zudem die Möglichkeit, ein schlechtes Rating zu kompensieren und so leichter Fremdkapital zu erhalten.19)

Darstellung der Verzinsung

Neben dem vergleichsweise geringen Ausfallrisiko, das in der Finanzkrise die oberste Priorität bei Investoren hatte, ist das Renditepotenzial eines Senior-Loan-Investments der wichtigste Faktor für deren Attraktivität. Oft wird auch von Senior Floating Rate Loans gesprochen, da eine variable Verzinsung üblich ist. Als Referenzzinssätze dienen meist Euribor oder Libor, an welche die Verzinsung in regelmäßigen Abständen, in der Regel alle 90 Tage, angepasst wird. Dadurch sind Senior Loans gegenüber Zinsveränderungen vor Kursschwankungen weitgehend abgesichert.

Da die Unternehmen meist unterhalb von BBB geratet sind, erwarten Kapitalgeber eine dem Risiko angemessene Verzinsung. In der Regel liegt der Zins deshalb je nach Bonität um einen bestimmten Aufschlag (Spread) höher als der Referenzzins. Im Zuge der Finanzmarktkrise traten große Schwankungen der Spreads und der Gesamtverzinsung auf. Selbst wenn der 3-Monats-Libor seit Jahren nahe null ist, haben Senior Loans durch die Ausweitung der Spreads weiterhin eine attraktive Gesamtverzinsung. So beträgt die risikoadjustierte Rendite aktuell für drei Jahre 2,19 Prozent, für 5 Jahre 1,27 Prozent und für 10 Jahre 0,57 Prozent. Insgesamt gelten Senior Loans im Vergleich zu anderen Anlageformen als sehr attraktiv (vergleiche Abbildung 5).

Volatilität und Korrelation mit anderen Assets

Normalerweise weisen Senior Loans verglichen mit anderen zinstragenden Anlagen eine relativ geringe Volatilität auf. Im Zuge der Finanzmarktkrise ist die Volatilität zwar stark angestiegen, jedoch hat sich die Situation seitdem wieder stark beruhigt (vergleiche Abbildung 6).

Wichtig für jede Position im Portfolio ist das Kursverhalten gegenüber anderen Assets, ausgedrückt über die Korrelation. Die Ergebnisse mehrerer Studien zeigen meist eine schwach positive Korrelation mit Aktien (0,42) sowie eine schwach negative zu Anleihen. Letztere ist auch bedingt durch das Zinsänderungsrisiko, dem Senior Loans im Gegensatz zu Straight Bonds nicht unterliegen. Besonders hoch ist dagegen die Korrelation zu den bereits angesprochenen High-Yield-Bonds (0,76), die ihnen von allen Assets auch am ähnlichsten sind.20) Dies zeigte sich deutlich an den Kursverlusten dieser Assets in den letzten Monaten.

Aufgrund der meist geringen Korrelation zu anderen Anlagen werben spezialisierte Verwalter mit Senior Loans als Beimischung zur Diversifizierung von Portfolios. Kritisch anzumerken ist hierbei zum einen, dass die niedrige Korrelation zum Teil die schlechtere Handelbarkeit bedingt, da die Senior Loans im Gegensatz zu anderen Assets nicht börsennotiert sind.21) Zum anderen ist zu beachten, dass die Korrelation im Verlauf der Finanzmarktkrise stark angestiegen ist und somit den Diversifikationseffekt stark abschmelzen ließ.

Diversifikationsmöglichkeiten aus Sicht institutioneller Anleger

Im Folgenden wird die Eignung von Senior Loans zur Portfoliobeimischung geprüft, wobei sich der Vergleich mit den deutlich bekannteren High-Yield-Bonds aufdrängt. Bisher bilden Anleihen mit Investment-Grade-Status den Hauptbestandteil vieler Portfolios und High-Yield-Bonds dienen oft als Beimischung. Daher ist es sinnvoll, diese Anlageformen mit Senior Loans zu vergleichen. Die Tabelle stellt die wesentlichen Eigenschaften auf Basis langfristiger Erhebungen gegenüber.

Die niedrige Duration ist typisch für variabel verzinsliche Anlagen und liegt unter derjenigen festverzinslicher Bonds. Zu beachten ist die vergleichsweise geringe Liquidität der Senior Loans. Wie dargestellt, sind sie mit umfangreichen Sicherheiten versehen, was sie im Ertrags-Risiko-Profil von Eigenkapital- und Mischformen unterscheidet, für die selten konkrete Sicherheiten hinterlegt werden und die folglich mehr Risiken enthalten.

