Sonstige betriebliche Erträge und das Warengeschäft als Erfolgsquellen

Ein dynamisches Wachstum der Bank

Stefan Siebert, Vorsitzender des Vorstands, VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG, Bad Salzungen, und Stephan Vomhoff, Göppingen - Die deutschen Banken müssen trotz der widrigen Rahmenbedingungen der Niedrigzinsphase ihre Ertragsseite verbessern, so ist es selbst von der hiesigen Bankenaufsicht zu hören. Eine genossenschaftliche Ortsbank in Thüringen arbeitet schon seit einigen Jahren an der Erschließung neuer Ertragsquellen und hat im Berichtsjahr 2015 schon mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen aus den Geschäftsfeldern "erneuerbare Energien" sowie "Vermietungswirtschaft" generiert. Die Autoren erläutern die strategische Ausrichtung dieser zweiten Säule und geben sich zuversichtlich mit dem inzwischen aufgebauten Know-how auch in einem sogenannten strukturschwachen Gebiet überlebensfähig zu bleiben und den genossenschaftlichen Förderauftrag erfüllen zu können. (Red.)

Es war im Jahre 2003 als die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG aufgrund von Kreditausfällen mit Mitteln aus der genossenschaftlichen Sicherungseinrichtung in Höhe von 12,3 Millionen Euro saniert werden musste. Unter einem neuen Vorstand waren harte Einschnitte bei den Kosten und den bestehenden Strukturen notwendig, um Risiken und Kosten zu beherrschen. Am Ende des Restrukturierungsprozesses 2008 war das für weitere Marktaktivitäten notwendige Eigenkapital zum großen Teil bereits gebunden. Die VR-Bank war saniert, aber ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell musste erst noch gefunden werden. Zusätzliche Herausforderungen brachte - neben der zunehmenden Regulierung durch die Bankenaufsicht - die immer stärkere, bis heute anhaltende Absenkung des Zinsniveaus, welche traditionelle Geschäftsmodelle in der strukturschwachen Heimatregion der Bank zusätzlich erschwert. Die langfristig angestrebte Eigenständigkeit war in Gefahr - kein Geschäftsmodell, keine Zukunft, so das bedrohliche Szenario.

Die Bank und die Region

Die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden arbeitet in einem großen Geschäftsgebiet in Südthüringen, das im Norden von der Region Eisenach, im Westen und Süden von der bayrischen Landesgrenze und im Osten vom Rennsteig und dem Thüringer Wald begrenzt ist. Geprägt durch den Salzabbau und Kureinrichtungen leidet die Region unter den Herausforderungen in den ostdeutschen Ländern. Die Bertelsmann-Stiftung prognostiziert bis 2030 einen Rückgang von zirka 18 Prozent bei der Bevölkerung und die Überalterung in der Bevölkerung sorgt dafür, dass die Anzahl der 18- bis 65-jährigen um zirka 31 Prozent zurückgeht.

Gleichwohl hat sich die VR-Bank in diesem Markt gut behauptet, die Bilanzsumme wuchs zwischen 2010 und 2015 jährlich um fast 10 Prozent und erreichte Ende 2015 rund 634,3 Millionen Euro, die Forderungen an Kunden wuchsen im gleichen Zeitraum durchschnittlich um 15,4 Prozent p. a. und die Verbindlichkeiten um 6,8 Prozent p. a. - der Passivüberhang beträgt immer noch rund 147 Prozent. In der GuV-Rechnung ist bemerkenswert, dass am Jahresende 2015 die Zinserträge aus Krediten trotz des hohen Passivüberhangs fast 45 Prozent, die Rohergebnisse aus dem Warengeschäft 3,9 Millionen Euro oder 12,3 Prozent aller Erträge und die aus "sonstigen betrieblichen Erträgen" 6,9 Millionen Euro oder 21 Prozent ausmachen. Die "sonstigen betrieblichen Erträge" beinhalten 5,3 Millionen Euro Mieteinnahmen aus dem Geschäftsfeld "Vermietungswirtschaft". Insbesondere das Wachstum dieser Position ist stürmisch und steigerte sich seit 2010 um durchschnittlich 95 Prozent p. a. Die Planungen der Bank gehen von einer Bilanzsumme durch organisches Wachstum von einer Milliarde Euro und in der Ertragsrechnung von einem Anteil der sonstigen Ertragsquellen von 50 Prozent an den Gesamterträgen bis 2020 aus. Was ist seit der Sanierung passiert?

Risiken beherrschen

Man darf rückblickend von einer hohen Innovationskraft, Interesse und Engagement bei Aufsichtsrat und Vorstand im Zusammenhang mit den Investitionen in die neuen Geschäftsfelder sprechen und die Entwicklung damit begründen. So tragen Investitionen in Solar- und Windenergieanlagen heute ebenso zum Erfolg der VR-Bank bei, wie Investments in Gebäude zur Vermietung und Verpachtung sowie Finanzierungen im Bereich des Sport- und Fußballgeschäftes.