Mithin eignen sich Senior Loans primär für Portfolios als Beimischung zu Aktien und festverzinslichen, besser gerateten Wertpapieren sowie als Ersatz für High-Yield-Bonds. Zu beachten bleibt allerdings die eingeschränkte Verfügbarkeit von Senior Loans in Deutschland. So sind erst seit der Änderung des Investmentgesetzes 2008 und der Anpassung der Anlageverordnung für Versicherungen (AnlV) im Jahr 2010 Senior Loans zur Aufnahme in Spezialfonds für diese bedeutende Anlegergruppe zugelassen.22) Nach dem Investmentgesetz gelten Senior Loans als unverbriefte Darlehensforderungen,23) die nur eingeschränkt zum Kauf zugelassen sind. Konkret sind Senior Loans nur für Publikumsfonds in Form von "sonstigen Sondervermögen" nach §§ 220, 221 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 KAGB sowie für Spezial-AIF nach §§ 282, 284 KAGB (vormals § 90g bis 90k InvG) erwerbbar.

Dabei gilt die Beschränkung, wonach Senior Loans insgesamt maximal 30 Prozent des Wertes des Sondervermögens ausmachen dürfen, sowohl für Publikumsfonds in Form von Sonstigen Sondervermögen generell als auch für solche Spezial-AIF von Versicherungen, die im Einklang mit § 2 Abs. 1 Satz 16 AnlV stehen sollen. Versicherungen, die Spezial-AIF mit mehr als 30-prozentiger Senior-Loan-Quote auflegen möchten, müssen bei Überschreiten dieser Quote das gesamte Fondsvolumen auf die 7,5-Prozent-Beschränkung ihres gebundenen Vermögens aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 AnlV anrechnen.24) Als erste Fondsgesellschaft in Deutschland hat die Bayern-Invest 2011 einen Spezialfonds für einen Versicherungskonzern kreiert, der bis zu den erlaubten 30 Prozent seines Vermögens in Senior Loans anlegen darf.25)

Da diese Erlaubnis nur für Spezialfonds gilt, ist es der breiten Öffentlichkeit bislang nicht möglich, in (deutsche) Publikumsfonds mit einem 30 Prozent übersteigenden Anteil an Senior Loans zu investieren. Gerade von regulatorischer Seite können sich in den nächsten Monaten weitere Veränderungen ergeben. Das deutsche Umsetzungsgesetz der OGAW V sieht einerseits einige Erleichterungen vor,26) wie die Zulässigkeit der Prolongation auslaufender Kredite als auch deren Restrukturierung. Im Gegenzug sollen reine Senior-Loan-Spezialfonds durch Einführung einer 50-Prozent-Quote künftig nicht mehr möglich sein. Ausweichmöglichkeiten bestehen für Investoren allerdings über die weniger regulierten Fondsstandorte Luxemburg und Irland.

Würdigung von Senior Loans aus Sicht der Vermögensverwaltung

Die erörterten Eigenschaften der Anlageklasse Senior Loans sollen abschließend speziell in Bezug auf die Bedürfnisse der institutionellen Vermögensverwaltung betrachtet werden. Wie aufgezeigt können aktuell lediglich institutionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionskassen über Spezialfonds in Senior Loans anlegen. Diese Anlegergruppe steht unter dem Druck, eine hohe Rendite zu erwirtschaften, um die Attraktivität ihrer Produkte zu erhalten. Das kann mit Senior Loans aufgrund der Renditeaufschläge erreicht werden. Auch kann so in Unternehmen investiert werden, die ansonsten nicht an den Kapitalmärkten gehandelt werden. Kompetente Manager für das Spezialgebiet sind jedoch noch relativ rar; in Deutschland sind in erster Linie Voya und Credit Suisse bekannt. Obwohl sich mittlerweile anerkannte Ratings etabliert haben, ist eine intensive Analyse des Schuldners notwendig, wozu Know-how und entsprechende Prozesse vorhanden sein müssen. Zudem gibt es bisher nur wenige erfahrene Verwahrstellen.

Anspruchsvoll sind Senior Loans bei der Feststellung ihres aktuellen Preises, was gerade für Vermögensverwalter im Hinblick auf die Fondspreisermittlung von Bedeutung ist. Aufgrund der vergleichsweise geringen Liquidität sowie des ausschließlich außerbörslichen Handels beansprucht eine tägliche Bewertung erhebliche Ressourcen. In der Praxis wird ersatzweise oft auf von Brokern zur Verfügung gestellte Kurse zurückgegriffen. Weiterhin liegen bei Loans zwischen Vertragsabschluss und Erfüllung in der Regel mindestens sieben Tag bis hin zu mehreren Monaten,27) was im Vergleich zu standardisierten Wertpapieren sehr lange ist. Ein flexibles Liquiditätsmanagement ist infolge der bei Abschluss nicht feststehenden Valuta erforderlich. Insbesondere für Publikumsfonds ist diese Tatsache herausfordernd, was für die Festlegung von Rücknahmegebühren zur Vermeidung kurzfristiger Anlageentscheidungen spricht.

Auch ist die rechtliche Konstruktion anspruchsvoll. Da Senior Loans wenig standardisiert und sehr individuell gestaltet sind, müssen viele Details beachtet werden. Die Administration eines Senior-Loans-Fonds stellt eine weitere komplexe Herausforderung im Vergleich zu regulären Fonds dar, da die umfangreichen Beziehungen zwischen den Beteiligten KVG, Verwahrstelle, Loan Servicer zu berücksichtigen sind .28)

Fehlender Rückzahlungsschutz als Risiko

Gerade die vielfältigen Convenants erfordern eine intensive Durchschau. Zwar haben diese Convenants für die Vermögensverwaltung Vorteile hinsichtlich der Sicherheit der investierten Gelder. Da sie jedoch auch Vereinbarungen enthalten können, die dem Schuldner eine vorzeitige Rückzahlung erlauben,29) kann aus ihnen ein Wiederanlagerisiko resultieren. Während vorzeitige Rückzahlungen bei Anleihen unüblich sind, treten sie bei Senior Loans oft auf: Beispielsweise wurde 2010 ungefähr ein Fünftel der Senior Loans vor dem Ablauftermin zurückgezahlt.30) Für diesen fehlenden "Rückzahlungsschutz" wird im Gegenzug eine Entschädigung in Form eines über pari liegenden Kurses vereinbart, eine sogenannte Call Premium. Gleichwohl ist es gerade in Niedrigzinszeiten für Vermögensverwalter nachteilig, eine gut verzinste Anlage zurückbezahlt zu bekommen. In der aktuellen Situation, in der die Vermögensverwaltung durch das Marktumfeld besonders gefordert ist, sind Senior Loans sicherlich kein Allheilmittel gegen die herrschenden Probleme. Sie können jedoch einen Beitrag zur besseren Diversifizierung und zur Erhöhung der Gesamtrendite eines Portfolios leisten.

Die weitere Entwicklung auf dem Markt für Senior Loans wird unter anderem von staatlichen Regulierungen erheblich beeinflusst. Die angesprochenen Veränderungen sollten insgesamt zu einer ansteigenden Nachfrage führen. Wichtig für diese Anlageklasse wird es sein, das Vertrauen der Investoren zu behalten und weiter auszubauen. Um das Schicksal anderer aufstrebender Produkte, die im weiteren Verlauf unter Vertrauensverlusten und Marktzusammenbrüchen gelitten haben, zu vermeiden, ist es notwendig, dass die Rückzahlungsquoten im Zahlungsausfall auf hohem Niveau bleiben31) und dass Großausfälle wie unlängst Energy Future Holdings Ausnahmen bleiben.

"Mauer der Fälligkeit"

Zudem bewegt sich der Markt auf eine weitere "Mauer der Fälligkeit" zu, denn in den nächsten Jahren werden viele Loans fällig (Abbildung 7), sodass Sorgen über den umfangreichen Refinanzierungsbedarf aufgekommen sind.

Gegen derlei Befürchtungen sprechen positive Fakten auf Unternehmensseite (wie hohe Cash-Bestände, niedrigere Verschuldungsgrade und verbesserte Ratings32)), aber auch die Tatsache, dass die deutlich größeren Refinanzierungserfordernisse im Jahr 2014 weitgehend problemlos erfüllt werden konnten. Somit ist insgesamt davon auszugehen, dass Senior Loans in Zukunft einen weiter wachsenden Anteil in den Portfolios institutioneller Investoren haben. Vor dem Hintergrund, dass die Rückzahlung zu pari erfolgt, stellen die Kursrückgänge im zweiten Halbjahr 2015 analog zu 2009 aktuell eine günstige Einstiegschance dar.

Eine Langfassung des Beitrags kann auf der Homepage der Hochschule für Wirtschaft und Medien, Calw, unter http://www.hochschulecalw.de/de/forschung/publikationen/ abgerufen werden.

Fußnoten

1) Vgl. Lammert, K.: Senior Loans als Alternative im Niedrigzinsumfeld, in: ZfgK, 65. Jg. (2012), S. 829-831.

2) Vgl. Antczak, S. J. et al.: Leveraged Finance: Concepts, Methods, and Trading of High-Yield Bonds, Loans and Derivatives, Hoboken, New Jersey 2009, S. 42ff.

3) Vgl. Brüning, M.: Chronologie des Zusammenbruchs des Leveraged Loan Marktes für Verbriefungen durch CLO in den USA 2006-2009, New York 2009, S. 5ff.

4) Vgl. Voya: Voya Quarterly Leveraged Lending Review 2Q 2014, Folie 138.

5) Vgl. Fabozzi, F., Bank loans: secondary market and portfolio management, London 1998, S. 28.