All diesen neuen Geschäftsfeldern sind die Verantwortlichen in der Bank gewachsen und beherrschen die Risiken, weil das Know-how permanent steigt und sich die notwendigen Geschäftsbeziehungen fortwährend aufgebaut haben. Eine hohe Affinität für Fußball war schon beim Aufbau des Geschäftsfeldes "Sport- und Fußballfinanzierungen" vorhanden. Allein die Umsetzung guter Ideen aus den Stärken von Einzelnen und eine überschaubare Risikobereitschaft reichen als Erfolgsfaktoren zur Bewertung dieser Geschäfte nicht aus. Es ist die Konsequenz, mit der diese Geschäftsfelder entwickelt werden, die eine maßgebliche Rolle für den Erfolg spielt.

Beispiel 1: Vermietungswirtschaft

Wenn man rückblickend über die Entstehung dieses Geschäftsmodells spricht, dann steht am Anfang das Attribut "aus der Not geboren". Die Sanierung kostete ein hohes Maß an Eigenkapital, mit welchem aber gleichzeitig eigene Kreditgeschäfte unterlegt werden mussten. Angesichts der seit 2008 fallenden Zinsen hat sich die Bank entschieden, zunehmend in die Bilanzposition "Sachanlagen" (Vermietungsobjekte und Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien) zu investieren und diese vorwiegend mit Fremdkapital durch Geldaufnahmen bei Banken zu refinanzieren. Zum 31. Dezember 2015 steht der Position "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" von 109 Millionen Euro eine Position von "Sachanlagen" in Höhe von 118 Millionen Euro in der Bilanz gegenüber. Die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Eigenmittelanforderungen und der Risikotragfähigkeit, stellen für die Bank strenge Nebenbedingungen dar. Hierfür wurden umfangreiche Regelungen und Vorgaben für Investitionsentscheidungen dokumentiert.

Die Renditeerwartungen an Kaufobjekte wurden in den Teilstrategien für die ergänzenden Geschäftsfelder definiert und werden regelmäßig beziehungsweise anlassbezogen überprüft. Die Objekte werden zum großen Teil fristenkongruent refinanziert. Es gelten keine regionalen Beschränkungen in der Auswahl der Investitionsobjekte. Im Fokus steht die Nachhaltigkeit in Verbindung mit einer ausgezeichneten Lage sowie die definierten Renditeerwartungen. Je nach Geschäftsumfang werden unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei Investitionsentscheidungen hinzugezogen. Die Einbindung externer Sachverständiger ist aber aus Sicht des Vorstandes, trotz der hierfür anfallenden Kosten, ein gutes Investment, um Sicherheit im Handeln zu gewinnen. Die aktuelle Durchschnittsrendite aller Sachanlagen der VR-Bank beträgt heute zirka 5 Prozent (netto).

Beispiel 2: Warengeschäft (erneuerbare Energien)

Das Geschäftsfeld erneuerbare Energien wird als eine moderne Interpretation des genossenschaftlichen Warenhandels verstanden. Am Anfang standen die ökologischen Aspekte sowie die Diversifizierung der Ertragsquellen im Mittelpunkt. Heute fordern die Mitglieder über die Satzung der VR-Bank den Vorstand auf, den Energieverbrauch der Bank und ihrer Mitglieder nachhaltig zu minimieren und zusätzlich so viel "saubere" Energie zu erzeugen, dass die Bank gemeinsam mit ihren Mitgliedern den Status einer CO2-neutralen Einrichtung erreicht. Auf der einen Seite steht der effiziente Umgang mit Wärme und Strom durch die Bank und auf der anderen Seite das Investment in die Produktion von umweltfreundlicher Energie. Die Bank erstellt jährlich zum 31. Dezember eine Energiebilanz, die im jeweiligen Lagebericht des Geschäftsjahres veröffentlicht wird.

Eine spezielle Abteilung "Energieteam" setzt die Ziele der Bank um. Auch im Geschäftsfeld "erneuerbare Energien" wird eine Mindestrendite angestrebt. Diese liegt aktuell bei 3 Prozent.

Die Höchstgrenze für Investments in den Erwerb von Fotovoltaik- und Windenergieanlagen sowie Vermietungsobjekte liegt aktuell zusammen bei 25 Prozent der Bilanzsumme.

Energie ist eine moderne Form des Warenhandels und die Mitglieder profitieren vom Engagement und dem Know-how ihrer Genossenschaft.

Die erste Säule im Geschäftsmodell der VR-Bank umfasst das regionale Kundengeschäft der Bank. Dieses ist geprägt von den Entwicklungen in der regionalen Demografie, der Entwicklung beim Einkommen, Vermögen und der Sparfähigkeit und den Veränderungen im Kaufverhalten der Kunden.