6) Vgl. Marquette Associates, Senior Secured Loans Position Paper, February 2011, http://www.marquetteassociates.com/Portals/0/Marquette_Senior_Secured_Loans.pdf (Abruf 30.1.2012), S. 3.

7) Zum Vergleich betrug das Marktvolumen in Europa 2011 erst ca. 400 Mrd. Euro. Quelle: Institutional-Investment.de 15.11.2011.

8) Vgl. Marquette Associates: a.a.O. (Fn. 6), S. 3.

9) Beispiele hierfür sind Credit Suisse Nova (Lux) Global Senior Loan Fund ISIN: LU0635710832 oder Dexia Leveraged Loans Fund ISIN: IE00B-0QJWD71.

10) Vgl. Highbridge Principal Strategies LLC: The Case for Leveraged Loans, an attractive Source for uncorrelated Returns, Dezember 2010, http://www.top1000funds.com/wp-content/uploads/2010/12/ NEWTOP1000.pdf, Abruf 10.7.2015.

11) Zu den Arten vgl. Jortzik, S.: Synthetische Collateralized Debt Obligations, Norderstedt 2006, S. 14ff.

12) Vgl. Mihaylov, M.: Die Fair Value-Bewertung vor dem Hintergrund der Subprime-Krise, Hamburg 2010, S. 34.

13) Vgl. Credit Suisse: Globale Trends - Auf der Suche nach Rendite, 14.02.2012, https://infocus.creditsuisse.com/app/article/index.cfm?fuseactio n=OpenArticle&aoid=336821&lang=DE&WT. mc_id=Feed_ Credit%20Suisse%20-%20In%20 Focus, Abruf 25.2.2012.

14) Quelle: Voya: a.a.O. (Fn. 4), Folie 120.

15) Vgl. o.V.: "Senior loans" locken mit Bewertungsabschlag, Neue Züricher Zeitung vom 5.10.2010, http://www.nzz.ch/finanzen/nachrichten/senior_ loans_locken_mit_bewertungsabschlag_ 1.7822842.html, Abruf: 9.7.2015.

16) Quelle: Voya: Quarterly Leveraged Lending Commentary 2Q 2015, S. 190.

17) Vgl. Marquette Associates: a.a.O. (Fn. 6), S. 3.

18) Vgl. Direktbroker.de: Leveraged Loans, http://www.direktbroker.de/unser-service/boersenlexikon/leveraged-loans-so-auch-imdeutschen-gesagtdem-englischen--/16331744/L, Abruf: 9.7.2015.

19) Vgl. Servatius, W.: Gläubigereinfluss durch Convenants, Tübingen 2008, S. 33.

20) Vgl. Voya: Diversify Your Portfolio with Senior Loans, White Paper, April 2015. https://investments.voya.com/idc/groups/public/documents/investor_education/fundspace_bswp-senloan.pdf, Abruf: 9.7.2015, S. 8.

21) Vgl. o.V.: a.a.O. (Fn. 15). Dies wird z. B. auch offenen Immobilienfonds vorgeworfen, da bei diesen meist nur einmal jährlich eine Bewertung stattfindet, der Kurs also kaum Schwankungen unterliegt.

22) Vgl. BayernInvest: BayernInvest legt Mandat für Senior-Loans auf. Pressemitteilung vom 4.8. 2011.

23) Vgl. BVI: Lesefassung des Investmentgesetzes (2011), S. 123.

24) Vgl. Portfolio Institutionell Newsflash vom 29.1.2014.

25) Vgl. BayernInvest: a.a.O. (Fn. 22).

26) Siehe BaFin Veröffentlichung zur Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen, 12.05.2015, http://www.bafin.de/SharedDocs/ Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentscheidung/WA/ae_150512_kreditfonds_aif.html, Abruf: 19.7.2015.

27) Vgl. Marquette Associates: a.a.O. (Fn. 6), S. 8.

28) Vgl. BayernInvest: a.a.O. (Fn. 22).

29) Vgl. Choudhry, M.: Structured Credit Products, 2. Aufl., London 2010, S. 378.

30) Vgl. Institutional Money: Senior Secured Loans - immunisierte Renditen, Ausgabe 1/2011, http:// www.institutional-money.com/cms/magazin/ produkte-strategien/artikel/senior-secured-loans-immunisierterenditen/?tx_ttnews%5 Bpointer%5D=4&tx_ttnews%5BbackPid%5D=1 7&cHash=1ccca0748d, Abruf: 9.7.2015.

31) Vgl. o.V.: a.a.O. (Fn. 15).

32) Vgl. Credit Suisse: a.a.O. (Fn. 13).

Prof. Dr. Stephan Schöning , Professor für ABWL/Finance, SRH Hochschule Heidelberg

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X