Das 2-Säulen-Modell im Geschäftsbetrieb der VR-Bank

Getreu dem Motto: "Wir kümmern uns ..." wurden 2015 zusammen mit einer Beratungsgesellschaft die Rahmenbedingungen für die Umsetzung der genossenschaftlichen Beratung im Privatkundengeschäft und die Zukunft der Zugangs- und Vertriebswege der Bank geschaffen. Ziel ist es, alle Filialen bis mindestens 2020 geöffnet zu halten, allerdings die Servicezeiten zugunsten von mehr Beratungszeiten zu reduzieren. Für 2016 sind Investments in den Ausbau der Telefonie und ins "Kaufen lassen" im Internet geplant. Wachstum erwartet die VR-Bank auch in diesem Segment nach definierten Zielgrößen aus der dokumentierten Vertriebsstrategie. Das Ergebnis aus der ersten Säule generiert vorwiegend das Firmenkundengeschäft, welches gesteuert seit zwei Jahren um 10 bis 12 Prozent p.a. wächst.

Was ist der Grund? Die VR-Bank wirbt im Geschäft mit Firmenvertretern mit dem Slogan "Wir machen mit unseren Kunden nur die Geschäfte, die wir als Bank in unserem Eigengeschäft in der zweiten Säule selbst auch vornehmen würden" - mit dieser Aussage und dem damit kommunizierten Know-how erzielen die Verantwortlichen eine hohe Nachfrage nach Finanzierungen für Energievorhaben sowie für Immobilienprojekte. Ein weiterer Gedanke war, dass Geschäfte, die von der Bank als Sicherheit bewertet werden, auch als Investments für Eigenanlagen geeignet sind - die Verantwortlichen sprechen von der Duplizität der Geschäfte als Modell. Gesteuert wird das Geschäft von einem Vorstand für das regionale Kundengeschäft, zwei Bereichsleitern für Privat- und Firmenkunden und einem Team leistungsfähiger Mitarbeiter.

Die zweite Säule umfasst die laufenden Einnahmen aus den beschriebenen Geschäftsfeldern: "erneuerbare Energien" sowie "Vermietungswirtschaft". Die Mindesterwartungen an die Rendite und die Rechtssicherheit der Geschäfte sollen dazu beitragen, dass in Zukunft 50 Prozent aller Erträge der VR-Bank aus dieser Säule kommen. Gesteuert werden diese Geschäfte von dem Vorstandsvorsitzenden, einem Prokuristen beziehungsweise Bereichsleiter und Teams, die die operative Umsetzung übernehmen.

Vernetzung beider Säulen als Ziel

Aktuelles Ziel der Bank ist die Vernetzung beider Säulen im Hinblick auf die Verantwortung gegenüber Kunden und Mitgliedern der VR-Bank. Beispiele dafür wurden in den Passagen zum Warengeschäft und zur Finanzierung von Firmenkunden bereits beschrieben. Als weiteres Beispiel dient die hohe Ausbildungsquote in Höhe von zirka 21,5 Prozent, bezogen auf die Anzahl der im Jahr 2015 durchschnittlich beschäftigten Vollzeitstellen (149,1), die dem weiteren Wachstum der Kreditgenossenschaft sowie dem allgemeinen demografischen Wandel geschuldet ist, dem damit gezielt entgegengewirkt wird. 2015 wurden im Mittel 32 Auszubildende beschäftigt. Daneben hat sich die Bank angesichts des Ärztemangels in der Region entschlossen, sich auch an einer Weiterbildungseinrichtung für ausländische Ärzte zu beteiligen, damit diese für den "deutschen Markt" sprachlich und fachlich qualifiziert und für die Region ausgebildet werden können.

Insider wissen, dass sich die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden in einem Konflikt mit ihrem regionalen Verband befindet und diesen mit einem Übertritt in einen anderen Regionalverband der genossenschaftlichen Organisation beigelegt hat. Ursächlich war aus Sicht der Bank ein Unverständnis des Verbandes über die strategische Ausrichtung ihres Mitgliedsinstitutes und der damit verbundenen großzügigen Auslegung des Regionalprinzips. Die Verantwortlichen der VR-Bank sind überzeugt, dass sie mit ihrem heutigen 2-Säulen-Modell ihrer regionalen Mitglieder- und Kundenverpflichtung entsprechen können und wissen, dass ihnen der Erhalt ihrer Infrastruktur nur gelingt, wenn das regionale Kundengeschäft und die Dienstleistungen, die der Kunde von seiner Bank erwartet, bei der aktuellen Zinssituation durch Einnahmen aus den neu erschlossenen Geschäftsfeldern ergänzt werden.

Stefan Siebert , Vorsitzender des Vorstands , LBS Landesbausparkasse Süd, Stuttgart
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